Eigentlich sind wir inzwischen daran gewöhnt, dass in der Politik alles ausgekungelt wird, bevor die eigentlichen Entscheidungen getroffen werden. Nun hat die Ministerpräsidentenwahl in Thüringen bewiesen, dass es auch anders geht. Die Wahl von Thomas Kemmerich ist eine Folge, der unendlichen Arroganz der rot-rot-grünen Koalition.
Die Fraktionschefin der Linken, Henning-Wellsow, hat in den Tagen vor der Wahl Nichts ausgelassen, um klar zu machen, dass man von CDU und FDP nichts als Unterwerfung erwartet, ohne die geringsten Zugeständnisse zu machen. Sie war sich zu sicher, dass die Wahl zugunsten von Bodo Ramelow ausgehen würde. Schließlich hatten die meinungsmachenden Medien für Ramelow getrommelt. Ramelow war ein echter Landesvater, ein Linker Bernhard Vogel. Er kannte im kleinsten Dorf, welches er besuchte, nicht nur den Namen des Bürgermeisters, sondern war so gut vorbereitet, dass er über die speziellen Probleme informiert war. Dies hat mir jedenfalls ein Freund aus dem Gemeinde- und Städtebund erzählt, der Ramelow oft begleiten musste. Der Zugewinn bei der Landtagswahl ist ein Gewinn von Bodo Ramelow.
Aber es ging ja nicht um Ramelow allein, sondern um die Koalition und ihre Vorhaben. Es geht um die Windräder im Thüringer Wald, den geplanten Mietendeckel, und die linksextreme Antifa, die gerade dabei ist, den frisch gewählten Nachfolger unter Beschuss zu nehmen. Es geht um die Agrarpolitik, die für Thüringer Bauern existenzbedrohend ist, die Entscheidungen der Ex-Umweltministerin, die über die Köpfe der Betroffenen hinweg getroffen wurde.
Der Ex-Ministerpräsident Dieter Althaus hatte Bodo Ramelow unbeabsichtigt Brücken gebaut, über die er aber nicht gegangen ist. Er hätte den Projektregierungs-Vorschlag von Althaus aufgreifen und eine überparteiliche Expertenregierung bilden können. Das wäre innovativ und neu gewesen – und niemand hätte sich dem verweigert. Stattdessen ließ er sich von den Scharfmachern in seiner Partei in eine hochriskante Wahl treiben und hat nun verloren. Die Fraktionschefin der Linken Henning-Wellsow zeigte sich noch als grottenschlechte Verliererin, als sie, statt dem Wahlsieger zu gratulieren, ihm die Blumen vor die Füße warf.
Schlechte Verlierer sind auch die Grünen. Kurz vor der Wahl hatte Robert Habeck noch innerparteiliche Konsequenzen in der CDU gefordert, falls die nicht anstimmt, wie die Linken wollen. Seine Co-Vorsitzende Annalena Baerbock stieß gestern auf twitter ins selbe Horn.
„2/2 Ich erwarte von Thomas Kemmerich, dass er das Amt niederlegt. Tut er das nicht, müssen CDU und FDP auf Bundesebene die Thüringer Landesverbände ausschließen. Sonst sind Unvereinbarkeitsbeschlüsse nichts mehr wert“.
Wobei die Dame, die Kobolde in Batterien vermutet und das Netz für unseren Speicher hält, vergessen hat, dass es in der CDU einen Unvereinbarkeitsbeschluss gibt, der CDU und Linke betrifft. Ein Teil dieses Beschlusses sollte offenbar sehr wohl gebrochen werden. Tief blicken lässt die Haltung, anderen Parteien diktieren zu wollen, was sie zu tun haben. Das ist leider typisch für die neue deutsche Arroganz unserer Eliten, die schon wieder glauben, sie seien die einzig wahren Taktgeber, nicht nur für unser Land, sondern für die ganze Welt.
Das Wahlergebnis zeigt auch, dass die Arroganz der Macht die AfD als politische Kraft unterschätzt hat. Man hat geglaubt, dass die Nazikeule ausreicht, um die Partei zu neutralisieren. Es wurde dabei völlig ausgeblendet, dass die Partei so stark werden konnte, weil sich besonders die CDU unter Merkel nicht mehr um ihr Stammklientel und ihre Kernkompetenz geschert hat. Lange Zeit konnte man sich darauf verlassen, dass die Union eine verlässliche Korrektur linker politischer Experimente war – dies ist nicht mehr der Fall. Heute marschiert Kanzlerin Merkel an der Spitze des breiten Bündnisses aller Linken. Früher konnte man sich sicher sein, dass die Union mit Geld umgehen kann. Auch diese Kompetenz ist ihr in den Merkeljahren vollständig abhandengekommen. Keine Regierung hat sich so exzessiv der Steuergeldverschwendung schuldig gemacht, wie die Regierungen Merkels. Die CDU war die Partei der Wirtschaft und der Landwirte, heute ist sie die Speerspitze der Deindustrialisierung Deutschlands und eine Existenzbedrohung für die Bauern. Solange diese Politik nicht korrigiert wird, werden der AfD trotz aller Gegenpropaganda weiter die Wähler zugetrieben.
Die wirkliche Überraschung der Ministerpräsidentenwahl ist, dass Thomas Kemmerich die für ihn unvorhergesehene Wahl angenommen hat. Es bleibt abzuwarten, ob er dem Druck, der sich gegen ihn aufbauen wird, standhält und ob es ihm gelingt, eine Politik zu machen, die alle bürgerlichen Wähler von seiner Regierung erwarten. Sein Parteichef Lindner hat vorsorglich bereits Neuwahlen angekündigt, sollten CDU, SPD und Grüne nicht mit der neuen Regierung kooperieren. Wie stellt er sich die Kooperation mit den Grünen vor, deren Chefin den Ausschluss der Thüringer Landesverbände von FDP und CDU aus der Bundespartei gefordert haben? So viel Kopflosigkeit bei einem Parteichef sollte nicht vorkommen.
In Thüringen hat die Demokratie über die Arroganz der Macht und der Medien gesiegt, darüber sollten wir uns freuen. Aber das Politikchaos zeigt, dass die Bürger der Politik wieder zeigen, wo es langzugehen hat.
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