Ramelow im 3. Wahlgang zum Minis­ter­prä­si­denten Thü­ringens gewählt

Bodo Ramelow (Linke) ist erneut zum Thü­ringer Minis­ter­prä­si­denten gewählt worden. Der Linken-Poli­tiker bekam am Mittwoch im Landtag in Erfurt im dritten Wahlgang 42 Ja-Stimmen. Das Bündnis aus Links­partei, SPD, und Grünen hat zusammen genau so viele Parlamentssitze.23 Abge­ordnete stimmten mit “Nein”, 20 Abge­ordnete ent­hielten sich, die FDP-Abge­ord­neten nahmen nicht an der Wahl teil. Im ersten und zweiten Wahlgang hatte Ramelow eben­falls schon jeweils 42 Stimmen bekommen, hier wäre aber eine absolute Mehrheit von 46 Stimmen nötig gewesen. AfD-Landes- und Frak­ti­onschef Björn Höcke, der im ersten und zweiten Wahlgang jeweils 22 Stimmen bekommen hatte, eben­falls so viele, wie die AfD Sitze im Landtag hat, war im dritten Wahlgang nicht mehr ange­treten. Als Höcke nach der Wahl Ramelow gra­tu­lieren wollte, ver­wei­gerte dieser Höcke den Hand­schlag. Statt­dessen ent­spann sich ein außer­ge­wöhnlich langer Dialog, während weitere Gra­tu­lanten warten mussten. Ramelow war bereits vom 5. Dezember 2014 bis zum 5. Februar 2020 Thü­ringens Minis­ter­prä­sident. Bei der Wahl im Erfurter Landtag Anfang Februar war dann aller­dings Thomas Kem­merich (FDP) über­ra­schend zum neuen Regie­rungschef gewählt worden — auch mit AfD-Stimmen. Dies hatte eine poli­tische Krise im Land sowie im Bund aus­gelöst. Kem­merich war bereits am 8. Februar zurück­ge­treten und seitdem nur noch geschäfts­führend im Amt. Das Bündnis aus Links­partei, SPD, und Grünen hat in Thü­ringen keine eigene Mehrheit. Im Vorfeld der Wahl hatte es gemeinsam mit der CDU aus­ge­handelt, dass das Par­lament nach der Ver­ab­schiedung des Lan­des­haus­halts für 2021 auf­gelöst werden soll. Im April 2021 soll dann eine Neuwahl des Land­tages stattfinden.

Kurz vor der Wahl wurde bekannt, dass Ramelow 2014 mit einer Stimme der AfD gewählt wurde. Vera Lengsfeld schreibt dazu auf ihrem Blog:

Ramelow – Minis­ter­prä­sident von AfDs Gnaden

Kurz vor der ange­setzten Wie­derwahl von Bodo Ramelow als Minis­ter­prä­sident von Thü­ringen kam heraus, dass er sei­nerzeit seine Wahl einer AfD-Stimme zu ver­danken hatte. Abge­ordnete der SPD hatten Kontakt zum AfD-Abge­ord­neten Oskar Hel­merich auf­ge­nommen, der mit seinem Frak­ti­onschef Björn Höcke zer­stritten war und ihn gefragt, ob er Ramelow wählen könne. Hel­merich stimmte zu und ver­schaffte Ramelow die eine Stimme, die er für die absolute Mehrheit brauchte. Nach den Worten seines Chef­ideo­logen Ben­jamin Hoff war Ramelow Minis­ter­prä­sident dank einer Stimme aus der Partei, die für „Mil­lionen Tote in Buchenwald“ ver­ant­wortlich war. Später trat Hel­merich zur SPD über und sicherte nach dem Abgang der SPD-Abge­ord­neten Marion Rosin zur CDU Ramelow zum zweiten Mal die Macht.
Mit Stim­menkauf kennt die SED sich aus. Sei­nerzeit schei­terte der Miss­trau­ens­antrag der Union gegen Bun­des­kanzler Willy Brandt an zwei für 50 000 DM gekauften Stimmen aus der Union.

Auch diesmal sind laut Ein­ge­ständnis von Ramelow viele Gespräche mit Abge­ord­neten in den ver­gan­genen vier Wochen geführt worden. Deshalb habe Ramelow habe das Gefühl, dass er “aus­rei­chend Stimmen von den demo­kra­ti­schen Frak­tionen bekommt“ Man wüßte gern, was die Linke diesmal geboten hat, außer der Drohung, die Neuwahl schon in siebzig Tagen, statt des von der CDU erbet­telten einen Jahres durch­zu­führen, was der schmach­volle Kern der von der CDU mit Linken, SPD und Grünen aus­ge­han­delten „Sta­bi­li­täts­ver­ein­barung“ ist, die aus Gründen der Tarnung niemand von den Betei­ligten als Duldung einer rot-rot-grünen Min­der­heits­re­gierung bezeichnen will. Laut Ver­ein­barung soll in diesem Jahr bis zur Neuwahl am 25. April 2021 der Min­der­heits­re­go­ierung pro­jekt­be­zogen Mehr­heiten im Par­lament ermög­licht werden.

Offi­ziell beteuert die CDU, Ramelow nicht „aktiv“ wählen zu wollen. Aber die Wahl des Ver­hand­lungs­führers Mario Voigt zum Frak­ti­ons­vor­sit­zenden wird als Signal gewertet, dass CDU-Abge­ordnete ihre Stimme für Ramelow abgeben werden. Nachdem die AfD Höcke als Kan­di­daten ins Rennen geschickt hat, ist, sollte der alle 22 Stimmen seiner Fraktion bekommen, der CDU die Ausrede verbaut, die Stimmen für Ramelow könnten auch von der AfD gekommen sein.
Dann steht die CDU nackt da und man kann ziemlich sicher sein, dass her­aus­kommt, wer sich dazu her­ge­geben hat, die CDU zur Block­partei her­ab­zu­wür­digen. Spä­testens bei der Kan­di­da­ten­auf­stellung zur nächsten Wahl haben dann die Par­tei­mit­glieder die Mög­lichkeit zu demons­trieren, was sie von einem solchen Verrat an der Partei und an der Demo­kratie halten.


Erfurt (dts Nach­rich­ten­agentur) — Foto: Bodo Ramelow, über dts Nachrichtenagentur