Warum sich Kinder von heute lang­weilen, hohe Ansprüche haben, unge­duldig sind und oft nur wenige echte Freunde haben

Vic­toria Prooday, stellt fest, dass Kinder von heute in die Schule kommen und schon emo­tional nicht zum Lernen zur Ver­fügung stehen. Es gibt viele Fak­toren in unserem modernen Lebensstil, die dazu bei­tragen. Sie ist The­ra­peutin mit jah­re­langer Erfahrung in der Arbeit mit Kindern, Eltern und Lehrern. Ich stimme mit der Bot­schaft dieser Leh­rerin völlig überein, von jeden Lehrer den ich begegne höre ich auch die­selbe Bot­schaft. Während meiner gesamten Zeit als Ergo­the­ra­peutin habe ich einen Rückgang der sozialen, emo­tio­nalen und aka­de­mi­schen Fähig­keiten von Kindern sowie eine starke Zunahme von Lern­schwie­rig­keiten und anderen Dia­gnosen gesehen.

Wie wir wissen, ist das Gehirn formbar. Durch die Umwelt können wir das Gehirn „stärker“ oder „schwächer“ machen. Ich glaube wirklich, dass wir trotz der besten Absichten das Gehirn unserer Kinder leider in die falsche Richtung lenken. Hier ist der Grund dafür:

1. Tech­no­logie

Die Nutzung der Tech­no­logie als „kos­ten­loser Baby­sit­ter­dienst“ ist in der Tat über­haupt nicht kos­tenlos. Die Bezahlung wartet gleich um die Ecke auf Sie.  Wir bezahlen mit dem Ner­ven­system unserer Kinder, mit ihrer Auf­merk­samkeit und mit ihrer Fähigkeit zur ver­zö­gerten Befrie­digung. Im Ver­gleich zur vir­tu­ellen Rea­lität ist der Alltag langweilig.

Wenn Kinder ins Klas­sen­zimmer kommen, sind sie mensch­lichen Stimmen und ange­mes­senen visu­ellen Reizen aus­ge­setzt, anstatt mit den gra­fi­schen Explo­sionen und Spe­zi­al­ef­fekten bom­bar­diert zu werden, die sie auf den Bild­schirmen zu sehen gewohnt sind. Nach Stunden der vir­tu­ellen Rea­lität wird die Ver­ar­beitung von Infor­ma­tionen im Klas­sen­zimmer für unsere Kinder immer schwie­riger, da sich ihre Gehirne an die hohen Sti­mu­la­ti­ons­ni­veaus von Video­spielen gewöhnt haben.

Die elter­liche emo­tionale Ver­füg­barkeit ist der Haupt­nähr­stoff für das Gehirn eines Kindes. Leider ent­ziehen wir unseren Kindern diesen Nähr­stoff auch nach und nach.

2. Kinder bekommen heute alles gleich in dem Moment, in dem sie es wollen

„Ich bin hungrig!“ „In einer Sekunde werde ich auf der Durch­fahrt anhalten“ „Ich bin durstig!“ „Hier ist ein Ver­kaufs­au­tomat.“ „Mir ist lang­weilig!“ „Benutze mein Telefon!“

Die Fähigkeit, Befrie­digung und Beloh­nungen hin­aus­zu­zögern, ist einer der Schlüs­sel­fak­toren für zukünf­tigen Erfolg. Wir haben die besten Absichten – unsere Kinder glücklich zu machen – aber leider machen wir sie meist nur im Moment glücklich, auf lange Sicht gesehen machen wir sie jedoch unglücklich.

Die Fähigkeit, Befrie­digung hin­aus­zu­zögern, bedeutet, unter Stress funk­tio­nieren zu können. Unsere Kinder werden nach und nach immer weniger in der Lage sein, auch mit klei­neren Streß­fak­toren umzu­gehen, die schließlich zu großen Hin­der­nissen für ihren Erfolg im Leben werden. Bei vielen Men­schen trägt es sogar dazu bei, daß sie unrea­lis­tisch aufs Leben vor­be­reitet werden und noch nicht mal in der Lage sind einen ein­fachen Alltag selb­ständig zu bewältigen.

Die Unfä­higkeit, Befrie­digung hin­aus­zu­zögern, ist oft in Klas­sen­zimmern, Ein­kaufs­zentren, Restau­rants und Spiel­zeug­läden zu beob­achten, meistens kann man es beob­achten, wenn ein Kind ein „Nein“ hört, weil die Eltern dem Gehirn ihres Kindes bei­gebracht haben, sofort das zu bekommen, was es will.

3. Kinder regieren die Welt

„Mein Sohn mag kein Gemüse.“ „Sie geht nicht gerne früh zu Bett.“ „Er früh­stückt nicht gerne.“ „Sie mag kein Spielzeug, aber sie ist sehr gut mit ihrem iPad“ „Er will sich nicht alleine anziehen“. „Sie ist zu faul, um allein zu essen.“

Das höre ich immer wieder von Eltern. Seit wann dik­tieren uns Kinder, wie wir sie erziehen sollen? Wenn wir es ihnen über­lassen, werden sie nur Mak­karoni und Käse und Bagels mit Frischkäse essen, fern­sehen, auf ihren Tabletten spielen und nie ins Bett gehen.

Was nützen wir ihnen, wenn wir ihnen geben, was sie wollen, wenn wir wissen, dass es nicht GUT für sie ist? Ohne richtige Ernährung und guten Schlaf kommen unsere Kinder gereizt, ängstlich und unauf­merksam in die Schule.  Darüber hinaus senden wir dabei die falsche Botschaft.

Sie lernen, dass sie tun können, was sie wollen, und nicht tun können, was sie nicht wollen. Leider müssen wir, um unsere Ziele in unserem Leben zu erreichen, das tun, was not­wendig ist, was viel­leicht nicht immer das ist, was wir tun wollen.  Wenn ein Kind zum Bei­spiel ein A‑Schüler sein will, muss es hart lernen. Wenn es ein erfolg­reicher Fuss­ball­spieler werden will, muss es jeden Tag üben. Unsere Kinder wissen sehr gut, was sie wollen, aber es fällt ihnen sehr schwer, das zu tun, was not­wendig ist, um dieses Ziel zu erreichen. Das führt zu uner­reich­baren Zielen und lässt die Kinder ent­täuscht zurück.

4. End­loser Spaß

Wir haben eine künst­liche Spaßwelt für unsere Kinder geschaffen. Es gibt keine lang­wei­ligen Momente. In dem Moment, in dem es still wird, rennen wir los, um sie wieder zu unter­halten, weil wir sonst das Gefühl haben, dass wir unsere elter­liche Pflicht nicht erfüllen.

Wir leben in zwei getrennten Welten. Sie haben ihre „Spaß“-Welt, und wir haben unsere „Arbeits“-Welt.  Warum helfen uns die Kinder nicht in der Küche oder bei der Wäsche? Warum räumen sie ihr Spielzeug nicht auf?

Dies ist eine grund­le­gende monotone Arbeit, die das Gehirn trai­niert, damit es arbeits­fähig ist und unter „Lan­ge­weile“ funk­tio­niert, d.h. der­selbe „Muskel“, der benötigt wird, um schließlich in der Schule gelehrt werden zu können.  Wenn sie in die Schule kommen und es Zeit für für eine unliebsame Aufgabe wird, wie einfach nur Schreiben zu üben, lautet ihre Antwort „Ich kann nicht. Das ist zu schwer. Zu lang­weilig.“ Warum? Weil der arbeits­fähige „Muskel“ nicht durch end­losen Spaß trai­niert wird. Er wird durch Arbeit trainiert.

5. Begrenzte soziale Interaktion

Wir sind alle beschäftigt, also geben wir unseren Kindern digitale Geräte und machen sie auch „beschäftigt“. Früher spielten die Kinder im Freien, wo sie in unstruk­tu­rierter Natur ihre sozialen Fähig­keiten lernten und übten.

Leider hat die Technik die Zeit im Freien ersetzt. Außerdem machte die Tech­no­logie die Eltern weniger zugänglich für die soziale Inter­aktion mit ihren Kindern. Offen­sichtlich fallen unsere Kinder zurück… das Baby­sitter-Gerät ist nicht dafür aus­ge­stattet, Kindern bei der Ent­wicklung sozialer Fähig­keiten zu helfen. Die meisten erfolg­reichen Men­schen haben große soziale Fähig­keiten. Dies ist die Priorität!

Das Gehirn ist wie ein Muskel, der trai­nierbar und immer wieder trai­nierbar ist. Wenn Sie wollen, dass Ihr Kind Fahrrad fahren kann, bringen Sie ihm Fahr­rad­fä­hig­keiten bei. Wenn Sie wollen, dass Ihr Kind warten kann, müssen Sie ihm Geduld bei­bringen.  Wenn Sie wollen, dass Ihr Kind sich sozia­li­sieren kann, müssen Sie ihm soziale Fähig­keiten bei­bringen. Das­selbe gilt für alle anderen Fähig­keiten. Es gibt keinen Unterschied!

Das Gehirn trainieren

Sie können etwas tun und ihr Kind rea­lis­tisch auf das Leben, indem Sie das Gehirn Ihres Kindes so schulen, dass Ihr Kind auf sozialer, emo­tio­naler und aka­de­mi­scher Ebene erfolg­reich funk­tio­niert. Und so geht es:

1. Weniger Tech­no­logie und mehr emo­tionale Verbindung

Über­ra­schen Sie sie mit Blumen, teilen Sie ein Lächeln, kitzeln Sie sie, stecken Sie einen Lie­bes­brief in ihren Rucksack oder unter ihr Kissen, über­ra­schen Sie sie, indem Sie sie an einem Schultag zum Mit­tag­essen aus­führen, tanzen Sie zusammen, kriechen Sie zusammen, machen Sie Kis­sen­schlachten, Fami­li­en­essen, Brett­spiel­nächte, Rad­fahren, abend­liche Spa­zier­gänge mit der Taschenlampe.

2. Ver­zö­gerte Befriedigung

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Lass sie ihr Kind warten!!! Es ist in Ordnung, „Ich bin gelang­weilt“ bedeutet schließlich Zeit zu haben – dies ist der erste Schritt zur Kreativität

Die War­tezeit zwi­schen „ich will“ und „ich bekomme“ all­mählich erhöhen

Ver­meiden Sie den Einsatz von Tech­no­logie in Autos und Restau­rants und bringen Sie ihnen statt­dessen bei, beim Sprechen und Spielen zu warten.

Kon­stantes Naschen einschränken

3. Grenzen setzen – Kinder brauchen Grenzen um glücklich und gesund zu wachsen

Machen Sie einen Zeitplan für Essens­zeiten, Schlaf­zeiten, Technologiezeit

Denken Sie an das, was GUT für sie ist – nicht an das, was sie WOLLEN/ NICHT WOLLEN. Dafür werden sie Ihnen später im Leben danken. Eltern zu sein ist eine harte Arbeit. Sie müssen kreativ sein, damit sie das tun, was gut für sie ist, denn meistens ist das genau das Gegenteil von dem, was sie wollen.

Kinder brauchen Früh­stück und nahr­haftes Essen. Sie müssen Zeit im Freien ver­bringen und zu einer festen Zeit ins Bett gehen, um am nächsten Tag zum Lernen in die Schule zu kommen!

Dinge, die sie nicht gerne tun/versuchen, in lustige, emo­tional anre­gende Spiele umwandeln.

4. Bringen Sie ihrem Kind von klein auf monotone Arbeiten selbst­ver­ständlich zu ver­richten, das ist die Grundlage für ihre zukünftige Arbeitsfähigkeit

Wäsche zusam­men­legen, Spielzeug auf­räumen, Kleidung auf­hängen, Lebens­mittel aus­packen, den Tisch decken, Mit­tag­essen zube­reiten, die Lunchbox aus­packen, das Bett machen

Seien Sie kreativ. Machen Sie es zunächst anregend und lustig, damit ihr Gehirn es mit etwas Posi­tivem verbindet.

5. Soziale Fähig­keiten vermitteln

Bringen Sie ihnen bei, wie man eine Wendung nimmt, teilt, verliert/gewinnt, Kom­pro­misse eingeht, anderen Kom­pli­mente macht und „bitte und danke“ verwendet.

Nach meiner Erfahrung als Ergo­the­ra­peutin ändern sich Kinder in dem Moment, in dem ihre Eltern ihre Sicht­weise auf die Eltern­schaft ändern. Helfen Sie Ihren Kindern, im Leben erfolg­reich zu sein, indem Sie ihr Gehirn eher früher als später trai­nieren und stärken!


Quelle: connectiv.events