Am 11. März 2020 erklärte die WHO die seit Dezember 2019 durch das Virus SARS-CoV‑2 verursachte Lungenerkrankung Covid-19 zur Pandemie, zur weltweiten Epidemie. Große Pandemien gab es immer wieder in der Geschichte der Menschheit, insbesondere die Antoninische Pest von 165 bis 180, die Justinianische Pest ab 541, den Schwarzen Tod von 1347 bis 1352, die dritte Pest-Pandemie ab 1896 und die Spanische Grippe von 1918 bis 1920. Lesen Sie hier, wie diese wüteten, wodurch sie zustande kamen und wie sie sich ausbreiteten.
Die Antoninische Pest: 165–189
Die Antoninische Pest wurde von heimkehrenden Legionären, die gegen die Parther gekämpft hatten, aus Mesopotamien eingeschleppt. Vermutlich handelte es sich bei der Seuche im 2. Jahrhundert nicht um die Pest im medizinischen Sinne, also die hochgradig ansteckende Infektionskrankheit, die durch das Bakterium Yersinia pestis ausgelöst wird und dann zum Beispiel in Form der Beulenpest oder der Lungenpest auftritt, sondern um einen besonders virulenten Stamm entweder der Pocken oder der Masern.
Das erste Auftreten der Krankheit im Reichsgebiet ist 165 in Nisibis bezeugt, einer antiken Stadt im oberen Mesopotamien in der heutigen Türkei an der türkisch-syrischen Grenze gelegen. Von dort breitete sie sich schnell im römischen Reich aus, über dicht bevölkerte Städte wie Smyrna, Ephesos und Athen, um nur ein Jahr später in Rom aufzutreten. Durch die gute Logistik innerhalb des Römischen Imperiums, die stark frequentierten Straßenverbindungen, aber auch über den Seeweg erreichte sie selbst so abgelegene Gebiete wie Britannien.
Besonders schwer muss sie in den iberischen Provinzen und auf der italienischen Halbinsel gewütet haben. In Rom selbst brach die Seuche 166 n. Chr. aus, kurz nachdem die siegreichen Legionen ihren Triumphzug abgehalten hatten. Paulus Orosius schreibt im 4. Jahrhundert, dass dort viele Ortschaften völlig entvölkert worden seien. Der Historiker Cassius Dio berichtet von 2.000 Toten täglich in Rom, jeder vierte Erkrankte sei verstorben. Von dort breitete sie sich rasch bis zur Donau und an den Rhein aus. Die Folge war ein Massensterben, das mit nur kurzen Unterbrechungen fast 24 Jahre anhalten sollte und zu einer großflächigen Entvölkerung im Römischen Reich führte.
Im Jahr 189 erreichte die Epidemie ihren Höhepunkt und ebbte dann relativ rasch ab. Nach Schätzungen kamen im gesamten Zeitraum ungefähr 7 bis 10 Millionen Menschen durch die Pandemie ums Leben. Dies waren damals mehr als fünf Prozent der Bevölkerung. Nur auf das heutige Europa umgerechnet entspräche das über 37 Millionen Personen. In einigen urbanen Zentren ist vermutlich sogar jeder Zehnte dieser Seuche zum Opfer gefallen.
Die Justinianische Pest: ab 541
Noch schlimmer wütete die Justinianische Pest, die als die größte antike Epidemie zwischen Nord- und Nordwesteuropa, dem Mittelmeerraum und dem Iran gilt. 541 trat sie erstmals in Ägypten in den Gesichtskreis der Geschichtsschreiber. 542 erreichte sie Konstantinopel und verbreitete sich bald darauf im gesamten spätantiken Mittelmeerraum. Die Pandemie hat vielleicht indirekt zum Ende der Antike beigetragen.
Bis in die Zeit nach 770 kam es zu unregelmäßigen Ausbrüchen der Krankheit, der apokalyptische Ausmaße zugeschrieben wurden. Nach derzeitigem Forschungsstand handelte es sich bei der Seuche um die Pest. In der Folge der Seuchenzüge seit Mai 541 reduzierte sich die Bevölkerung des Oströmischen Reiches demnach nach jüngeren Forschungen um ca. 20 bis 30 Prozent, andere Forschungen gehen gar von einem Viertel bis der Hälfte aus.
Etwa 15, womöglich sogar 17 Pestwellen lassen sich belegen. Betroffen waren von diesen Ausbrüchen die Länder des westlichen Mittelmeerraums, das rheinische Germanien und etwa zwei Drittel von Gallien und Hispanien sowie Gebiete im Osten wie Kleinasien, Syrien, Mesopotamien und Persien. Nördlich der Alpen erreichte die Justinianische Pest auch den Münchener Raum.
Nicht alle Länder waren gleich stark betroffen; häufig grassierte die Krankheit zwei oder drei Jahre in einem bestimmten Gebiet und schwächte sich dann wieder ab, wobei sie häufig mutierte. Im Frühjahr 542 erreichte sie die Kaiserresidenz Konstantinopel, die damals über 500.000 Einwohner zählte. Nicht betroffen war anscheinend die arabische Halbinsel.
Wie die meisten Autoren beschreibt Prokop die Symptome der Krankheit: Fieber, dem beulenartige Geschwüre in der Leistenregion, unter den Achseln und am Hals folgten. Auch Kaiser Justinian erkrankte an der Pest, kam jedoch „durch wundersame Heilungen“ mit dem Leben davon. Daher der Name: Justinianische Pest.
Der Schwarze Tod (Pest): 1347–1353
Als Schwarzer Tod wird eine der verheerendsten Pandemien der Weltgeschichte bezeichnet, die in Europa zwischen 1346 und 1353 geschätzte 25 Millionen Todesopfer – ein Drittel der damaligen Bevölkerung – forderte.
Als Ursache gilt die durch das Bakterium Yersinia pestis hervorgerufene Pest. Das Wort „Pest“ leitet sich vom lateinischen Wort pestis für Seuche ab und wird daher auch ohne direkten Bezug auf die Krankheit Pest verwendet.
Die Pandemie hatte ihren Ursprung entweder zwischen 1330 und 1340 in China oder in einer Hochebene Zentralasiens, die der heutigen Region von Afghanistan, Turkmenistan, Usbekistan entspricht. Von dort gelangte sie über die Handelsrouten (unter anderem über die Seidenstraße) nach Europa. Aus dem östlichen Mittelmeerraum verbreitete sich die Krankheit wahrscheinlich über Rattenflöhe in das restliche Europa, jedoch blieben einige Landstriche relativ verschont. Innerhalb von vier Jahren war aber fast ganz Europa mit der Seuche überzogen:
Für das Gebiet des heutigen Deutschland wird geschätzt, dass jeder zehnte Einwohner infolge des Schwarzen Todes sein Leben verlor. Hamburg, Köln und Bremen zählten dabei zu den Städten, in denen ein sehr hoher Bevölkerungsanteil starb. Sehr viel geringer war dagegen die Anzahl der Todesopfer im östlichen Gebiet des heutigen Deutschland.
Die sozialen Auswirkungen des Schwarzen Todes reichten sehr weit: Juden gerieten in den Verdacht, durch Giftmischerei und Brunnenvergiftung die Pandemie ausgelöst zu haben. Dies führte in vielen Teilen Europas zu massiven Judenpogromen. Die Bevölkerung, die keinerlei medizinische Kenntnisse hatte, woher dieser Schwarze Tod kommt, suchte einen Sündenbock und fand ihn in den Juden. Diese wurden nicht selten bei lebendigem Leib verbrannt. Ganze jüdische Gemeinden wurden komplett ausgelöscht, alle Juden umgebracht.
Insgesamt erlagen dieser Pestpandemie in Europa geschätzt 25 Millionen Menschen, das heißt: ein Drittel der damaligen europäischen Bevölkerung. Das entspräche heute ca. 250 Mio. Menschen.
Der vermutlich wichtigste Zeitzeuge der Pandemie von 1347 bis 1353 war Giovanni Boccaccio. Er verarbeitete das Erlebte literarisch in seiner berühmten Novellensammlung Decamerone. Über die verheerende Auswirkung des Ausbruchs in Florenz schrieb er:
„So konnte, wer – zumal am Morgen – durch die Stadt gegangen wäre, unzählige Leichen liegen sehen. Dann ließen sie Bahren kommen oder legten, wenn es an diesen fehlte, ihre Toten auf ein bloßes Brett. Auch geschah es, dass auf einer Bahre zwei oder drei davongetragen wurden, und nicht einmal, sondern viele Male hätte man zählen können, wo dieselbe Bahre die Leichen des Mannes und der Frau oder zweier und dreier Brüder und des Vaters und seines Kindes trug.“ – Giovanni Boccaccio: Decamerone
Dritte Pest-Pandemie: ab 1896
Die Dritte Pest-Pandemie (nach der Justinianischen Pest im 6. Jahrhundert und dem Schwarzen Tod im 14. Jahrhundert) wurde ebenfalls durch das Bakterium Yersinia pestis verursacht. Sie begann Ende des 19. Jahrhunderts in China und kostete weltweit rund 12 Millionen Menschenleben.
Die Epidemie traf zunächst die Provinz Yunnan, dann Hongkong. Hier konnte der Erreger im Jahre 1894 von dem Schweizer Arzt Alexandre Yersin identifiziert und der Übertragungsweg erklärt werden. Nach ihm ist der Erreger benannt: Yersinia pestis.
Von Hongkong aus verbreitete sich die Epidemie in viele Teile der Welt, darunter Indien und die Vereinigten Staaten. Auf Hawaii traf die Pest 1899 ein, in San Francisco 1900. Anfang des 20. Jahrhunderts trat die Pest in der chinesischen Grenzregion Mandschurei auf. Eine erneute Epidemie traf die Mandschurei im Winter 1910/1911 und kostete etwa 60.000 Menschen das Leben.
Europa war von der Pandemie kaum betroffen. Hier gab es weniger als tausend Tote, was auf die internationale Zusammenarbeit und das verbesserte medizinische Wissen zurückgeführt wird.
Spanische Grippe: 1918–1920
Die Spanische Grippe war eine Influenza-Pandemie, die durch einen ungewöhnlich virulenten Abkömmling des Influenzavirus (Subtyp A/H1N1) verursacht wurde. Die Spanische Grippe trat in drei Wellen auf: im Frühjahr 1918, im Herbst 1918 und in vielen Teilen der Welt noch einmal 1919.
Der Name Spanische Grippe entstand, nachdem die ersten Nachrichten über die Seuche aus Spanien kamen. Als neutrales Land hatte Spanien im Ersten Weltkrieg eine relativ liberale Zensur, so dass dort im Unterschied zu anderen betroffenen Ländern Berichte über das Ausmaß der Seuche nicht unterdrückt wurden. Die Nachrichtenagentur Reuters meldete am 27. Mai 1918, dass der spanische König Alfons XIII. erkrankt sei. In den anschließenden Presseberichten wurde dann ab Ende Juni 1918 zunehmend die Bezeichnung „Spanische Grippe“ gebraucht.
Den tatsächlichen Ursprung vermutet heute eine Reihe von Wissenschaftlern in den USA. Die Grippewelle nahm ihren Ausgang wohl in Haskell County im US-Bundesstaat Kansas. Zum Jahresanfang 1918 behandelte dort der Landarzt Loring Miner zahlreiche Patienten, deren Grippesymptome das bisher Bekannte an Heftigkeit erheblich übertrafen. Den Krankheitsverlauf schilderte Miner als rasend schnell und gelegentlich sogar tödlich. Miner war über diesen Krankheitsausbruch so beunruhigt, dass er sich an den United States Public Health Service wandte, wo man jedoch auf seine Bitte um Unterstützung nicht reagierte.
Der Krankheitsverlauf war grundsätzlich heftig und kurz und ging mit starkem Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen einher. Den meisten Erkrankten ging es nach wenigen Tagen wieder besser. Todesfälle waren meist bei zusätzlicher Komplikation auf eine Lungenentzündung in Form einer Primärpneumonie durch die Grippeviren beziehungsweise in Form einer Sekundärpneumonie durch bakterielle Superinfektionen zurückzuführen. In den beengten Verhältnissen der US-amerikanischen Ausbildungslager erkrankten bis zu 90 Prozent der dort versammelten Männer. Die Krankheit griff außerdem, ausgehend von den Lagern, auf die Zivilbevölkerung über.
Vom Zeitpunkt des Ausbruchs der Grippe in Kansas Anfang des Jahres bis August 1918 trafen mehr als eine Million amerikanische Soldaten in Europa ein. Einen derartig regen Verkehr zwischen Neuer und Alter Welt hatte es nie zuvor gegeben. So beschleunigte der Erste Weltkrieg die weltweite Ausbreitung und ließ das Influenzavirus nach vier Jahren Krieg auf eine ausgemergelte Bevölkerung treffen, deren Widerstandskräfte natürlich geschwächt waren.
Dabei zeigte die erste Ausbreitungswelle im Frühjahr 1918 keine merklich erhöhte Todesrate. Erst die Herbstwelle 1918 und die spätere, dritte Welle im Frühjahr 1919 waren mit einer außergewöhnlich hohen Letalität verbunden. Zum Höhepunkt der „Herbstwelle“ schätzten die preußischen und die Schweizer Gesundheitsbehörden, dass zwei von drei Bürgern erkrankt waren. Ab Herbst/Winter 1918 starben weltweit zwischen 25 Millionen und 50 Millionen Menschen, bei einer Weltbevölkerung von etwa 1,65 Milliarden, also etwas mehr als einem Fünftel von heute (7,8 Milliarden).
Die mit Abstand am meisten Toten gab es dabei in Indien (ca. 18 Millionen) und Indonesien (1,5 Millionen) :
In Europa am stärksten betroffen war Italien mit über 500.000 Todesopfern:
Insgesamt starben damit an der Spanischen Grippe mehr Personen als im Ersten Weltkrieg selbst.
Dabei handelte es sich um eine Influenza-Pandemie, die durch einen ungewöhnlich virulenten Abkömmling des Influenzavirus (Subtyp A/H1N1) verursacht wurde. Die Letalitätsrate mit 1,5 bis 3 Prozent (je nach Versorgungssituation bis zu 6 Prozent) war deutlich erhöht im Vergleich zu Erkrankungen durch andere Influenza-Erreger. Eine Besonderheit der Spanischen Grippe war, dass ihr vor allem 20- bis 40-jährige Menschen erlagen, während Influenzaviren sonst besonders Kleinkinder und alte Menschen gefährden.
Coronavirus-Pandemie: 2019/2020
Am 11. März 2020 erklärte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die seit Dezember 2019 durch das Virus SARS-CoV‑2 verursachte Lungenerkrankung Covid-19 zur Pandemie. Zuvor hatte die WHO das Infektionsgeschehen bereits am 30. Januar 2020 als internationale Gesundheitsnotlage bezeichnet.
Bisherige Anzahl der Todesfälle nach etwa drei Monaten: ca. 16.300.
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