Bis jetzt waren die Deutschen ja diszipliniert und geduldig. Man blieb brav zuhause und deckte sich mit genügend Klopapier, Reis, Nudeln, Mehl, Hefe, Zucker und Handdesinfektion ein. Man glaubte den Medien und Politikern und dem Gott im weißen Arztkittel, Dr. Christian Drosten. Aber genauso, wie Dr. Drosten und die Sprecher des Robert-Koch-Institutes ihre Expertenmeinungen je nach Wetterlage änderten (Dr. Drosten, März: Nase-Mund-Masken bringen gar nichts! April: Nase-Mund-Masken retten alles) widersprechen sich die Informationen dazu, ob es nun einen Immunitätsausweis oder ein Impfzwang-Gesetz geben soll.
Schauen wir uns zuerst einmal an, wie die gegenwärtige Gesetzeslage ist.
Es gibt bereits seit dem Jahr 2001 eine Rechtsgrundlage für die Impfpflicht. Das ist im Infektionsschutzgesetz, Paragraph 20, Absatz 6 und 7 geregelt. Damit wurde die Impfpflicht ganz einfach über eine simple Rechtsverordnung eingeführt. Allerdings nicht pauschal für alles und jeden. Hier der Gesetzestext der betreffenden Absätze: des Paragraphen 20 Infektionsschutzgesetzes:
(6) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates anzuordnen, dass bedrohte Teile der Bevölkerung an Schutzimpfungen oder anderen Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe teilzunehmen haben, wenn eine übertragbare Krankheit mit klinisch schweren Verlaufsformen auftritt und mit ihrer epidemischen Verbreitung zu rechnen ist. Das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz) kann insoweit eingeschränkt werden. […]“
(7) Solange das Bundesministerium für Gesundheit von der Ermächtigung nach Absatz 6 keinen Gebrauch macht, sind die Landesregierungen zum Erlass einer Rechtsverordnung nach Absatz 6 ermächtigt. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die obersten Landesgesundheitsbehörden übertragen.“
Man muss dazu sagen, dass das Recht auf körperliche Unversehrtheit aus verschiedenen Gründen eingeschränkt werden kann. Soldaten und Sicherheitsbeamte können sich im Einsatz nicht darauf berufen. Aber haben wir nicht alle laut Grundgesetz dieses Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit?
In Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes heißt es: „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.“ Greift eine allgemeine Impfpflicht in dieses Grundrecht ein? JA, das tut es. In Absatz 2 Satz 3 dieses Grundrechtes heißt es aber „In diese[s] Recht […] darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.“ Eine Einschränkung ist also in bestimmten Fällen vorgesehen.
Das ist klassischerweise der Fall, wenn ein großer Ausbruch einer Infektionskrankheit geschieht. Das Ärzteblatt schrieb 2015, als in Berlin ein großer Masernausbruch stattfand, mitten in der Debatte um eine Impfpflicht:
„Aber auch für die Bundesrepublik wäre eine Impfpflicht kein Novum. Hier bestand zwischen 1949 und Ende 1975 ein allgemeiner Impfzwang – um die Pocken auszurotten. Bis in die 1980er Jahre galt eine Pockenimpfung für Kinder im Alter von einem bis zwölf Jahren als obligatorisch. 1983 wurde die Impfpflicht aufgehoben. In der DDR waren seit den 1950er Jahren bestimmte Impfungen gesetzlich vorgeschrieben. Die Bestimmungen wurden ab den 1960er Jahren stark ausgeweitet. Unter anderem waren Impfungen gegen Pocken, Tetanus, Diphtherie, Tuberkulose und Polio verpflichtend.“
Was sagt also das Infektionsschutzgesetz, das genau diesen Fall regelt, dass wegen einer Epidemie in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit eingeschränkt werden kann?
„Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, […] anzuordnen, dass bedrohte Teile der Bevölkerung an Schutzimpfungen […] teilzunehmen haben, wenn eine übertragbare Krankheit mit klinisch schweren Verlaufsformen auftritt und mit ihrer epidemischen Verbreitung zu rechnen ist. Das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz) kann insoweit eingeschränkt werden […].“
Die bedrohten Teile der Bevölkerung in Bezug auf Covid-19 sind bekannt: Die Älteren und die mit Vorerkrankungen. Es ist also durchaus möglich, dass man dieser Gruppe laut Impfschutzgesetz eine Schutzimpfung auferlegen kann.
Allerdings erhob sich ziemlich heftiger Protest in der Bevölkerung, als man in Berlin anfing, öffentlich das Thema Impfpflicht — unfreundlicher auch „Zwangsimpfung“ — auf‘s Tapet brachte. Angesichts der ganzen Unstimmigkeiten, der durchsickernden Geheimpapiere, der offensichtlichen Panikmache, der widersprüchlichen Expertisen – und schlussendlich der Tatsache, dass der Todeszoll der Pandemie „Covid-19“ nicht höher ausfiel als auch sonst eine Grippe-Epidemie, machte sich in den politischen Etagen Unbehagen breit.
Dann schlug Bundesgesundheitsminister Jens Spahn vor, man könne ja für diejenigen, die Covid-19 schon hatten und daher Antikörper gebildet haben, die sie immun machen, die strengen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie lockern, weil sie immun seien und niemanden mehr anstecken können. Er regte eine Gesetzesänderung des 28 Abs. 1 Satz 3 des Infektionsschutzgesetzes (Artikel 1 Nr. 20 Buchst. a) an.
So sollte Paragraph 28 folgendermaßen geändert werden:
„a) Absatz 1 Satz 3 werden die folgenden Sätze eingefügt:
„Bei der Anordnung und Durchführung von Schutzmaßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 ist in angemessener Weise zu berücksichtigen, ob und inwieweit eine Person, die eine bestimmte übertragbare Krankheit, derentwegen die Schutzmaßnahmen getroffen werden, nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft wegen eines bestehenden Impfschutzes oder einer bestehenden Immunität nicht oder nicht mehr übertragen kann, von der Maßnahme ganz oder teilweise ausgenommen werden kann, ohne dass der Zweck der Maßnahme gefährdet wird. Soweit von individualbezogenen Maßnahmen abgesehen werden soll oder Ausnahmen allgemein vorgesehen werden, hat die betroffene Person durch eine Impf- oder Immunitätsdokumentation nach § 22 oder ein ärztliches Zeugnis nachzuweisen, dass sie die bestimmte übertragbare Krankheit nicht oder nicht mehr übertragen kann.“
Oder umgekehrt formuliert: Wer keine Immunität durch Antikörper oder eine Impfung nachweisen kann, dessen Rechte sollen auch weiterhin im Namen der „Volksgesundheit“ massiv eingeschränkt werden können. Deutlicher geht es nicht, das ist dann eben sehr wohl ein Impfzwang, wenn auch indirekt durch Erpressung.
Daraufhin erhob sich quer durch die Gesellschaft harsche Kritik, sogar in einigen größeren Medien, von Juristen, Medizinern, in den Sozialen Medien. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn fand dann seine eigene Idee auf einmal doch nicht mehr so grandios. Außerdem wurde er von „friendly fire“ aus den Katakomben der Charité, vom Oberkommandierenden der virologischen Aufklärung, Dr. Drosten, in den Rücken getroffen: Die auf das Corona-Virus gebildeten Antikörper, die den Träger als „immun“ klassifizieren sollen, seien beileibe kein Beweis für Immunität, verkündete Dr. Drosten, sondern lediglich dafür, dass der Betreffende die Krankheit durchgemacht habe.
Treffer, versenkt. Als Gesundheitsminister sollte man so etwas wissen. Und dass Herr Dr. Drosten das erst kundtat, nachdem sich Herr Minister Spahn mit dieser Idee schon so weit vorgewagt hatte, dass es eine Abstimmung darüber im Bundestag geben sollte, könnte den Minister nicht nur blamiert, sondern auch etwas vergrätzt haben.
Also wurde der neue Gesetzesentwurf für den Immunitätsausweis, der „Entwurf eines Zweiten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ wieder vom Abstimmungs-Curriculum des Bundestages heruntergenommen und „auf Eis gelegt“. Man beachte: Nur auf Eis gelegt, da kann es eine Weile liegen und dann wieder aufgetaut werden.
Der Bayerische Rundfunk schreibt:
„In der vergangenen Woche stellte das Bundeskabinett diesen Gesetzentwurf vor. Darin sollen Teile des Infektionsschutzes neu geregelt werden. Nach Kritik wurden Passagen des Gesetzentwurfs gestrichen. Unter anderem der Zusatz, der sogenannte Immunitätsausweise möglich gemacht hätte. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) distanzierte sich bereits am Montagabend auf Twitter von diesen Ausweisen. ‚Die Frage, ob im Falle von Corona zusätzlich ein Immunitätsausweis sinnvoll ist, sollten wir als Gesellschaft in Ruhe abwägen und debattieren‘, so Spahn.“
Dass dieser „Immunitätsausweis“ eine Zweiklassengesellschaft hervorbringen könnte, wurde zuerst von der Hofberichterstattungs-Presse in die „rechte“ und „Verschwörungsecke“ verortet, seit Experten genau dasselbe sagen, nämlich, dass dieser Ausweis „geimpften oder Aufgrund einer überstandenen Corona-Erkrankung immunen Menschen mehr Freiheiten ermöglichen als nicht-geimpften oder nicht-immunen Personen“, ist diese Idee erst einmal in der Schublade verschwunden. Das sie nicht grundsätzlich abgelehnt und von Tisch ist, zeigt Herrn Minister Spahns Formulierung, dass er, „bevor er gesetzliche Regelungen zu Immunitätsausweisen verabschieden würde, der Ethikrat seine Einschätzung abgeben solle. Bis dahin werde es keine Sonderregelung für immune Personen geben“. Merke: Das Ding liegt auf Wiedervorlage.
Die Lage ist also zurzeit (noch) wie folgt:
Das Infektionsschutzgesetz sieht nur für „bedrohte Teile der Bevölkerung“ eine Impfpflicht vor. So einer Impfpflicht muss der Bundesrat zustimmen. Eine allgemeine Impfpflicht (Zwangsimpfung) (Covid-19-Impfstoff) ist im Moment noch nicht einmal in der Diskussion, das könnte aber noch durchaus kommen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn redet derzeit (noch) von Freiwilligkeit. Experten und Juristen vom Deutschen Richterbund sehen eine grundsätzliche und allgemeine Impfpflicht für jeden im Widerspruch zu Artikel 2 des Grundgesetzes. Nur in Ausnahmefällen sei sie zu rechtfertigen und wer den Ausnahmezustand verhängen kann, wissen wir alle.
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