Kinder in Ägypten im Gefängnis gefoltert und durch Strom­schläge getötet

Die Men­schen­rechtslage in Ägypten ist dra­ma­tisch und trotzdem ist Ägypten ein Schwer­punktland für die deutsche Ent­wick­lungs­po­litik. Das nord­afri­ka­nische Land war im ersten Quartal 2020 die Nummer eins unter den Emp­fängern deut­scher Waffen und Aus­rüstung. Seit Abdel-Fattah Al-Sisi nach dem Mili­tär­putsch 2013 in Ägypten an die Macht kam, hat sich die Men­schen­rechts­si­tuation gra­vierend ver­schlechtert. In einem neuen Bericht von Human Rights Watch haben ägyp­tische Polizei, Sicher­heits­kräfte und Mili­tär­beamte Hun­derte von Kindern will­kürlich fest­ge­nommen, gefoltert. Diese sind spurlos ver­schwunden. Auch sind viele Frauen, die sich für die Rechte von Frauen ein­ge­setzt haben, im Gefängnis. Kri­tiker sind in Ägypten nicht erwünscht und so stoppte die Regierung auf Grund der Corona-Pan­demie im ver­gan­genen Monat die Fami­li­en­be­suche der poli­ti­schen Gefan­genen. Dies führte dazu, dass Ver­wandte keine Medi­ka­mente, saubere Kleidung und frische Lebens­mittel zu den Inhaf­tierten bringen konnten. Men­schen­rechts­gruppen zufolge gibt es im Land Zehn­tau­sende von Men­schen, die wegen ihrer poli­ti­schen Ansichten ohne ein ord­nungs­ge­mäßes Ver­fahren fest­ge­halten werden. Die Inhaf­tierten, egal ob Kinder, Frauen oder Jour­na­listen, sind den Gefäng­nis­wärtern völlig aus­ge­liefert. Nachdem Men­schen­rechts­ak­ti­visten die Frei­lassung von Gefan­genen in über­füllten und unhy­gie­ni­schen Ein­rich­tungen wegen des Aus­bruch des Coro­na­virus for­derten, wurden vier pro­mi­nente Akti­visten und Autoren fest­ge­nommen und ange­klagt. Nun sitzen auch sie in den über­füllten Gefäng­nissen. Während solche Gräu­el­taten eher mit Saudi Arabien in Ver­bindung gebracht werden, finden sie in Ägypten genauso statt. Wie die Türkei bekommt auch Ägypten Ent­wick­lungs­hilfe, für – man stelle sich vor – Demo­kra­tie­för­derung und Stärkung der Menschenrechte.

Geschäfte mit Des­poten – incl. Rüs­tungs­güter und Ent­wick­lungs­hilfe! Poli­zei­gewalt und Folter in Ägypten

Die Todes­strafe gibt es per Gesetz und sie wird sowohl ver­hängt als auch durch­ge­führt, nein, es handelt sich nicht um Saudi Arabien, sondern um Ägypten. Kurz nach der Macht­über­nahme durch den Prä­si­denten Abdel Fattah al-Sisi stiegen im Land die Ver­ur­tei­lungen und Hin­rich­tungen sprunghaft an.

„Die Mei­nungs­freiheit in Ägypten hat sich in den letzten sieben Jahren unter der Herr­schaft von Prä­sident Abdel Fattah el-Sisi dra­ma­tisch ver­schlechtert“, bestätigt die in London ansässige Inter­es­sen­ver­tretung für freie Mei­nungs­äu­ßerung PEN. Auch die Men­schen­rechts­or­ga­ni­sation Amnesty Inter­na­tional (AI) wirft den ägyp­ti­schen Sicher­heits­be­hörden vor, Hun­derte Regie­rungs­kri­tiker ver­schleppt und gefoltert zu haben. Zusammen mit China, der Türkei und Saudi-Arabien sind die Gefäng­nisse in Ägypten die weltweit schlimmsten Orte auch für Jour­na­listen. Nachdem die Bericht­erstattung über die COVID-19-Pan­demie iin Ägypten  die Ver­breitung „fal­scher Nach­richten“ über die Krankheit unter Strafe gestellt hat, ist die Lage für Men­schen­rechts­ak­ti­visten und Jour­na­listen zunehmend schwie­riger geworden.

Men­schen­rechts­ak­ti­visten fordern die Frei­lassung von Gefan­genen und wurden festgenommen

„Wir stehen vor dem Kabi­netts­ge­bäude und fordern den Staat auf, ernst­hafte Schritte in Bezug auf das Coro­na­virus in Gefäng­nissen zu unter­nehmen. Wie wir wissen, sind Ägyptens Gefäng­nisse im besten Fall Cluster für Krank­heiten“, sagte Mona Seif in einem Live-Facebook-Video, dar­aufhin wurde sie von der Polizei fest­ge­nommen. Mit ihr sind drei weitere Frauen ver­haftet wurden, dar­unter ihre Mutter, Pro­fes­sorin Laila Soueif, die Roman­au­torin Ahdaf Soueif und die Pro­fes­sorin und Akti­vistin Rabab al-Mahdi. Mona Seifs Bruder ist der bekannte Blogger und Aktivist Alaa Abdel Fattah, der im ver­gan­genen Sep­tember inhaf­tiert wurde, nachdem  kleine Pro­teste aus­ge­brochen waren, die den Rück­tritt von el-Sisi forderten.

Sie werden beschuldigt, eine illegale Demons­tration mit dem Ziel, den Verkehr zu blo­ckieren und falsche Nach­richten und Gerüchte zu ver­öf­fent­lichen, mit der Absicht, Panik zu ver­breiten. Sie hätten in der Öffent­lichkeit Schilder mit feh­ler­haften Infor­ma­tionen auch im Internet, inmitten der COVID-19-Epi­demie gezeigt“, heißt es in der Pres­se­mit­teilung.

Zur gleichen Zeit ver­öf­fent­lichte auch die Human Rights Watch, ihren Bericht, dass ägyp­tische Sicher­heits­kräfte Kinder im Alter von 12 Jahren gefoltert haben.

Doch trotz der Situation in Ägypten bekommt das Land wei­terhin Rüs­tungs­güter, obwohl es eigentlich untersagt ist.

Erst in der ver­gan­genen Woche hatte die Bun­des­re­gierung bekannt­ge­geben, dass die Lie­ferung eines dritten von ins­gesamt vier U‑Booten für das von Prä­sident Abdel Fattah al-Sisimit harter Hand regierte Land genehmigt ist. Am Don­nerstag wurde die 62 Meter lange «S 43» mit ihren acht Tor­pe­do­rohren von Thys­sen­Krupp Marine Systems in Kiel über­geben. Der Gesamt­auftrag soll Schät­zungen zufolge eine Mil­liarde Euro wert sein. Ägypten war bereits im ver­gan­genen Jahr mit geneh­migten Rüs­tungs­ge­schäften für 802 Mil­lionen Euro dritt­bester Aus­lands­kunde der deut­schen Hersteller.

Was bekommt Ägypten dafür, dass das Land Flücht­linge zurückhält? Ägypten will Waffen und bekommt sie auch, obwohl Ägypten zu der von Saudi-Arabien geführten Allianz gehört, die seit Jahren im Jemen einen Krieg führt. Außerdem unter­stützt es im liby­schen Bür­ger­krieg den umstrit­tenen General Chalifa Haftar, der im Osten des Landes großen Ein­fluss hat.

Kairo wirft schon länger dem zwi­schen der EU und der Türkei geschlos­senen Flücht­lings­ab­kommen vor, einen Flücht­lings­an­sturm nach Ägypten ver­ur­sacht zu haben, und fordert ver­stärkte Hilfen für die Bekämpfung der Krise. In Ägypten leben mehr als 130.000 syrische Flücht­linge unter schreck­lichen Bedingungen.

Siehe auch: Grausam! Geschäfte mit Des­poten – incl. Rüs­tungs­güter und Ent­wick­lungs­hilfe! Poli­zei­gewalt und Folter in Ägypten !

Geschlagen, durch Strom­schlag getötet, gefoltert – das Leben für Jungen in Ägyptens Gefängnissen

Laut einem neuen Bericht von Human Rights Watch, haben ägyp­tische Sicher­heits­kräfte Kinder im Alter von 12 Jahren in der Haft gefoltert.

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Kinder im Alter von 12 Jahren wurden in ägyp­ti­schen Gefäng­nissen gefoltert. Zu den schreck­lichen Berichten darüber, was mit ihnen pas­siert ist, gehört, dass sie an Decken hängen, bis sich ihre Schultern ver­schieben, wie­derholt geschlagen, mit Elek­tro­schocks gefoltert werden. Seit der Macht­über­nahme des Militärs im Jahr 2013 wurden Hun­derte von Kindern von den ägyp­ti­schen Sicher­heits­kräften fest­ge­nommen. Sie werden häufig ohne Angabe von Gründen ver­haftet, oder weil sie lediglich an öffent­lichen Pro­testen teil­ge­nommen haben.

Nach ägyp­ti­schem Recht müssen die Behörden die Häft­linge innerhalb von 24 Stunden nach ihrer Fest­nahme einem Staats­anwalt vor­führen [Mohamed El-Masry / HRW].

Der 43-seitige Bericht mit dem Titel „Niemand küm­merte sich darum, dass er ein Kind war: Miss­brauch von Kindern in Haft durch ägyp­tische Sicher­heits­kräfte“ doku­men­tiert die Miss­hand­lungen von 20 Kindern im Alter zwi­schen 12 und 17 Jahren, als sie fest­ge­nommen wurden.

  • Fünfzehn der 20 Kinder gaben an, in Unter­su­chungshaft gefoltert worden zu sein, nor­ma­ler­weise während des Verhörs und während der Haft ohne Kontakt zur Außenwelt.
  • Sieben Kinder sagten, Sicher­heits­beamte hätten sie mit Elek­tri­zität gefoltert, auch mit Elektroschockern.
  • Ein Junge sagte, seine Ver­nehmer hätten ihn drei Tage lang an einen Stuhl gebunden.
  • Und ein Junge, den die Behörden im Alter von 16 Jahren gewaltsam gefoltert hatten, sagte einem Ver­wandten, er befürchte, er könne „niemals hei­raten oder Kinder bekommen“, weil ihm Sicher­heits­beamte während der Verhöre etwas angetan hatten.
  • Der 12-jährige Abdullah Bou­madian, der gewaltsam mit­ge­nommen und inhaf­tiert wurde, war von Sicher­heits­be­amten mit Wasser getränkt und durch Strom­schlag getötet worden, nachdem er für etwa 100 Tage in Ein­zelhaft gesteckt worden war.

In Ägypten trennen Gefäng­nis­beamte laut HRW keine Kinder von Erwach­senen in Haft­an­stalten. Nach ägyp­ti­schem Recht müssen die Behörden die Häft­linge innerhalb von 24 Stunden nach ihrer Fest­nahme einem Staats­anwalt vor­führen. Laut HRW ver­tuschten die Staats­an­wälte jedoch das lange Ver­schwin­den­lassen von Kindern, indem sie fälsch­li­cher­weise angaben, wann sie ver­haftet wurden. In keinem der von HRW doku­men­tierten Fälle legten die Behörden einen Haft­befehl vor.

Es ist nicht das erste Mal, dass über Folter in ägyp­ti­schen Gefäng­nissen berichtet wird, denn auch Amnesty Inter­na­tional ver­öf­fent­lichte  2018 einen Bericht, in dem fest­ge­stellt wurde, dass Kinder vom ägyp­ti­schen Staat gefoltert wurden und ver­schwunden sind. In einem Bericht des UN-Komitees gegen Folter aus dem Jahr 2017 wurde fest­ge­stellt, dass Folter in Ägypten sys­te­ma­tisch prak­ti­ziert wurde, ein­schließlich in Poli­zei­sta­tionen, Gefäng­nissen und staat­lichen Sicher­heits­ein­rich­tungen, und von Polizei, Militärs und Gefäng­nis­wärtern begangen wurde.

Dabei heißt es, dass die Lie­ferung von Kriegs­waffen und kriegs­waf­fen­nahen sons­tigen Rüs­tungs­gütern nicht in Länder genehmigt werden, wenn
• diese in bewaffnete Aus­ein­an­der­set­zungen ver­wi­ckelt sind oder wo eine solche droht,
• in denen ein Aus­bruch bewaff­neter Aus­ein­an­der­set­zungen droht oder bestehende Span­nungen und Kon­flikte durch den Export aus­gelöst, auf­recht­erhalten oder ver­schärft würden.

Hinzu kommt, dass Über­füllte ägyp­tische Gefäng­nisse berüchtigt für ihre unhy­gie­ni­schen Bedin­gungen sind, die mög­li­cher­weise zu einer raschen Aus­breitung des Coro­na­virus unter den Gefan­genen führen können.

Deutschland und Ägypten: bila­terale Beziehungen

Obwohl alle Vor­würfe schon lange bekannt sind, teilt das Aus­wärtige Amt Ende Februar 2020  mit, dass Deutschland und Ägypten seit langer Zeit enge und viel­fältige Bezie­hungen unter­halten. Deutschland ist wei­terhin bestrebt, den Aufbau eines modernen und demo­kra­ti­schen Staates in Ägypten zu unter­stützen. Dabei ver­folgt die Bun­des­re­gierung die Lage der Men­schen­rechte in Ägypten als Teil einer lang­fristig ange­legten Sta­bi­li­täts­po­litik aufmerksam.

Zwi­schen Deutschland und Ägypten bestehen intensive Wirt­schafts- und Han­dels­be­zie­hungen. Deutschland ist nach China mit einem Han­dels­vo­lumen von knapp 4,5 Mil­li­arden Euro (2019) zweit­größter Han­dels­partner von Ägypten. Auch ist Ägypten eine beliebte Tou­rismus-Desti­nation: Deutsche Tou­risten stellten 2019 mit 1,8 Mil­lionen Besu­che­rinnen und Besu­chern die mit Abstand größte Gruppe, so das Aus­wärtige Amt.

Ägypten ist ein Schwer­punktland der deut­schen Ent­wick­lungs­po­litik. Mit einem Umfang von derzeit 1,6 Mil­li­arden Euro ist es eines der größten Partnerländer.

Nach der Devise: Profite vor Men­schen­rechte, sieht man auch an Saudi Arabien, denn auch dort gehen die Gräu­el­taten  weiter und trotzdem hat Saudi Arabien die G20-Prä­si­dent­schaft und trotz Verstoß gegen Men­schen­rechte bekommt Ägypten Rüs­tungs­güter und Ent­wick­lungs­hilfe aus Deutschland!

Men­schen sterben, damit Kon­zerne Gewinne machen. Was sind die Men­schen­rechte wirklich noch wert?

Photo: The HRW report docu­ments abuses against 20 children aged between 12 and 17 –Mohamed El-Mas­ry/HRW

Netzfrau Doro Schreier


Quelle: netzfrauen.org