Ver­schwö­rungs­theo­re­tiker — Kon­spi­ration gegen die Rechtgläubigkeit?

 

Zweifel ist keine ange­nehme Voraussetzung,
aber Gewissheit ist eine absurde.
Voltaire

Ich bin kein Anhänger einer demo­kra­ti­schen Doktrin dahin­gehend, dass die Mehrheit immer recht hat. Auch eine Mehrheit kann eine fehl­ge­leitete Meinung haben.
Das gilt in der Politik wie auch – man höre! – in der Wissenschaft.
Wir erleben aber derzeit, dass eine über­wäl­ti­gende Mehrheit der Bevöl­kerung einer zah­len­mäßig wis­sen­schaft­lichen Min­derheit in deren Glauben oder Wissen folgt.

(von altmod)

Vice versa: In Deutschland gelten nach offi­zi­eller Lesart in Zeiten der Corona-Krise nur die Ver­laut­ba­rungen von wenigen Reprä­sen­tanten des Robert-Koch-Instituts und eines Viro­logen der Charité – einer Min­derheit – als stich­haltig, ver­lässlich und unwi­der­legbar; auch wenn die sich das eine oder andere Mal selbst wider­sprechen oder widerlegen.

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Zwei Auto­ri­täten stehen gegen mehr als zwei Dutzend andere „fach­liche Auto­ri­täten“, die sich in der Öffent­lichkeit gemeldet haben oder von „Talk­mastern“ in deren Talk-Gig ein­ge­laden wurden; denen aber fast unisono durch die Medien und die poli­ti­schen Ver­treter das Stigma der Dis­si­denten oder der Ver­schwö­rungs­theo­re­tiker ange­heftet wird. Besonders ver­werflich scheint, dass sich diese Leute besonders über die alter­na­tiven Medien wie Youtube oder über Blogs artikulieren.

Die Fir­mierung einer Person als Ver­schwö­rungs­theo­re­tiker in Zeiten von „Corona“ ist auf dem­selben Rang zu sehen wie Nazi – bzw. das eine inklu­diert das andere.

„Die 30“

Liste der Verschwörungstheoretiker:
Dr. Bodo Schiffmann, Dr. Joel Kettner, Dr. Wolfgang Wodarg, Dr. Mark Fidigge, Dr. Karl J. Probst, Prof. Dr. Knut Witt­kowski, Dr.Jenö Ebert, Dr. Gehard Krause, Prof. Maria Rita Gis­mondo, Prof. Dr. John lon­annidis, Prof. Dr. Carsten Scheller. Prof. Dr. Sucharit Bhakdi. Prof. Hendrik Streeck, Prof. Dr. Dr. Martin Haditsch, Prof. Dr. Jochen A. Werner, Dr. Jaroslav Belsky, Prof. Dr. Stefan Hockertz. Dr. Klaus Köhnlein, Prof. Karin Molling, Prof. Dr. Carsten Scheller, Prof. Dr. Yoram Lass, Prof. Dr. Pietro Ver­nazza, Prof. Frank Ulrich Mont­gomery, Prof. Erich Ben­david, Prof. Jay Bhat­tacharya, Dr. Yanis Roussel, Dr. David Katz, Dr. Heiko Schonning, Dr. Michael T Osterholm, Dr. Peter Goetzsche.

Nicht-Ver­schwö­rungs­theo­re­tiker:
Prof. Christian Drosten – Charite´, Prof. Lothar Wieler – RKI

Zu jedem findet man inzwi­schen einen Eintrag im Internet. Man möge sich selbst der Mühe unter­ziehen, wenn man mehr zu deren Ansichten erfahren will. Ich erspare mir einmal die „Links“. Mir geht es hier auch um wei­ter­ge­hende Dinge.

Was zeichnet eine Ver­schwö­rungs­theorie bzw. einen Ver­schwö­rungs­theo­re­tiker aus?

„Als Ver­schwö­rungs­theorie wird im wei­testen Sinne der Versuch bezeichnet, einen Zustand, ein Ereignis oder eine Ent­wicklung durch eine Ver­schwörung zu erklären, also durch das ziel­ge­richtete, kon­spi­rative Wirken einer meist kleinen Gruppe von Akteuren zu einem meist ille­galen oder ille­gi­timen Zweck.“ – So Wikipedia.

Nicht nur Pes­si­misten wissen es: „Kon­spi­ra­ti­ons­theorien sind mit einer eigen­sin­nigen und hoch­ope­ra­tio­nalen Logik verknüpft.“

Dem wäre jetzt nach­zu­gehen, ob diese 30 Wis­sen­schaftler bzw. deren Ver­laut­ba­rungen die Kri­terien für eine Ver­schwö­rungs­theorie erfüllen.

Ich habe mal ver­sucht, aus ver­schie­denen Quellen die Kri­terien für eine Ver­schwö­rungs­theorie oder die Cha­rak­te­ristika derer Ver­treter zu extra­hieren. Diese mögen viel­leicht nicht der wis­sen­schaft­lichen poli­to­lo­gi­schen Semantik ent­sprechen oder dem, was ein Fal­si­fi­kator z.B. auf Wiki­pedia dazu sagt.

1. Wider­spre­chende Beweise
Ein Ver­schwö­rungs­theo­re­tiker fängt mit der Schluss­fol­gerung an und findet dann Gründe, um alles aus­zu­schließen, was dem gewünschten Resultat nicht entspricht.

2. Obsku­rität
Von der Vor­aus­setzung aus­gehend, dass der äußere Anschein trügt, lehnt die Ver­schwö­rungs­theorie das gewöhn­liche Wissen ab und sucht exo­tische und wenig bekannte Vari­anten. Eine Vor­liebe für das Unwahr­schein­liche und das Okkulte ver­leiht ihren Daten durchaus eine typische und erkennbare Qualität.

  1. Abneigung, Wissen preiszugeben
    Dieses zeigt sich gewöhnlich in der sprach­lichen Form unter der Benutzung von pas­siven Verben und vagen Pro­nomen („sie“). Manchmal auch direkt: „Um die Namen der Per­sonen zu schützen, habe ich mich ent­schieden, meine Quelle im gegen­wär­tigen Augen­blick nicht preiszugeben.“
  2. Stützen auf Fälschungen
    Fäl­schungen als Beweis­mittel spielen bei VT eine über­di­men­sionale Rolle. Z.B. sind makabre Men­schen­ver­suche, Aliens-Beweise (Roswell) ein Dau­er­thema von Verschwörungstheorien.
  3. Wie­der­holen von Widersprüchlichkeiten
    Ver­schwö­rungs­theo­re­tiker bringen mit leichten Abwand­lungen und auf­schluss­reichen Wider­sprüchen immer die gleichen Kern­thesen in Umlauf.
  4. Gelehrte Schein­f­ak­ti­zität mit pedan­ti­schen Verweisen
    Ver­schwö­rungs­theo­re­tiker legen es darauf an, Kri­tiker oder Klein­gläubige mit Namen, Daten und Fakten zu bombardieren.
  5. Kumulation
    Die Lücke in einer Ver­schwö­rungs­theorie wird wie­derum durch eine weitere Ver­schwö­rungs­theorie erklärt.
  6. Unkri­tische Akzeptanz
    Ver­schwö­rungs­theorien machen Hilflose scheinbar zum Herrn von Ver­hält­nissen, deren Herr sie gerade nicht sind.
  7. Nicht­be­achten des zeit­lichen Ablaufs
    Auch innerhalb großer Zeit­räume ändert sich für Ver­schwö­rungs­theo­re­tiker kaum etwas.
  8. Leicht­fer­tiger Umgang mit Fakten
    Nicht selten erfinden Ver­schwö­rungs­theo­re­tiker Tat­sachen aus dem Nichts.
  9. Macht als Ziel
    In der Welt des Ver­schwö­rungs­theo­re­tikers drängt die Gier nach Macht alle anderen, gering­er­wer­tigen Motive zur Seite.
  10. Vorteilsgewinn
    Wer aus einem Ereignis Gewinn zieht, muss es ver­ur­sacht haben und wenn man weiß, wer der Nutz­nießer ist, kennt man den Verschwörer.
  11. Keine Zufälle
    Der Zufall spielt kei­nerlei Rolle. Was immer in der Gesell­schaft geschieht, ist für den Ver­schwö­rungs­theo­re­tiker das Resultat direkten Planens von einigen wenigen, mäch­tigen Ein­zel­per­sonen oder Gruppen.
  12. Äußerer Anschein
    Um erfolg­reich zu sein, muss eine Ver­schwörung sich und ihre wahren Ziele tarnen und als Gegenteil dessen aus­geben, was sie in Wahrheit ist.

Das klingt jetzt alles sehr theo­re­tisch, kann aber im Falle der „Corona-Häre­tiker“ wie auch bei den Ortho­doxen mit Fakten erklärt, widerlegt – aber auch bestätigt werden. So ist es eben bei „wis­sen­schaft­licher Komplexität“.

Ich habe mir unzählige Quellen der ortho­doxen Wort­führer wie auch der 30 ange­sehen. Als „ver­zeh­render Konsum-Senior“ mit aka­de­mi­schem Back­ground, im „Home-Office“, hat man ja auch nicht viel anderes zu tun.

Im Fol­genden heißt „VT“ Ver­schwö­rungs­theo­re­tiker oder auch nur „angeb­licher Ver­schwö­rungs­theo­re­tiker“. Wenn ich von den „30“ spreche, sind das die oben genannten wis­sen­schaft­lichen „Abweichler“, oppo­sitiv zu den offi­ziell bestä­tigten „Ortho­doxen“ vom RKI oder der Charite´ und der Politik.

Aber schon indem ich diesen Gegensatz auf­stelle, bin ich schon ein VT.
Es ist verrückt.

Zu 1.
Unsere VT führen wider­spre­chende Beweise zu den Recht­gläu­bigen an, ver­weisen auf die Wider­sprüch­lich­keiten in deren eigenen Aus­sagen hin z.B. Pro­gnosen über Todes­zahlen, Wirk­samkeit von Vor­sor­ge­maß­nahmen (Mund­schutz), Sta­tis­tische Unsau­ber­keiten etc. Es ist nicht zu erkennen, dass die ver­meint­lichen VT jeg­liche stö­renden Fakten für ihre eigenen Behaup­tungen ausschließen.

Zu 2.
Ich habe bei keinem der sog. VT – bei den 30 – den Anschein von Obsku­ran­tismus entdeckt.

Zu 3.
Die VT geben alle ihre Quellen an und argu­men­tieren aktiv.

Zu 4.
In keinem ein­zigen Fall können tat­säch­liche Fäl­schungen nach­ge­wiesen werden. Ein­schränkung: Insoweit auch die Recht­gläu­bigen und ‑habenden auch Fäl­schungen auf den Leim gehen können.

Zu 5.
Auch die Ortho­doxen bringen immer die gleichen „Kern­thesen“ in den Umlauf.

Zu 6.
Kri­tiker oder Klein­gläubige mit Namen, Daten und Fakten zu bom­bar­dieren ist hin­gegen die Methode der Poli­tiker und im Medien-Journalistenbrei.

Zu 7.
Bei den VT-Wis­sen­schaftlern steht in keiner Weise eine Kumu­lierung der eigenen Theorien im Vor­der­grund. Man beschränkt sich korrekt auf die Erör­terung der Hypo­thesen mit Rede und Widerrede.

Zu 8.
Keiner der 30 Wis­sen­schaftler miss­braucht mit seinen Mei­nungen in irgend­einer Weise Hilflose.

Zu 9.
Der Vorwurf schlägt eher auf die Ortho­doxen – z.B. vom RKI – zurück, welche aus ihren eigenen Erkennt­nissen über die lau­fende Chro­ni­zität zu keiner Zeit Schlüsse ziehen wollten.

Zu 10.
Eine Ver­däch­tigung, die durch nichts zu belegen ist.

Zu 11.
Macht als Zweck oder Ziel, ist eine schwer zu wider­le­gende Behauptung – was durchaus für beide Seiten gilt. Aber daraus ergibt sich das nächste Problem.

Zu 12.
Cui bono? Eine ele­mentare Frage. Ein Vor­teils­gewinn der Politik ist nicht zu ver­leugnen und natürlich sucht ihn jeder, der auf Medi­en­in­teresse schielt.

Zu 13.
Wenn man nach poli­ti­schen Motiven sucht, kann man dem eigentlich nicht aus­weichen. In der Wis­sen­schaft, welche die 30 ver­treten, ist ein Ergebnis nicht planbar, und so sehen das diese angeb­lichen VT.

Zu 14.
Inzwi­schen tarnt auch die Politik ihre Ziele nicht mehr: die „große Trans­for­mation“ ist bereits angekündigt.
Vor­sicht – ist das eine Verschwörungsannahme?
Aber inwiefern sollte das ein Thema für die 30 in der Wis­sen­schaft sein?

Die Aus­le­gungen waren jetzt gewiss nicht erschöpfend. Jeder kann sich dazu seine eigenen Gedanken machen. Aber ehrlich, wenn man die Punkte durchgeht, könnte man da nicht „durch­drehen“, wenn man da nach Unvor­ein­ge­nom­menheit, Inte­grität, Wahr­haf­tigkeit sucht – auch bei sich?

Ich „glaube“ den 30 mehr als den in den Augen der Mehrheit „Recht­gläu­bigen“ vom RKI und der Charite´. Auf­grund von qua­li­ta­tiven und nicht von quan­ti­ta­tiven Faktoren.
Ich befinde mich als mög­licher VT in geschätzter Gesell­schaft: Aus­schließlich Dok­toren und Pro­fes­soren tauchen in dieser Liste auf und ich brauche mich nicht mit einem Min­der­wer­tig­keits­komplex ver­stecken, verfüge ich doch auch über ein Dok­torat. Kein Berufs‑, nein, ein rich­tiges „For­schungs­dok­torat“, mit dem mir einst die Fähigkeit zum selbst­stän­digen wis­sen­schaft­lichen Arbeiten bescheinigt wurde.
Gute Lehrer haben es uns schon in der Schule, im Gym­nasium, an der Uni­ver­sität bei­gebracht: Es gibt keine dummen Fragen. Das gilt – es muss eigentlich nicht betont werden – besonders, wenn es um Wis­sen­schaft geht. Wer fragt, ist noch lange kein Apostat oder Verschwörungstheoretiker.

Aber Fragen ist ja in unserer Zeit schon verdächtig.
Und schon argu­men­tiere ich wieder auf ver­schwö­re­ri­scher Grundlage – könnte man sagen.

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Dazu zwei Kom­mentare (von der Ori­gi­nal­seite über­nommen):

KW sagt (April 21, 2020 um 5:43 am): 

Wo nicht mehr um Ergeb­nisse gestritten, wo ein Disput mit Schimpf­keulen statt mit Argu­menten und Beweisen abge­wehrt wird, herrscht eine reli­gi­ons­artige Ideo­logie, die von den der­zei­tigen Macht­habern durch­ge­peitscht wird. Da ist es die Pflicht der wenigen, das böse Spiel Durch­schau­enden, dagegen aufzustehen.
Es bleibt nicht bei der Ideo­logie, es steht die Zwangs­impfung = Kör­per­ver­letzung von uns allen zum Zweck der Macht und des Reichtums einiger weniger im Hin­ter­grund wie der Schei­ter­haufen im Mit­tel­alter für Girdano Bruno.
Wer das Weltbild der Kirche in Frage stellte, landete dort.
Trotzdem konnte sich auch damals die Wahrheit durchsetzen.
Sie, geschätzter Frieder, haben zum Beweis Ihrer Denk­leistung den Dok­tor­titel, ich habe ein Diplom, aber auch das beweist in dieser irren Zeit gar nichts. Da beides heute gekauft werden kann, sind ihre Träger oft genau solche Irr­lichter wie die Masse.
Nur wer gegen den Strom schwimmt, kommt zur Quelle.

altmod sagt (April 21, 2020 um 3:10 pm): 

Die Regie­rungs­presse und Verschwörungstheoretiker
https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/querfront-protest-vor-der-volksbuehne-wie-die-ard-verschwoerungstheoretikern-auf-den-leim-ging/25755124.html?utm_source=pocket-newtab.

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„altmod“ ist Facharzt und Blogger (http://altmod.de/) sowie seit vielen Jahren Kolumnist bei conservo


Dieser lesens­werte Beitrag erschien zuerst auf dem Blog von Peter Helmes – www.conservo.wordpress.com