Ohne dass die Eltern und die Öffentlichkeit davon wissen, wurde seit 15 Jahren in Deutschland ein „Konzept“ praktiziert, das sich „Original Play“ nennt. Dieses sieht vor, dass vollkommen unbekannte Männer in Kitas gehen dürfen, um dort gegen eine Geldgebühr mit Kindern zu spielen. Die Eltern der Kinder werden nicht nur nicht gefragt, sie erfahren nicht einmal etwas davon. Ein ARD-Bericht machte dieses extrem unheimliche „Konzept“ öffentlich.
https://youtu.be/LRNyt5KcuZM
Dieses „Original Play“ erhebt den Anspruch, ein Frühpädagogik-Konzept zu sein, das in den 1970er Jahren von dem US-Amerikaner Fred Donaldson entwickelt worden ist, angeblich einem Universitätsprofessor für Psychologie. Es gibt auch eine Stiftung, die dieses „Konzept“ propagiert. Dort klingt das dann so: „Original Play versucht, die Beziehungen zwischen Individuen und Gruppen zu verbessern, indem Aggression und Gewalt zwischen Menschen durch Freundlichkeit und Liebe ersetzt werden und jedes Kind sich sicher und geliebt fühlt.“
Diese Methode, so die Webseite, wandle „tief verwurzelte negative Verhaltensmuster in neue Gewohnheiten um“ liest man dort, wodurch „eine Grundlage für optimale Bedingungen für Lernen, Kreativität und Selbstentwicklung“ geschaffen werde. Die „Original Play“ ist eine internationale Stiftung. Sie agiert unter anderem in den USA und Afrika. Das läuft folgendermaßen ab: Gegen eine Kursgebühr von zirka 250 Euro kann man eine Ausbildung zum „Lehrling“ erhalten, woraufhin man in die Kindergärten gehen kann und Tobe- und Kuschelstunden mit Kindern abhält, die man überhaupt nicht kennt und für die man ein völlig Fremder ist. Die Männer wälzen sich mit den Kindern über Turnmatten, in enger Umklammerung und engstem Körperkontakt.
Mit der Psychologieprofessur des Herrn Donaldson scheint es nach Recherchen der Seite „Plagiatsgutachten“ nicht weit her zu sein:
„O. Fred Donaldson wird in zahlreichen Webquellen als ehemaliger amerikanischer Universitätsprofessor für Psychologie bezeichnet, siehe etwa hier, hier und hier. – Eine erste Spurensuche hat ergeben: Herr Donaldson war nie Universitätsprofessor, noch ist er Psychologe. Nach seinem Studium der Geographie war er an der University of Washington und am Department für Geographie der California State University in Hayward im Rahmen von befristeten Forschungsprojekten beschäftigt, unter anderem auch in einem Train-the-Trainer-Projekt. Aus diesem heraus dürfte er später seine Expertise in Psychologie konstruiert haben.“
Wer glaubt, das sei eine ganz neue, heimliche Masche, der die ARD-Redakteure auf die Spur gekommen sind, der irrt. Seit 15 Jahren gibt es dieses „Konzept“ nun schon in Deutschland. „Original Play“ wurde vorrangig in München, Regensburg, Dresden, Berlin und Hamburg gespielt, meist in kirchlichen Kitas oder Gemeinden — und mit durchaus negativen Erfahrungen. Dennoch lief es lange weiter. Der ARD-Bericht lässt Eltern von betroffenen Kindern zu Wort kommen. Es ist mehr als erschreckend, was da jahrelang unter den Augen der Verantwortlichen in verschiedenen Kitas geschehen ist.
Ein Vater berichtet: „Unser Sohn hat uns im Kontext mit diesem Original Play sehr ausdrückliche, ja, sexuelle und gewalttätige Dinge berichtet und auch vorgespielt. Wir sprechen nicht nur über schweren sexuellen Missbrauch, Vergewaltigungen, sondern auch über Gewalt, Demütigung, Sadismus. Und für uns schien es relativ schnell so, als wenn dass das Ganze ein System hat.“
Ein Berliner Vater bekam Fotos von dem „Original Play“ zu sehen und war erschüttert: „Als ich auf den Fotos gesehen habe, wie viele wildfremde Menschen mit unseren Kindern gespielt haben, da wurde mir richtig übel. Übel, Wut und auch Ohnmacht, was da passiert ist.“
Auch die von einem Kind berichtete Tatsache, „(…) dass sie auch von der Erzieherin irgendwo anders hingebracht worden ist. Da haben sie dann mit anderem erwachsenen Männern gespielt und das hat sie nicht gemocht. Die anderen Kinder, die mitgekommen sind, auch nicht. Ein anderes Mal hat meine Tochter mir auch gezeigt, wie der Haupterzieher, der Leiter von der Kita die Nase in ihren Po gesteckt hat und dass er das auch bei anderen Kindern gemacht hat.“
Die Kinder entwickeln nicht selten Verhaltensauffälligkeiten, haben Angst, werden schnell wütend und bei bestimmten „Auslösern“ sehr verletzlich.
Der ARD-Bericht zeigt, dass Berliner und Hamburger Eltern nicht nur Missbrauchsfälle, sondern sogar Vergewaltigungen ihrer Kinder anzeigten. Und das ging für die Täter unfassbar leicht. So besagt die Anmoderation des ARD-Beitrages:
„Original Play — ursprüngliches Spielen heißt das dann. Wer eine Kursgebühr bezahlt, kann einfach so rein zu den Kindern. Gemeinsam mit dem ORF zeigen wir erstmals und exklusiv, wie gefährlich einfach es damit Pädokriminellen gemacht wird, an Kinder ranzukommen.“
„Für mich, in meinen Augen, ist das eine Einladung zur Übergriffigkeit gegenüber Kindern“, sagt die Trauma-Therapeutin Michaela Huber. Und auch Karl-Heinz Brisch, ein Kinderpsychiater der Privat-Uni Salzburg sah sich die ach so „ursprünglichen Spiele“ an und stellte fest: „Es ist mir zum Teil wirklich Gänsehaut über den Rücken gelaufen, weil es gibt eine ganze Reihe von Textpassagen, die lesen sich wie eine Anleitung für Pädophilie.“
Die Kinder zeigten nach seltsamen „Pferdchenspielen“ häufig Verletzungen im Intimbereich und auch sonst am Körper, bis hin zum Armbruch. Die Eltern ließen sich irgendwann nicht mehr von den Erziehern besänftigen und nahmen ihre Kinder aus der Kita. Erst dann fingen die Kinder an, davon zu sprechen, was dort wirklich geschah:
„Anfangs war es immer so, wenn ich meine Tochter aus der Kita geholt habe, hat sie gesagt, der Po tut weh oder der Intimbereich, dass sie da einen Dorn drin hätte. Sie wollte nicht mehr zur Kita gehen, hat morgens geweint. Sie hatte Ängste. Letztes Jahr im Juni kam sie dann und hat aus heiterem Himmel gesagt, dass dieser Mann, der dieses Original Play anbietet, ihr den Penis in den Po gesteckt hat.“
Das Kind machte diese Aussage auch bei einer Ärztin, aber – aus therapeutischen Gründen – nicht bei der Polizei. Die Berliner Staatsanwaltschaft stellte trotz der Hinweise von Eltern und Kindern die Ermittlungen ein, die Hamburger Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen aus Mangel an Beweisen eingestellt.
Der ARD-Beitrag steckte die schöne Kulisse in Brand. Dieses sogenannte „pädagogische Konzept“ wurde mittlerweile in Bayern, Rheinland-Pfalz, Hamburg, Bremen, Berlin und Brandenburg verboten.
Plötzlich äußerten sich auch Politiker und Funktionsträger völlig überrascht und empört, als hätten sie nie vorher etwas davon gehört. Dr. Sabine Andresen, Vizepräsidentin des Kinderschutzbundes schreibt in einer Mitteilung: „Kinder sind keine Objekte, die der Sublimierung von wie auch immer gearteten Bedürfnissen von Erwachsenen dienen. Sie sind eigenständige Subjekte. Pädagogik muss den Kindern dienen, nicht den Erwachsenen.“
Bayerns Familienministerin Kerstin Schreyer sagt: „Original Play öffnet dem Missbrauch Tür und Tor. In Kitas hat das nichts verloren.“
Die Süddeutsche sprach daraufhin die Ministerin unumwunden darauf an, dass es dieses „Konzept“ schon seit 15 Jahren in Deutschland gebe: „Warum ist es jetzt erst in Verruf geraten?“
Antwort: „Man muss vielleicht einmal sagen: „Original Play ist kein Massenphänomen, das ist nichts, was flächendeckend in Deutschland in Kitas und Kindergärten Einzug gehalten hätte.“
Die Süddeutsche hakt nach: „Aber gab es vorher keine Alarmzeichen?“
Frau Ministerin Kerstin Schreyer: „Ich selbst habe das erste Mal erst vor eineinhalb Jahren überhaupt davon gehört. Damals kam eine Kollegin zu mir, sie kannte ein Kind, das in Berlin in einer Einrichtung war, in der ‚Original Play‘ ihre Programme gemacht haben. Sie wollte meine fachliche Einschätzung dazu hören.“
„Und wie sah die aus?“
„Ich habe mich kundig gemacht, mir die Internetseiten der Organisation angesehen und auf YouTube Videos angeschaut. Und mir ist es eiskalt den Rücken runtergelaufen.“
„Warum?“
„Es ist nicht nur in fachlicher Hinsicht grober Unfug und entbehrt wirklich jeder wissenschaftlichen Grundlage, sondern sieht für mich aus wie eine Einladung für Pädophile: Erwachsene Menschen, die im engen und intensiven Körperkontakt mit Kindern toben, raufen oder balgen — mit Kindern, die diese Personen nicht kennen.“
Schuldig bleibt Frau Ministerin aber eine Erklärung, warum dann kein Verbot dieses „Original Play-Konzeptes“ erfolgte, sondern es erst des Fernsehberichtes bedurfte, bis dann wirklich etwas geschah.
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