Gesundheit: Autismus und Zink­mangel – Ein Zusammenhang?

Zink ist in der Früh­ent­wicklung des Kindes ein wich­tiges Spu­ren­element. Fehlt Zink könnte dieser Mangel zu einer feh­ler­haften Ent­wicklung der Syn­apsen im Gehirn und damit zu Autismus führen.

Zink ist ein wich­tiges Spu­ren­element. Da es in erhöhtem Mass für die Ent­wicklung des Embryos erfor­derlich ist, sollte gerade in der Schwan­ger­schaft und Stillzeit ein Zink­mangel ver­mieden werden. For­scher der Stanford Uni­versity School of Medicine schrieben im November 2018 in Fron­tiers in Mole­cular Neu­ro­science, dass ein Zink­mangel sogar mit der Ent­stehung von Autismus in Ver­bindung stehen könnte.

Schon im Juni 2017 berichtete das Ärz­te­blatt von einer Studie, in der sich bei autis­ti­schen Kindern (im Ver­gleich zu gesunden Kindern) erhöhte Blei­kon­zen­tra­tionen in den Milch­zähnen und gleich­zeitig ein Zink- und Man­gan­mangel messen liessen. Es han­delte sich um Zahn­be­reiche, die peri­natal (in einem Zeitraum kurz vor bis kurz nach der Geburt) angelegt werden, also zu einem Zeit­punkt, der auch mit der Ent­stehung von Autismus in Zusam­menhang gebracht wird. Aber auch im Blut weisen Autisten häu­figer einen Zink­mangel auf als gesunde Kinder.

Die Zahn­un­ter­su­chung bestä­tigte erneut den Ver­dacht, dass an der Ent­stehung von Autismus in jedem Fall auch Umwelt­fak­toren beteiligt sind. Die Erb­an­lagen seien nur zur Hälfte für die Erkrankung ver­ant­wortlich – so sei­nerzeit das Ärzteblatt.

Mehrere Studien wid­meten sich dem erwähnten Zink­mangel als Mit­ur­sache von Autismus. Tier­ver­suche haben längst gezeigt, dass eine zinkarme Ernährung der Mutter mit höherer Wahr­schein­lichkeit zu autis­ti­schem Nach­wuchs führen kann. Ja, sogar bei einer ent­spre­chenden gene­ti­schen Ver­an­lagung zu Autismus scheint Zink hilf­reich zu sein.

Zink kann Zell­ver­än­de­rungen durch autis­mus­ty­pische Gen­mu­ta­tionen rück­gängig machen

Zink wird besonders im Gehirn benötigt, das daher auch natur­gemäss einen hohen Zink­spiegel auf­weist. Denn die Zell­kom­mu­ni­kation im Gehirn wird u. a. von Zink regu­liert. Selbst Zellen, die das autis­tische Gen­ma­terial in sich tragen, reagieren positiv auf Zink, schrieben For­scher der Uni­versity of Auckland/Neuseeland im August 2016.

Zell­ver­än­de­rungen im Gehirn, die von den autis­mus­ty­pi­schen Gen­mu­ta­tionen ver­ur­sacht werden, könnten daher mit Hilfe von Zink wieder rück­gängig gemacht werden.

Zink ver­bessert Zell­kom­mu­ni­kation im Gehirn

„Wir haben uns auf das Shank3-Protein kon­zen­triert, das sich in den Syn­apsen* des Gehirns befindet und bei neu­ro­nalen Ent­wick­lungs­stö­rungen wie Autismus oder Schi­zo­phrenie auf­grund einer Gen­mu­tation so beschädigt ist, dass die Ner­ven­zell­kom­mu­ni­kation nicht mehr richtig funk­tio­niert. Pati­enten mit Gen­mu­ta­tionen am Shank3-Protein zeigen daher tief­grei­fende Kom­mu­ni­ka­tions- und Ver­hal­tens­de­fizite“, sagte Dr. Johanna Mont­gomery vom Zentrum für Gehirn­for­schung an der Uni Auckland.

„Inter­es­san­ter­weise führen die bei Autismus beob­acht­baren Gen­mu­ta­tionen und die dar­aufhin ein­tre­tenden Ver­än­de­rungen im Shank3-Protein nicht zu einem Verlust der Reak­ti­ons­fä­higkeit auf Zink“, erklärte Mont­gomery. „Daher konnten wir zeigen, dass Zink, die Zell­kom­mu­ni­kation im Gehirn ver­bessern kann, auch wenn diese zuvor durch die autis­mus­ty­pische Gen­mu­tation beein­trächtigt war.“

„Zink steht eng mit der Ent­stehung von Autismus in Verbindung“

In der ein­gangs erwähnten Studie vom Herbst 2018 wurde dieser Sach­verhalt erneut bestätigt. Stu­di­en­au­torin Dr. Sally Kim von der Stanford Uni­versity School of Medicine schrieb:

„Der Zink­gehalt in den Ner­ven­zellen steht eng mit der Ent­wicklung von Autismus in Ver­bindung, da Zink bestimmte Syn­ap­sen­pro­teine beeinflusst.“

Kim und Kol­legen ent­deckten, dass bei der Signal­über­tragung in der Synapse Zink in die Emp­fän­ger­zelle gelangt, wo es sich an zwei Pro­teinen binden kann – sie heissen Shank2 und Shank3. Diese Pro­teine wie­derum beein­flussen die Reifung der Ner­ven­zellen während der Embryo­nalzeit und Frühentwicklung.

Gibt man zusätz­liches Zink, beschleunigt sich die Aus­reifung der Ner­ven­zellen, so Stu­di­en­leiter Dr. Huong Ha. Zink kann also gemeinsam mit den genannten Pro­teinen zu einer umfas­senden Ent­wicklung der Ner­ven­zellen und ihrer Syn­apsen beitragen.

Zink­mangel in der Früh­ent­wicklung führt zu Stö­rungen im Nervensystem

„Fehlt Zink in der Phase der Früh­ent­wicklung, könnte dies zur Ent­stehung von Autismus bei­tragen, da Zink­mangel eine gestörte Syn­ap­sen­reifung und Stö­rungen neu­ro­naler Netze zur Folge hat“, erklärt Pro­fessor John Huguenard, der eben­falls an der Studie mit­wirkte. Neu­ronale Netze sind Ner­ven­zell­ver­bunde, also mit­ein­ander ver­netzte Ner­ven­zellen, die in diesem spe­zi­ellen Verbund gemeinsam eine bestimmte Funktion erfüllen.

„Wenn es uns gelingt, die Inter­ak­tionen zwi­schen Zink und den Shank­pro­teinen umfassend zu ver­stehen, dann könnte dies zur Ent­wicklung von Dia­gno­se­ver­fahren, aber auch zu wir­kungs­vollen Autismus-The­rapie- und Prä­ven­ti­ons­me­thoden führen“, so Huguenard weiter.

Zink wird in der Schwan­ger­schaft oft vergessen

Natürlich sollte man vor und während einer Schwan­ger­schaft darauf achten, mit ALLEN Vital­stoffen gut ver­sorgt zu sein. Während das Augenmerk jedoch meist nur auf Eisen, Fol­säure, Jod, Vitamin D und die B‑Vitamine gerichet ist, wird Zink oft ganz ver­gessen. Doch gerade dieses Spu­ren­element lässt sich mit der Ernährung nicht immer so einfach in der erfor­der­lichen Menge auf­nehmen und sollte daher bei einem Vitamin- und Mine­ral­stoff­check nicht ver­gessen werden.

Kann die Ein­nahme von Zink das Unge­borene vor Autismus schützen?

Zwar fehlen noch Studien, die konkret zeigen würden, dass eine Zink­sup­ple­men­tierung das Autis­mus­risiko senken könnte. Nichts­des­to­trotz ist eine umfas­sende Zink­ver­sorgung in jedem Fall eine gute Idee.

Dies bedeutet jedoch nicht, dass man nun sofort grosse Mengen Zink zu sich nehmen sollte. Es bedeutet lediglich, dass man einen Zink­mangel ver­meiden sollte und daher zunächst den per­sön­lichen Zink­status und den Zink­gehalt der eigenen Ernährung über­prüfen sollte.

Erst dann lässt sich ent­scheiden, ob man mit Hilfe einer Ernäh­rungs­um­stellung die benö­tigten Zink­mengen zu sich nehmen kann (Männer 10 mg, Frauen 7 mg, Schwangere/Stillende 10/11 mg) oder ob ein wohl­do­siertes Nah­rungs­er­gän­zungs­mittel sinnvoll wäre.

Zink-Über­dosen müssen ver­mieden werden

Zink-Über­dosen müssen in jedem Fall ver­mieden werden, da sie toxisch sind und überdies zu einem Kup­fer­mangel führen können, der nun wie­derum eine Blut­armut und geschwächte Knochen zur Folge haben könnte.

Bedenken Sie aber auch, dass eine zink­reiche Ernährung u. U. nicht aus­rei­chend ist, wenn Resorp­ti­ons­stö­rungen im Darm vor­liegen. Eine Bestimmung des Zink­spiegels im Vollblut kann hier Auf­schluss geben.

*Syn­apsen: Syn­apsen sind die wich­tigsten Schalt­stellen im Gehirn. Es sind die Ver­bin­dungs­stellen zwi­schen zwei Ner­ven­zellen (einer Sende- und einer Emp­fän­ger­zelle), an denen die Signal­über­tragung statt­findet. Es gibt 100 Bil­lionen Syn­apsen im Gehirn eines Men­schen. Das Zusam­men­spiel dieser Syn­apsen bestimmt das Ver­halten jedes ein­zelnen Men­schen. Syn­apsen sind – so Bio­che­miker Nils Brose – hoch­kom­plexe mole­kulare Maschinen aus hun­derten von ver­schie­denen Pro­teinen (Eiweiss­bau­steinen). Das Zusam­men­spiel dieser Eiweiss­bau­steine ist für die exakte Funktion dieser Syn­apsen ver­ant­wortlich. Kommt es hier zu Stö­rungen, können sich Krank­heiten ent­wi­ckeln, u. U. auch Autismus.

Zink ist ein essen­ti­elles Spu­ren­element, was bedeutet, dass es nur in kleinen Mengen nötig ist, diese aber regel­mässig mit der Nahrung auf­ge­nommen werden müssen. Der Zink­bedarf wird fol­gen­der­massen angegeben:

  • Kinder (je nach Alter): 3 – 7 mg Zink pro Tag
  • Männer: 10 mg Zink pro Tag
  • Frauen: 7 mg Zink pro Tag
  • Schwangere und Stil­lende: 11 mg Zink pro Tag

Säug­linge sind über die Mut­ter­milch perfekt mit Zink versorgt.

Medi­ka­mente, die den Zink­spiegel senken

Zu den Medi­ka­menten, die den Zink­spiegel senken können, z. B. indem sie eine über­mässige Zink­aus­scheidung mit dem Urin for­cieren, gehören die folgenden:

  • ACE-Hemmer (gegen Bluthochdruck)
  • Antazida (zur Neu­tra­li­sierung der Magensäure)
  • Anti­ba­by­pille
  • Bestrah­lungs- und Chemotherapien
  • Ciclos­porin A (bei Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, schwere Neu­ro­der­mitis- und Pso­riasis-Formen u. a.)
  • Cor­tison (bei chro­ni­schen Ent­zün­dungen, Haut­krank­heiten und Autoimmunerkrankungen)
  • Diuretika (bei Wassereinlagerungen)
  • DMPS und EDTA (zur Aus­leitung von Queck­silber z. B. nach Amal­gam­sa­nierung; mit Queck­silber wird auch Zink ausgeleitet)
  • Eisen­prä­parate
  • Lipidsenker (zur Senkung eines erhöhten Cho­le­sterin- und/oder Triglyceridspiegels)
  • Tetra­cy­cline (Anti­biotika z. B. gegen Infek­tionen der Atemwege, des Darms und des Urogenitaltrakts)

Etliche dieser Medi­ka­mente werden über lange Zeit­räume ein­ge­nommen, manche sogar über Jahr­zehnte hinweg, z. B. Mittel gegen Blut­hoch­druck, die Pille oder Lipidsenker und können auf diese Weise zu einem chro­ni­schen und merk­lichen Zink­mangel führen.

Zur ursprüng­lichen Krankheit, gegen die man die Medi­ka­mente ein­nimmt, gesellen sich dann noch die Sym­ptome des Zink­mangels. Und da Zink an Heil­pro­zessen beteiligt ist, sinkt die Chance, dass die Krankheit je gelindert oder gar aus­ge­heilt werden könnte, immer weiter.

Doch nicht allein Medi­ka­mente können einen Zink­mangel ent­stehen lassen. Es gibt noch weitere Risi­ko­fak­toren, die zu einem Zink­mangel führen können:

Wie Alkohol Ihren Zink­spiegel senkt

Wer gerne Alkohol trinkt, sollte wissen, dass Alkohol die Zink­aus­scheidung mit dem Urin erhöht (und auch die Aus­scheidung anderer Mine­ral­stoffe und Spurenelemente).

Zink befindet sich in vielen Lebens­mitteln. Nach­folgend die Zink­werte der wich­tigstens Lebensmittelgruppen:

  • Hohe Zink­werte finden sich daher in Fleisch­pro­dukten und Käse (2 bis 5 mg/100g), aber auch in Getrei­de­pro­dukten (2 bis 4 mg/100g).
  • Hül­sen­früchte liefern 2 bis 3,5 mg Zink pro 100g.
  • Spit­zen­reiter in Sachen Zink sind jedoch – gleich nach den Austern mit 8 bis 9 mg pro Auster – die Ölsaaten, wie z. B. Kür­bis­kerne (7 mg pro 100 g), Leinsaat und Mohn. Da man jedoch leichter 100 g Fleisch, Linsen oder Brot essen kann als etwa 100 g Leinsaat oder gar Mohn, rela­ti­vieren sich hier die hohen Zink­mengen wieder.
  • Früchte und Gemüse hin­gegen liefern recht geringe Zink­mengen (0,1 bis 1 mg pro 100 g). Doch können von Obst und Gemüse leicht grössere Mengen und dann auch grössere Zink­mengen ver­zehrt werden, so dass auch diese Lebens­mit­tel­gruppe eine sehr wichtige Zink­quelle dar­stellt, die leider viel zu oft unter­schätzt wird.

Wer sich vegan ernähren will, findet hier die optimale Menge an Zink:

  • Mohn-Samen: 7–8 mg
  • Kür­bis­kerne: 7–8 mg
  • Son­nen­blu­men­kerne: 5 mg
  • Lein­samen: 4–5 mg
  • Hafer­flocken: 3–4 mg
  • Para­nüsse: 4 mg
  • Voll­kornmehl: 3–5 mg
  • Hül­sen­früchte (z.B. Kicher­erbsen und Linsen): 2–4 mg
  • Erd­nüsse: 3–4 mg
  • Buch­weizen: 2,4 mg
  • Wal­nüsse: 3 mg

Wenn Zink­prä­parate, dann Zink-Chelate

Da die Bio­ver­füg­barkeit von Zink besonders hoch ist, wenn es an Pro­teine bzw. Ami­no­säuren gebunden ist, sollte den ent­spre­chenden Pro­dukten der Vorzug zu geben.

Bei che­la­tiertem Zink (Zink-Chelat) liegt das Zink bei­spiels­weise an die Ami­no­säure Glycin gebunden vor und kann somit leicht resor­biert werden. Weniger gut lassen sich Zink­sulfat oder Zinkoxid resorbieren.

Zink­prä­parate nimmt man am besten abends vor dem Schla­fen­gehen ein und trinkt dazu ein Glas Wasser.

Höhere Zink-Ein­nahmen als die emp­fohlene Tages­dosis sollten aber unbe­dingt unter the­ra­peu­ti­scher Begleitung erfolgen, da eine anhal­tende erhöhte Zink­zufuhr mit­unter zu Kup­fer­mangel führen kann. Hier gilt daher, auch den Kup­fer­spiegel im Auge zu behalten!


Quelle: zentrum-der-gesundheit.de