All jene Pro­phe­zei­ungen bzgl. eines sich erwär­menden Klimas haben plötzlich ein großes neues Problem!

Eine der wich­tigsten Zahlen der Welt trägt den ein­gän­gigen Titel „Gleich­ge­wichts-Klima-Sen­si­ti­vität“ [„Equi­li­brium Climate Sen­si­tivity“ (ECS)]. Sie ist ein Maß dafür, wie stark das Klima auf Treib­hausgase reagiert. Formell wird sie defi­niert als der Anstieg der Durch­schnitts­tem­pe­ratur in Grad Celsius auf der ganzen Welt nach Ver­dop­pelung der Menge des Koh­len­di­oxids in der Atmo­sphäre und nachdem sich die Atmo­sphäre und die Ozeane voll­ständig an die Ver­än­derung anpassen konnten. Warum ist das so wichtig? Weil diese Angabe die ulti­mative Recht­fer­tigung der Regie­rungs­po­litik zur Bekämpfung des Kli­ma­wandels darstellt.

(von Ross McKitrick)

Das IPCC sagt, dass die ECS wahr­scheinlich zwi­schen 1,5 und 4,5 Grad Celsius liegt, aber genauer kann es die ECS nicht angeben. Das ist zu schade, denn von ihrem Wert hängt ein enormer Teil der öffent­lichen Politik ab. Leute, die die Aus­wir­kungen der glo­balen Erwärmung unter­suchen, haben her­aus­ge­funden, dass bei nied­riger ECS – sagen wir weniger als zwei – die Aus­wir­kungen der glo­balen Erwärmung auf die Wirt­schaft meist gering und vie­lerorts leicht vor­teilhaft sein werden. Wenn sie sehr gering sind, zum Bei­spiel um eins, dann bedeutet das, dass die Treib­hausgas-Emis­sionen es einfach nicht wert sind, etwas dagegen zu unter­nehmen. Ist die ECS jedoch hoch – sagen wir um vier Grad oder mehr – dann ist der Kli­ma­wandel wahr­scheinlich ein großes Problem. Wir sind viel­leicht nicht in der Lage, ihn auf­zu­halten, aber wir sollten uns besser darauf vor­be­reiten, uns an ihn anzupassen.

Also sollte irgend­jemand mit irgend­etwas die ECS genau messen. Zwar haben schon viele Leute genau das ver­sucht, aber was dabei her­auskam, hat enorme poli­tische Implikationen.

Um zu ver­stehen, warum, müssen wir uns zunächst ein wenig mit der Methodik beschäf­tigen. Es gibt zwei Mög­lich­keiten, wie Wis­sen­schaftler ver­suchen, die ECS zu schätzen. Die erste besteht darin, ein Kli­ma­modell zu ver­wenden, die model­lierte CO2-Kon­zen­tration gegenüber dem vor­in­dus­tri­ellen Niveau zu ver­doppeln und so lange laufen zu lassen, bis sich die Tem­pe­ra­turen einige hundert Jahre in der Zukunft sta­bi­li­sieren. Dieser Ansatz, der als modell­ba­sierte Methode bezeichnet wird, hängt in seiner Genau­igkeit von der Gül­tigkeit des Kli­ma­mo­dells ab, und da sich die Modelle recht stark von­ein­ander unter­scheiden, ergibt sich daraus ein breites Spektrum mög­licher Ant­worten. Eine bekannte sta­tis­tische Ver­teilung, die aus Modell­studien abge­leitet wurde, fasst die Unsi­cher­heiten dieser Methode zusammen. Sie zeigt, dass die ECS wahr­scheinlich zwi­schen zwei und 4,5 Grad liegt, mög­li­cher­weise sogar nur 1,5, aber nicht weniger, und mög­li­cher­weise sogar bis zu neun Grad. Dieser Bereich der poten­ti­ellen Erwärmung ist sehr ein­fluss­reich für öko­no­mische Ana­lysen der Kosten des Klimawandels.

Die zweite Methode besteht darin, lang­fristige his­to­rische Daten über Tem­pe­ra­turen, Son­nen­ak­ti­vität, Koh­len­di­oxid­emis­sionen und Atmo­sphä­ren­chemie zu ver­wenden, um die ECS mit Hilfe eines ein­fachen sta­tis­ti­schen Modells zu schätzen, das durch Anwendung des Ener­gie­er­hal­tungs­satzes auf die pla­ne­ta­rische Atmo­sphäre abge­leitet wurde. Dies wird als Ener­gie­bi­lanz­me­thode bezeichnet. Sie stützt sich auf eine gewisse Extra­po­lation, um die Defi­nition der ECS zu erfüllen, hat aber den Vorteil, dass sie die ver­füg­baren Daten berück­sichtigt, die zeigen, wie sich die reale Atmo­sphäre während der letzten 150 Jahre ver­halten hat.

Das Über­ra­schende ist, dass die Schät­zungen der Ener­gie­bilanz im Ver­gleich zu modell­ba­sierten Schät­zungen sehr niedrig sind. Die neben­ste­hende Graphik* ver­gleicht den modell­ba­sierten Bereich mit den ECS-Schät­zungen aus einem Dutzend Ener­gie­bi­lanz­studien des ver­gan­genen Jahr­zehnts. Es ist klar, dass diese beiden ver­fahren unter­schied­liche Ant­worten geben, und die Frage, welche der beiden Ver­fahren genauer ist, ist von ent­schei­dender Bedeutung.

Kli­ma­mo­del­lierer haben zwei Erklä­rungen für die Dis­krepanz ange­führt. Die eine wird als „Emerging Constraint“-Ansatz bezeichnet. Dahinter steht der Gedanke, dass die Modelle eine Reihe von ECS-Werten liefern, und während wir die ECS nicht direkt messen können, liefern die Modelle auch Schät­zungen für viele andere Dinge, die wir messen können (z.B. das Refle­xi­ons­ver­mögen von Wol­ken­ober­flächen), so dass wir diese anderen Maße mit den Daten ver­gleichen können. Wenn wir das tun, liefern die Modelle mit hohen ECS-Werten manchmal auch Maße für sekundäre Dinge, die besser zu den Daten passen als Modelle mit nied­rigen ECS-Werten.

Dieses Argument hat sich schwer ver­kauft, da die Kor­re­la­tionen oft schwach sind, und es erklärt nicht, warum die Ergeb­nisse der Ener­gie­bilanz so niedrig sind.

Der zweite Ansatz basiert auf den so genannten „for­cierten Effi­zi­enzen“, d.h. dem Konzept, dass Kli­ma­for­cings wie Treib­hausgase und Aero­sol­schad­stoffe sich in ihrer zeit­lichen und räum­lichen Wirk­samkeit unter­scheiden, und wenn diese Schwan­kungen berück­sichtigt werden, können die Schät­zungen der Ener­gie­bilanz-Sen­si­ti­vität höher aus­fallen. Auch dies ist ein kon­tro­verser Vor­schlag gewesen.

Eine kürzlich von Nicholas Lewis und Judith Curry im Journal of Climate ver­öf­fent­lichte ECS-Schätzung der Ener­gie­bilanz weist mehrere Merkmale auf, welche ihre Studie besonders wertvoll machen. Erstens stützen sie sich auf die IPCC-Schät­zungen der Treib­hausgase, die solaren Ver­än­de­rungen und andere Kli­ma­fak­toren, so dass man ihnen nicht vor­werfen kann, durch die Wahl ihrer Daten eine Ver­zerrung ein­zu­bringen. Zweitens berück­sich­tigen sie die Frage der Wirk­samkeit und dis­ku­tieren sie aus­führlich. Sie berück­sich­tigen auch die jüngsten Debatten darüber, wie Ober­flä­chen­tem­pe­ra­turen gemessen werden sollten oder nicht, und wie mit Gebieten wie der Arktis umzu­gehen ist, in denen die Daten spärlich sind. Drittens berechnen sie ihre Schät­zungen über eine Vielzahl von Start- und End­daten, um zu über­prüfen, ob ihre ECS-Schätzung nicht von dem rela­tiven Erwär­mungs-Still­stand der letzten zwei Jahr­zehnte abhängig ist.

Es sieht so aus, als müssten die Kli­ma­mo­delle, die wir seit Jahr­zehnten ver­wenden, über­ar­beitet werden.
Ihre ECS-Schätzung beträgt 1,5 Grad, mit einem Wahr­schein­lich­keits­be­reich zwi­schen 1,05 und 2,45 Grad. Wenn die Studie ein ein­ma­liger Aus­reißer wäre, könnten wir sie viel­leicht igno­rieren. Aber sie ist Teil einer langen Liste von Studien unab­hän­giger Teams (wie diese inter­aktive Graphik zeigt), die eine Vielzahl von ver­fahren durch­führen, die kri­tische Her­aus­for­de­rungen berück­sich­tigen, und die allesamt zu dem Schluss kommen, dass Kli­ma­mo­delle eine zu hohe Sen­si­ti­vität gegenüber Treib­haus­gasen aufweisen.

Jetzt müssen die poli­ti­schen Ent­schei­dungs­träger sehr auf­merksam sein, weil diese Debatte direkt die Dis­kussion um eine Koh­len­stoff-Steuer beeinflusst.

Die Umwelt­schutz­be­hörde [Envi­ron­mental Pro­tection Agency] ver­wendet soziale Kosten von Koh­len­stoff­mo­dellen, die sich auf die modell­ba­sierten ECS-Schät­zungen stützen. Letztes Jahr ver­öf­fent­lichten zwei Kol­legen und ich eine Studie, in der wir eine frühere ECS-Schätzung von Lewis und Curry ver­wen­deten und diese in zwei dieser Modelle ein­fließen ließen. Das Ergebnis war, dass die geschätzten wirt­schaft­lichen Schäden durch Treib­haus­gas­emis­sionen um 40 bis 80 Prozent zurück­gingen, und im Falle eines Modells waren die Schäden mit 40-pro­zen­tiger Wahr­schein­lichkeit für die nächsten Jahr­zehnte negativ – d.h. es wären vor­teil­hafte Ver­än­de­rungen. Die neue ECS-Schätzung von Lewis und Curry ist sogar noch nied­riger als ihre alte, so dass wir, wenn wir die gleiche Studie erneut durch­führen würden, noch nied­rigere soziale Kosten von Koh­len­stoff fest­stellen würden.

Wenn die ECS so niedrig ist, wie die Ener­gie­bilanz-Lite­ratur sug­ge­riert, bedeutet dies, dass die Kli­ma­mo­delle, die wir seit Jahr­zehnten ver­wenden, zu heiß laufen und über­ar­beitet werden müssen. Es bedeutet auch, dass die Treib­haus­gas­emis­sionen nicht so große Aus­wir­kungen auf das Klima haben, wie behauptet wurde, und dass die Argu­mente für kost­spielige poli­tische Maß­nahmen zur Ver­rin­gerung der Koh­len­di­oxid­emis­sionen viel schwächer sind, als uns die Regie­rungen mit­ge­teilt haben. Für eine Wis­sen­schaft, die angeblich bereits Anfang der 1990er Jahre „settled“ war, haben wir sicherlich noch viel zu lernen.

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Dieser Artikel war zuerst bei financialpost.com erschienen.

Link: https://cornwallalliance.org/2020/07/ross-mckitrick-all-those-warming-climate-predictions-suddenly-have-a-big-new-problem/

Über­setzt von Chris Frey EIKE


Quelle: eike-klima-energie.eu