Neues von der Tesla Giga­factory: Fabrik noch nicht fertig, aber „Kra­cher­ge­hälter“

Elon Musk mit seiner rie­sigen Fabrik in der Bran­den­bur­gi­schen Heide bietet immer wieder Stoff für Berichte, bevor über­haupt die „Giga­factory“ steht. Der Finanz­aus­schuss des Bran­den­burger Landtags hatte den Kauf­vertrag für das Gelände der geplanten Fabrik des US-Elek­tro­au­to­her­stellers Tesla schon im Januar 2020 abge­nickt, gegen den Protest der Bewohner der Region. Der geplante Pro­duk­ti­ons­start für den fast schon legen­dären Stromer mit einigen Schön­heits­fehlern soll Juli 2021 sein. Das ist „mehr als ambi­tio­niert“, beur­teilen Öko­nomen den for­schen Plan.

Die Ausmaße der Fabrik sind beachtlich: Die große Pro­duk­ti­ons­halle wird fast 750 Meter lang und über 300 Meter breit sein. Sie wird eine Grund­fläche von 380.000 Qua­drat­metern ein­nehmen. Dafür mussten schon gleich, als erster Schritt, 90 Hektar Wald gerodet werden. Letzt­endlich sollen es aber 300 Hektar Wald werden, die den Ket­ten­sägen und Holz-Har­ve­stern zum Opfer fallen. Die­selben Umwelt­krieger, die sich im Ham­bacher Forst an die Bäume ket­teten und Schlachten mit der Polizei lie­ferten, ließen sich aber im Bran­den­burger Wald nicht sehen. Auch, dass bei Voll­be­trieb der Fabrik täglich 500 LKWs dort ein und aus fahren und sechs Güterzüge durch das einst so natur­be­lassene Wald­gebiet rattern, stört nicht weiter. Was überdies eine Zube­to­nierung von fast 300 Hektar mit dem Grund­was­ser­spiegel und dem Trink­wasser machen wird, ist voll­kommen offen. Welche Emis­sionen das Werk in die Luft oder auch den Boden ent­lässt, eben­falls, genau wie die Aus­wir­kungen auf das Öko­system Wald. Von den Grünen kommt kein Wort gegen diese Natur- und Wald­ver­nichtung. Für das Hei­ligtum Elek­troauto ist alles gerechtfertigt.

Wie groß­artig sich dieses Rie­sen­projekt für die Wirt­schaft und Infra­struktur des eher schwach­brüs­tigen Bun­des­landes Bran­denburg aus­wirken wird, werden die Poli­tiker nicht müde zu betonen. Die Nach­teile für Natur und Mensch werden unter den Teppich gekehrt: Nicht nur die Trink­was­ser­qua­lität wird leiden, auch die Tat­sache, dass das Tesla-Werk seinen Was­ser­bedarf eben­falls anfangs aus dem öffent­lichen Trink­was­sernetz ent­nehmen will. Tesla braucht den Unter­lagen zufolge 372 Kubik­meter pro Stunde und ent­sorgt 252 Kubik­meter Abwasser pro Stunde in die Klär­anlage des Was­ser­ver­bandes Strausberg-Erkner. Später soll die Ver­sorgung über einen eigenen Brunnen auf dem Gelände geleistet werden, was erheb­liche Mengen aus dem Grund­wasser ent­nimmt. Teile des Tesla-Stand­ortes befinden sich überdies in einem Was­ser­schutz­gebiet. Die Was­ser­ver­sorgung der in der Nähe lie­genden Natur­schutz­ge­biete wäre bedroht. Jetzt schon, bei bisher mode­ratem Zuzug von neuen Ein­wohnern in dieser Region, nimmt die Grund­was­ser­menge stetig ab. Was geschieht, wenn das Autowerk wirklich 100.000 Mit­ar­beiter und deren Fami­li­en­an­ge­hörige in die bran­den­bur­gische Heide zieht?

Dass das so sein wird, das ist bei den gebo­tenen Gehältern jetzt schon klar. Die nied­rigste Lohn­gruppe für Arbeitslose, Job­wechsler und Leute ohne abge­schlossene Berufs­aus­bildung liegt bei einem Brut­to­gehalt von 2.700 Euro monatlich. Jochem Freyer, der Leiter des Job­centers in Frankfurt a.d. Oder ist voller Hoch­achtung für Tesla:

„Wir haben zu Gehalts­fragen Ver­trau­lichkeit ver­einbart. Vieles ist auch noch im Fluss. Aber die Unter­grenze steht. Für Tesla ist es kein No-Go, jemanden ein­zu­stellen, der schon längere Zeit ohne Job war oder keine abge­schlossene Berufs­aus­bildung hat. Das ist ein Statement, das von vielen anderen Unter­nehmen nicht kommt. Die Bezahlung ist einfach mal ein Kracher für dieser Ebene.“

Bewerber mit einer ein­schlä­gigen Berufs­aus­bildung fängt die Besoldung mit brutto 3.500 Euro im Monat an. Bis zum Sommer 2021 sollen 7.000 unbe­fristete Voll­zeit­stellen ent­stehen, weitere 5.000 Mit­ar­beiter sollen ab Ende der ersten Aus­bau­stufe im Jahr 2022 ein­ge­stellt werden. Gesucht werden Inge­nieure, Werk­zeug­macher, Manager. Und Elon Musk will sich eine „Task-Force“ von 25 Top-Leuten zusam­men­stellen, die sofort überall ein­greifen kann und auch direkt an ihn berichtet, schreibt das Han­dels­blatt. Elon Musk bezeichnet die „Eli­te­truppe“ in der ihm eigenen Art als seine „25 guns“, seine 25 Feu­er­waffen. Sie müssen wild, direkt und erste Sahne sein. Tesla sei ein Unter­nehmen mit „flachen Hier­ar­chien“ und kurzen Ent­schei­dungs­wegen. Elon Musk will immer bis ins Detail ein­ge­bunden sein und ent­scheidet schnell und bis­weilen brutal. Er ist bekannt, sehr unbequem zu sein und auto­kra­tisch, viel zu ver­langen, aber auch viel zu geben. Leistung ist alles, was zählt. Er kann sich nicht über man­gelndes Interesse von Bewerbern beschweren. Mit den guten Löhnen, die er bietet, liegt er vor allem im Ver­gleich zu den Durch­schnitts­löhnen in Bran­denburg weit vorne. Die 2.700 Euro Monatslohn für Unge­lernte bilden in Bran­denburg das mittlere monat­liche Brut­to­ein­kommen durch alle Schichten ab.

Dazu war Elon Musk in der ersten Novem­ber­woche nach Bran­denburg gekommen. Er schaute sich per­sönlich mehrere Top-Inge­nieure an, um sich selbst ein Bild zu machen und die her­aus­zu­suchen, die er für die Geeig­ne­testen hält. Aller­dings ist wo Licht ist, ist auch Schatten. Auf der Social Media Seite Kununu.com postet jemand, der in der Tesla-Euro­pa­ver­waltung in Ams­terdam gear­beitet hat, unter der Über­schrift „Finger weg! Andere Arbeit­geber haben auch schöne Stellen“ seine Insider-Erfahrungen:

„Sind Vor­ge­setzte anwesend, so herrscht furchtbare Stimmung. Fairness ist hier Fehl­an­zeige, gelobt wird niemand und wenn, dann die­je­nigen, die am häu­figsten mit Vor­ge­setzten Kaffee trinken gehen. Ansonsten ist die Atmo­sphäre davon abhängig, ob genügend Mit­ar­beiter pro Standort ein­ge­teilt sind und wie diese mit­ein­ander zurecht­kommen. Dann macht der Arbeitstag hin und wieder auch Spaß. Diese Wunsch­vor­stellung ist auf­grund der hohen Fluk­tuation der Mit­ar­beiter und des daraus resul­tie­renden Per­so­nal­mangels aber eher selten gegeben, was dem Management zuge­schrieben werden kann. (…) Das gute Image ist dem Produkt zu ver­danken. Mehr Gutes gibt es in dem Unter­nehmen nicht.
Zur Work-Life-Balance: Work-Balance trifft es wohl eher. Ein Pri­vat­leben kann man nicht par­allel haben und wenn doch, dann leidet das gewaltig; eine Part­ner­schaft ist zeitlich kaum machbar, da man ja für die Arbeit lebt. (…) Es gibt keine Wei­ter­bil­dungs­mög­lich­keiten und För­de­rungen, obwohl diese anfangs ange­priesen werden.
Umgang mit älteren Kol­legen: Ältere Kol­legen gibt es nicht.“

Sein Kom­mentar zu den hohen Gehältern ist knapp und erhellend: „Gehalt über dem Bran­chen­schnitt, rechnet man die vielen Über­stunden dazu, sieht das ganze anders aus.“

Bei den Behörden scheint Elon Musks bra­chiales Durch­set­zungs­ver­mögen nicht so richtig zu ziehen: „Zurzeit kämpft Tesla mit den deut­schen Behörden um seinen ambi­tio­nierten Zeitplan zur Fer­tig­stellung der Fabrik. Dieser soll auch unter Druck sein, weil Pro­to­kolle und Geneh­mi­gungs­un­ter­lagen für weitere Arbeits­schritte noch nicht vorliegen