Bun­des­re­gierung „ver­schleiert, so gut es geht“ Bera­ter­kosten – fast eine halbe Milliarde

Man hat sich bequem und kom­for­tabel ein­ge­richtet in der Ber­liner Republik. Die all­seits geliebte Bun­des­kanz­lerin hat sich einen Rie­sen­prachtbau geleistet, auf den selbst Sultan Erdogan nei­disch wäre. Und man dele­giert offen­sichtlich in den Minis­terien viel Arbeit nach außen an Bera­ter­firmen, deren Inter­essen eben unter­neh­me­ri­scher Art sind. Über eine halbe Mil­liarde soll da zusam­men­ge­kommen sein. Das berichtet der Bun­des­rech­nungshof. Und der musste sich die Zahlen aus allen mög­lichen Quellen besorgen, weil Minis­terien die Aus­kunft verweigern.

Und: Es sind nur die Zahlen der ersten drei Quartale. Da allein sind schon fast 350 Mil­lionen Euro für externe Bera­tungs­firmen und Kanz­leien aus­ge­geben worden. Allen voran das Innen­mi­nis­terium mit 128 Mil­lionen Euro, gefolgt vom Finanz­mi­nis­terium mit 72,4 Mil­lionen. Wahr­scheinlich wird sich die Gesamt­summe des Jahres 2020 einer halben Mil­liarde nähern. Diese Zahlen erhielt der Bun­des­rech­nungshof aus internen Kos­ten­listen. Dazu kommen noch jeweils 30 Mil­lionen Euro für das Gesund­heits­mi­nis­terium und das Ver­kehrs­mi­nis­terium. Das Umwelt­mi­nis­terium ver­wei­gerte auch noch die Auskunft.

Wie gesagt, die Angaben geben nur die Zahlen der ersten drei Quartale wieder. Und auch diese wurden dem Bun­des­rech­nungshof nur bekannt, weil ein Abge­ord­neter der Linken, Mat­thias Höhn, eine par­la­men­ta­rische Anfrage gestellt hatte, wo die Regierung in der Pflicht ist.

Wie wir uns alle lebhaft erinnern, stand Frau von der Leyen, in der Bun­deswehr auch gern „die Eis­prin­zessin“ genannt, in ihrer Eigen­schaft als Bun­des­ver­tei­di­gungs­mi­nis­terin schon vor einem Unter­su­chungs­aus­schuss, der — oh Wunder! — mehr oder weniger ergeb­nislos verlief. Die Minis­terin hatte satte Auf­träge ver­geben an eine Unter­neh­mens­be­ratung, bei der ihr Sohn in füh­render Position tätig ist.

Damals wurde im Ver­tei­di­gungs­mi­nis­terium schon ver­tuscht, was nur ging. Eine Son­der­analyse im März bestand aus 12 Seiten, eine Auf­stellung aller Ver­gaben von Bera­ter­ver­trägen und Unter­stüt­zungs­leis­tungen war über­haupt nicht dabei.

Die Frank­furter Rund­schau schrieb:

„Wörtlich heißt es, der Abruf der Leis­tungen erfolgte ‚nicht über eine zen­trale Stelle, so dass im Nach­hinein nicht ohne wei­teres nach­ge­halten werden kann, ob und welche Bera­tungs- und Unter­stüt­zungs­leis­tungen darüber gekauft wurden‘. Es werde zwar nach Pro­jekten, Orga­ni­sa­ti­ons­ein­heiten und Aus­ga­benhöhe dif­fe­ren­ziert. Die Auf­trag­nehmer gingen daraus jedoch nicht hervor. Weiter heißt es, es fehle ‚an einer zen­tralen Erfassung des Umfangs der Unter­stüt­zungs­leis­tungen‘.“ 

Die Grünen for­mu­lierten am deut­lichsten, wie das Miss­trauen in die Amts­führung der Minis­terin wuchs:

„‘Ich emp­finde es als grobe Miss­achtung des Par­la­ments, dass wir erst jetzt und völlig bei­läufig von der Son­der­analyse erfahren. Es steht der Ver­dacht im Raum, dass Frau von der Leyen und ihre frühere Staats­se­kre­tärin Katrin Suder etwas zu ver­heim­lichen haben‘, sagte Grünen-Ver­tei­di­gungs­expertin Katja Keul. Sie wolle zudem wissen, was der genaue Anlass für die Son­der­analyse gewesen sei.“

Dann kam auch noch heraus, dass ein Sohn der Ver­tei­di­gungs­mi­nis­terin seit 2015 im ame­ri­ka­ni­schen Silicon Valley in einer hohen Position bei McK­insey, dem Auf­trag­nehmer des Mil­lionen-Ver­trages sitzt.

Der Bun­des­rech­nungshof hatte damals fest­ge­stellt, dass in 47 von 56 unter­suchten Fällen die vor­lie­genden Unter­lagen über­haupt keine oder nur sehr unzu­rei­chende Begrün­dungen zu der jewei­ligen Not­wen­digkeit der beauf­tragten, externen Leis­tungen ent­hielten. Schlimmer noch: 80 Prozent der Auf­träge wurden frei­händig ver­geben, das heißt: Ohne eine Prüfung und einen Nachweis dafür, dass ein Bedarf für diese Leis­tungen bestand. Ganz zu schweigen von einer Prüfung der Wirt­schaft­lichkeit. Damals (2015) war vom Ver­tei­di­gungs­mi­nis­terium eine Beauf­tragung von sieben Bera­ter­ver­trägen für ins­gesamt 2,2 Mil­lionen Euro gemeldet worden. Tat­sächlich aber waren es 182 Ver­träge für ins­gesamt 100 Mil­lionen gewesen. Nun ja, in Klei­nig­keiten kann man sich ja mal vertun.

In 2020 gab man für das erste Halbjahr 2020 auf Anfrage erst einmal Null Euro für Bera­ter­ver­träge an. Auf Nach­fragen des Abge­ord­neten Höhn rückte man dann doch mit ein bisschen anderen Zahlen heraus und gab zu, 3,4 Mil­lionen Euro für Beratung und externe Unter­stützung aus­ge­geben zu haben.

MdB Mat­thias Höhn machte keinen Hehl aus seiner Empörung: „Die Abge­ord­neten im Bun­destag wissen nicht im Detail, welche Firmen und Bera­ter­leis­tungen über­haupt vom Staat ein­ge­kauft werden. Hier wird ver­schleiert, so gut es geht.“

Es werden aber nicht nur die Kosten ver­schleiert. Man will offenbar auch gar nicht gern offen­legen, wie präsent und invol­viert die externen Berater in der Regierung sind. Gerade das Innen­mi­nis­terium, das ja auch mit dem Ver­fassen von Geset­zes­ent­würfen befasst ist und anderen, ein­deutig hoheit­lichen Auf­gaben – wie wir ja gerade mehr als sattsam in der Pan­demie mit all ihren Grund­rechts­ein­schrän­kungen, Maß­regeln und Ord­nungs­strafen erleben müssen – betreut pri­vat­wirt­schaft­liche Kanz­leien und Berater damit. Das findet auch der Prä­sident des Bun­des­rech­nungs­hofes, Kay Scheller. Seiner Meinung nach sei es pro­ble­ma­tisch, wenn der Staat pri­vat­wirt­schaft­liche Unter­nehmen „in seinem hoheit­lichen Kern­be­reich wie dem Ver­fassen von Gesetzen“ ein­kaufe. Die Gefahr, von den Inter­essen solcher Unter­nehmen gesteuert zu werden, sei sehr groß.

Der SPD-Haus­halts­experte Dennis Rohde warnte davor, „dass die Regierung durch externe Bera­ter­ver­träge Ein­fallstor für Firmen wird und der Staat nur noch ein Geschäfts­modell für Berater ist“.