Lost in iso­lation – Kinder der Pandemie

Die Geschichte von Aaron und Eva

Vor kurzem bekam ich eine Mail, die mich sehr berührt hat. Aaron (Name geändert), 17 Jahre alt, schrieb, er lese gerade mein Buch „Iss richtig oder stirb“. Er sei auf Seite 208, Thema Darm und Psyche, und habe ein paar Fragen dazu.  Er mache sich Sorgen um seine Freundin. Sie habe Wahn­vor­stel­lungen, Depres­sionen, Wut­an­fälle, sei so instabil, dass eine Ein­weisung in die Psych­iatrie mit ent­spre­chender Medi­kation drohe. Das wolle er unbe­dingt ver­hindern. Viel­leicht habe ihr Zustand ja auch mit ihrer Ernährung zu tun, so Aarons Vermutung.

Mein Bauch­gefühl (da sind wir wieder beim Bauchhirn?) sagte mir, dass Eva (Name geändert) auf der kör­per­lichen und see­li­schen Ebene ein Ent­gif­tungs­problem hat. Ich fragte in einer Mail nach mög­lichen Aus­lösern: Elek­trosmog, Ernährung, Toxine, Traumata, see­lische Beset­zungen. Aarons Ant­worten bestä­tigten meinen Ver­dacht. Eva lebt mit ihren Eltern in der Nähe eines ehe­ma­ligen Kon­zen­tra­ti­ons­lagers. Seit dem Tod ihrer Groß­mutter leidet die 15Jährige unter starken Ver­lust­ängsten. Sie ist täglich vier Stunden in Social Media unterwegs, geht im Winter kaum an die frische Luft. Abends tele­fo­nierte ich lange mit Aaron, der für sein Alter sehr erwachsen wirkt. Er sagte, er wolle seiner Freundin unbe­dingt helfen.

Aaron und Eva haben sich vor zwei Jahren in der Kinder- und Jugend­psych­iatrie ken­nen­ge­lernt. Beide sind hoch­sen­sibel, hoch intel­ligent, kamen aber mit dem Schul­system nicht gut zurecht. Eva leidet dar­unter, dass sie seit „Corona“ kaum Kontakt hat zu Klas­sen­ka­me­raden und Freunden. Seit einem Jahr kann sie auch ihrem liebsten Hobby nicht mehr nach­gehen: Sie schwimmt lei­den­schaftlich gern, ist DLRG-Ret­tungs­schwim­merin. Aaron erlebte zu Beginn der Pubertät sexu­ellen Miss­brauch, wurde spiel­süchtig und so krank, dass er die Schule abbrechen musste. Er ging wegen seiner Panik­at­tacken in die psych­ia­trische Klinik, doch dort konnte man ihm nicht helfen. Er bezeichnet sich selbst als Hypo­chonder. Die Pan­demie löste bei Aaron und Eva massive Ängste aus. Aaron sprühte immer wieder seinen gesamten Körper mit Des­in­fek­ti­ons­mittel ein, um sich vor dem Virus zu schützen. Inzwi­schen weiß er, wie gesund­heits­schädlich das ist und wäscht sich die Hände nur noch mit Arzt­seife. Eva dagegen ist immer noch „des­in­fek­ti­ons­mittel-süchtig“, hat das Sprüh­fläschchen immer bei sich.

Seit dem Tod ihrer geliebten Groß­mutter leidet sie unter Ver­lust­ängsten. Aaron erzählte mir, dass die beiden sich an ihrem Todestag in Evas Zimmer zurück­zogen für einen Moment der Stille. Sie zün­deten eine Kerze an. Nach einigen Minuten öffnete Eva ihre Hände und sagte: „Sie ist da, ich spüre sie.“ Auch Aaron spürte etwas, ein leichtes Kribbeln auf seinem Rücken – wie eine sanfte Berührung. Die beiden haben eine Ver­bindung zur unsicht­baren Welt – sie nehmen feinste Schwin­gungen wahr. Vor diesem Hin­ter­grund ist die welt­weite Panik­stimmung ein Alp­traum für sie.

Aaron lebt allein in einer Wohnung, die seine Mutter finan­ziert. Eva lebt bei ihren Eltern, Aaron ist dort herzlich will­kommen und oft zum Essen ein­ge­laden. Evas Mutter bringt — täglich! — all das auf den Tisch, was krank macht: Bil­lig­fleisch und Wurst, weißen Zucker, Haus­haltssalz, Mar­garine … Aaron ver­sucht inzwi­schen, sich über­wiegend vege­ta­risch zu ernähren. Davon halten Evas Eltern über­haupt nichts. Sie können sich auch nicht vor­stellen, dass diese Art von Ernährung ihrer hoch­sen­siblen Tochter schaden könnte, dass ein Test auf Nah­rungs­mit­tel­un­ver­träg­lich­keiten Sinn machen würde, dass bei ihrer zurück­ge­zo­genen Lebens­weise eine Vitamin-D-Sup­ple­men­tierung dringend not­wendig wäre. Aaron ist glü­hender Anhänger von Robert Franz, nimmt sein Vitamin D, OPC und das Nah­rungs­er­gän­zungs­mittel „für depressive Ele­fanten“. Weil die Häscher der „Gesundheits“behörden dem „Kur­pfu­scher“ und „Schar­latan“ per­manent im Nacken sitzen, sind die Pro­dukte von Robert Franz inzwi­schen für Tiere dekla­riert. Aaron haben die „Vit­amine und Mine­ralien für depressive Ele­fanten“ sehr geholfen. Und auf der Web­seite von Robert Franz hat er mein Buch entdeckt.

Eva würden regel­mäßige Termine bei Aarons Heil­prak­ti­kerin, die auch auf der See­len­ebene arbeitet, wesentlich besser helfen als ein Auf­enthalt in der Psych­iatrie, wo man sie wieder mit Psy­cho­pharmaka voll­pumpen würde, davon ist Aaron über­zeugt. Seit der Pan­demie darf die Heil­prak­ti­kerin aller­dings nicht offi­ziell arbeiten. Und Evas Eltern halten ohnehin nichts von einem solchen Schnick­schnack. Also lieber weiter Fleisch von Tieren aus Mas­sen­haltung, gif­tigen Zucker, gif­tiges Salz und schlechte Fette in sie hin­ein­stopfen und zusätzlich noch ein paar bunte Pillen? Für mich ist das Ver­letzung der Für­sor­ge­pflicht, doch sie wissen nicht, was sie tun.

Das Gespräch mit Aaron hat mich tief berührt. Er ist so klar in seinen Gedanken und hat sein Ziel so deutlich vor Augen: Heilung für seine geliebte Eva. Doch die Umstände sind lähmend und erdrü­ckend. Iso­lation, gezielte Panik­mache, all das hat dra­ma­tische Folgen für junge Men­schen, die wegen ihrer Hoch­sen­si­bi­lität und Media­lität see­lisch und kör­perlich ange­schlagen sind. Ich habe Aaron nach seinem Berufs­wunsch gefragt, die Antwort kam prompt: Heil­prak­tiker. „Heiler“ kor­ri­gierte ich lächelnd. Denn das ist ganz offen­kundig seine Berufung, nachdem er selbst die tiefsten und dun­kelsten Täler durch­schritten hat. Um sein Ziel zu erreichen, wird er viel Geduld auf­bringen müssen. Das Min­dest­alter für die Aus­bildung zum Heil­prak­tiker beträgt 25 Jahre, und man muss einen Schul­ab­schluss nach­weisen. Den möchte Aaron an der VHS machen, doch die ist wegen der Pan­demie geschlossen und ein Ende des Lock­downs nicht in Sicht. Es ist noch ein langer Weg aus der Dun­kelheit ins Licht.

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