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Exklusiv: »Blut & Tränen« – Kin­der­gla­dia­toren in der Pädo-Hölle (Teil 2)

Eine inves­ti­gative Reportage von Guido Grandt

Je länger der Kampf dauert, umso schneller erreicht die Stimmung ihren Siedepunkt.

Nur Peter aus Münster inter­es­siert sich nicht wirklich dafür. Dennoch schielt er mit einem Auge auf die kleine Joy, mit dem anderen auf sein Bargirl, die das Geschehen im Ring ver­folgt.  Den dicken, alten, schweiß­trie­fenden Farang für einen Moment ver­gisst, der nur noch mit Viagra einen hoch kriegt. Aber zahlt. Sogar sehr gut zahlt.

Joy und  Prasong tasten sich zunächst vor­sichtig ab. Dann stürzen sie sich wie zwei kleine Tiger auf­ein­ander, setzen alles ein, was ihnen ihr Körper an Waffen bietet: Fäuste, Ell­bogen, Knie, Schien­beine und Füße. Hart und ver­bissen kämpfen sie, ver­keilen sich in den Seilen. Es wird geschlagen, getreten und gerungen.

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Schwit­zende Kinder in Action. Eine wahre Freude für jeden Pädo­philen, der mal nicht durchs Kin­der­pro­gramm zappen muss. Sondern live dabei ist, wenn »Mini-Dorn­mö­schen« gegen »Mini-Prinz-Eisen­schwänzchen« antritt. Das jeden­falls gibt gerade ein anderer deut­scher Tourist Münster-Peter zum Besten. Rot­ge­sichtig von Äqua­tor­sonne und Alkohol, reibt er sich im Schritt seiner bier­be­fleckten Shorts und lacht sich ins Onanierfäustchen.

Auch Peter rutscht auf einmal unruhig auf seinem Bar­hocker herum. Genehmigt sich auf die neu­ge­wonnen Per­spektive einer Short- oder Longtime mit einer viel jün­geren, als jener, an der er die ganze Zeit her­um­schraubt, noch ein Bier. Und noch eines, während er mit seiner Rechten etwas grob und unbe­holfen die Knospen unter dem T‑Shirt des Bar­girls streichelt.

Wäh­rend­dessen geht die wüste Kin­der­kei­lerei im Ring weiter.

»Hier gibt’s ordentlich was auf die Fresse«, ruft Mister Bier­flecken-Shorts Peter aus Münster zu und lacht sich erneut schlapp, sich an den eigenen Worten aufgeilend.

Endlich Pause. Zwei Minuten Zeit zum Durch­atmen. Höchste Anspannung in den Mini-Gla­dia­toren-Gesichtern. Schmerzen erduldend. Angst ver­gessend. Blicke igno­rierend. Auch die lüs­ternen von dem dicken Farang, direkt gegenüber von Joy, der mit einer Hand an einem Bargirl rum­macht und mit der anderen einen Mann mit bier­be­fleckten Shorts zu sich her­an­zieht. Mit ihm irgend­welche Scherze macht und dabei dauernd zu ihr rüber glotzt.

Aus diesem Grund steht Joy hier im Ring: Um nicht so arm zu sein, dass sie es zulassen muss, dass solche Typen ihr für Geld wehtun.

Kaum ver­sucht sie sich wieder auf den Kampf zu kon­zen­trieren, stürmt der kleine Prasong schon auf sie zu. Er landet einen harten Schien­beinkick gegen ihren linken Ober­schenkel. Vor Schmerz schreit sie auf, ver­liert den Halt und geht zu Boden. Die Menge grölt. Nach Punkten liegt sie hinten, das weiß sie.

Auf die Zähne beißend steht Joy wieder auf. Noch eine Runde. Immer wilder werden jetzt ihre Schläge, Tritte und Kicks. Gegen Kopf, Ober­körper und Beine des Jungen. Noch ein paar Minuten Vollgas.

An ihre Eltern denken. An die kleine Gar­küche, die die Familie nur not­dürftig über Wasser hält. Zu wenig zum Leben, zu wenig zum Sterben.

Dann der Schlussgong: Endlich vorbei.

Der Ring­richter reißt Joys dünne Arme in die Höhe. Sie hat es geschafft. Sie hat gewonnen. Schwer atmend ver­beugt sie sich dreimal zum Publikum. Umarmt kurz Prasong, dessen Namen sie nicht einmal kennt.

In dessen Augen schwimmen Tränen. Nicht vor Schmerz oder Erschöpfung, sondern vor Ent­täu­schung über sich selbst. Dennoch: Gewinner und Ver­lierer gehen getrennt von­ein­ander durch die dichten Reihen der Bar.

Joy begleitet von ihrem Trainer, ihrem Vater. Prasong einsam und alleine. Sie sammeln, nein, sie betteln um Geld für ihren harten Kampf. Von den Zuschauern, den Tou­risten, den Farangs.

Aber die meisten von ihnen scheren sich nicht um sie, geben auch nichts. Fummeln lieber an ihren Bar­girls oder Ladyboys herum oder bestellen sich das nächste Bier. An das harte Los der Kinder wie Joy und Prasong ver­schwenden sie keinen Gedanken. Warum auch? Pro­bleme haben sie zu Hause genug: Euro-Krise, Stress auf der Arbeit, in der Ehe, schlechtes Wetter oder weiß der Himmel was noch. Darum sind sie ja hier, im Paradies aus Sonne, Meer und Sex. Um ihrem Elend zu ent­kommen. Fast noch müsste man sie bemitleiden.

Auch Peter aus Münster gibt nichts. Schnell dreht er sich weg, als er sieht wie Joy von rechts und Prasong von links auf seine The­ken­seite zu kommen. Ali­bi­mäßig flirtet er mit der grell­ge­schminkten Barlady, lässt die Kids an sich vor­bei­ziehen. Dann wendet er sich wieder um.

Es wird Zeit fürs Hotel. Appetit hat er sich geholt, nun wird gegessen. Während der dicke Deutsche mit seiner zier­lichen Thai aus der Bar wat­schelt zählen Joy und Parsong – jeder für sich – ihre Gage. Das Mädchen hat 600 Baht in der Hand. Gerade mal 15 Euro. Der Junge nicht mal die Hälfte.

So humpelt die neun­jährige Joy, ver­letzt mit ihrem Vater an der Hand, nach hinten um sich umzu­ziehen. In der Hoffnung sich bis in ein oder zwei Tagen wieder erholt zu haben. Bereits zu sein für den nächsten Kampf als Kindergladiatorin.

Der kleine Prasong hin­gegen steht für einen Moment völlig alleine und ent­täuscht da. Inmitten aller Laster und Sünden der ganzen Welt. Aus dem Ring tönt das Keuchen der nächsten Kinderkämpfer.

Der Farang mit der Bier­flecken-Hose kommt direkt auf ihn zu. Der Sie­ben­jährige beeilt sich jetzt nach Hause zu seiner Mutter zu kommen. Beim nächsten Mal wird’s bestimmt besser. Viel­leicht bekommt er dann 100 oder 200 Baht mehr.

Mit Hilfe Buddhas ganz bestimmt.

Anmerkung des Autors:

1. Die thai­län­di­schen Behörden haben ihre Anstren­gungen, die Pädo­philen- und Päd­eras­ten­szene ein­zu­dämmen, deutlich ver­stärkt. Zudem besteht der inter­na­tional bekannte Badeort Pattaya nicht nur aus Sex, Gewalt und ver­ruchten Bars. Solche sind auf wenige Straßen ver­teilt, von dem der Besucher, der nichts davon weiß und nicht ihre Nähe sucht, fast nichts mit­be­kommt. Zudem leben hier auch viele Deutsche: Rentner, Familien, Aus­steiger und Geschäfts­leute. Der Durch­schnitts-Thai ist äußerst höflich, freundlich und zuvor­kommend. Pro­bleme machen zumeist (männ­liche) Tou­risten aus aller Welt, die sich auf­grund ihrer finan­zi­ellen Vor­teile gegenüber der ein­hei­mi­schen Bevöl­kerung als die »Master of the Uni­verse« auf­spielen. Dies gilt es auf das Schärfste zu verurteilen. 

2. Muay Thai (Thai-Boxen) ist eine tra­di­tio­nelle Kampf­kunst, die vor Jahr­hun­derten ent­wi­ckelt wurde. Sie wird nicht nur als Wettkampf‑, sondern auch als Fit­ness­sport und Selbst­ver­tei­digung gelehrt. Der Autor selbst trai­niert Thai-Boxen. Auch Kin­der­kämpfe sind in der thai­län­di­schen Gesell­schaft fest ver­ankert. Werden sie an Körper und Kopf richtig geschützt – wie hier­zu­lande bei­spiels­weise die Kin­der­kämpfer im Taekwon-Do auch – spricht nichts dagegen. Die Aus­wüchse jedoch, Kinder aus Not und Wettgier und ohne aus­rei­chenden Schutz in den Ring zu schicken, müssen meines Erachtens mit staat­lichen Mitteln und Hilfen und ent­spre­chenden Ver­ord­nungen ein­ge­dämmt werden.

3. Die Under­cover-Recherchen zu den »Kin­der­gla­dia­toren« haben mein Kame­rateam und ich, sowie ein deut­scher Kampf­sport­trainer und ein ehe­ma­liger Kin­dert­hai­boxer zumeist mit ver­steckter Kamera gemacht. Daraus ent­stand eine Film­re­portage für einen großen deut­schen Sender, die vor einigen Jahren aus­ge­strahlt wurde.

MALKO WOLF (Inves­ti­ga­tiver Journalist):

»Auf­grund ver­schie­dener Recherchen kenne ich Pattaya schon seit vielen Jahren. Die inves­ti­gative Reportage von Guido Grandt legt den Finger in eine – nach west­licher Moral – offenen Wunde, die von der thai­län­di­schen Gesell­schaft als solche gar nicht emp­funden wird: Aus inof­fi­zi­ellen Poli­zei­kreisen weiß ich, dass ver­schiedene Poli­zei­beamte mit den Bars ver­bandelt sind, in denen die Kin­der­kämpfe statt­finden. Sie haben kein Interesse daran, dass dieses Thema negativ in der Öffent­lichkeit dis­ku­tiert wird. Ver­gessen werden darf aber nicht, dass die thai­län­dische Gesell­schaft solche Kämpfe ver­langt. Thai­länder haben mir immer wieder zu ver­stehen gegeben, dass sie zum Boxen, zum Kämpfen geboren seien. Schon von klein auf. Es gehört einfach zur Tra­dition dazu. Für viele Kinder geht es dabei ums monetäre Über­leben, wie Guido Grandt es sehr plas­tisch dar­ge­stellt hat.«


Guido Grandt — Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem Blog des Autors www.guidograndt.de