Schritt für Schritt in den Über­wa­chungs­staat: Regis­trie­rungs­pflicht bei What‘sApp, Mail & Co

Daten­schutz gilt nur noch gegen den Bürger, nicht mehr gegen den Staat, dem immer mehr Daten­kraken-Fangarme wachsen. Das Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­gesetz lässt sich zu allerhand gebrauchen, nun auch dafür: Das Bun­des­in­nen­mi­nis­terium plant, diesem Gesetz noch einen neuen Punkt hin­zu­zu­fügen. Alle Bürger sollen sich mit per­sön­lichen Aus­weisen legi­ti­mieren müssen, wollen sie Mes­senger wie What‘sApp, Instagram, E‑Mail-Anbieter oder Skype nutzen. 

Nach der anlass­losen E‑Mail-Vor­rats­da­ten­spei­cherung, der Pflicht von Mes­sengern, ihre Ver­schlüs­selung den Ermitt­lungs­be­hörden preis­zu­geben, kommt in kurzer Folge jetzt der nächste Über­wa­chungs­schritt. Das stets gut infor­mierte Portal „Netzpolitik.org“ berichtet, dass das BMI nun noch in die Novel­lierung des TKG (Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­gesetz) eine neue Über­wa­chungs­maß­nahme nach­schieben will, nämlich dass:

„Nutzer:innen von WhatsApp, Zoom, Skype, Signal, Threema, Telegram, iMessage, Facebook-Mes­senger, E‑Mail und allen anderen ‚num­mern­un­ab­hän­gigen inter­per­so­nellen TK-Diensten‘ ihre Per­so­nalien bei den jewei­ligen Anbietern veri­fi­ziert hin­ter­legen müssen.“ 

Dies gehe aus einem internen Papier des See­hofer-Minis­te­riums hervor. Die obige Auf­zählung könnte noch deutlich erweitert werden. Die Nutzer sollen Namen, Geburts­datum und Anschrift an die Anbieter über­mitteln, um den jewei­ligen Dienst nutzen zu können. Und die Anbieter sind ver­pflichtet, die Angaben zu über­prüfen. Also, nichts ist mit Max Mus­termann, Haupt­straße 666 in Klein-Großstadt.

Der auf Anony­mität aus­ge­richtete E‑Mail Anbieter Posteo hatte das Papier ver­öf­fent­licht. Posteo schreibt:

„Uns liegt ein ent­spre­chendes Papier aus dem BMI seit letzter Woche vor. Heute wurde uns aus gut infor­mierten Kreisen noch einmal bestätigt, dass die Iden­ti­fi­zie­rungs­pflicht wei­terhin nicht vom Tisch ist. Eine frühere Version des Papiers hatte sogar eine Ent­schlüs­se­lungs­pflicht für die Anbieter ent­halten – diese scheint nun ent­fallen. Wir haben uns jetzt für die Ver­öf­fent­li­chung des Papiers (siehe unten) ent­schieden, um eine öffent­liche Debatte zu ermög­lichen. Uns wurde berichtet, dass das BMI ver­sucht, mög­lichst viele der ins­gesamt 15 im Papier ent­hal­tenen Punkte auf den letzten Metern noch ins Gesetz zu bekommen.“ 

Das gesamte Papier hat Netz­po­litik hier online gestellt.

Nicht nur die Iden­ti­fi­zie­rungs­pflicht möchte man, auch noch die Pflicht zur Vor­rats­da­ten­spei­che­rungs will man, um auch wirklich genau und jederzeit bis in die Ver­gan­genheit ein­sehen zu können, was der Bürger so denkt und meint und welche Witze er mit seinen Freunden macht. Der feuchte Traum eines jeden Geheim­dienstlers. Nur dass sich hier der Staat in das pri­va­teste Leben eines jeden Bürgers hackt.

Dagegen war es ja noch wild­ro­man­tisch, wie es in der DDR zuging. Im Film „Das Leben der anderen“ muss der Stasi-Spitzel noch unbequem in einem düs­teren Dach­stuhl her­um­hocken und das Leben des dar­unter woh­nenden Paares abhören und Pro­to­kolle schreiben.

Protest der Anbieter ist kaum zu erwarten. Sie haben dann für ihre Wer­be­kunden doch auch noch alle per­sön­lichen Daten gegen gutes Aufgeld parat, so dass die Nutzer nicht nur nervige Werbung drin haben, sondern auch noch ganz besonders spe­zielle und scharfe Nut­zer­profile erstellt werden können. Jetzt ist auch noch die Adresse bekannt und nichts hindert die Firmen mehr, auch dorthin den Nutzer zu ver­folgen mit Ange­boten und Spam. Wenn solche Firmen dann auch noch von ver­schie­denen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­an­bietern Daten bekommen und diese zusam­men­führen und abgleichen, dann weiß man wirklich alles von jedem.

Herrn Minister See­hofers eigene Partei scheint sich bei der ganzen Sache nicht so recht wohl zu fühlen. Der CDU-Mann für Netz, Digi­tales und Daten, IT-Berater Thomas Jar­zombek, der seit 2019 Beauf­tragter des Bun­des­wirt­schafts­mi­nis­te­riums für die Digitale Wirt­schaft und Start-Ups ist, wiegelt auf Twitter ab:

Twitter

Mit dem Laden des Tweets akzep­tieren Sie die Daten­schutz­er­klärung von Twitter.
Mehr erfahren

Inhalt laden

Ach ja? Das ist keine Position der Regierung? „Alles Punkte des BMI, die in der Res­sort­ab­stimmung durch­ge­fallen sind. Und in der Abstimmung der Fraktion sind die meisten Punkte eben­falls abge­lehnt worden.“

Das glaubt euch keiner. Es ist wieder die­selbe Taktik: Ein kurzes Vor­zeigen der Hand­schellen und Peit­schen, dann regt sich alles auf und man beob­achtet, wie der Bürger so reagiert. Nachdem die Auf­regung abge­klungen ist, wird — wie immer — sobald ein geeig­neter Auf­reger alle beschäftigt, dieser zum Auf­hänger der Inkraft­setzung all dieser Punkte. Am besten irgendein angeblich rechtes Mas­saker, das auf einem Mes­senger abge­sprochen und geplant wurde. Bei dem zwar, wie auch so oft, das meiste unlo­gisch und im Dunkel bleibt, aber die Bürger in Schock­starre die nächste Über­wa­chungs­maß­nahme und Abschaffung der Frei­heits­rechte akzeptieren.

Was dann aber auf jeden Fall pas­sieren wird, wenn diese Regis­trie­rungs­pflicht und die Vor­rats­da­ten­spei­cherung kommt: Die Leute laufen wieder in Scharen los und fliehen bei­spiels­weise zu dem rus­si­schen Facebook-Pendant VK-Kon­takte, zu Tik Tok oder anderen Anbietern außerhalb des „Westens“, die sich für die euro­päische oder deutsche Geset­zeslage nur sehr peripher inter­es­sieren, aber umso mehr für die Mil­lionen neuer Nutzer. Der letzte Mas­sen­exodus ging zu Telegram, als What‘sApp seine neue Politik kundtat. Man sah jeden Tag min­destens ein Dutzend neue alte Bekannte als Nutzer bei Telegram auf­ploppen: Lieschen Müller ist jetzt bei Telegram! Hinz Meier ist jetzt bei Telegram! Kunz Müller ist jetzt bei Telegram! Es pras­selte nur so rein. Und das ging relativ schnell los. Dabei han­delte es sich nur um geän­derte Nut­zungs­regeln und Werbung.

Wenn jetzt die Aus­weis­pflicht mit allem drum und dran kommt, dann wird das eine digitale Völ­ker­wan­derung. Ein Freu­denfest für Russland, China und wer sonst so den „Westen“ schwächen möchte und inter­es­siert ist an Erster-Hand-Infos über die wahren Inter­essen und Mei­nungen der Deutschen.