Mas­kenball in Berlin: Listen, Beteue­rungen und neue Lobbygesetze

Sein Anfang März schwelt der Skandal in Berlin: Abge­ordnete der Union sollen sich die Taschen gefüllt haben, indem sie Pro­vi­sionen für ver­mit­telte Ver­träge von Gesichts­masken-Lie­fe­rungen erhielten. Und das, nachdem man sich gerade erst auf ein massiv gefor­dertes Lobby-Register geeinigt hatte. Die Grünen sprechen von Clan-Kri­mi­na­lität, und tat­sächlich könnte eine große Anzahl Abge­ord­neter in die unschönen Deals ver­wi­ckelt sein. Die Union hat ein mas­sives Lobby-Problem – und das im Wahljahr.

Jetzt gilt es, zu retten was noch zu retten ist. Man sucht dazu die Öffent­lichkeit, um zu beweisen, dass man ernsthaft reinen Tisch machen will. Jens Spahn, der Gesund­heits­mi­nister mit der ungüns­tigen Fortüne hat nun eine Liste ver­öf­fent­licht, wie viele Abge­ordnete bei den Masken-Deals beteiligt waren: 40 gewählte Volks­ver­treter. Sie hatten dem Gesund­heits­mi­nis­terium im Frühjahr 2020 Hin­weise zur Beschaffung von Corona-Schutz­masken gegeben. Eben­falls auf der Liste: Die Namen der Unter­nehmen, zu denen die Hin­weise führten und die auch tat­sächlich Ver­träge mit der Bun­des­re­gierung schlossen. In einigen Fällen wurden dabei statt­liche Ver­mitt­lungs­pro­vi­sionen an die Abge­ord­neten gezahlt. Auf der am ver­gan­genen Dienstag bekannt gewor­denen Liste finden sich auch hohe Par­tei­posten: Uni­ons­frak­ti­onsvize Georg Nüßlein zum Bei­spiel, der Bun­des­ver­kehrs­mi­nister Andreas Scheuer, FDP-Chef Christian Lindner und Bun­des­ge­sund­heits­mi­nister Jens Spahn höchst daselbst. Aber auch die Frak­ti­ons­vi­ze­chefin der SPD, Bärbel Bas, ist dabei, Bun­des­wirt­schafts­mi­nister Peter Alt­maier steht ebenso wie die CDU-Par­teivize Silvia Breher auf der Liste. Namen von AfD‑, Linken- oder Grünen-Abge­ord­neten stehen nicht auf der Liste.

In der jetzt neulich ver­öf­fent­lichten Liste sind auch die Namen der Abge­ord­neten auf­ge­führt, die ihre Namen nicht auf der Liste genannt sehen wollten und der Ver­öf­fent­li­chung aus­drücklich wider­sprachen. Dies seien aber nur „sehr, sehr ver­ein­zelte Fälle“ heißt es aus Berlin. Andere Abge­ordnete bestanden darauf, zusammen mit ihrem Namen auch ihre Dar­stellung der ganzen Sache zu ver­öf­fent­lichen. Daraus wurde aber nichts. Zu der Ver­öf­fent­li­chung der Namen auch gegen den Willen der Abge­ord­neten hieß es, es gebe in der Abwägung der ver­schie­denen Rechte aller Betei­ligten einen „über­wie­genden“ pres­se­recht­lichen Aus­kunfts­an­spruch. Das Ganze scheint doch sehr die Formen einer hek­ti­schen Scha­dens­be­grenzung und Selbst­recht­fer­tigung anzunehmen.

Aus dem Gesund­heits­mi­nis­terium lässt man die Kri­tiker wissen, damals sei die Lage sehr ange­spannt gewesen, und man habe ver­zweifelt Masken beschaffen müssen. Daher war jeder Hinweis, wo und wie man an Mas­ken­lie­fe­rungen kommen könnte „im hohen Maße erwünscht“. Kein Wunder, der­selbe Gesund­heits­mi­nister Spahn hatte vorher große Mas­ken­lie­fe­rungen an China geschickt. Der Bun­des­ge­sund­heits­mi­nister bezeichnete sich selbst sogar als „Masken-Beschaf­fungs­mi­nister“ und rief ein Open-House-Ver­fahren aus, bei dem jeder Angebote für Masken unter­breiten konnte. Daher solle man den Abge­ord­neten, die sich um die Mas­ken­lie­ferung bemühten, das nicht negativ aus­legen, schreibt Gesund­heits­staats­se­kretär Thomas Steffen an den Gesund­heits­aus­schuss des Bundestages.

Dabei ging doch einiges drunter und drüber. So gab es bei­spiels­weise Klagen wegen angeblich nicht bezahlter aber gelie­ferter Masken.

Die meisten genannten Abge­ord­neten sollen aber keine Vor­teile von den Ver­mitt­lungen erhalten haben. Gegen den Uni­ons­frak­ti­onsvize Georg Nüßlein wird aller­dings ein Ver­fahren wegen Bestech­lichkeit ange­strengt. Er soll eine sechs­stellige Summe erhalten haben und musste seinen Hut nehmen. Aber Herr Nüßlein ist offen­sichtlich nicht der Einzige. Die ehe­ma­ligen Bun­des­tags­ab­ge­ord­neten Mark Hauptmann (CDU) und Nikolas Löbel (CDU) waren eben­falls nicht kos­tenlos tätig geworden, auch hier sollen Pro­vi­sionen geflossen sein. Gegen Herrn Löbel wird wegen Untreue ermittelt. Mark Hauptmann steht unter dem Ver­dacht der Bestech­lichkeit eines Man­dats­trägers. Beide Abge­ordnete haben ihr Mandat nie­der­gelegt und sind aus der Partei ausgetreten.

Wie immer wird Bes­serung gelobt. Union und SPD einigten sich auf strengere Trans­pa­renz­regeln. Nun wird ein Geset­zes­entwurf dazu von der CDU, CSU, SPD, Grüne und den Linken im Plenum beraten. Ralph Brinkhaus und CSU-Lan­des­grup­penchef Alex­ander Dob­rindt lobten den Geset­zes­entwurf. Damit sei nach den Affären um Mas­ken­ge­schäfte und Lob­by­ismus ein Stück weit Klarheit geschaffen worden. Und die Abge­ord­neten hätten somit einen Beitrag dazu geleistet, dass „wir als Union gemeinsam Ver­trauen zurück­ge­winnen können“.
Das dürfte eine sehr opti­mis­tische Erwar­tungs­haltung sein.