Abtreibung – ein Menschenrecht?

Sehr geehrtes Mit­glied des Europa-Parlaments,

danke, dass Sie mir den „Matić-Bericht“ zukommen lassen haben. Nun habe ich mir einen Ein­druck von dem ver­schaffen können, was Ihnen und den anderen Abge­ord­neten des Europa-Par­la­ments mit der 50 Seiten umfas­senden Vorlage so alles zuge­mutet wird.

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Eine Beschlussvorlage/Gesetzesvorlage ist bekanntlich dann gut, wenn sie

1. den zu regelnden Sach­verhalt min­destens in allen wesent­lichen Punkten darlegt,

2. nach­weist, dass eine Regelung erfor­derlich ist, um z. B. Grund­rechte und/oder das Gemeinwohl zu schützen  bzw. zu fördern und/oder dem Welt­frieden zu dienen und dass

3. die vor­ge­schlagene Regelung dazu geeignet ist.

Meines Erachtens bleibt der „Matić-Bericht“ erheblich hinter diesen Anfor­de­rungen zurück.

Einige „Kurio­si­täten“ seien genannt.

I. Formale Unzulänglichkeiten

Zu Beginn des „Berichts“ zum „Entwurf einer Ent­schließung des Euro­päi­schen Par­la­ments“ werden 65 Doku­mente auf­ge­listet, mit denen offenbar begründet werden soll, dass das EU-Par­lament für das Thema zuständig und dass das Thema schon in vielen Doku­menten behandelt worden sei – Doku­mente mit wahr­scheinlich unter­schied­licher recht­licher Verbindlichkeit.

Es hätte mich nicht gewundert, wenn in der Liste auch auf „Grimms Märchen“ hin­ge­wiesen worden wäre. Denn auch in einigen Märchen wird geschildert wie der Prinz oder der Mül­lers­bursche die Prin­zessin für sich gewinnt und die beiden – wenn sie nicht gestorben sind – auch heute wohl noch damit beschäftigt sind, ihre sexuelle und repro­duktive Gesundheit zu genießen.

Wenn das Thema der Beschluss-Vorlage in den letzten Jahren schon in über 60 „Doku­menten“ behandelt bzw. abge­handelt worden ist, sollte im Ein­zelnen dar­gelegt werden, wie es um den „Vollzug“ all der Erklä­rungen, Ver­ein­ba­rungen und Beschlüsse steht und wieso all das, was da als nicht durch­ge­führt oder für miss­lungen ange­sehen wird, nun durch den geplanten neuen Beschluss ver­wirk­licht werden kann.

In dem dann fol­genden Text, der durch Groß­buch­staben, Doppel-Groß­buch­staben und 76 Nummern „geordnet“ ist, wird ein Wunsch- und Mei­nungs­ka­talog auf­ge­listet. In 42 Nummern wird etwas „gefordert“ und in 34 Nummern werden „Erwä­gungen“ mitgeteilt.

Ein eigent­licher „Beschluss-Text“ fehlt. Sollen also auch die „Erwä­gungen“ beschlossen werden?

II. Inhalt­licher Wirrwarr

Auf Seite 9 (Buch­stabe „D“) wird mitgeteilt,

„dass es nicht in die unmit­telbare Zustän­digkeit der Euro­päi­schen Union fällt, die sexuelle und repro­duktive Gesundheit und die damit ver­bun­denen Rechte innerhalb der Union zu fördern“.

Und warum dann der ganze Aufwand? Der Ver­fasser erklärt doch selbst, dass seine Vorlage nicht ziel­führend ist.

Auf Seite 16 ist in Nr. 1 von ‚extre­mis­ti­schen Dis­kursen‘ die Rede. Wer bestimmt, was ein extre­mis­ti­scher Diskurs ist?

Auf Seite 27 ist in Nr. 51 davon die Rede,

„die Men­schen­rechte, ins­be­sondere das Recht auf Gesundheit in Bezug auf die sexuelle und repro­duktive Gesundheit und die damit ver­bun­denen Rechte, umfassend zu schützen, zu achten und zu gewähr­leisten …und die not­wen­digen Mittel bereit­zu­stellen, damit der Genuss der sexu­ellen repro­duk­tiven Gesundheit und der damit ver­bun­denen Rechte für jeden möglich ist.“

Wieso sind staat­li­cher­seits für den Genuss der sexu­ellen repro­duk­tiven Gesundheit die not­wen­digen Mittel bereit zu stellen?

Wer bestimmt, was die dafür not­wen­digen Mittel sind? Saty­risch ver­an­lagte Männer? Nym­pho­ma­nische Frauen? Sexuell als frigide gel­tende Per­sonen? Sollen auch patho­lo­gische Ver­hal­tens­weisen vom Staat unter­stützt werden?

Worin besteht „der Genuss der sexu­ellen repro­duk­tiven Gesundheit“? Und was geschieht, wenn man die sexuelle repro­duktive Gesundheit genossen hat? Welche Rechte sind damit ver­bunden bzw. fallen dann weg? Meines Erachtens kann man sich über Gesundheit freuen, für Gesundheit dankbar sein, sie aber nicht genießen.

Men­schen­rechte dienen dazu, die Men­schen vor Über­griffen des Staates zu schützen, die Teilhabe an demo­kra­ti­schen Rechten zu gewähr­leisten und ein men­schen­wür­diges Leben und Zusam­men­leben zu ermög­lichen. Aber seit wann umfassen die Men­schen­rechte auch die Pflicht der Staaten bzw. der EU, auch Genüsse zu gewährleisten?

Will bzw. hat die EU irgendwann auch zu gewähr­leisten, dass für Alko­ho­liker der Genuss von Spi­ri­tuosen möglich ist, für Raucher der Tabak­genuss und dass Dro­gen­ab­hängige genug „Stoff“ haben?

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Hat die EU dem­nächst für Macht­gierige „Unter­tanen“ bereit­zu­stellen, damit sie das „Herr­schen“ genießen können, und für Sadisten genug Men­schen, die sie quälen können, damit „sadis­ti­scher Genuss“ möglich wird?

Auf Seite 11 werden unter dem Buch­staben „J“ „sichere und legale Abtrei­bungs­dienste“ gefordert.

Abtreibung ist das Töten eines unge­bo­renen Men­schen. Dürfen Staaten, dürfen Per­sonen helfen, Men­schen zu töten?

Und was sind „legale Abtrei­bungs­dienste“? Als legal kann alles bezeichnet werden, dass auf­grund oder im Rahmen eines Gesetzes geschieht. Aber wenn etwas „legal“ ist, ist es damit noch kei­neswegs rechtens. Das sollte spä­testens seit dem Prozess gegen Jesus aus Nazaret bekannt sein. Jesu Ankläger haben dem Pontius Pilatus gesagt: „Wir haben ein Gesetz, und nach diesem Gesetz muss er sterben“ Joh. 19,7.

Auch alle Dik­ta­toren handeln durchweg „legal“. Denn gewöhnlich haben sie zuvor jene Gesetze beschließen lassen, nach denen Regime-Gegner ver­haftet, gefoltert und hin­ge­richtet werden können. Auch die Rasse-Bestim­mungen der Natio­nal­so­zia­listen waren per Gesetz abge­si­chert, also „legal“. Waren sie des­wegen schon rechtens?

Wollen sich die Abge­ord­neten des Europa-Par­la­ments in solche „Lega­li­täten“ ein­reihen und mit der Zustimmung zum sog. Matić-Bericht einen „legalen Rahmen“ für das Töten von unge­bo­renen Men­schen schaffen bzw. verstärken?

Auf Seite 11 ist unter dem Buch­staben „M“ von „kli­ni­scher Schwan­ger­schaft“ die Rede, auf Seite 18 in Nr. 12 von „Auf­wärts­kon­vergenz der Stan­dards für die medi­zi­nische Ver­sorgung“, auf Seite 19 in Nr. 18 von „ras­si­s­ierten“ Frauen und in Nr. auf Seite 11 unter dem Buch­staben „J“ vom „Geschlechts­ap­parat“. Was genau ist mit all dem gemeint?

Auf Seite 20 heißt es in Nr. 24, dass „wie­der­ver­wendbare Mens­trua­ti­ons­ar­tikel“ zu fördern sind. Soll damit die schon mal zu hörende Meinung bestätigt werden, im Europa-Par­lament gebe es Leute, die von Rege­lungswut besessen seien?

Auf Seite 22 wird in Nr. 30 wird mit­ge­teilt, dass die Kenntnis von „Ver­hü­tungs­me­thoden [helfe], das Recht auf Gesundheit zu wahren“. Ist denn Schwan­ger­schaft per se eine Gesundheitsbeeinträchtigung?

Und was ist gemeint, wenn gefordert wird, dass „Menstru­ie­rende fun­dierte Ent­schei­dungen über ihre Periode treffen können“ sollen? Sollen Frauen mit Unter­stützung der EU den bio­lo­gi­schen Rhythmus ihres Körpers mani­pu­lieren können? Welche gesund­heit­lichen Folgen können daraus entstehen?

Auf Seite 14 wird unter dem Buch­staben „X“ mitgeteilt,

„dass Gegner sexu­eller und repro­duk­tiver Gesundheit … zur Aus­höhlung der Grund­sätze der Demo­kratie … beitragen“.

Da sollte doch gleich auch gefordert werden, solche Gegner umgehend zu ver­haften und ein­zu­sperren, damit die Demo­kratie geschützt wird und somit erhalten bleibt.

Mich wundert, dass solch ein män­gel­be­haf­teter Text, der das Töten von unge­bo­renen Kindern als Men­schen­recht zu „ver­kaufen“ sucht, und andere zur Bei­hilfe an diesem Töten ver­pflichten will, den Abge­ord­neten des Europa-Par­la­ments über­haupt zur Beschluss­fassung vor­gelegt worden ist.

Auch im Blick auf die Arbeit des Europa-Par­lament gibt es immer wieder Anlass zum Seufzer „Herr, wirf Hirn vom Himmel“.

Freund­liche Grüße

Reinhard Wenner


Dieser lesens­werte Beitrag erschien zuerst auf dem Blog von Peter Helmes – www.conservo.wordpress.com