Die traditionelle indische Medizin, auch Ayurveda genannt, wird in der westlichen Welt vor allem mit Wellnesskuren, Massagen und Retreats in Verbindung gebracht. Obwohl Ayurveda schon vielen Menschen zu einer verbesserten Gesundheit verholfen hat, wird diese Art der Medizin in Deutschland bisher nicht offiziell anerkannt.
Da sie nicht den Inhalten und Vorgehensweisen der klassischen Medizin folgt, fällt die ayurvedische Medizin lediglich unter das Heilpraktikergesetz. Somit dürfen studierte Ayurveda-Ärzte hierzulande nicht ohne eine ergänzende heilpraktische oder klassisch-medizinische Ausbildung legal praktizieren. Außerdem wird ihnen die Bezeichnung des Mediziners verwehrt, weshalb sie letztlich die Berufsbezeichnung des Therapeuten erhalten.
Dabei ist der Ayurveda viel mehr als nur eine Entspannungskur. Aufgrund der schlechten Anerkennung und der falschen Ausbildung in westlichen Ländern werden die Inhalte dieser ganzheitlichen Medizin oft falsch angewandt oder missverstanden. Ebenso wird der Begriff “Ayurveda” vielfach zu Werbezwecken missbraucht, da dessen Bezeichnung nicht geschützt ist.
Was ist Ayurveda wirklich?
Der Begriff Ayurveda setzt sich im Sanskrit aus den Wörtern āyur und veda zusammen. Wörtlich übersetzt bedeutet es “Das Wissen (Veda) vom ganzen Leben (Ayus)” und bezeichnet damit die Wissenschaft vom langen Leben. Wissenschaftlern zufolge ist der Ayurveda das älteste Gesundheitssystem, das in Schriften überliefert wurde.
Das bedeutendste Standardwerk der ayurvedischen Medizin ist die sogenannte Charaka-Samhita. Diese Schrift besagt, dass Ayurveda seine Gültigkeit niemals verliert, da er von den Gesetzmäßigkeiten der Natur abgeleitet wird. Gesundheit und Leiden sowie deren begleitenden körperlichen und geistigen Erscheinungen, Ursachen und Symptome verhalten sich also nach den gleichbleibenden Gesetzmäßigkeiten des Lebens.
Die ayurvedische Medizin ist demnach ein System, das in seinem Kern vor allem auf spirituellen Erkenntnissen beruht. Diese Kenntnisse sind in den Veden beziehungsweise der vedischen Literatur festgehalten, welche eine umfassende Lehre von Mensch, Natur und Kosmos beschreiben.
Die praktische Aufgabe des Ayurveda ist es, den Menschen ein gesundes, langes, glückliches und erfolgreiches Leben zu ermöglichen. Sein ganzheitlicher Ansatz besteht im Gegensatz zur klassischen Medizin nicht nur aus der Behandlung von Symptomen und Erkrankungen, sondern vor allem aus der Vorbeugung und der Heilung, sofern diese notwendig ist. Diese Heilung wird in dem Fall ausschließlich mit natürlichen Mitteln und im Einklang mit der Natur erlangt.
Grundbausteine des Ayurveda
Im Ayurveda spielen vor allem die sogenannten Doshas und Gunas eine zentrale Rolle. Die Doshas werden auch als Ayurveda-Typen bezeichnet. Sie beschreiben die drei fundamentalen Kräfte Vata, Pitta und Kapha, welche sowohl die äußere Natur als auch die innere Natur des Menschen durchdringen, formen und beeinflussen. Die Doshas können über ihre Eigenschaften, die Gunas, erkannt und bestimmt werden und demonstrieren die gesamte körperliche Verfassung sowie Persönlichkeit eines Menschen.
Sind diese drei Doshas im Gleichgewicht, dann befindet sich der Mensch in optimaler körperlicher und geistiger Verfassung. Er ist gesund, glücklich, friedlich und kann sein volles natürliches Potenzial ausschöpfen. Befinden sich die Doshas nicht im Gleichgewicht und weichen von der Norm ab, führt dies zu Unwohlsein, zunehmenden Störungen sowie körperlichen und psychischen Erkrankungen.
Normalerweise dominiert aufgrund von Veranlagungen und Lebensweise bei jedem Menschen nur eines oder zwei der Doshas. Deshalb ist das Ziel einer ayurvedischen Lebensweise, die drei Doshas so gut wie möglich ins Gleichgewicht zu bringen und zu halten.
Je nach Alter und Lebensumständen können sich diese Eigenschaften in einem stetigen Wandel befinden, weshalb eine genaue Beobachtung der äußeren und inneren Umstände dauerhaft erforderlich ist. Nach ayurvedischen Prinzipien zu leben, bedeutet also im Einklang mit seiner Natur und seinem Körper zu leben, aufmerksam und wachsam zu sein.