Da will das ZDF beweisen, dass es eben nicht nur, wie das Framing-Manual der Kommunikationswissenschaftlerin Elisabeth Wehling feststellte, ein stark linkslastiges und ziemlich altes Publikum hat: „Was ist denn mal so ein interessantes Thema unter und für Kids? Wo man uns nicht vorwerfen kann, wieder bitterernste, linksgrüne Dogmen zu verbreiten. Wir müssen mal was an unserer Zielgruppe tun.“ Das gefundene Thema, gar nicht so dumm, war die große Szene der Online-Gamer. Faszinierend und brisant zugleich. Doch da hat man wahrscheinlich eine externe Produktion beauftragt, und die hat vor allem ein paar externe Leute geholt, die was-von-Online-Gaming-und-so verstehen, damit man sich nicht in seinen Texten blamiert. Die Typen aber hatten offenbar kein Gespür dafür, was der enge Korridor an erlaubten Meinungsäußerungen heute noch zulässt. Jedenfalls hagelte es Dresche von den Orthodoxen. Für uns, lieber Leser, einfach amüsant.
Es wurde also eine Reality-Serie für das Kinderprogramm produziert unter dem Namen „das Zockerhaus“. Hier sollte eine Gruppe ganz junger Online-Gamer einziehen und einige „Challenges“ bestehen (Challenge – neudeutsch für Aufgaben, Wettstreit oder eine Art Schnitzeljagd). Hier sollte sich (Achtung! Pädagogischer Ansatz!) auch zeigen, ob sich die online-Freundschaften unter den „Zockern“ auch auf das echte Leben übertragen lassen, also den „Realitäts-Check“ ihrer Freundschaften machen und zusammen diese „Challenges“ bestehen. Der pseudowissenschaftliche Rahmen setzte sechs Teenager zusammen in ein Haus, die sich vorher nur online kannten und als Freunde sahen. In der Vorstellung der Serie befleißigt sich das ZDF auch entsprechend cooler Vokabeln.
Hier anzusehen: Das Zockerhaus — Die Challenge beginnt! | ZDFtivi
Die jugendlichen Zuschauer können sich also ihre gleichaltrigen Helden im besten Pickelalter begucken, wie sie erst vor den Bildschirmen hängen und dann mit allen möglichen Schnitzeljagden auf Trab gehalten werden. Irgendwo im Entwicklungsstadium zwischen Kinder und Kerle laufen sie dann schonmal als Gruppe nebeneinander breitspurig im Stile US-amerikanischer Fernseh-Heldenteams in Halb-Zeitlupe auf eine tiefgelegte Kamera zu, den noch schmächtigen Männer-Oberkörper in Imponiergehabe leicht wiegend und die Schülterchen schiebend. Man muss sie irgendwie liebhaben. Die Jungs sind nicht verkehrt. Das werden wahrscheinlich mal richtige, gute Männer. Denen macht auch mal ein pinker Tütü und lackierte Nägel nix.
Richtige Männer machen sowas übrigens mal total gerne und dann ist Heidengaudi. Eine der besten Karnevalsfeiern der Vorcoronazeit hier im Dorfgemeinschaftshaus war das jährliche Männerballett, das eines Tages — unvergessen!!! — den „Sterbender Schwan“ samt glitzerndem Ballerina-Make-Up aufführte. Die ganzen Mannskerle in die Hochzeitskleider ihrer Frauen gequetscht, was die Brautkleider allerdings auch anschließend fertig für die Altkleidersammlung machte. Die Reißverschlüsse im Rücken der Kleider hingen an den Flanken dieser Zweihundertfünfzigpfünder und die Kleider waren nicht nur rückenfrei, sondern auch ärmellos. Weil die Arme der zarten Schwäne da nicht ansatzweise durchpassten. Beim Sterben des Schwans brach fast die Bühne ein. Wir haben alle nur noch japsend vor Lachen um Gnade gequiekt.
Zurück zu den Vergehen des ZDF: Die Verliererteams der Challenges erwarten also „fiese Strafen“. Na, echt. Schwarze Pädagogik! Aber sei’s drum. Nur: Diese Strafen riefen natürlich die ganzen Minderheiten und Opfergruppen der LGTB-Fraktion und Linksgrünen auf den Plan: Die Jungs mussten nämlich für ihr Versagen ihre Fingernägel lackieren, ein Kleid anziehen oder Drag-Queen-Make-Up vorführen. Huiii … da haben aber entweder die ZDF-Redakteure geschnarcht oder vielleicht irgendwie ihren eigenen Volkserziehungsauftrag zum betreuten Denken gar nicht verstanden? Sehr verehrter Leser, das hätten ja sogar WIR verknöchert-ewig-Gestrigen sofort gewusst, dass das oberpfui und gar nicht erlaubt ist, nicht wahr? Hier im Video sind ein paar Ausschnitte der „Strafen“ zu sehen:
Zum Glück gibt es ja heute viele entsprechende, vom Staat und gewissen Philantropen finanziell bestens ausgerüstete und hoch engagierte Initiativen, Organisationen, Aktivisten und Vereine, die immer auf der Suche nach solchen sexistischen Entgleisungen sind, um ihre Daseinsberechtigung zu manifestieren. Hier die Initiative „Der Goldene Zaunpfahl“, was schon eine verdeckt mitschwingende Subtilität ihrer Vorgehensweisen ausstrahlt. Auf der Seite, wo sich der Goldene Zaunpfahl vorstellt, wird schon gleich mal locker mit rechtlichen Schritten gedroht, sollte man ihnen auch nur sowas wie unverlangte Werbung zuschicken. Das ist schon kein „Wink mit dem Zaunpfahl“ mehr, das ist schon eine Drohung, zuzuschlagen.
Der Goldene Zaunpfahl nahm also seine Mission ernst und sandte einen offenen Brief an das ZDF, in dem der Sender aufgefordert wurde, die Serie aus dem Programm zu nehmen und aus dem Online-Angebot des Sender zu löschen (das ZDF wird zensiert?!? Glorios!):
‚Das Zockerhaus‘, eine Serie, die das ZDF seit dem 6. September 2021 auf ZDFtivi ausstrahlt, ist ein zutiefst sexistisches Format, das ungefiltert Geschlechterrollen-Klischees bedient, Bilder toxischer Männlichkeit reproduziert, schwulenfeindliche* Botschaften verbreitet und damit in keiner Weise dem aus Art. 5, Abs. 1, Satz 2 des Grundgesetzes abgeleiteten Bildungsauftrag einer öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt sowie Ihren eigenen Richtlinien zum Jugendmedienschutz und zur Gleichstellung der Geschlechter genügt. Wir fordern Sie auf, die Serie aus dem Programm zu nehmen und aus den Online-Angeboten des ZDF zu löschen.
Und das sind die Strafen:
- in rosa Einhorn-Bettwäsche schlafen
- im rosa Hasenkostüm herumhoppeln und Aufgaben lösen
- den besten Freund anrufen und sagen, wie sehr man ihn liebt
- Müllsammeln in der Stadt
- Nägel lackieren
- sich in der Kölner Innenstadt blamieren
- peinliche Fotos im Clownskostüm und Bällebad
- Haare dreckig machen
- Insekten essen
- in der Stadt singen, sich schminken lassen, Kleid anziehen und rosa Perücke
- Glitzertattoos im Gesicht
- Socken mit der Hand waschen
- Aerobic Outfit und Sexy Dance Workout
- Haare toupieren mit Haarspangen und Schleifen
Nein, ist es nicht:
Acht dieser Bestrafungen sind sexistisch und haben zum Ziel, die Männlichkeit der jungen Protagonisten in Frage zu stellen, indem sie gezwungen werden, Dinge zu tun, die als weiblich, „verweichlicht“ bzw. schwul gelten. Dadurch werden nicht nur die Protagonisten herabgesetzt, sondern insgesamt Frauen* und Homosexuelle. Und die Dialoge verstärken diese Botschaft: „Endlich stehst du zu Deinen Vorlieben.
Auch wenn Sie sich auf das Argument ‚Unterhaltungsformat‘ zurückziehen möchten, ist das kein Freibrief zur Herabsetzung Einzelner bzw. ganzer Gruppen. ‚Das Zockerhaus‘ reproduziert und legitimiert Diskriminierung, Sexismus und Homophobie im Alltag und untergräbt das Bemühen vieler Projekte, Vereine, Organisationen und Einzelpersonen um ein Miteinander, das von Toleranz und Wahlfreiheit geprägt ist.“
Zum ersten verstehe ich als Frau überhaupt nicht, inwiefern mich dieser Spaß da herabsetzen könnte. Zum Zweiten, warum setzt es denn Homosexuelle herab? Die müssen weder in rosa Zeug oder mit Glitzer-Make-Up herumlaufen, noch ist es herabsetzend, wenn sie es tun. Ich kenne einige Homosexuelle, die hätten damit gar kein Problem. Und zwei Transsexuelle, die mit sowas auch total entspannt umgehen. Und die Jungs hatten die Wahlfreiheit, bei dem Format mitzumachen. Vielleicht wollten die das so?
Dass die Jungs in solchen „Fummeln“ rumlaufen wäre nur dann herabsetzend für sie oder die Homosexuellen, wenn diese Kleidung „von oben“ als Verächtlichmachung, Kennzeichnung und Ausgrenzung verordnet würde. Im Gegenteil, die Homosexuellen, die diese besondere Variante der Selbstpräsentation als ihre Identität wählen (Drag-Queens zum Beispiel) haben sich das Recht hart erkämpft, das auch unangefochten tun zu können. Eltern, die ihre Söhne ermutigen, sich ruhig mal die Nägel zu lackieren oder eine mädchenhafte Frisur zu tragen, werden aber als progressiv gefeiert.
Das soll noch jemand nachvollziehen können.
Vielleicht kann man ja, wenn man nicht so verbissen belligerent ist, in den Strafen auch etwas anderes sehen: Seinen eigenen Wert von dem äußeren Erscheinungsbild loszukoppeln, seine innere Festigkeit trotz solcher Situationen erkennen und entwickeln. Die Jungs könnten plötzlich am eigenen Leib Verständnis dafür fühlen, dass manche Homosexuelle viel Kraft und Resilienz brauchen, um ihren Weg zu gehen. Nachspüren zu können, womit diese Menschen fertig werden müssen, um das zu sein, was sie sind und sich auch so offen zu zeigen.
Ich gebe zu, eines freut mich schon: Dass das ZDF, diese moralinsaure, intolerante, besserwisserische, volks-gouvernantenhafte, PC-strenge Sendeanstalt auf unsere Kosten, dass diese Pharisäer jetzt Dresche wegen Sexismus’ von genau den Gruppenvertretungen beziehen, an die sie sich dauernd liebedienerisch ranwanzen. Diese Backpfeifen gönne ich denen von Herzen.
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