Ist Erben unsozial?

Es ist alar­mierend, wie schnell und auf wie vielen Ebenen mensch­heitsalte, und inhä­rente und über Zig­jahr­tau­sende erfolg­reiche Struk­turen ange­griffen und mit mora­li­schen Makeln bepflastert werden. Es soll nicht mehr Vater und Mutter geben, wie im Tier­reich und seit 100tausend Jahren Menschheit. Wer­dende Mütter sind jetzt schwangere Per­sonen. Männlich sein ist „toxisch“. Das Leben und kör­per­liche Unver­sehrtheit ist kein Wert mehr, sondern staat­licher Ver­fügung unter­worfen. Mensch­liche Nähe ist suspekt, sie könnte Infek­tionen über­tragen. Schenken soll man nicht mehr dürfen, außer bis zu einer Grenze, danach wird es besteuert. Und „Erben ist unge­recht und unsozial“ heißt der Schlachtruf.

Wer, wenn nicht die taz, könnte einen solchen Artikel schreiben: „Soziale Ungleichheit — Enterbt uns doch endlich!“. Es sei, so der pos­tu­lierte Beitrag, doch wirklich an der Zeit die Frage zu stellen, ob das Erben über­haupt noch legitim sei. Es müsse eine legitime Erb­schafts­steuer geben.

Und dann gibt der Autor einen Ein­blick in sein Alltagsleben:

„In meiner Gene­ration gibt es ein letztes Tabu. Während ich mit Freunden beim Kaffee ohne Pro­bleme über den nächsten Besuch beim Psy­cho­logen reden kann, über Geschlechts­krank­heiten, die sich jemand zuge­zogen hat, schweigen wir uns über das Erben aus. Dabei gibt es wenig, das meine Alters­gruppe in den nächsten Jahren so stark prägen und zer­reißen wird.“

Hmmm. Ich war noch nie beim Psy­cho­logen und ich kenne auch nie­manden, der meines Wissens da war und wenn, würde man darüber kaum reden. Auch Geschlechts­krank­heiten waren im Kreis meiner Familie, Freunde und Bekannten noch nie ein Thema. Erben schon. Wir scheinen in ver­schie­denen Deutsch­lands zu wohnen – ohne das werten zu wollen.

Die Bereit­schaft des Autors, gerne etwas von seinem Erbe abgeben zu wollen, weil er erben für unsozial hält, ist menschlich sehr vor­bildlich, aber gesell­schaftlich desaströs. Ja, es stimmt: Die oberen paar Prozent, die wirklich größere Summen zu ver­erben haben, bereiten dem einen oder anderen ihrer Spröss­linge viel­leicht wirklich ein unver­dientes und gesell­schaftlich unnützes Luxusleben.

Viele dieser Nach­kommen bewahren aber eine ererbte, erfolg­reiche, mit­tel­stän­dische Firma vor der Zer­schlagung und dem Untergang und führen sie in die nächste Gene­ration – und erhalten dabei hun­derte von Arbeits­plätzen, auch über Gene­ra­tionen. Würde diese  Mit­tel­stands­firma an den Staat fallen, weil sie nicht vererbt werden kann, wäre sie schnell zer­stört, weil da irgendeine Unter­neh­mens­be­ratung hin­einkäme und erst einmal, wie immer, Per­sonal abbaut. Dann kommt ein Manager, der die Seele des Unter­nehmens und den Grund für seinen Erfolg nicht ver­steht und auch kei­nerlei emo­tionale Ver­bun­denheit dazu hat. Er arbeitet für ein hohes Gehalt  — und wenn es schwierig wird, geht er einfach. Das geschieht dann in ein paar Zyklen, bis der Laden insolvent ist. Es geht auch schneller: Wahr­scheinlich über­nimmt einer der großen Kon­zerne aus der­selben Branche das Unter­nehmen, um die Kon­kurrenz platt zu machen und das vor­handene Potenzial an Patenten, Maschinen und Kun­den­stamm aus­zu­schlachten. Die Arbeiter und Ange­stellten dürften alle heim­gehen und auf Hartz-IV hoffen.

Für die mit­tel­stän­di­schen Unter­nehmen wäre das das absolute Aus innerhalb einer Gene­ration. Wahr­scheinlich wird das Erben auch deshalb jetzt so sehr des­avouiert, um genau das zu erreichen. Der „Great Reset“ will den Mit­tel­stand nicht mehr. Die „Vierte indus­trielle Revo­lution“ (wie der Great Rest jetzt genannt wird) teilt die Welt in alles besit­zende Kon­zerne, die auch die Welt­re­gierung stellen, eine Schicht von aus­füh­renden Polit-Appa­rat­schiks, die noch Pri­vi­legien gewährt bekommen, und die überall gleich arme, rechtlose, gesichtslose, lückenlos über­wachte Men­schen­masse, die ent­weder arbeitet, um über­haupt zu leben. Und die­je­nigen, die keinen Nutzen mehr für die Welt-Konzern-Regierung dar­stellen und als über­flüssige Esser dezent „abge­schafft“ werden. Das ist der globale Super-Sozia­lismus der Welt­kon­zerne, die sich wahr­scheinlich dann in schöner Olig­ar­chen­manier Kriege um die Schätze und Roh­stoffe dieser Welt liefern werden.

Da wäre das Erben extrem kon­tra­pro­duktiv. Denn Unab­hän­gigkeit macht Men­schen stark und gibt ihnen die Mög­lichkeit, über Gesell­schaft, über gut und schlecht, über die Zukunft und Recht und Unrecht nach­zu­denken. Um Bücher zu schreiben, sich für andere zu enga­gieren und staat­licher Willkür den eigenen Willen ent­ge­gen­zu­setzen. Wer nichts hat, nichts bekommt und keine Aus­sicht darauf hat, je zu was zu kommen, hat keine andere Wahl, als das Leben einer Arbeits­ameise zu führen, bis er tot umfällt.

Da hat der Autor des taz-Bei­trages schon recht. Davon gibt es leider und bedau­er­li­cher­weise schon sehr viele Men­schen. Die Welt wird für die gesamte Menschheit aber auch kein bes­serer Ort, wenn es allen gemeinsam und unter­schiedslos noch viel schlechter geht und das Leben für alle aus­sichtslos und hoff­nungslos wird. Denn das würde es.

Und  zwar, weil er in noch einem anderen Punkt gewaltig irrt. Niemand spart ein Ver­mögen an, das er nicht seinen Nach­kommen wei­ter­geben darf. Wozu sollte er sparen? Wozu sich ein Haus kaufen und instand halten? Wozu Bäume in einem schönen Garten pflanzen, die ein Fremder absägt? Den Wunsch, den Kindern im Leben wei­ter­zu­helfen werden lie­be­volle Eltern dennoch nicht auf­geben. Das Erben wird sich schlicht in Bereiche ver­lagern, die der Staat nicht sieht.

Die wirklich Reichen haben sowieso genügend Mittel und Bezie­hungen, das ange­häufte Ver­mögen kom­plett dem Staat und der Steu­er­kralle zu ent­ziehen, das ist jetzt schon so. Es ist bodenlos naiv von den sozia­lis­tisch-kom­mu­nis­ti­schen Träumern zu glauben, dass die großen Ver­mögen auch nur ansatz­weise irgendwie der All­ge­meinheit zugute kommen könnten. Es wird nur die braven Bürger treffen, die ihr erar­bei­tetes Geld sowieso schon mehrfach ver­teuert haben.

Wer ein Haus vererbt, der hat das vorher schon mehrfach zum Wohle der All­ge­meinheit ver­steuert. Wer das Geld dafür per Bau­spar­vertrag oder auf andere Weise ange­spart hat, bezahlt außer der Lohn- oder Ein­kom­mens­steuer auch noch oben­drauf Quel­len­steuer, sobald die gesparte Summe über eine bestimmte Schwelle klettert. Dann braucht man ein Grund­stück, für das man erst einmal eine satte Summe an Grund­er­werbs­steuer zahlt, obwohl der Staat nichts daran getan hat. Dann kostet jedes Gewerk, jedes Material, das zum Hausbau beauf­tragt und gekauft wird, nochmal 19% Mehr­wert­steuer. Darüber hinaus muss man das fertige Haus gegen Feuer und Schäden ver­si­chern, noch eine Glas­ver­si­cherung dazu und eine Haus­rats­ver­si­cherung – und bezahlt dafür eine Versicherungssteuer.

Selbst dann, wenn das Haus fertig ist und steht und alle Steuern bezahlt sind, ist der Staat noch nicht zufrieden. Jedes Jahr werden Grund­steuern fällig, einfach dafür, dass das Haus auf einem Grund­stück steht, das dem Staat nicht gehört, für dessen Kauf du schon bereits Steuern bezahlt hast. Hat man richtig Pech, beschließt die Kommune, die Straße vor deinem Haus zu erneuern oder zu pflastern und du bezahlst auch das noch auf der gesamtem Länge deines Grund­stücks, obwohl du das nicht bestellt hast.

Leider ist es heute oft schon so, dass die Kinder die Erb­schafts­steuern für das so mühsam und zäh erkämpfte Haus der Eltern nicht auf­bringen können und es ver­kauft werden muss, um die Steuern zu zahlen und wenigstens eine kleine Summe nach Steuern übrig zu behalten. Da ist der Neid gar nicht wirklich angebracht.

Ver­mietest du das Haus, werden eben­falls Steuern auf die Ein­nahmen aus den Miet­zah­lungen fällig. Stirbst du, nimmt der Staat sich dann auch noch Steuern von deinen Erben für das Haus, was du schon mehrfach ver­steuert hast.

In Deutschland sind die Erb­schafts­steuern über den Frei­grenzen bereits ziemlich hoch. Da wird schon einiges kreativ gestaltet, um diese Steuern zu ver­meiden. Wenn nun der Staat die Besteuerei soweit treibt, dass prak­tisch nichts mehr übrig­bleibt als ein schöner Urlaub, wird es ganz schnell gar nichts mehr zum Weg­steuern geben, das ist sicher. Die Leute werden das, was sie sich als Sicherheit für’s Alter viel­leicht über­haupt noch zurück­gelegt haben so ver­wahren, dass die Erben es sich sofort nach dem Tod der Erb­lasser holen und niemand die Nase daran bekommt. Alles andere werden sie schon vorher geschickt ver­teilen. Kurz und gut: Die Men­schen werden dafür sorgen, dass es für den Staat nichts mehr weg­zu­steuern und ein­zu­ziehen gibt.

Das bedeutet aber auch, dass kaum noch jemand privat ein Haus baut. Den Grünen mit ihren tota­li­tären, gou­ver­nan­ten­haften Vor­stel­lungen wäre das recht. Ein­fa­mi­li­en­häuser sind ihnen eh ein Dorn im Auge. Die Menschheit soll kom­plett in Miets­ka­sernen wohnen. Ein Häuschen mit Garten? Igitt. Sie selbst sehen das für sich per­sönlich natürlich anders.

Das Ergebnis solcher Vor­stel­lungen sind triste, graue Plat­ten­bauten und Beton­wüsten, schlimmer noch als zu DDR-Zeiten. Da konnten die Leute wenigstens am Wochenende in ihre Dat­schas. Hand­wer­ker­be­triebe und Bau­firmen werden sang- und klanglos ein­gehen, weil es keine Auf­träge mehr gibt. Der Staat wird alles bauen, und weil es wenig Steuern ein­zu­nehmen gibt, da die Leute nichts mehr ansparen oder nur unter der Hand wei­ter­geben. Gärt­nerei und Land­schaftsbau gibt’s auch kaum noch, denn ohne Ein­fa­mi­li­en­häuser, mit Gärten keine Auf­träge. Die Kom­munen bauen Plat­ten­hoch­haus­sied­lungen im bil­ligen 08/15-ver­fahren, dann wird da noch ein bisschen ein­falls­loses Grün hin­ge­klatscht, auch billig. Ansonsten die bekannte, sozia­lis­tische Tris­tesse und Ein­heitsgrau. Aber: Sozial gerecht.