Schon länger vermuten Wissenschaftler, dass das DNA-basierte Leben auf der Erde keine einmalige Besonderheit im Universum ist. Denn in Meteoriten wurden die Bausteine für die Bildung von DNA entdeckt, sogenannte „Nukleinbasen“. Daraus lässt sich die uns allen bekannten Desoxyribonukleinsäure bilden, die die Fähigkeit besitzt, Erbeigenschaften zu speichern, sich zu ändern und zu vervielfältigen, und das ist der Keim des Lebens. Nur zwei wichtige Nukleinbasen fehlten noch, aber die wurden jetzt auch durch ein anderes Extraktionsverfahren in drei Meteoriten gefunden. Damit ist der Werkzeugkasten zur Entstehung des Lebens, wie wir es hier auf der Erde kennen, komplett.
Es sind nur fünf winzige Nuklein- oder Nukleobasen, die alles zusammenbauen können, was auf unserem Planeten kreucht und fleucht: Guanin, Adenin, Uracil, Cytosin und Thymin. Das sind in der verzwirbelten Strickleiter der DNA die Sprossen. Sie bestehen immer aus zwei aneinander gekoppelten Nukleinbasen, deren „Ärmchen“ den vorgesehenen Partner suchen und deren „Körper“ sich zu den Stricken zusammensetzen. Die Abfolge der Basenpaare enthalten die Informationen, die nachher das Lebewesen ausmachen. Eigentlich ein unbegreifliches Wunder, dass diese fünf kleinen Bausteine all diese vielfältigen und wunderbaren Lebensformen hervorbringen. Lego ist nix dagegen.
Die Max-Planck-Gesellschaft berichtete 2018, dass sich ein Zusammenschluss von Wissenschaftlern zu einer gemeinsamen Forschung nach dem Ursprung des Lebens gebildet hat: der Direktor am Heidelberger Max-Planck-Institut für Astronomie, Thomas Henning, gründete die Initiative „Heidelberg Initiative for the Origin of Life“ (HIFOL). Hier arbeiten Wissenschaftler aus den verschiedenen Disziplinen zusammen. Astro- und Geophysiker, die sich bisher ausschließlich mit der Physik von Erde und Weltall beschäftigten, arbeiten darin zusammen mit den Biologen und (Bio)Chemikern, die sich bisher ausschließlich um das kümmerten, was mit den Lebewesen auf unserem Planeten zu tun hat. Zusammen gehen sie die Fragen an, unter welchen Bedingungen Leben entstehen kann und wie es auf die Erde gekommen oder entstanden ist. Dabei arbeitet das HIFOL auch mit renommierten Fachleuten im Ausland zusammen, beispielsweise der McMaster University im kanadischen Hamilton.
Genau in dieser Frage, welche Ursprünge das Leben hat, können die Analysen von Meteoriten Antworten geben. Sollten die Grundbausteine der DNA und RNA in den Meteoriten tatsächlich die Saat für das Leben auf der Erde gelegt haben, würde sich unser Bild vom Universum wahrscheinlich drastisch ändern.
Denn in der Milchstraße, unserer Heimatgalaxie, gibt es nach neuen Erkenntnissen der Astronomen wesentlich mehr Gesteinsplaneten wie die Erde, als man bis vor wenigen Jahren noch angenommen hat. Die technische Ausrüstung der Astrophysiker hatte meist nur die großen Gasplaneten anderer Sonnensysteme entdecken können. In unserem Sonnensystem sind das Jupiter und Saturn, gegen deren riesige Masse die Erde ein kleines Bällchen ist. Die neuen Möglichkeiten, die Astronomen heute zur Verfügung stehen, ermöglichen es, auch die kleinen Steinmurmeln in den Sonnensystemen zu finden.
Allein in der Milchstraße gibt es davon Milliarden. Davon werden wahrscheinlich einige Hundert Millionen ähnliche Verhältnisse aufweisen wie die Erde: Also in einer günstigen Entfernung zu ihrer Zentralsonne, die einen nicht zu heißen und nicht zu kalten Lebensraum bietet, möglichst noch Wasser und keinen sprudelnden Vulkanismus – und keine giftigen Chemikalien, die jedes Leben zunichte machen.
Wenn also diese Meteoriten, die ja nicht nur auf der Erde einschlagen, als Fracht noch alle Bausteine für DNA-basiertes Leben mit sich bringen, auf diesen Gesteinsplaneten einschlagen, kann sich dort überall Leben entwickelt haben. Und natürlich auch intelligentes Leben. Eine enorm spannende Frage und Aufgabe für die Wissenschaft.
Dafür spricht, dass sich bereits vor 3,9 Milliarden Jahren schon erste Einzeller auf der Erde tummelten, und zwar im Wasser. Das aber bedeutet, dass sich die Erde gerade erst soweit abgekühlt hatte, dass es überhaupt flüssiges Wasser gab. Dieses in Seen und Ozeanen gesammelte Wasser durfte auch nicht mehr kochend heiß sein. Mit anderen Worten: Fast „sofort“ (in Erdzeitaltern gemessen) waren diese Ur-Ozeane belebt. Das bedeutet, dass die Nukleinbasen der DNA älter sind als die Erde und unser Sonnensystem. Man könnte darin auch einen universalen Schöpfungswillen erkennen.
„Alle entdeckten Verbindungen wurden dabei in ähnlichen Konzentrationen aufgefunden, wie sie bereits bei früheren Experimenten unter simulierten Bedingungen der Zeit vor der Entstehung des Sonnensystems nachgewiesen wurden. Die Studienautoren schlossen daraus, dass alle DNA-Bausteine durch photochemische Reaktionen im interstellaren Medium entstanden sein könnten.“
Damals, am Anfang des Lebens auf der Erde, entstand übrigens auch eines der gesündesten Nahrungsergänzungmittel: Chlorella. Dieser kleine, oft als „Blaualge“ bezeichnete Einzeller ist in Wirklichkeit ein Cyano-Bakterium, das Chlorophyll bildet. Die „kleine Grüne“, das ist die deutsche Bedeutung von Chlorella, ist ein Wunderding. Stellt man eine Flasche Leitungswasser einige Tage ins Licht, bildet sich innen ein grüner Belag: Chlorella. Sie ist einfach irgendwie überall.
Nun fehlten, wie bereits gesagt, bisher zwei Nukleinbasen in den untersuchten Meteoriten. Wie sich nun herausstellte, wurden sie bei der Methode der Extraktion aus dem Meteoritengestein zerstört. Denn japanische Wissenschaftler haben unter dem Forschungsleiter Yasuhiro Oba von der Universität Hokkaido mit einer neuen Methode tatsächlich alle fünf Nukleinbasen gefunden und zwar in drei Meteoren, die an sehr verschiedenen Orten zu sehr verschiedenen Zeiten auf die Erde gefallen sind: Die fehlenden Basen Cytosin und Thymin haben sich also eingefunden, und damit ist das „Starter-Kit“ fürs Leben komplett:
„Den Forschenden gelang es schließlich bei der Analyse von Proben der drei kohlenstoffhaltigen Meteoriten Murchison, Murray und Tagish Lake aus Nordamerika und Australien, die fehlenden Basen zu extrahieren. ‚Unsere Untersuchungen zeigen, dass es in Meteoriten eine große Vielfalt an Nukleobasen gibt‘, berichten die Forschenden. Bei ihren Untersuchungen arbeitete das Team mit sehr empfindlichen Messinstrumenten und einem neuen Extraktionsverfahren, das besonders schonend ist. Statt Ameisensäure einzusetzen – wie üblich –, benutzten sie kaltes Wasser und Ultraschall. ‚Wir haben eine Technik eingesetzt, die eher einem Cold Brew statt einem heißen Tee entspricht. So wurden empfindlichere Verbindungen geschont‘, erklärt Co-Autor Jason Dworkin vom Goddard Space Flight Center der NASA. Da die Pyrimidinbasen Cytosin und Thymen sehr fragil sind, wurden sie in vorherigen Analysen vermutlich durch die Ameisensäure zerstört.“