“Das Hoffen auf die Kata­strophe”: Die poli­tische Theo­logie des Kli­ma­kults und seine “sakra­men­talen” Seg­nungen für “die Menschen”

Es lohnt sich, Klas­siker ab und an aus dem Regal zu nehmen und darin zu schmökern. Wir haben das gerade mit dem “Traktat über kri­tische Vermunft” getan, das Hans Albert 1968 ver­öf­fent­licht hat. Darin ist das siebte Kapitel den Pro­blemen, die einer ratio­nalen Politik im Wege stehen, gewidmet.

In Abschnitt 25 beschreibt Hans Albert den “Kult der Offen­barung” und kommt darin erstmals auf das zu sprechen, was er die “sakra­mentale Politik” nennt, eine Form von Politik, die für sich in Anspruch nimmt, Ergebnis gött­licher oder über­na­tür­licher Offen­barung zu sein und auf dieser Grundlage die Deu­tungs­gewalt für alle gegen­wär­tigen Pro­bleme und alle Lebens­be­reiche der Bürger beansprucht.

Heute ist die Politik nicht weniger sakra­mental, wie man leicht sieht, wenn die Klima-Kul­tisten, die eine Deu­tungs­gewalt für alle gegen­wär­tigen Pro­bleme und alle Lebens­be­reiche der Bürger bean­spruchen”, in den Blick genommen und ihre irra­tionale Sub­sti­tution von Kos­mo­logie, wie es Albert nennt, mit dem, was sie für Wis­sen­schaft halten, in Rechnung gestellt wird. Den Begriff der Kos­mo­logie benutzt Albert immer dann, wenn er die Recht­fer­tigung irdi­scher Maß­nahmen und deren Kon­se­quenzen durch Bezug auf ein gött­liches, kos­mi­sches, uni­ver­sales Prinzip meint. Ergo wäre für ihn, man müsste ihn einmal danach fragen, auch der Kli­makult eine auf “Kos­mo­logie” gebaute Form der poli­ti­schen Theo­logie, die ihre Legi­ti­mation aus einem irra­tio­nalen Prinzip, das zyni­scher Weise als “die Wis­sen­schaft” bezeichnet wird, nimmt und auf dieser Grundlage sakra­mentale poli­tische Maß­nahmen, die nicht weniger als den Pla­neten und die Menschheit retten sollen, durch­setzen will.

Eine besonders pas­sende und schöne Beschreibung dieses ideo­lo­gi­schen Kult und seiner poli­ti­schen Theo­logie findet sich auf den Seiten 194 bis 196 [in der fünften Auflage des Traktats]. Der Text passt auf den Klima-Kult wie die Faust aufs Auge, obschon es, als er geschrieben wurde, noch keinen Klima-Kult gab. Albert: Ein scharfer Beob­achter der Irra­tio­na­lismen, der ewigen Irra­tio­na­lismen, schreibt:

“Soweit in den Ideo­logien, die zur Legi­ti­mation radi­kaler und revo­lu­tio­närer Strö­mungen auf uto­pi­scher Grundlage dienen, unter dem Ein­fluss der Säku­la­ri­sierung der einstmals kos­mische Sinn­zu­sam­menhang auf einen Sinn der [Klima]Geschichte redu­ziert wurde, sind dadurch Lehren ent­standen, die nicht weniger auto­ritär und dog­ma­tisch struk­tu­riert sind, als die der alten poli­ti­schen Theo­logie. Sie sind nur säku­la­ri­sierte Formen der gleichen Denk­weise, in denen Recht­fer­tigung und Offen­barung mit­ein­ander ver­bunden sind. Die Recht­fer­tigung gilt aller­dings nicht der bestehenden Ordnung, sondern ihrem Umsturz, sie hat also zunächst nega­tiven Cha­rakter. Der Dominanz des uto­pi­schen Ele­ments und dem damit ver­bun­denen Kata­stro­phen­denken ent­spricht die totale Kritik, die im Namen einer in bezug auf Details not­wen­di­ger­weise ziemlich unbe­stimmten Utopie die bestehenden Ver­hält­nisse radikal und pau­schal ver­dammt, ohne sich auf rationale Altera­tiv­ana­lysen einzulassen.

Die revo­lu­tionäre Praxis, die auf diese Weise gerecht­fertigt werden soll, zielt darauf ab, zunächst eimal tabula rasa zu schaffen, um dadurch den Neubau der Gesell­schaft von Grund auf [Build Back Better] zu ermög­lichen, eine Vakuum-Idee, wie wir sie ganz analog in der klas­si­schen Erkennt­nis­lehre fanden. Da die Ver­fechter solcher Auf­fas­sungen die Gewissheit zu besitzen pflegen, dass sich in ihnen der Sinn der Geschichte erfüllt und dass ihre Gegner sich total im Unrecht befinden, neigen sie ganz zwanglos zu einem Zweck-Mittel-Denken, für das die Zuläs­sigkeit irgend­welcher Mittel für die Rea­li­sierung des erwünschten Zustandes keine Pro­bleme auf­wirft. Für ein Ziel, das durch den Sinn der [Klima-]Geschichte selbst legi­ti­miert ist, scheint jedes Opfer und scheinen alle ver­füg­baren Mittel, auch die des Terrors und der Gewalt gerecht­fertigt zu sein. Die Gewalt der alten eta­blierten Mächte wird zwar ver­dammt, die der neuen revo­lu­tio­nären Kräfte aber durch solche Deu­tungen ver­klärt. Im Effekt führt aber dann diese Legi­ti­mierung der Gewalt dazu, dass es üblich wird, alle wich­tigen Fragen, in denen Unei­nigkeit besteht, mit Hilfe solcher Methoden zu ent­scheiden, die natürlich nicht nur einer Seite vor­be­halten sind. Das anti­li­berale Freund-Feind-Denken Carl Schmitt­scher Prägung ist kei­neswegs ein Spe­zi­fikum seines Dezi­sio­nismus, sondern vielmehr Gemeingut aller Auf­fas­sungen, die sich im sicheren Besitz poli­tisch rele­vanter Wahrheit zu befinden und daher zu solch radi­kaler Praxis berechtigt glauben, gleich­gültig, ob sie nun vor ihrem Sieg die dyna­mische, oder nach ihm die sta­tische Version sakra­men­taler Politik praktizieren.

Die Sinn­of­fen­ba­rungen, die den Ver­kündern und Ver­fechtern sälular-ideo­lo­gi­scher Heils­lehren für ihre Zwecke zur Ver­fügung stehen, ver­dienen natürlich genau­so­wenig unseren Kredit wie die poli­tische Theo­logie alter Art, genau­ge­nommen: sie ver­dienen ihn weniger, denn in einem sozio­morph [von gesell­schaft­lichen Ver­hält­nissen aus­gehend] gedeu­teten Uni­versum hatte es einen eini­ger­maßen ein­seh­baren Sinn, von Zielen für das Ganze zu reden. Es gab im sozio­kos­mi­schen Rahmen immerhin Instanzen [z.B. Kirchen], denen solche Ziele zuzu­schreiben prin­zi­piell möglich erschien, während es schwerlich ein­zu­sehen ist, inwiefern man der abs­trakten und fik­tiven Instanz der [Klima-]Geschichte eine Auto­rität zusprechen kann, die irgend­welche Ziele und Ten­denzen zu legi­ti­mieren in der Lage wäre. Die Ver­an­kerung poli­ti­scher Ziel­set­zunngen im sozio­morphen Kosmos ist hin­fällig geworden, ihre Ver­an­kerung in der Geschichte ist ein Relikt des sozio­kos­mi­schen Denkens, das ohne den alten Rahmen sinnlos ist.

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Die Renais­sance der beschrie­benen “neuen poli­ti­schen Theo­logien”, von Mar­xismus und Sozia­lismus, wie sie im Klima-Kult ihren Nie­der­schlag findet, hat Albert nicht vor­her­ge­sehen, seine Hoffnung ruhte auf der Fähigkeit des ratio­nalen Denkens, eine Hoffnung, die durch den Sturm der Inkom­pe­tenzia auf poli­tische Posi­tionen zunichte gemacht wurde.


Quelle: sciencefiles.org