Bild: Michael Ballweg bei Querdenken 731 (Ulm), 13. Juni 2020, via Wikimedia Commons, Wald-Burger8, CC BY-SA 4.0, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/

„Querdenken“-Initiator Michael Ballweg muss weiter in Haft bleiben

Michael Ballweg orga­ni­sierte die riesige Demo in Berlin, die das Estab­lishment gehörig auf­scheuchte. Da dem Mann weder Rechts­ra­di­kales noch Gewalt­tä­tiges nach­gesagt werden konnte, gab es leider keine Mög­lichkeit, ihn aus dem Verkehr zu ziehen. Aber wenn jemand, der poli­tische unbequem ist und einfach höflich und friedlich bleibt, trotz aller Polizei- und Behör­den­schi­kanen  … dann muss man eben zu anderen Mitteln greifen.

Michael Ballweg sam­melte Spenden. Über eine Million waren zusam­men­ge­kommen, ein nettes Sümmchen. Wie ihm von Juristen gesagt wurde, hatte er ein Spen­den­konto ein­ge­richtet. Dann aber kün­digte ihm die Bank sein Konto (aus poli­ti­schen Gründen). Michael Ballweg konnte woanders auch kein neues Spen­den­konto in einer anderen Bank eröffnen. Das Geld bar abzu­heben und daheim zu bunkern war viel zu riskant. Es überwies es also auf sein pri­vates Konto, unter­richtete aber auch alle, die es irgendwie anging davon, dass dies eine reine Not­lösung sei und er keinen Cent von der Million anrühren werde. Michael Ballweg machte diesen Umstand öffentlich und schil­derte seinen Spendern, warum das so ist – und nahm auch nichts von den Spenden.

Dennoch wurde er wegen drin­genden Tat­ver­dachts des gewerbs­mä­ßigen Betruges und Flucht­gefahr ver­haftet. Seit Ende Juni sitzt der Aktivist in Unter­su­chungshaft in Stammheim. Ein erster Antrag im August auf Haft­prüfung wurde abge­lehnt und nun auch der neue Antrag Es ist sehr unge­wöhnlich, dass man bei einer so dünnen Beweislage jemanden so lange hinter Gittern hält, und so darf man sich nicht wundern, wenn Michael Ballweg immer öfter als ein poli­ti­scher Gefan­gener bezeichnet wird. Und man ver­mutet, dass die Ein­weisung nach Stammheim – wo die RAF-Ter­ro­risten ein­saßen – eben kein Zufall, sondern ein poli­ti­sches Statement ist.

Dabei musste das Ober­lan­des­ge­richt Stuttgart, das die Haft­prüfung zu ent­scheiden hatte, ein­räumen, dass sich der Tat­vorwurf von einem „voll­endeten, gewerbs­mä­ßigen Betrug“ in einen  „ver­suchten gewerbs­mä­ßigen Betrug“ gewandelt hat.

Michael Ballwegs Anwaltsteam ver­öf­fent­lichte eine Pres­se­mit­teilung zu dieser neu­er­lichen Haft­ver­län­gerung. Herr Rechts­anwalt Alex­ander Christ, der Sprecher seines Anwalts­teams, schrieb auf seinem Tele­gram­kanal (https://t.me/RA_Christ) unter anderem:

„Aus­drücklich weist das OLG in seinem Beschluss darauf hin, einen drin­genden Tat­ver­dacht für einen voll­endeten Betrug sehe das Gericht auch nach der Befragung der Schenker durch die Staats­an­walt­schaft nicht. (…) Das Ver­tei­di­gerteam wird den Beschluss noch im Detail aus­werten und dazu eine geson­derte Stel­lung­nahme abgeben.“ 

Nach einem halben Jahr an Ermitt­lungen sei es offenbar doch deutlich geworden, dass es keine Beweise für den Tat­vorwurf gegen den Beschul­digten gibt und allen­falls von Indizien und nicht von Tat­be­weisen die Rede sein kann. Die Richter werten sogar die Ermitt­lungs­er­geb­nisse „aus­drücklich zu seinen Gunsten“. Damit wäre ein Haft­grund nicht mehr gegeben, denn jetzt geht es ja nur noch um einen mög­lichen Versuch. Es wurde auch klar­ge­stellt, dass es nicht einen Spender oder Schenker der beacht­lichen Spen­den­gelder gibt, der geschädigt wurde.

Es gab unter all den von den Ermittlern befragten Spendern/Schenkern nicht einmal einen Ein­zigen, der von Miss­brauch der Gelder oder Betrug sprach – oder dass er einen Schaden erlitten hätte. Rechts­anwalt Christ berichtet sogar, dass viele er ange­schrie­benen Schenker die Fra­ge­bögen der Staats­an­walt­schaft direkt danach zur Infor­mation an das Ver­tei­di­gerteam Ballwegs geschickt haben. Auf denen dann auch die Ant­worten der Befragten zu lesen waren.

In einem Interview mit Alex­ander Wal­lasch beschreibt Anwalt Christ den Ein­lei­tungstext dieses Fra­ge­bogens als „ten­denziös“. Die Staats­an­walt­schaft habe da Details aus Michael Ballwegs Leben aus­ge­breitet. Nach Ansicht der Ver­tei­diger sollte das die Befragten offenbar gegen Michael Ballweg  ein­nehmen. Ein Vor­gehen, das den Ver­dacht einer vor­ein­ge­nom­menen Justiz weiter erhärtet. Viele ange­schriebene Spender schickten den Fra­ge­bogen gleich gar nicht zurück.

Den Ver­dacht des Miss­brauchs der geschenkten Gelder zu erhärten könnte daher schwierig werden, zumal die meisten Schenker aus­drücklich sagten, dass sie keine zweck­ge­bundene Spende gemacht hatten, sondern „er könne mit den Schen­kungen machen, was er will“. Die Anderen gaben an, der Schen­kungs­zweck sei das Orga­ni­sieren von Demos gewesen – und das hat Michael Ballweg ja nach­weislich und unbe­streitbar gemacht.

Anwalt Alex­ander Christ hierzu in dem Interview mit Alex­ander Wal­lasch:

„Und nachdem sich nun schon aus diesen Rück­läufen ergibt, dass er mit einem erheb­lichen Teil machen konnte, was er will, und mit einem ganz geringen Teil zweck­ge­bunden diese Demons­tra­tionen machen sollte, was er ja auch gemacht hat, ergibt sich fol­ge­richtig daraus, dass das, was die Staats­an­walt­schaft eigentlich ursprünglich kon­stru­ieren wollte – nämlich er hat Geld bekommen und er durfte das eben nicht ver­wenden, wie er wollte, und das hätte die gesamten 1,2 Mil­lionen Euro betroffen -, dass dieser Vorwurf voll­kommen falsch ist. Das OLG hat das dann auch erkannt, ganz offen­sichtlich. Dennoch hätte das OLG nun die Aus­gaben und Ein­nahmen sal­dieren müssen und eine Glo­bal­be­trachtung vor­nehmen müssen, wie von Bun­des­fi­nanzhof gefordert. Danach bleibt vom Vorwurf eben nichts mehr übrig.“

Auch der sehr zurück­hal­tende Rechts­anwalt Christ nennt die bemüht kon­stru­ierte Argu­men­tation der Richter für eine weitere Haft „zynisch“ und zieht das Resümee, hier seinen Richter am Werk, die das ganz klare Ziel hatten, „nämlich Michael Ballweg auf jeden Fall in Haft zu lassen“.

Die Main­stream­m­edien und ins­be­sondere der Staatsfunk zeigen Meis­ter­leis­tungen im ten­den­ziösen und dif­fa­mie­renden Berichten. So schreibt der SWR wohl wissend, dass der Tat­vorwurf zurück­ge­nommen werden musste und in einen dürftig begrün­deten Vorwurf des Ver­suchs umge­wandelt wurde:

„Das Land­ge­richt Stuttgart hat die Haft­be­schwerde des ‚Querdenken‘-Gründers Michael Ballweg abge­lehnt. Laut Staats­an­walt­schaft Stuttgart hat das Land­ge­richt so ent­schieden, weil er weiter dringend tat­ver­dächtig sei. Auch die Flucht­gefahr bestehe offenbar fort.“