„Sta­bi­li­täts­anker“ der deut­schen Wirt­schaft – Fami­li­en­be­triebe bieten doppelt so viele Arbeits­plätze wie die Dax-Kon­zerne (+Video)

Es war einmal vor Jahr­zehnten, da gab es im Fern­sehen sehr schöne und herz­er­wär­mende Serien, ohne Sex, ohne Schie­ße­reien, ohne Schei­dungs­pro­bleme, ohne Morde. Statt­dessen mit bei­spiel­haftem Sozi­al­ver­halten. Zum Bei­spiel „die Firma Hes­selbach“ im hes­si­schen Rundfunk. Da gab es Mama und „Der Babba“, die oben im Gebäude in der Schäff-Wohnung lebten. Gut­bür­gerlich, zwei jung erwachsene Kinder. Man kannte den Lehrling, den Meister, die Sekre­tärin, jeden Mit­ar­beiter, und es ging um die ganz all­täg­lichen Pro­bleme. Und immer war „Babba Hes­selbach“ auch für die Sorgen und Nöte der Mit­ar­beiter da, manchmal mehr, als für die eigene Familie. Niemand wurde im Stich gelassen, niemand gefeuert, auch wenn es mal schlecht lief.

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Die Serie hatte Zuschau­er­ergeb­nisse bis zu 94 Prozent, aber niemals schlechter als 63 Prozent. Heute undenkbar. Natürlich war die „Firma Hes­selbach“ fiktiv. Aber den Fir­men­pa­triarch als Über­vater gab es durch aus zu dieser Zeit noch. In der Nach­kriegszeit blühten die mit­tel­stän­di­schen Firmen auf, und manche Fir­men­dy­nastien wurden gegründet. Auch im Mit­tel­stand weht heute ein rauerer Wind – schon allein wegen des harten Überlebenskampfes.

Auch die Auto­bauer-Familien, wie Porsche und Benz, Tech­no­lo­gie­firmen wie die der Familie Siemens waren einmal ganz boden­ständige Mit­tel­ständler. Und auch heute noch, trotz aller glo­bal­wirt­schaft­lichen Pro­bleme, pflegen die Fami­li­en­un­ter­nehmen eine bessere und Mit­ar­beiter-ori­en­tiertere Fir­men­kultur als die Dax-Kon­zerne, die das „Human­ka­pital“ nur als Posten in der Gewinn-Ver­lust­rechnung wahr­nehmen. Läuft der Laden mal nicht so gut, wird einfach „Per­sonal abgebaut“. Und wenn man wieder welches braucht, dann tun’s ja auch Leih­ar­beiter oder Free­lancer, die modernen Sklaven des glo­balen Dorfes.

Den CEO’s kann’s egal sein. Sie bekommen ihr gut bemes­senes Mana­ger­gehalt und haben oft auch kei­nerlei Soli­da­ri­täts­ge­fühle zur Firma oder Ver­ant­wor­tungs­gefühl für das besagte „Human­ka­pital“, welches notabene sei­ner­seits auch kein Zuge­hö­rig­keits­gefühl ent­wi­ckelt. Wie denn auch? Beide sind schneller draußen, als sie gucken können, nur die Top-Manager stehen kom­for­tabler auf der Straße.

In Groß­bri­tannien war eine Weile lang der Umgang mit den Mit­ar­beitern in manchen Unter­nehmen der­maßen brutal, dass Ent­las­sungen wie folgt vor­ge­nommen wurden: Jeder Ange­stellte hat eine Art pro­gram­mierte „Zugangs­karte“, mit der er das Gebäude betreten und ver­lassen kann. Wenn man nun einen Feu­er­alarm auslöst, müssen alle Per­sonen das Gebäude ver­lassen. Ist der Feu­er­alarm vorbei, geht dann einer nach dem anderen wieder hinein, indem er die Karte ein­steckt. Bei den­je­nigen, die man ent­lassen wollte, ent­wertete man die Zugangs­karte – und die „Gefeu­erten“ mussten draußen bleiben. Den Inhalt ihrer Schreib­tisch­schublade bekamen sie dann in einem Karton aus­ge­händigt. Die „Masche“ wurde aber schnell bekannt und führte zu hef­tigen Protesten.

Wenn auch die „Hes­selbach-Romantik“ lang vorbei ist: Die deut­schen Fami­li­en­un­ter­nehmen sind nicht nur hoch­ef­fektiv und zeigen einen langen Atem und große Zähigkeit, trotz der Krise und dro­hender Insol­venzen. Sie sind sogar stärker gewachsen als die bör­sen­no­tierten, großen Kon­zerne.  Sie konnten sogar den Umsatz­steigern und neue Leute ein­stellen. Und sie schaffen es, auch in schwie­rigen Situa­tionen die Mit­ar­beiter zu moti­vieren und zu behalten. Eine Glanz­leistung unter diesen Umständen.

Was die Mit­ar­bei­ter­zahlen betrifft: In abso­luten Zahlen lag an erster Stelle (mit 190.000 neuen Arbeits­plätzen) die Schwarz Gruppe, der die Super­markt­ketten Lidl und Kaufland gehören, gefolgt von Volks­wagen mit (160.000 Arbeits­plätze), Bosch (etwa 92.000) und Aldi (ungefähr 84.000).

Die Seite „Per­so­nal­wirt­schaft“ schreibt hierzu:

„Fami­li­en­un­ter­nehmen haben sich in den ver­gan­genen Jahren posi­tiver ent­wi­ckelt als Kon­zerne in Aktio­närshand. Sowohl Mit­ar­bei­terzahl als auch Umsatz sind stärker gewachsen als Ver­gleichs­werte der großen im Akti­en­index Dax gelis­teten Orga­ni­sa­tionen. Das geht aus einer Analyse im Auftrag der Stiftung Fami­li­en­un­ter­nehmen hervor, die vom Institut für Mit­tel­stands­for­schung der Uni­ver­sität Mannheim durch­ge­führt wurde.“ 

Die For­scher ver­glichen dabei die 500 größten Fami­li­en­un­ter­nehmen mit den 26 größten Dax-Firmen, deren Aktien an den Börsen gehandelt werden. Zwar sind auch einige der Fami­li­en­un­ter­nehmen an der Börse notiert, die Familien halten jedoch die Akti­en­mehrheit und bestimmen damit auch die Unter­neh­mens­po­litik. Und weil diese meist sehr umsichtig, lang­fristig und in Gene­ra­tionen gedacht ist, wie das in Fami­li­en­dy­nastien so ist, haben die Aktionäre auch  Ver­trauen. Und das zu Recht.

„Während die Fami­li­en­un­ter­nehmen ins­gesamt zwi­schen 2011 und 2020 1,5 Mil­lionen Arbeits­plätze im In- und Ausland geschaffen haben (ein Wachstum von 33 Prozent), waren es bei den 26 Dax-Unter­nehmen 390.000 (+ 14 Prozent). Nun könnte man argu­men­tieren, dass sich 500 Unter­nehmen auf der einen Seite nicht mit 26 auf der anderen Seite ver­gleichen lassen. Doch auch wenn man die 26 umsatz­stärksten Fami­li­en­un­ter­nehmen mit den 26 unter­suchten Dax-Kon­zernen ver­gleicht, sind erstere besser: Sie schufen im genannten Zeitraum rund 837.000 Arbeits­plätze.“ 

Oder anders ausgedrückt:

„Laut der Unter­su­chung bauten die TOP-500 Fami­li­en­un­ter­nehmen von 2011 bis 2020 (die Zahlen für 2021 und 2022 sind noch nicht ver­fügbar) ihre Inlands­be­schäf­tigung in Deutschland um 25 Prozent aus, während die Dax-26 Unter­nehmen ihre Beschäf­tigung im Inland nur um vier Prozent stei­gerten. Ins­gesamt schufen die TOP-500 während des Zeit­raums über 1,5 Mil­lionen neue Arbeits­plätze weltweit, gegenüber 390.000 der Dax-26 Unter­nehmen.“ 

Schon 2007 ver­glich die „Stiftung Fami­li­en­un­ter­nehmen“ die Fami­li­en­un­ter­nehmen gegenüber den Dax-Kon­zernen in Deutschland. Damals hatten beide Gruppen etwa die gleiche Anzahl an Beschäf­tigten. Auch, was den Umsatz betrifft, zogen die fami­li­en­ge­führten Firmen den Dax-Kon­zernen davon: Sie wiesen ein durch­schnitt­liches Umsatz­wachstum von 3,77 Prozent auf, während die Dax-Unter­nehmen nur 1,69 Prozent zulegen konnten.

Diese Studie der „Stiftung Fami­li­en­un­ter­nehmen“ arbeitet ganz klar die große Bedeutung der in Fami­li­enhand geführten Unter­nehmen heraus. So arbei­teten im Jahr 2020 weltweit sechs Mil­lionen Men­schen bei den unter­suchten TOP-500 Familien-Unter­nehmen, bei den DAX-26 waren es zirka die Hälfte (3,1 Mil­lionen). Übrigens, anders als man ver­mutet, ist es nicht das „Ländle“, sondern Nord­rhein-West­falen das Bun­desland mit den meisten TOP-500 Fami­li­en­un­ter­nehmen, dann erst gefolgt von Baden-Würt­temberg und Bayern.

Der Vor­stand der Stiftung, Prof. Rainer Kirch­höfer, sieht den Grund für den Erfolg eben genau in dieser anderen Art des Umgangs mit den Mitarbeitern:

Fami­li­en­un­ter­nehmen sind der Sta­bi­li­täts­anker Deutsch­lands und tragen maß­geblich zu unserem Wohl­stand bei. Die Unter­su­chung zeigt, dass Fami­li­en­un­ter­nehmen bisher Krisen nach­weislich besser über­stehen konnten und ihre Beleg­schaft auch in schwie­rigen Zeiten zusam­men­halten — gerade am Standort Deutschland. Deshalb ist es essen­ziell, diese Unter­neh­mensform in der derzeit so ange­spannten Lage nicht zu benach­tei­ligen.“ 

Die Unter­su­chung wurde erstellt vom Institut für Mit­tel­stands­for­schung der Uni­ver­sität Mannheim.