Außer Olaf dem Vergesslichen war in diesem Jahr kein Staatschef in Davos auf dem WEF-Gipfel. Umso größer war die Bühne für einen Mann, der einst beinahe Staatschef geworden wäre, wenn sich ihm im Jahr 2000 nicht einige Wahl-Lochkarten in Florida in den Weg gestellt hätten. Al Gore ging ab diesem Zeitpunkt größere Sachen an als nur die Präsidentschaft der Vereinigten Staaten – er wollte die Welt retten! Oscar, Friedensnobelpreis… der Mann war einfach nicht zu stoppen. Nicht einmal durch die Entscheidung eines britischen Gerichts, Gores Film „Eine unbequeme Wahrheit“ dürfe wegen zahlreicher grober Fehler in Schulen nicht mehr ohne entsprechende Hinweise gesendet werden.
Auf einem Panel des WEF wirkte er jedoch so gar nicht entspannt, als er ins Publikum brüllte, die fiese Öl- und Gasindustrie würde bis aufs Blut kämpfen gegen all die schönen Regulierungen, die man auf allen politischen Ebenen eingeführt habe. Die nutzten sogar ihren Reichtum und politischen Einfluss, um ihre Ziele zu erreichen, also den Fortschritt zu beenden. Die Gardinenpredigt wirkte etwas überambitioniert, und man fragte sich, was genau macht den Mann nur so wütend? Wenn man sich seiner Sache sicher ist und sich wie Gore gerade in einer Blase Gleichgesinnter befindet, die einem ohnehin in allen Punkten beipflichten, sollte man doch etwas entspannter sein, oder?
Lag es vielleicht an der Rede, die er vor kurzem auf der COP27 in Ägypten gehalten hatte und in der merkwürdige Zahlen vorkamen? Dachte er, man würde sein Zahlenwerk genauso zerpflücken, wie man es mit seinen Behauptungen in „Eine unbequeme Wahrheit“ getan hatte? Zur Erinnerung: Er hatte auf der COP27 kühn behauptet, der freche CO2-Ausstoß der Menschheit richte in der Atmosphäre einen Schaden an, als ließe man täglich 600.000 Hiroshimabomben hochgehen (Ein kleiner Faktencheck siehe unten im Post-Scriptum).
Gores elefantöser CO2-Fußabdruck für die Weltrettung
Oder hatte seine Wut andere Gründe? Da wäre ja noch der Vorwurf der Scheinheiligkeit, den er sich allerdings mit gefühlten 99 Prozent seiner Klimaretterkollegen teilt. Doch Gores geradezu elefantöser CO2-Fußabdruck dank Privatjets und vielen Reisen ist natürlich zurückzuführen auf die anstrengende Weltretterei. Man wäre ja froh, mit dem Fahrrad… aber ach, das Anliegen ist zu dringend, und vom Feldherrnhügel aus betrachtet, ist Blut gar nicht so abschreckend, denn das vergießen ja andere. Und doch will der Vorwurf einfach nicht verschwinden, dass er ein scheinheiliger Kriegsgewinnler sei, der zwar gern in heiligen Zorn gerate, wenn es gegen die fossilen Energien und deren „Dealer“ gehe, in Wirklichkeit aber sein nicht unbeträchtliches Vermögen eben diesen verdanke.
Beim Ausscheiden aus dem Amt des Vizepräsidenten unter Clinton bestand Al Gores größtes Kapital aus den Kontakten und der Tatsache, dass ihm als Ex-VP alle Türen offen standen. Und die Kontakte brauchte er, um „Current TV“ zu gründen, einen Kabel-TV-Sender. Die Schwierigkeit liegt in den USA nämlich nicht in der Gründung eines Fernsehsenders an sich, sondern darin, Kapazität auf den Trägern zu bekommen, den Betreibern der großen Kabelnetze. Diese Hürde zu überspringen, war kein Problem für Gore. Nur blieb der Erfolg für Current TV vollständig aus und Gore verkaufte seinen Pleitesender rasch wieder.
Dank des Zugangs zum Kabel – und nur deshalb – war der Laden dem Käufer stolze 500 Millionen Dollar wert. Und an wen verkaufte der Fossil-Allergiker den Laden? An Al Jazeera und damit direkt an Katar, also an einen der größten Erdgasproduzenten und Fossil-Dealer der Welt! Ob ihn das gelegentlich ins Klimagewissen kneift und er deshalb so wütend ist? Unwahrscheinlich, denn Al Gore ist ein Macher, ein Erfolgstyp, ein Captain America! Wo er ist, ist der Fortschritt, die Zukunft. Seine Geschäfte laufen glänzend und helfen, den Planeten zu retten.
Ein schicker Stempel für’s ethische Kohle machen
Doch wie glänzend laufen denn die Geschäfte gerade wirklich? Die ethische Verpflichtung, nur grün, nachhaltig und fern der fossilen Versuchung zu investieren, sorgte in den letzten Jahren für den Aufschwung sogenannter ESGs, also Investments, die sich dem Environmental, social, and corporate governance Framework verpflichtet fühlen. Ein schicker Stempel, der auch auf dem von Gore mitgegründeten Investmentfond „Generation“ prangt. Woher kommt eigentlich der gefühlte Erfolg solcher Investments? Verstehen solche Firmen den Markt besser? Können sie zaubern und Renditen aus dem Nichts erzielen?
Ganz so ist es leider nicht, doch wenn die Politik die Regeln zugunsten von ESG ändert, fließt natürlich mehr Geld dorthin. Kritisch ist das besonders für öffentliche Gelder, etwa für staatliche Pensionsfonds, die in den USA und auch der EU oft keine Wahl haben und in diese Anlageform geradezu gezwungen werden. Erst Florida schob dieser Markverzerrung gerade einen Riegel vor, und auch Texas stoppte Investitionen in ESGs für staatliche Gelder.
Mehr als 40 Milliarden Dollar verwaltet Gores „Generation“ und ist in mehr als 40 Firmen investiert. Allesamt natürlich nach ESG-Protokoll grüne Musterknaben und der Klimarettung sowie der Gleichheit verpflichtet. Wie Bloomberg jedoch herausfand, stieg bei 18 der Firmen im aktuellen Berichtszeitraum zwischen 2015 und 2021 der CO2-Ausstoß sogar, statt zu sinken, wie sich das für grüne Anlagen gehört.
Der Anspruch, „Anlageverwaltung der Generationen“ zu sein, wie Gore dies auf seiner privaten Webseite verspricht, scheitert bei objektiver Betrachtung. Statt auf die schöne Verpackung von „Generation“ sollte man nämlich auf den Inhalt schauen und versuchen, die Produkte oder Betätigungsfelder der Firmen gedanklich in jene energiearme, anämische und zentral gesteuerte Zukunft zu projizieren, die Al Gore für uns alle anstrebt.
Da wäre Amazon, der Musterknabe globalisierten Handels, dessen Logistik vom Containerschiff bis zum Lieferwagen den CO2-Fußabdruck eines Schwellenlandes hat und mit AWS der weltweit größte Plattformbetreiber des Internets ist – ganz zu schweigen vom Streaminggeschäft mit Prime. Oder Microsoft mit seinen weltweiten Serverfarmen und ebenfalls steigendem CO2-Ausstoß. Jones Lang LaSalle ist ein gigantischer Immobilienentwickler und auch nicht gerade CO2-Musterknabe. Ganz zu schweigen von CharlesSchwab (nicht Klaus!), einem großen amerikanischen Finanzmakler und ‑dienstleister, der seine Kunden im Internet über wirklich alles informiert – nur nicht, dass man besonderen Wert auf ESG-Regeln legen würde. Sicher, man verkauft solche Produkte. Aber doch nicht nur! Außerdem weist man ehrlich auch auf die Risiken von ESGs hin, zum Beispiel Greenwashing.
Viel gute alte und zuverlässige fossile Energie
Es fällt jedenfalls auf, dass sich in Gores „Generation“ nur Investments befinden, die samt und sonders viel gute alte und zuverlässige fossile Energie verbrauchen, während nicht ein nennenswerter Wert dabei ist, der sich mit der Erzeugung des so enervierend bebrüllten Ersatzes, der erneuerbaren Energien, befasst. Zugegeben, eines, nämlich „Trane Technologies“ springt einen schon auf der Startseite mit Klimaversprechen und „Gigaton Challenge“ an, aber die bauen letztlich vor allem Klimaanlagen und Wärmepumpen und lutschen somit ebenfalls auf der energetischen Verbraucherseite. Von dort aus ist leicht Forderungen stellen, die Erzeuger mögen sich doch bitte etwas mehr anstrengen und CO2-frei werden!
In der schönen neuen und geretteten Welt wäre kein Platz mehr für sämtliche Firmen, in die Al Gore das Geld seiner mit einem grünen Gewissen ausgestatteten Investoren steckt und vielleicht ist ihm das neulich klar geworden. Die Erkenntnis trübt ihm nun Laune und Urteilsvermögen, und er kommt nicht mal mehr mit dem Atombombenkopfrechnen klar. Als er auf dem WEF-Panel in den heiligen Zorn eines Baptistenpredigers geriet, meinte er sicher nicht uns kleine Sparflämmchen, die wir schon deshalb keine Energie oder Rohstoffe verschwenden, weil wir uns beides kaum noch leisten können. Nein, er sprach eindeutig von sich selbst und seinem von CO2 und Klimaschuld belasteten Leben:
„Wen kümmert es, wenn unsere Kinder und Enkel uns verfluchen und fragen: ‚Was in Gottes Namen hast du dir dabei gedacht? Du hattest die Fähigkeit, diese Hölle auf Erden zu stoppen!’“
PS:
Ich habe einmal grob nachgerechnet, wie das oben von Gore unterstellte Bombardement ausgehen würde. Ist ja nicht so schwer zu überprüfen, wir brauchen nur ein wenig Geometrie. Nehmen wir also an, wir würden die 600.000 „Klima-Atombomben“ gleichmäßig auf der Erde verteilen, was schon ein Gebot der Fairness wäre. Die Erde hat einen Radius von 6.370 km. Die Oberfläche (O) einer Kugel, als die wir die Erde abstrahieren dürfen, ist gleich 4*Pi*r2 und wir kommen schnell auf 509.903.933 globale Quadratkilometer. Auf denen verteilen wir nun die Gore-Bomben und lassen somit täglich eine Hiroshimabombe pro 850 qkm niedersausen. Für Deutschland bedeutete dies, dass jeden Tag 420-mal die Energie einer solchen Waffe in Gestalt von richtig angepissten CO2-Molekülen auf uns einprasselt. Alle 3,5 Minuten eine. Ich bin ja kein Experte, vermute aber, dass solche Verwüstungen nicht durch vorauseilenden Weltschmerz festgeklebter Aktivisten ausgedrückt werden müssten, sondern etwas deutlicher sichtbar wären. Spätestens nach… sagen wir, einigen Wochen? Doch die Wege zur Klimarettung sind gepflastert mit Märchen, Panikattacken und Lügen, und Al Gore ist Meister in jeder dieser Disziplinen.
Zuerst erschienen auf achgut.com
Quelle: unbesorgt.de
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