Bild: Wikimedia Commons, Jeanne Menjoulet, CC-BY-2.0.

Frank­reich: Die Lage eska­liert – Polizei benutzt che­mische PMC-Waffen gegen Demonstranten

Prä­sident Macrons dik­ta­to­rische Durch­setzung der Ren­ten­reform, die eine Ver­län­gerung der Lebens­ar­beitszeit um zwei Jahre vor­sieht, lässt das Land nicht zur Ruhe kommen. Gegen jeden Protest wurde diese Reform durch­ge­setzt, und nun bekommt der einst als Volksheld umju­belte poli­tische Shoo­tingstar die Lage nicht mehr in den Griff. Die rie­sigen, teils auch gewalt­tä­tigen Demons­tra­tionen desta­bi­li­sieren Frank­reich. Jetzt wird auch noch bekannt, dass Demo-Teil­nehmer mit che­mi­schen Mitteln gezielt mar­kiert werden, damit man sie später ver­haften kann. Und was dort möglich ist, kommt auch hierher.

Dazu kommen nun noch Pro­teste wegen der Was­ser­po­litik des Prä­si­denten, der in angeblich tro­ckenen Gebieten riesige Was­ser­becken anlegen will, um die Land­wirt­schaft zu ver­sorgen. Das Problem ist, dass die Was­ser­vorräte mit öffent­lichen Mitteln gebaut werden, dann aber großen, pri­vaten Kon­zernen gegeben werden sollen, die das Wasser als Ware ver­kaufen. Im Übrigen führen die Gegner dieser Bau­vor­haben an, dass es erst zu echten Dür­re­pro­blemen kommen wird, wenn das vor­handene Wasser zurück­ge­halten wird, um diese „Mega-Becken“ zu füllen. Das­selbe Wasser, was bisher den Men­schen, Feldern und Natur zugute kam, wird dann zu hohen Preisen an die Bauern und die Bevöl­kerung ver­kauft werden. Das Sumpf­gebiet im Naturpark „Marais Poi­tevin“ wird dann aus­trocknen. 16 solcher Mega­becken sollen in Frank­reich gebaut werden – von Steu­er­geldern der Fran­zosen, die dann ihr Wasser teuer bezahlen sollen und zwei Jahre länger arbeiten müssen. Prä­sident Macron wirft damit einen Sprengsatz ins Volk. Und unter­drückt es gleich­zeitig mit bru­talen Mitteln.

Die Bezeichnung „PMC-Waffe“ besagt, dass dies Waffen sind, – tödlich oder nicht – die von „private military com­panies“, also Söld­ner­armeen, benutzt werden. Die meisten dieser Waffen sind zum Einsatz von Regie­rungen gegen ihre Bürger ver­boten. Söld­ner­armeen wie „Academi“ (vormals Black­water), „Triple Canopy“ oder die Wagner-Gruppe etc. unter­liegen keinen staat­lichen Beschrän­kungen. Es sind freie Unter­nehmen, deren Kämpfer aller­dings auch nicht unter dem Schutz wie staat­licher Armeen stehen. Söldner gelten nicht als „Kriegs­ge­fangene“, sie stehen nicht unter dem Schutz der Haager Land­kriegs­ordnung. Sie haben weniger Restrik­tionen, welche Waffen und Tak­tiken sie ein­setzen, können aber auch schlicht erschossen werden, wenn sie in Gefan­gen­schaft geraten. Sie ver­dienen sehr gut und erle­digen die Drecks­arbeit, die Regie­rungen nicht offi­ziell in Auftrag geben dürfen, was für sie bequem ist. Sie wissen im Zwei­felsfall gar nichts davon. Und selbst wenn, hatten sie nicht die Befehls­gewalt über diese unkon­trol­lier­baren „Wild­gänse“.

Out­sourcing der Gewalt — Söldner und private Mili­tär­firmen sind die Lenk­waffen der Auto­kraten und anderer Kriegs­herren – beliebig ein­setzbar und kaum zu kontrollieren.“

Wenn also fran­zö­sische Regie­rungs­truppen oder Poli­zei­kräfte solche Waffen gegen die eigenen, demons­trie­renden Bürger ein­setzt, machen sie diese im Prinzip zu rück­sichts­losen Söldnern, die sich an keine kriegs­recht­lichen Regeln mehr halten. Und Prä­sident Macron hetzt diese Söldner auf sein eigenes Volk, auf seine Wähler. Das muss man sich einmal in seiner Trag­weite ver­ge­gen­wär­tigen, wenn man gleich­zeitig bedenkt, wie heute in den west­lichen Ländern unter dem vor­geblich hoch­mo­ra­li­schen Anspruch „Demo­kratie fördern“ gegen berech­tigte Pro­teste vor­ge­gangen wird und die Köpfe der Bewegung behandelt (zum Bei­spiel Michael Ballweg, Julian Assange usw.).

Es ist ja schon länger bekannt, dass die fran­zö­sische Polizei neben Hart­gum­mi­ge­schossen und Blend- oder Rauch­gra­naten sehr umstrittene Gas­waffen auf ihre Bürger abfeuert – was die Wut noch anheizt. Nun haben sie auch noch „Kenn­zeich­nungs-Tinte“ ein­ge­setzt, die man zwar mit bloßem Auge nicht sieht, mit UV-Licht aber schon. Rechtlich gesehen ist diese Mar­kie­rungs­technik zwar nicht ein­deutig eine Kör­per­ver­letzung, doch Juristen sehen den Einsatz sehr kri­tisch. Die fran­zö­sische Regierung dekla­riert den Einsatz dieser Mar­kie­rungs­waffen seit 2019, als die Gelb­wes­ten­be­wegung ent­stand, als „Expe­riment“. Wie auch zum Bei­spiel die mRNA Imp­fungen ja nur ein „Expe­riment“ sind.

Diese, für das Auge nicht sichtbare, Mar­kie­rungs­tinte, die von einem Spe­zi­al­gewehr Typ EMF-100 ver­schossen wird, wie es Paint­ball­spieler benutzen, enthält in ihrer che­mi­schen Sub­stanz Nukleotide und eine spe­zielle DNA-Kodierung. Das ist ähnlich dem Beweis­mittel von täter-DNA am Tatort. Die DNA wird bei jedem Einsatz der Mar­kie­rungs­ge­wehre gewechselt. Zusammen mit Film­auf­nahmen des Geschehens, die dann mit Gesichts­er­kennung aus­ge­wertet werden, können die Ermittler beweisen, dass der­jenige bei der frag­lichen Demo dabei war. Oder zumindest das Klei­dungs­stück. Wer Treffer auf die Haut bekommt, kann auch nicht mehr behaupten, den Mantel ver­liehen zu haben. So behauptet ein Jour­nalist, der mittels der Mar­kie­rungs­tinte iden­ti­fi­ziert wurde, er wisse nicht, wie die Tinte auf seine Hand gekommen sei. Aber er erfuhr dann schon, was er sich da ein­ge­fangen hatte.

Denn dadurch ist der Einsatz dieser Che­mi­kalien zur Mar­kierung von Demo­teil­nehmern in Sainte-Soline, über­haupt auf­ge­flogen und öffentlich gemacht worden, als der freier Jour­nalist Clément B., der über die Demons­tration berichtete und „mit­hilfe eines von Kri­mi­na­listen sichtbar gemachten, kodierten Tin­ten­flecks wegen angeb­licher ‚Teil­nahme an einer Ver­sammlung zwecks vor­sätz­licher Gewalt und Sach­be­schä­digung‘ in Gewahrsam genommen und 28 Stunden lang fest­ge­halten.“ wurde.

Weiter berichtet die taz:

„Der 34-jährige Clément B. arbeitet für diverse Medien, dar­unter Le Monde und Sen­dungen von öffent­lichen Rund­funk­sta­tionen. Am 26. März war er mit Mikrofon und Auf­nah­me­gerät im süd­west­fran­zö­si­schen Dorf Melle in der Nähe von Sainte-Soline bei einem Fes­tival, auf dem mehrere tausend Men­schen gegen künst­liche Seen zur Bewäs­serung einiger weniger Land­wirt­schafts­be­triebe demons­trierten. Bei der kurz­fristig ver­bo­tenen Kund­gebung kam es zu gewalt­samen Zusam­men­stößen. Mehr als 200 Per­sonen wurden auf beiden Seiten ver­letzt, dar­unter drei Demons­trie­rende sehr schwer. Jour­nalist Clément B. wurde mehrere Stunden nach diesen Aus­ein­an­der­set­zungen bei Melle von der Polizei ange­halten und trotz Pres­se­ausweis zur Kon­trolle abgeführt.“

In der Poli­zei­station fühlte er sich, als sei er in einen „schlechten Science-Fiction-Film“ geraten. Mittels einer UV-Lampe machten die Beamten auf seiner rechten Hand einen kleinen Farb­streifen sichtbar. Ein Abstrich davon wurde zur wei­teren Über­prüfung in das Kri­mi­na­lis­tik­labor gebracht. Clément B. aber galt angeblich schon als „über­führt“.  Seine Rechts­an­wältin bestreitet das wahr­scheinlich vergeblich.

In Frank­reich gehören die Gen­dar­merie und die Staats­po­lizei zu den natio­nalen Streit­kräften. Ent­spre­chend muss sich auch ihre Bewaffnung an den gel­tenden Regeln aus­richten. Diese umstrit­tenen Mar­kie­rungs­waffen erregen nun ernste Besorgnis im Euro­parat und auch beim Umwelt-Son­der­be­auf­tragen der UNO, Michel Frost. Er moniert eine „von einer immer viru­len­teren Rhe­torik begleitete ver­schärfte Repression gegen Umwelt­be­we­gungen“. Hier seien besonders schüt­zens­werte Umwelt­ak­ti­visten betroffen. Aha. Das sind also bessere Men­schen und edlere Ziele, als der normale Bürger sie hat, der gegen die Zumu­tungen seiner immer dik­ta­to­ri­scher agie­renden Repres­si­ons­re­gie­rungen protestiert?

„Innen­mi­nister Gérald Darmanin bezeichnete die mili­tanten Gegner der Pri­va­ti­sierung des Wassers zugunsten weniger Agrar­be­triebe aller­dings als ‚Öko-Ter­ro­risten‘. Er fordert in diesem Sinne ein Verbot der Umwelt­or­ga­ni­sation Soulè­ve­ments de la Terre. Auch erwog er, der fran­zö­si­schen Men­schen­rechtsliga die öffent­lichen Sub­ven­tionen zu streichen, weil sie sich kri­tisch zum Vor­gehen in Sainte-Soline geäußert hatte, dass wegen einer poli­zei­lichen Anordnung Schwer­ver­letzte erst mit mehr als einer Stunde Ver­spätung ins Kran­kenhaus gebracht worden seien.“