Alice Cooper, der Pate des Schock-Rocks, der böse Bube des Rocks wurde auch der Käpt’n Hook des Rock‘n Roll genannt. In seiner fünfzigjährigen, dunklen, theatralischen Karriere hat er immer gern mit satanisch, düsterer Aufmachung schockiert. Was er jetzt in einem Interview bei Stereogum wieder macht, indem er das sakrosankte Transgenderthema eine „Modeerscheinung“ nennt. Zweite Überraschung: Seine gruselige Gesichtsbemalung ist nicht das Ergebnis einer fürchterlichen Drogennacht, bei der das Batman-Joker-Make-Up total verrutscht und verschmiert ist. Seine Schminke bekommt er von einer Kosmetikfirma namens „Vampyre Cosmetics“, die eine „ganz eigene Vorstellung von Schönheit vermarktet“. Und die hat jetzt den Vertrag wegen dieser Äußerungen gekündigt.
Alice Cooper kreierte früh sein schaurig, theatralisches Aussehen, seine hoch umstrittene Liedertexte und gruselige Bühnenshows, bei denen er nicht selten in Zwangsjacken gesteckt wurde. Auch seine Hinrichtung durch simulierte Schein-Enthauptung mit einer Guillotine oder Erhängen am Galgen waren legendär. In den 1970er und 1980er Jahren begeisterte er mit diesen düsteren Aufführungen ein Massenpublikum und beeinflusste die Rockszene nachhaltig. Diese Kultur des Düsteren inspiriert auch die kleine, sehr eigenwillige Kosmetikfirma Vampyre Cosmetics, die mit Alice Cooper auch Werbung macht und einen diesbezüglichen Vertrag hat.
Die US-Kosmetikfirma, so schreibt das Magazin „RollingStone“, ein spezialisierter Nischenanbieter, verstehe sich als „beauty disruptor“ (Schönheits-Zerstörer). Wahrlich, das ist auffällig gut gelungen, möchte man da sagen. Und man bekennt sich auf der Webseite dazu: „Wir streben danach, ein ‚Beauty Disruptor‘ zu sein, indem wir auf gesellschaftliche Schönheitskonstrukte verzichten und diese durch individuelle ersetzen.“
Nischen-Kosmetik-Vetragsfirma grenzt Rock-Legende aus
Alice Cooper (75), unter bürgerlichem Namen Vincent Damon Furnier als Sohn eines Priesters geboren, weiß eigentlich, wofür diese Kosmetikfirma „proudly“ (stolz) steht, denn das steht ebenfalls auf der „über uns“-Seite:
„Wir sind queere, behinderte und stolze neurodiverse Frauen, die rund um die Uhr daran arbeiten, Dir so einzigartig verpackte Kosmetika zu bieten, dass Du ‚Heilige Scheiße!‘ schreist, wenn Du sie siehst. Wir bemühen uns, jedem Kunden einen ‚Aha!-Moment‘ zu geben. Wir arbeiten an jeder einzelnen Grafik auf unserer Kosmetikverpackung zusammen. Jede (nicht lizenzierte) Grafik wird von uns beiden sorgfältig erstellt, um bei Dir emotionale Reaktion zu wecken. Wir sind kreativ. Wir verwenden dieselben langweiligen Verpackungen, die 99,9 % der Kosmetikunternehmen verwenden, das spricht unsere Seele nicht an. Es reicht uns nicht aus, Dir nur hochwertige und hochpigmentierte vegane, tierversuchs- und talkumfreie Produkte zu verkaufen. Wir müssen auch eine aufregende Umgebung dafür schaffen, in der man lebt. Eine, die unseren Kunden das Gefühl von Freude und Staunen bringt bei jedem Gebrauch. Wir werden immer nach mehr streben und nicht weniger akzeptieren.“
Lieber Leser, „queer“ kennen Sie ja mittlerweile. Aber Sie werden sich jetzt fragen, was denn – bitteschön – „neurodivers“ bedeutet. Das wird dann im Folgenden erklärt (es treibt ja immer weitere Blüten). Also: Vampyre Cosmetics besteht aus zwei neurodivergenten, behinderten Frauen, Rachel und Karen, die diese Schönheits-Zerstörer-Arbeit als ein Feiern ihrer Neurodiversität verstehen. Rachel ist nämlich eine diagnostizierte Autistin und Karen hat ADD (Attention Deficit Disorder, zu deutsch: ADHS).
Ein Blick in die Produktlinien und Produkte von „Vampir-Weingarten Dracula-Lippenstifte“ über „Cthulhu-Tentakel Pinsel“ und die „Winchester Mystery House — Bizarr ist schön“ untermalt diese Statements eindrücklich. Heilig’s Blechle … und teuer ist das Zeug auch noch. Die Farbpaletten scheinen eigentlich eher zum Ostereierfärben konzipiert zu sein. Da wimmelt es von Vampiren, Hexen, abgrundtief bösen, aber gottgleichen Kreaturen wie Lovecrafts Cthulhu mit Bezügen zum „Necronomicon“ – aber diese beiden Damen sind entsetzt und dünken sich moralisch auf dem allerhöchsten Stand. Sie kündigten stantepede den Vertrag mit Alice Cooper, weil er ihre politisch korrekten Werte verletzt, indem er den Hype des Transgender für eine Modeerscheinung hält. Das ist „transphob“. Nunja, man liebt halt das Bizarre.
Und damit zurück zu Alice Cooper und was er eigentlich in dem Interview mit Stereogum gesagt hat. Ich setze das hier im Original hinein und übersetze es dann:
„I’m understanding that there are cases of transgender, but I’m afraid that it’s also a fad, and I’m afraid there’s a lot of people claiming to be this just because they want to be that. I find it wrong when you’ve got a six-year-old kid who has no idea. He just wants to play, and you’re confusing him telling him, ‚Yeah, you’re a boy, but you could be a girl if you want to be.‘”
„Ich verstehe, dass es Fälle von Transgender gibt, aber ich fürchte, es ist auch eine Modeerscheinung, und ich fürchte, dass viele Leute behaupten, dies zu sein, nur weil sie das sein wollen. Ich finde es falsch, wenn man ein sechsjähriges Kind hat, das keine Ahnung hat. Er will nur spielen, und du verwirrst ihn, indem du ihm sagst: ‚Ja, du bist ein Junge, aber du könntest ein Mädchen sein, wenn du willst‘.“
(Anmerkung: Das Wort „fad“ bedeutet „kurzlebiger Trend, Wahn, Marotte Modetorheit, Fimmel, Masche.“)
Alice Cooper sagt unmissverständlich, dass es echte Fälle von Transgender gibt. Er warnt aber davor, spielerische Rollen, die nicht ins Junge-Mädchen-Stereotyp passen, gleich als ein grundsätzliches Transgender-Symptom zu sehen und sofort in diese Richtung zu motivieren. Seine Namensvetterin Alice Schwarzer, Gründerin der Frauenrechtlerinnen-Zeitung „EMMA“ sieht das ganz ähnlich, wenn sie sagt, dass die Konzepte eines Transgender- oder Non-Binary-Daseins gerade für junge Menschen nur schwer zu handhaben seien.
Im Grunde demaskieren sich die Protagonisten der Transgender-Agenda ja selbst, indem sie die männlich-weiblich-Stereotype betonieren. Sobald jemand schlicht und einfach in seiner individuellen Persönlichkeit Züge aufweist, die nicht in das Stereotyp passen, ist er/sie schon divers. Wo bleibt das Individuum, das seine ganz persönlichen Facetten einfach unkommentiert und ohne Kategorisierung leben darf? Jungen und Mädchen, Männer und Frauen, haben eben nicht und hatten noch nie so klar abgegrenzte Charaktereigenschaften, Vorlieben, Abneigungen, Interessen und Talente.
Aber nein, heute stürzt man sich auf die jungen Menschen, die noch unausgereift mal in die eine, dann in die andere Richtung ihre Fühler ausstrecken, beeinflusst sie zielgerichtet und drängt sie sogar im schlimmsten Fall dazu, Entscheidungen zu treffen, die nicht mehr rückgängig zu machen sind und ihr Leben zerstören können. Dieser Regenbogen-Hype wird in einiger Zeit einem schmerzhaften Kater weichen, weil sich viele davon zu ihrem Schaden haben verführen lassen.
Ich persönlich kenne zwei Transfrauen, die ich sehr mag. Sie sind ECHTE Transfrauen. Eine davon ist eine mutige, brillante, uneinschüchterbare und erfolgreiche Menschenrechtlerin, die ich sehr bewundere. Viele Leser werden wissen, wen ich meine. Sie macht überhaupt kein Aufhebens darum, dass sie ist, was sie ist und fertig. Sie ist sehr respektiert, gerade in der alternativen, angeblich ach-so-rechten „Schwurbler“-Szene. Selbstverständlich müssen solche Menschen unbehelligt so sein dürfen, wie sie sind. Da sind die alternativen Schwurbler übrigens wesentlich toleranter, als die ideologischen Regenbogenfahnenschwenker. Die individuelle Freiheit so zu sein und zu leben, wie man es will, solange man niemandem schadet, wird hier viel mehr gelebt, als im konformen politisch-korrekten Lager, wo man zwar sein Gender oder Pronomen oder Geschlecht unter Dutzenden aussuchen kann, aber sofort gnadenlos ausgegrenzt und gecancelt wird, wenn man auch nur einen Jota vom Pfad der eng definierten Tugend abweicht.
Überraschend: Der moralische Kompass stimmt
Lustigerweise ist der Pastorensohn Alice Cooper nichtsdestotrotz seit 47 Jahren mit der Pastorentochter und Ballett-Tänzerin Sheryl Goddart verheiratet und hat mit ihr drei Kinder: Calico, Sonora und Dash. Und er hat mehrere Enkelkinder. Anfang August bürstete der den in die Schlagzeilen geratenen Till Lindemann ab. Die Rammstein-Band und insbesondere Frontmann Till Lindemann verhielten sich nicht wie Erwachsene:
„Ich liebe die Band Rammstein. Und ich halte viel davon, dass man nichts behaupten sollte, bevor es erwiesen ist. Nichtsdestotrotz sollte ein erwachsener Mensch schon wissen, was okay und was nicht okay ist. Und ein unverheirateter Rockstar von 40, 50, 60 Jahren hat wirklich sehr viele Möglichkeiten, während einer Tournee eine Frau zu finden, auf die er steht. Das ist nicht besonders schwierig. Ich würde also sagen: Such dir eine, die ein bisschen älter und mit dir auf Augenhöhe ist”, so Cooper.“
Sieh an. In seiner Band seien alle brav verheiratet – bis auf den Schlagzeuger – man kenne die Ehefrauen, die Kinder, die Enkel. Wenn sich da jemand danebenbenähme, wüssten sofort alle Bescheid. „Deshalb bin ich verwundert, von einem Skandal zu hören, der junge Mädchen involviert.“
Er ist nicht nur im Gegensatz zu seinen Auftritten sehr christlich, sondern sogar Mitglied bei den amerikanischen „born-again Christians“, was man hier als „Wiedertäufer“ bezeichnet. Er hat immer wieder offen gesagt, dass der christliche Glaube ihm die Kraft gegeben hat, von seiner Drogen- und Alkoholabhängigkeit wegzukommen. Er und seine Frau sind beide überzeugte Christen. „Mein Vater war ein Pastor, mein Großvater war ein Evangelist. Ich bin in der Kirche aufgewachsen, habe mich soweit ich nur konnte davon entfernt, bin fast gestorben und kehrte dann zurück in die Kirche“, bekennt er in dem Stereogum-Interview.
Weiter zitiert die österreichische Kleine Zeitung den in die Jahre gekommenen Rockstar folgendermaßen:
„Auf die Frage, ob eine 47-jährige Ehe für einen weltweit den Versuchungen ausgesetzten Rockstar nicht eine besondere Leistung darstelle, antwortete Alice Cooper dem ‚Playboy‘: ‚Ja und nein. Man muss es wollen, denke ich. Man muss eine lange Beziehung wollen und man muss es wollen, treu zu sein. Sowohl mein Vater als auch der Vater meiner Frau waren Priester. Wir sind von Beginn an mit diesem moralischen Kompass ausgestattet gewesen. Was bedeutet: alles zu unterlassen, was den anderen Menschen verletzen könnte.‘“
Man sollte eben niemanden nach seinem Äußeren beurteilen. „Don’t judge a book by it’d cover“, heißt es im Englischen.
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