Bild: Brustkrebs, gemeinfrei via Wikmedia Commons

Immer jüngere Men­schen erhalten eine Krebsdiagnose

Die Meldung geht durch die Medien: Krebs ist schon seit etwa dreißig Jahren keine Alte-Leute-Krankheit mehr. Bei den Unter-Fünfzig-Jäh­rigen ist die Anzahl der Fälle in dieser Zeit um fast 80 Prozent gestiegen. Erschre­ckend ist, dass es sich bei den Jungen um Krebs­arten handelt, die früher typisch für sehr alte Men­schen waren — und die jungen Leute sterben immer öfter an Tumoren. Nun geht das große Rät­sel­raten los. Woran liegt’s?

Wir sind noch immer in dem Glauben, dass erst ab einem hohen Alter der Krebs kommt. Weil man  zu viel geraucht hat, zu viel Alkohol, zu viele Medi­ka­mente, unge­sunde Ernährung, beruf­liche, jahr­zehn­te­lange Expo­sition zu krebs­er­re­genden Che­mi­kalien usw. Die Krebs­vor­sorge setzt heute immer noch mit über 50 an.

Das wis­sen­schaft­liche Medium BMJ (British Medical Journal) hat eine Arbeit ver­öf­fent­licht, die sich mit diesem Phä­nomen aus­ein­an­der­setzt. Ein inter­na­tio­nales Team um Pro­fessor Jianhui Zhao von der chi­ne­si­schen Zhe­jiang Uni­ver­sität wertete die Ent­wicklung und Häu­figkeit von 29 ver­schie­denen Krebs­arten bei unter 50-Jäh­rigen aus. Die Daten wurden in 204 Ländern erhoben und betrachten den Zeitraum von 1990 bis 2019.

Nicht im Alter – in der Mitte des Lebens! – schlägt der Krebs jetzt zu!

Das Ergebnis ist beängs­tigend. Weltweit ist die schiere Anzahl der Krebs­er­kran­kungen gerade bei jün­geren Leuten im Alter unter 50 in den letzten 30 Jahren heftig gestiegen … um 79 Prozent! Besonders die Alters­gruppe zwi­schen 40 bis 49 Jahren ist davon betroffen, also in der Mitte des Lebens. Die Zahl der Toten durch Krebs ist seit 1990 um 27,7 Prozent, also um fast ein Drittel ange­stiegen. Allein im Jahr 2019 starben weltweit mehr über eine Million Men­schen unter 50 Jahren an Krebs. Die aggres­sivsten Kil­ler­krebse in dieser Alters­gruppe sind laut des Teams um Prof. Zhao:

  • Brust­krebs
  • Bron­chial- und Lungenkrebs
  • Darm­krebs

Am stärksten haben die Todes­fälle bei Nieren- und Eier­stock­krebs zuge­nommen. Der rasan­teste Zuwachs an Krebs­dia­gnosen findet bei Krebs­arten statt, die früher als eher selten galten: Nasen- und Rachen­krebs und Pro­sta­ta­krebs, der bei den über 70-Jäh­rigen früher schon fast als normal galt, aber auf­grund des hohen Alters sich nur sehr langsam ent­wi­ckelte und viele hoch­be­tagte Pro­sta­ta­krebs-Pati­enten zwar mit – aber nicht an diesem Krebs starben. Doch nun ist diese Krebs­er­krankung für die jün­geren Männer eine lebens­be­droh­liche, schnell fort­schrei­tende Krankheit.

Leber­krebs bei jungen Men­schen ist dagegen deutlich zurückgegangen.

Die Krebs­seuche gras­siert in den west­lichen Industrieländern

Am stärksten sind die „west­lichen Indus­trie­länder“ von dieser Ent­wicklung betroffen. Aller­dings nicht alle gleich. Besonders in Nord­amerika sind die Fall­zahlen hoch: 273 von 100.000 Men­schen vor dem 50sten Lebensjahr bekommen dort eine Krebs­dia­gnose. In West­europa und Aus­tralien liegen die Fälle zwi­schen 120 und 250 von 100.000 der unter 50-Jährigen.

Die höchsten Ster­be­raten bei den um die 50-Jäh­rigen gab es in Ozeanien (die Insel­gruppen des Pazifiks in Norden und Osten von Aus­tralien), Ost­europa und Zen­tral­asien. Auf­fällig ist, dass ins­be­sondere in Ländern mit geringem Durch­schnitts­ein­kommen in den letzten dreißig Jahren signi­fikant mehr Frauen als Männer an Krebs starben, was daran liegt, dass nur Frauen Brust­krebs bekommen und dieser eine besonders aggressive Krebsart ist.

Bis 2030, so schätzt das For­scherteam um Prof. Zhao, dass die Zahl der neu dia­gnos­ti­zierten Krebs­fälle und daraus resul­tie­renden Todes­fälle weltweit um weitere 31 Prozent bei den Erkran­kungen steigen wird und die Todes­fälle um 21 Prozent. Am stärksten gefährdet seien dann wahr­scheinlich die Men­schen zwi­schen 40 und 49 Jahren.

Woran könnte es liegen?

Zum einen, so die Wis­sen­schaftler, seien gene­tische Fak­toren der Grund für die Zunahme der Krebs­fälle. Zusätzlich sei ein Lebensstil mit Alko­hol­konsum, Rauchen, viel rotem Fleisch und zu viel Natrium (Salz) ein Faktor bei den unter 50-Jäh­rigen, oft auch noch gepaart mit dem Risi­ko­faktor des sit­zenden Lebens­stils durch den Beruf. Aber auch Bewe­gungs­mangel außerhalb des Büros. (Wer geht heute noch etwas weitere Strecken zu Fuß?) Auch Über­ge­wicht und Blut­zucker sollen eine wichtige Rolle spielen.

Was über­haupt nicht in Betracht gezogen wird, ist die all­ge­gen­wärtige Belastung durch Elek­trosmog und elek­tro­ma­gne­tische Felder, Mobil­funk­fre­quenzen und dem zuneh­menden Konsum von che­mi­schen Medi­ka­menten, Che­mi­kalien aller Art in Duschgels, Shampoos und Kör­per­pfle­ge­mitteln. Nicht zu ver­gessen, was alles an Che­mi­kalien, Geschmacks­ver­stärkern, künst­lichen Geschmacks­stoffen, Ersatz­stoffen, Pes­ti­ziden, Kon­ser­vie­rungs­stoffen, Farb­stoffen, Emul­ga­toren usw. in den Lebens­mitteln und Fer­tig­ge­richten steckt.

Sogar neu gekaufte Kleidung umhüllt qua­drat­me­ter­weise die Haut mit Appre­turen, die das billige fünf-Euro-Fähnchen noch eini­ger­maßen hübsch aus­sehen lassen. Nach einigen Wäschen ist das Zeug zwar aus­ge­wa­schen, das Klei­dungs­stück aber ein unan­seh­licher Lappen geworden. Die oft all­er­gie­aus­lö­senden und in jedem Fall unge­sunden Che­mi­kalien aus dem Zau­ber­kästchen der Tex­til­in­dustrie haben aber ihre Wirkung über die Haut im Körper ent­faltet. Weich­macher (soge­nannte Phthalate) im Plastik und in Kunst­fasern machen Stoffe geschmei­diger, weicher und elas­ti­scher. Die gesund­heit­lichen Aus­wir­kungen sind dra­ma­tisch. Sie schä­digen unter anderem auch das Immun­system, das neben Krank­heits­er­regern auch Krebs­zellen angreift und abtötet … wenn es denn gesund ist. Ein durch all diese Stör­fak­toren über­las­tetes Immun­system kann das oft nicht mehr leisten.

Es ist sicher kein Zufall, dass es jetzt die jün­geren Men­schen trifft. Gerade die Gruppe zwi­schen Pubertät und Midlife-Crisis sind Fer­tig­ge­richt- und Fast Food-Kon­su­menten. Es sind die, die mit der Mode gehen und oft neue Kleidung kaufen, die nicht zu viel kosten darf und daher meist aus Kunst­stoff besteht. Diese Alters­gruppe ist am meisten mit Smart­phones zu sehen und am aktivsten in der modernen, zivi­li­sierten Indus­trie­ge­sell­schaft aktiv mit all den oben genannten Schadstoffbelastungen.

Wenig über­ra­schend ist das Fazit der Studie: Die För­derung eines gesunden Lebens­stils könnte die Belastung durch früh ein­set­zende Krebs­er­kran­kungen verringern.