Strom­preis: Nein, die Russen sind nicht an den hohen Preisen schuld

Der Uni­ver­sität Stuttgart steht das Wasser zum Hals:

“Die hohen Ener­gie­preise in der Folge des Ukrai­ne­krieges machen der Uni­ver­sität Stuttgart weiter zu schaffen. Deshalb hat sich die Hoch­schul­leitung ent­schlossen, die Gebäude der Uni nach Weih­nachten zu schließen. Für die meisten Stu­die­renden bedeutet das: zwei Wochen Online-Studium im neuen Jahr.”

Das schreibt die Stutt­garter Zeitung, ein Blatt, das stramm auf der vor­ge­ge­benen Linie tappt. Und die vor­ge­gebene Linie, die lautet:

Die Russen haben den Krieg in der Ukraine vom Zaun gebrochen.
Seit der Krieg in der Ukraine bekommen hat, steigen die Energie/Strompreise.
Die Russen sind daran schuld.
Niemand sonst.

Indes, die Rea­lität sieht anders aus.
Und weil wir immer wieder auf diese kleinen fast unschein­baren ideo­lo­gi­schen Ver­satz­stücke stoßen, mit denen ver­sucht wird, eine erlogene Version der Gescheh­nisse in die Köpfe der Bürger zu hämmern, haben wir uns vor­ge­nommen, wann immer wir auf der­ar­tigen ideo­lo­gi­schen BS stoßen, Daten bereit­zu­stellen, die die Lüge entlarven.

Die Daten, die wir zusam­men­ge­tragen haben, stammen

  • vom Sta­tis­ti­schen Bundesamt;
  • Eurostat;
  • der European Energy Exchange;
  • Finanzen.net [Ein Leser war so nett, uns die Arbeit abzunehmen].

Die Stutt­garter Uni­ver­sität, so die Stutt­garter Zeitung, kämpfe mit hohen Ener­gie­kosten, aber erst seit dem Ukraine-Krieg.

Die fol­gende Abbildung zeigt die Ent­wicklung der End­ver­braucher-Strom­preise [Jah­res­ver­brauch 2.500 kWh bis 5.000 kWh, d.h. die Uni­ver­sität Stuttgart, als Groß­ver­braucher, zahlt geringere Preise als abge­bildet. Wir haben uns für die Preis, die mit Jah­res­ver­brauchen zwi­schen 2.500 kWh bis 5.000 kWh ein­her­gehen, ent­schieden, weil es die Preise sind, die die meisten Haus­halte ent­richten müssen und weil ab dem Ver­brauch von 5.000 kWh die Preise deutlich geringer werden (im 1. Halbjahr 2023 zahlte ein Ver­braucher, der im Jahr zwi­schen 2.500 und 5.000 kWh ver­braucht, im Schnitt 41.25 Cent/kWh, für darüber hinaus gehende Ver­bräuche ent­stehen Preise zwi­schen 34.8 und 38,1 Cent/kWh).

Hätte die Uni­ver­sität Stuttgart nicht in Stuttgart, sondern in Istanbul oder in War­schau oder Budapest ihren Sitz, die Strom­kosten wären auch nach Beginn des Ukrai­ne­krieges kein Problem für die Stutt­garter: Denn die Strom­preise an den genannten Orten sind um mehr als die Hälfte geringer als in Deutschland. Das Problem hoher Strom­preise ist also haus­ge­macht und es ist nicht erst seit 2022 ein Problem, die Strom­preise beginnen schon seit 2008 zu steigen, und zwar erheblich.

Der Preis­ab­stand zu den anderen Ländern wird seither immer größer.

Die ver­tikale Linie in oranger Farbe gibt den Beginn des letzten Krieges in der Ukraine, Februar 2022 an. Danach steigen die Preise für Strom in Deutschland fast expo­nen­tiell. Der Krieg ist schuld, oder? Indes, im unteren rechten Eck der Abbildung haben wir die Ent­wicklung der Strom­preise an der EEX, der European Energy Exchange für den Zeitraum seit 2019 dar­ge­stellt. Die in die Höhe schie­ßenden Preise zeigen, wie Strom­an­bieter die Situation sehr schnell für sich aus­ge­nutzt haben, um sich die Taschen zu füllen. Die Abbildung zeigt aber auch, dass die inter­na­tio­nalen Strom­preise nach der Bonanza schnell wieder in der Nor­ma­lität ange­kommen sind. Indes: In Deutschland steigen die Preise weiter. Offen­kundig wird der Rückgang der Strom­preise in Deutschland nicht an die Ver­braucher weitergegeben.

Warum?
Herr Habeck weiß sicher eine Antwort.

Deutschland war von rus­si­schem Gas abhängig und musste umsatteln. Das treibt die Preise weiter in die Höhe. Indes, jen­seits der rus­si­schen Gas­lie­fe­rungen zeigt sich das­selbe Bild, das wir oben für die Strom­preise bereits dar­ge­stellt haben. Die Kosten für “nicht-rus­si­sches” Gas steigen im Frühjahr 2022 steil an, gehen aber ebenso schnell wieder zurück. Auch die sin­kenden Gas­preise kommen in Deutschland offen­kundig nicht bei den Ver­brau­chern an. Es muss demnach einen Mecha­nismus geben, der die Preis­stei­ge­rungen direkt an End­kunden durch­reicht, die hohen Preise, sind sie erst einmal erreicht, aber gegen sin­kende Preise an Welt­märkten ver­teidigt, so dass End­kunden in die Röhre schauen, oder in den kalten Vorlesungssaal.

Quelle: Finanzen.net
Ist Ihnen die Dop­pel­deu­tigkeit aufgefallen?

Was auch immer die Strom- und Energie-Preise in Deutschland beein­flusst, der Welt­markt­preis kann es nicht sein, denn der kommt nur dann voll an, wenn die Preise steigen, nicht jedoch, wenn die Preise fallen. Irgendwer scheint sich jeden Anlass zunutze zu machen, um Deutsche nach Her­zenslust zu schröpfen.

Wer?
Die Russen sind es nicht.

Denn der Krieg in der Ukraine hat die Energie-Preise nur kurz­fristig in die Höhe getrieben. Indes, die in Deutschland seit Jahr­zehnten stei­genden weltweit höchsten Ener­gie­preise haben zwar den Preis­an­stieg mit­ge­macht, nicht jedoch den Rückgang der Preise.

Die hohen Preise sind haus­ge­macht, Ergebnis eines grünen Wahns.

 

Der Artikel erschien zuerst bei sciencefiles.org