In der EU wurde der Wechsel in der polnischen Regierung sehr begrüßt. Nachdem die konservative Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) abtreten musste, atmete man in Brüssel auf. Die ständigen Konflikte würden der Vergangenheit anzugehören, denn Donald Tusks Partei „Bürgerplattform“ (PO) schien einen grundsätzlich anderen Kurs zu fahren und sich den Zielen der EU anzugleichen, war doch der neue Regierungschef Tusk vorher Präsident des Europäischen Rates gewesen. Nun erwartete man auch ein Tauwetter in Sachen Migration und der Zustrom neuer Zuwanderer wäre gesichert. Doch vor dem Treffen zwischen Bundeskanzler Scholz und Ministerpräsident Tusk machte letzterer überraschend klar, dass er den rigiden Abschottungskurs der Vorgänger-Regierung fortsetzen wird.
Refugees welcome im Sejm – Illegale willkommen?
Als eine der ersten Amtshandlungen lud der neue polnische Parlamentspräsident, Szymon Holownia, Menschen mit Fluchterfahrung (aus den Programmen “Refugees Welcome Poland“, “Knowledge to Power” und “Welcome Home”) zu einem Weihnachtstreffen in den Sejm ein, das polnische Parlament.
Übersetzung: „Der Sprecher des polnischen Parlaments traf sich heute mit illegalen Immigranten Wie sehr ich diese spontanen, überhaupt nicht sorgfältig arrangierten Fotos bewundere, die ja so gar keine politische Botschaft senden. Polen wird sich sehr ändern.“
Doch nun, keine drei Monate später, tritt Tusk bei der Migration hart auf die Bremse
Nix is mit Soros-Agenda, war die Botschaft im Vorfeld des Treffens von Premierminister Tusk mit Bundeskanzler Scholz. Die BILD schrieb: „Tusk hat einen knallharten Migrationsplan im Gepäck! Direkt vor der Abreise wurde der pro-europäische Politiker zu Fragen der unkontrollierten Einwanderung deutlich.“
Die Eindämmung der Migration sei „Eine Frage des Überlebens der westlichen Zivilisation“:
„Wir müssen aufwachen und verstehen, dass wir unsere Grenzen schützen müssen. Wenn wir offen für alle Formen der Migration sind, wird unsere Welt zusammenbrechen.“
Das ist allerdings keine allzu große Überraschung, denn schon im Wahlkampf wetteiferte Tusk gegen die PiS mit Ansagen, wer die härtere Migrationspolitik fahren würde, wenn er gewinnt. Donald Tusk machte offensichtlich Punkte, indem er sich auf seiner Wahlkampftour damit profilierte, sich in einer EU-Ratssitzung eine Auseinandersetzung mit der damaligen Kanzlerin Dr. Angela Merkel in Sachen Flüchtlinge geliefert zu haben. Sie vertrat den Standpunkt, dass man die Menschen ohnehin nicht daran hindern könne, die Grenzen Europas zu überwinden, weil es zu viele von ihnen gebe. Tusk will ihr geantwortet haben „dass wir sie an unseren Grenzen aufhalten müssen, gerade weil es zu viele von ihnen sind.“ Man könne außerdem, so Ministerpräsident Tusk, ja gar keine Migrationspolitik verfolgen, wenn es schon überhaupt keine Möglichkeit gebe, die Grenzen und das eigene Territorium zu kontrollieren.
Interessant, dass Bundeskanzler Olaf Scholz sich mit einem Politiker trifft, der im Prinzip dieselbe Einstellung in Bezug auf die illegale, ungeregelte Migration hat, die der inkriminierte Bösewicht Martin Sellner auf dem angeblichen Geheimtreffen vermeintlich Rechtsextremer in Potsdam skizzierte. Nur mit dem Unterschied, dass Polens Donald Tusk das auch durchsetzen kann und wird … und das auch stillschweigend akzeptiert wird.
Polen und Ungarn waren immer die Bollwerke gegen die EU-Migrationspläne
„Wenn die derzeitige Opposition an die Macht kommt, bedeutet das nicht, dass sich Warschaus Position in einigen Schlüsselfragen so dramatisch ändern würde, wie Brüssel vielleicht erwartet“, sagte Sławomir Domaradzki, ein politischer Analyst an der Universität Warschau, gegenüber Euractiv.“
Genau wie Ungarns Regierungschef Orban hat sich die polnische PiS-Partei beharrlich den Plänen der von der EU-Kommission verfolgten Migrations- und Asylreform verweigert. Polen und Ungarn weigerten sich schlicht, Asylbewerber aufzunehmen und verweigerten ebenfalls, dafür eine finanzielle Entschädigung an die Länder zu bezahlen, die diese Belastung auf sich nehmen.
Polen hat allerdings eine große Anzahl von Flüchtlingen aus der Ukraine aufgenommen. Viele davon werden auch nicht mehr zurückgehen. Nun sind Ukrainer und Polen kulturell nicht sehr verschieden. Unmut darüber breitet sich aber dennoch in Polen aus, denn es sind zum allergrößten Teil Frauen, die aus der Ukraine ausgewandert sind – und den Polinnen angeblich die Männer wegnehmen.
In Polen geht die Ablehnung gegenüber Migranten quer durch die Parteien und die Bevölkerung, speziell gegen muslimische Flüchtlinge, da Polen ein sehr katholisches Land ist. Insofern war es eigentlich von vorneherein klar, dass man hier in einen gegenseitigen Überbietungswettbewerb an harter Haltung in Sachen Migration eintreten würde – und jeweils die andere Seite beschuldigt, eben doch zu viele muslimische Zuwanderer hereinzulassen.
„Er (Tusk) kündigte an, auch Zurückweisungen an der Grenze durchzuführen. „Pushbacks sind aus völkerrechtlicher Sicht illegal, aber ich werde keine Entscheidung treffen, die unbedacht dazu führt, daß unsere Grenze weniger dicht wird als sie es derzeit ist“, verkündete der polnische Regierungschef laut oko.press.“
Enge Zusammenarbeit bei Rüstung und gemeinsam gegen Trump
Die Freude in Brüssel, dass nach acht Jahren die nationalkonservative (bei uns in Deutschland wäre das rechtsextrem) PiS-Partei von der liberalen PO unter Tusk aus der Regierungsverantwortung verdrängt worden ist, dürfte sich nun etwas gelegt haben. Aber in Sachen Aufrüstung und Kriegsvorbereitung ist man sich einig, verkündeten Bundeskanzler Scholz und Ministerpräsident Tusk nach ihrem Treffen am Montag.
Themen sollen hierbei auch die Zusammenarbeit mit Frankreich zur Entwicklung eines gemeinsamen, neuen Kampfflugzeugs und eines Kampfpanzers gewesen sein, Polen wünscht sich eine Kooperation bei der Luftabwehr und der Munitionsproduktion. Unser allseits geliebter Kanzler wollte jedoch nicht ins Detail gehen, ob und wenn ja wann und was davon denn angegangen werden könnte: „Aber dass wir das immer eng mit Polen gerne zusammen machen wollen, gilt für viele, viele Vorhaben.“
Einigkeit demonstrierten die beiden Herren auch in der gemeinsamen Ablehnung des ehemaligen und voraussichtlich neuen US-Präsidenten Donald Trump. Dessen Bemerkung, er werde keine NATO-Staaten gegen Russland verteidigen, die ihre Verteidigungsbudgets nicht so erhöht haben, wie von den USA gefordert, nannte Tusk eine „kalte Dusche“. Dennoch appellierte Donald Tusk an alle Europäer, mehr Gelder für die eigene Sicherheit zur Verfügung zu stellen.
Die deutsche Bundesregierung will das von den USA geforderte Ziel von zwei Prozent der Wirtschaftsleistung im laufenden Jahr 2024 auch dank des 100-Milliarden-Euro-Sonderkredits für die Bundeswehr erfüllen. Nun schrumpft diese Summe ja auch drastisch, da die deutsche Wirtschaftsleistung gerade in den Boden gefahren wird.
FDP-Finanzminister Christian Lindner versicherte darüber hinaus, dass dies auch nach 2028 so bleiben werde, auch wenn dann das Geld aus dem Sondertopf aufgebraucht ist. Ebenfalls leicht zu versprechen, wenn die FDP nach der nächsten Wahl die Fünf-Prozent-Hürde nicht packt und kein Hahn mehr nach Herrn Lindner kräht.
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