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Baum­woll­verbot der EU?!? Oder doch nicht?

Die Mode­industrie ist in Aufruhr: Weil die EU eine per­fekte Kreis­lauf­wirt­schaft mit aller Gewalt ein­führen will, steht nun die Baum­wolle mög­li­cher­weise vor dem Aus. Fast die Hälfte der Kleidung, die in Europa her­ge­stellt und/oder ver­kauft wird, ist aus Baum­wolle. Warum ist ein kom­pos­tier­bares Natur­produkt denn so schädlich, dass es ver­boten werden muss? Was das bedeutet, und welche Aus­wir­kungen das auch über die EU hinaus haben wird, soll hier einmal ange­rissen werden.

Baum­wolle – ein fan­tas­ti­sches Material – aber amoralisch

Tra­di­tio­nelle Lösungen in allen Bereichen des Lebens, Mate­rialien und Tech­niken werden nun auf den Prüf­stand gestellt. Ver­bren­ner­autos sollen ver­schwinden, Fleisch soll nicht mehr auf die Teller kommen, Öl- und Gas­hei­zungen sollen abge­schafft werde und nun geraten die Tex­til­in­dustrie und die EU sich in die Baum­wolle.

Baum­wolle ist ein wun­der­bares, natür­liches Material für Tex­tilien aller Art. Es ist angenehm auf der Haut, enthält keine pro­ble­ma­ti­schen Bestand­teile, ist atmungs­aktiv, feuch­tig­keits­aus­glei­chend, vegan, stra­pa­zier­fähig, viel­seitig, bei höheren Tem­pe­ra­turen waschbar, was Flecken und Keime eli­mi­niert und nicht teuer. Und warum soll dann Baum­wolle ver­boten werden?

Grund Nummer 1: Die Pro­duktion der Stoffe aus der Faser der Baum­woll­pflanze ist zu res­sour­cen­in­tensiv, heißt es nun. Ein Kilo Stan­dard­baum­wolle ver­braucht 10.000 Liter Wasser und ein Kilo Chemie, wie zum Bei­spiel Unge­zie­fer­ver­nichter (Pes­tizide) oder Unkraut­ver­nichter (Her­bizide). Die Baum­woll­pflanzen laugen den Boden aus. Es dauert Jahre, bis sie die Böden sich wieder erholen.

Grund Nummer 2: Baum­wolle ist nicht recy­celbar. Sie erfüllt die EU- Vor­gaben nicht, die sich zum Ziel gesetzt hat, bis zum Jahr 2030 schon 50 Prozent aller Mate­rialien recy­celbar und 25 Prozent aller Mate­rialien kom­plett kreis­lauf­fähig zu haben. Die Baum­woll­faser ist zu kurz und nicht reiß- und bruchfest genug, um voll­ständig wie­der­ver­wertet zu werden. Und Misch­fasern sind meistens nicht mehr recy­celbar. Nur 20 Prozent der in den Kreislauf zurück­ge­ge­benen Baum­woll­kleidung könne wirklich ver­wendet werden, ohne dass der Tra­ge­komfort der neuen Erzeug­nisse leidet.

Der neue Gott­sei­beiuns: „Earth Over­shoot Day“ (Erd­über­las­tungstag)

Das Ziel der EU ist es sogar, bis 2050 ALLE Mate­rialien voll­ständig im Kreislauf nutzbar zu machen. Diese immer strenger ver­schärften Regeln sollen die Indus­trien dazu zwingen, alle Mate­rialien zu meiden, die diese bein­harten Vor­gaben nicht ein­halten. Und da kann Baum­wolle einfach nicht mithalten.

Der „Erd­über­las­tungstag“ ist sozu­sagen der absolute Schre­ckenstag, noch viel schlimmer als die Kli­ma­er­wärmung, denn dann geht gar nichts mehr. Am Bei­spiel der Nie­der­lande, so heißt es, hat dieses Land seinen Erd­über­las­tungstag schon am 1. April (nein, kein April­scherz) über­schritten und lebt für den Rest des Jahres sozu­sagen auf Kosten der Zukunft. Wenn alle so leben würden, ver­brauchte die Welt­be­völ­kerung vier Erden pro Jahr, warnen die bekannten Organisationen.

Nun, es spräche ja nichts dagegen, dass die Wis­sen­schaft sich an die Erzeugung von Alter­na­tiven machte, die zwar die guten und gesunden Eigen­schaften der nicht recy­cel­fä­higen Natur­fasern bieten, aber eben auch kreis­lauf­fähig sind. Nur … was kommt dabei heraus? Wir wissen ja mitt­ler­weile, dass man uns im Fall „Ersatz für Fleisch“ vor­schlägt, statt des bösen Flei­sches Unge­ziefer zu essen oder die hoch­ge­lobten Flei­scher­satz­pro­dukte und gezüch­tetes Fleisch aus der Petri­schale. Alles nicht über­zeugend, da sehr ungesund.

Die luxem­bur­gische Seite L’essentiel schreibt:

„Baum­wolle wird bis 2030 wohl weit­räumig ver­schwinden. Das Problem: Laut Umwelt­schutz­or­ga­ni­sation WWF bestehen etwa 43 Prozent aller Tex­tilien in der EU aus Baum­wolle. Bedenkt man dabei, dass die rund 450 Mil­lionen EU-Bürger im Schnitt 15 Kilo­gramm Kleider pro Jahr kaufen, sprechen wir hier von einer gigan­ti­schen Menge Baum­wolle, die von der Industrie in kür­zester Zeit ersetzt werden muss. Bedenkt man dabei, dass die rund 450 Mil­lionen EU-Bürger im Schnitt 15 Kilo­gramm Kleider pro Jahr kaufen, sprechen wir hier von einer gigan­ti­schen Menge Baum­wolle, die von der Industrie in kür­zester Zeit ersetzt werden muss. Kein Wunder, befürchtet sind dras­tische Folgen: «Um sie zu ersetzen, müsste man ein Material finden, das bei gleichen Gebrauchs­ei­gen­schaften nach­weislich geringere Umwelt­be­las­tungen her­vorruft und auch den Bedarf decken kann», sagt Experte Harald Junker vom deut­schen Umwelt­bun­desamt auf Anfrage.“

Den Teufel mit dem Beel­zebub aus­treiben? Plastik statt Baumwolle?

Was kann denn Baum­wolle ersetzen? Plastik? Das ver­braucht zwar weniger Wasser, ist aber weder über­haupt abbaubar (Mikro­plastik!), aber viel unan­ge­nehmer vom Tra­ge­komfort. Nicht atmungs­aktiv, nicht feuch­tig­keits­aus­glei­chend, sobald man schwitzt klebt es auf der Haut und schwitzt man einmal in einem Plas­tikteil, mieft das Zeug schnell nach altem Schweiß.

Außerdem muss es mit Weich­ma­chern, soge­nannten Phtha­laten ver­setzt werden, sonst ist es unelas­tisch und brüchig. Diese Weich­macher sind gesund­heits­schäd­liche, hor­mon­ähn­liche Sub­stanzen, die die Fort­pflan­zungs­fä­higkeit und die Leber schä­digen. Das weiß auch die EU und die Regie­rungen. Das Deutsche Umwelt­bun­desamt warnt übrigens davor. Im Phthalate-Report des Umwelt­bun­des­amtes steht klar zu lesen, dass das Zeug bei Männern unter anderem den Tes­to­ste­ron­spiegel senkt sowie die Anzahl der Spermien.

Das Tückische an den Weich­ma­chern, die man aber braucht, um Klei­dungs­stoffe weich und anschmiegsam zu bekommen, ist, dass sie nicht che­misch fest in die Mole­kül­struktur des Kunst­stoffs PVC ein­ge­bunden sind. Sie lösen sich bei Kontakt mit dem Körper durch das Fett in der Haut, durch Schweiß oder durch Speichel und dringen durch die Haut oder den Mund in den Körper. Kin­der­spielzeug aus Plastik ist meistens stark mit diesen Weich­ma­chern ver­sehen und wenn ein Kind so ein Spielzeug in den Mund nimmt, lutscht es die Weich­macher regel­recht hinaus und in seinen Körper.

Spei­seöle in Behältern mit Weich­ma­chern lösen die Phthalate aus dem Behältnis und wir essen sie auf diese Weise mit. Phthalate lösen sich übrigens auch aus dem Kunst­stoff in die Luft. Wer ein neues Produkt mit diesen Weich­ma­chern hat, riecht sogar anfangs recht gut diesen Kunst­stoff­geruch, der die Innen­raumluft ver­pestet. Ganz besonders bei groß­flä­chigen Anwen­dungen, wie Kunst­stoff­ta­peten oder Plastik-Boden­be­lägen. Oder dem­nächst bei Hand­tü­chern und Bettbezügen?

Was tun? Bessere Recy­cling­tech­no­logie? Andere natür­liche Fasern? Altkleidersammlung? 

Angeblich soll es ja schon solche Ansätze geben, um den Anteil der Baum­wolle im Recy­cling-Kreislauf deutlich erhöhen zu können. Wenn man zudem den Anteil der kurz­fa­se­rigen Baum­wolle viel­leicht mit den langen Hanf­fasern ver­stärkt oder mit Zel­lulose ver­mischt  — oder auch die aus Holz­fasern her­ge­stellte Viskose mit ein­be­zieht, dann müsste sich doch eigentlich etwas ver­nünf­tiges machen lassen?

Und, auch das muss man sagen: Es muss ja auch nicht sein, sich ständig neue Kleidung zu kaufen. Gute, solide gemachte Klei­dungs­stücke halten viele Jahre. Es ist die Wer­be­stra­tegie der Mode­industrie, die in jedem Jahr für jede Jah­reszeit immer wieder neue „Trends“ als ein MUSS pro­pa­giert. Und die Leute laufen in die Beklei­dungs­ge­schäfte und kaufen, wie die Ver­rückten. Kleidung repa­rieren? Nö. Also ab damit in die Müll­tonne zum ver­brennen. Die etwas Nach­denk­li­cheren geben es in die Altkleidersammlung.

Die Mode­industrie steckt in der Klemme. Viel­leicht ent­steht aber auch eine neue Kultur in dieser Branche. Denn wirklich sinnvoll ist es ja wirklich nicht, jedes Jahr Unmengen unnö­tiger Kleidung in die Geschäfte zu karren, die dann viel­leicht zehnmal getragen, in den Müll wandert, viel Geld gekostet hat und kaum zu bewäl­tigen ist.

Bitte, lieber Leser, das ist kein „grünes Geschwafel“. Wir hier auf den Unbe­stech­lichen haben schon mehrfach auf dieses Problem hin­ge­wiesen. So gibt es Gebirge von Kleidung in der Atacama-Wüste in Chile. Etwa 60.000 Tonnen Müll werden dort einfach abge­laden. Und das ist genau diese Bil­ligmode, die nach kurzer Tra­gezeit schon kaputt und nicht mehr „trendy“ ist.

Die Bil­ligmode: Ein glo­bales Aus­beu­tungs­pro­gramm und ein Wegwerf-Rausch

Überdies ist das Geschäft der Fast-Food-Mode auch men­schen­feindlich. Denn in diesem Artikel auf den Unbe­stech­lichen zeigen wir auf, wie brutal es in der Bil­ligmode-Industrie zugeht:

„Unsere Gesell­schaft ist zu einer Gesell­schaft geworden, in der es uns leichter fällt, Pro­dukte zu ersetzen, anstatt sie zu repa­rieren. Ein T‑Shirt für 3 Euro, eine Jeans für 9 Euro, Blusen um fünf Euro und Sneakers um drei Euro – mit dieser Schnäppchen-Stra­tegie haben die Bil­lig­an­bieter enormen Erfolg. Davon pro­fi­tieren auch Aldi und Kon­kurrent Lidl. Mit der „Akti­onsware“ Tex­tilien setzen sie Mil­lionen Euro pro Jahr um. Und müsste man die Kleidung von H&M beschreiben, würde der Satz lauten: „Sieht gut aus und kostet fast nichts.“ „Beklei­dungs­firmen sind Nomaden“, sagt ein auf das Gewerbe spe­zia­li­sierter Berater, „sie gehen dorthin, wo es für sie am bil­ligsten ist. Steigen Löhne und Neben­kosten in Ländern wie Ban­gla­desch zu stark, zieht die Karawane weiter.“ Es geht noch bil­liger? Also zieht die Karawane weiter – nach der Ver­la­gerung der Tex­til­in­dustrie von Europa nach Asien wird zunehmend Afrika als Standort erschlossen. Aber es geht noch bil­liger, die Tex­til­in­dustrie hat ein Land für sich ent­deckt, in dem zur Zeit die schlimmste Dürre seit 30 Jahren herrscht: Äthiopien und genau dort lässt H&M die T‑Shirts für Deutschland nähen. Prak­tisch, denn war Ihnen bekannt, dass die Baum­woll­bauern in Äthiopien aus Deutschland „gezwungen“ wurden, gen­ma­ni­pu­lierte Baum­wolle anzubauen?“

Würde weltweit nach­hal­tiger und qua­li­täts­be­wusster Kleidung gefertigt, mit fairen Löhnen und von guter Qua­lität, dann würde der jähr­liche Umsatz von kaufen und weg­werfen auf einen Bruchteil zusam­men­schrumpfen, und man könnte dann die nicht mehr tragbare Kleidung zu Tep­pich­böden, Dämm­ma­terial, Füll­ma­terial usw. usf. nutzen. Dann brauchen wir auch keinen „Erd­über­las­tungstag“ als das nächste Schreck­ge­spenst durch’s Dorf zu jagen, um mit Zwangs­maß­nahmen alles kurz und klein zu verbieten.

Offenbar war der Auf­schrei aus der Industrie wirksam. Plötzlich ist seit zwei Tagen die Presse umge­schwenkt. Nun ist das, was tagelang durch die Medien ging und noch gut zu finden ist, ein Fake-News-Gerücht aus den sozialen Medien. Das ist zwar dumm und durch­sichtig, aber das kennen wir ja: Huch! Die Leute wachen plötzlich auf! Und vor allem die (links­grüne) Jugend, die ja gerade die Ziel­gruppe der Mas­sen­bil­ligware-Mode­her­steller ist! Na, da rudern wir mal lieber wieder ein bisschen zurück und sammeln das ein. Jetzt belehren die Medien uns plötzlich mit strengen Auf­klä­rungs­ar­tikeln, dass wir wieder auf die Fake-News böser, rechter Auf­wiegler rein­ge­fallen sind. Na, klar doch.