Die „Atacama“ in Chile ist riesig. Sie ist 1.200 Kilometer lang und eine kalte Küstenwüste. Sie ist die trockenste Wüste der Erde, denn es gibt Regionen darin, an denen seit Jahrzehnten kein Regen gefallen ist. Bis in die Neuzeit war sie daher fast vollständig menschenleer. Bisher kennen wir den Begriff „Atacama“ in Bezug auf die großen Sternwarten auf dem Andengebirge, denn nirgends ist die Luft so klar und wolkenfrei wie hier. Doch nun hat die Atacama eine neue, aber traurige Berühmtheit erlangt. Sie ist eine riesige, illegale Mülldeponie für Billigmode geworden.
Fast 60.000 Tonnen Altkleider werden hier jedes Jahr abgekippt und bleichen in der Sonne auf riesigen Haufen. Was heute unter dem Begriff „fast Fashion“, also „schnelle Mode“, produziert wird, billig und meistens in schlechter Qualität, ist auch gar nicht dafür gedacht, lange getragen zu werden. Schnell gekauft, meist nur ein paarmal getragen, wird es in die Altkleidersammlung gegeben oder in den Müll. Aber auch völlig ungetragene Kleidungsstücke, die einfach nur nicht verkauft wurden, liegen hier in Massen.
Natürlich, denn der Trend macht ja nicht halt. Die Sommerkleidung aus dem Vorjahr ist eben dieses Jahr nicht mehr „trendy“. Vom Klimakleber über die Freitagshopser bis zu den jungen Erwachsenen, die bereits im Berufsleben stehen, rennt man in die Innenstadt und kauft eine große Tüte mit den neuesten Klamotten. Eine volle Tragetasche mit T‑Shirts, Sweatern und Jeans kann man bei „Primark“ schon für 20 Euro heraustragen. Ein volles „Outfit“ ist dort und in anderen Billigmoden-Läden schon für 10 Euro zu haben. Und obwohl zum Beispiel das irische Unternehmen Primark salbungsvoll von hohen moralischen Richtlinien fabuliert, es werde mit „Achtung vor dem Menschen und der Umwelt“ produziert, man achte auf Ökologie, auf faire Löhne, sichere Arbeitsbedingungen und prüfe das auch nach – sieht die Realität dahinter durchaus nicht so edel aus:
Die Christliche Initiative Romero e.V. (CIR) machte den Job, den bei Primark angeblich 100 Experten in regelmäßigen Kontrollen leisten sollen. Sie prüfte nach und fand Erschreckendes.
Von gewissenhafter Ökologie bei der Produktion kann nicht die Rede sein, denn immer wieder werden giftige Chemikalien in der Kleidung gefunden. Die Arbeitsbedingungen für die Arbeiter, meist Frauen, in den Fabriken sind knallhart. Sie arbeiten beispielsweise in Sri Lanka 80 Stunden in der Woche und bekommen teilweise nicht einmal den Mindestlohn von 79 € im Monat. Das reicht nicht zum Leben, nicht einmal für Lebensmittel, sagte eine der befragten Arbeiterinnen.
Primark ist allerdings nicht der einzige Modehändler, der so arbeitet. Es ist eine Krankheit dieser Zeit, die höchsten ethischen Standards zu fordern und vorzutäuschen, in Wirklichkeit aber ruchloser und gewissenloser hinter der hehren Fassade brutal nur höchstmöglichen Umsatz und Gewinn zu machen.
Das führt natürlich zu einem entsprechenden Einkaufsverhalten in den Industrieländern, wo man sowieso vom Fastfood bis zur Fast-Fashion, dem Fast-Living und entsprechenden Kurzeitbeziehungen, Sex statt lebenslange Liebesbeziehungen, Billigmöbeln für nur wenige Jahre, stets das neueste Handy und Note-Book und „Jobs“ statt Berufen sich durchs Leben fräst und hinter sich Müllberge ausscheidet. „Shoppen“ gehen ist ein Wochenend-Hobby. Das muss dann massenhaft in Plastiktüten oder in Kartons verpackt werden. Es wird logischerweise endlos und mit entsprechend schlechter Qualität produziert, und was nicht verkauft werden kann, wird entsorgt. Mit schweren Folgen für die Umwelt. Allein die Fast Fashion, so schreibt die „cir romero initiative“, produziert jedes Jahr 92 Millionen Tonnen Müll und so 35% des Mikroplastiks in den Ozeanen. Die Produktion stößt ca. 1.500 Tonnen CO2-Äquivalenten aus und die Hälfte aller Arbeiterinnen in der weltweiten Textilherstellung leiden an Krankheiten durch diese Sklavenarbeit und dem Mikro-Plastikstaub beim Nähen der Kleidung. Denn das meiste Material ist billiges Polyacryl oder ähnliches Gewebe.
Und weil es eben schnell und billig gehen muss und die Fast Fashion dauernd neuen „Trends“ folgen muss, landet sie eben nach kürzester Zeit im Müll. Obige Grafik illustriert einmal die unglaublichen Schäden der Wegwerf-Mode. Warum thematisieren die Grünen eigentlich nicht diesen Wahn? Weil vielleicht die Freitagshüpfer und Klimakleber genau die Zielkundschaft der Fast-Fashion sind?
Die wenigsten davon wissen wahrscheinlich, was sie für einen Schaden mit diesem Fast-Fashion Lifestyle anrichten. Denn nicht nur in den Weltmeeren sammelt sich das Plastik an und zersetzt sich nur extrem langsam. Dafür sammelt sich Plastikmüll in den Mägen der Meeresbewohner und Tieren an den Küsten. Fast überall findet man heute das Mikroplastik, das die gefährliche und ungesunde Vorstufe des Abbaus dieser Stoffe ist. Der Kleiderberg in der Atacama ist eine Bedrohung des fragilen Ökosystems der kalten Wüste.
Es stinkt nach Chemie. Das kommt von den Schadstoffen durch das Bleichen, Färben und Bedrucken, aber vor allem von der sogenannten Appretur, das sind Chemikalien, die das Gewebe besser aussehen lassen, mehr Stabilität geben, glatter und fester wirken lassen oder flauschiger. Oft wird das trendige Stück nach der Wäsche labberig und verliert die Form, sobald die Appretur ganz herausgewaschen ist. Was man sich beim Tragen auf der Haut damit für Gifte in den Körper holt, steht auf einem anderen Blatt. Mehr als 70 gesundheits- und umweltgefährdende Chemikalien werden von der Textilindustrie dafür eingesetzt. Denn diese Kleidung ist so giftig, wie alte Reifen und braucht bis zu 200 Jahre, um abgebaut zu werden.
Und doch leben manche Menschen davon. Sie wühlen in den Kleiderbergen nach Brauchbarem. Besonders Neuware, die noch Etiketten hat und nicht ausgeblichen ist, lässt sich gut verkaufen.
Die Kleidungs-Müllberge ziehen auch Menschen aus den Nachbarländern und Venezuela an, die sich hier mit der Verwertung der Kleidung einen Lebensunterhalt ermöglichen. Und es gibt Unternehmen, die den Kleiderberg zu neuem Garn verarbeiten. Andere Unternehmen sortieren die Kleiderberge, bevor sie in die Wüste entsorgt werden. Vieles wird jetzt als Rohstoff für Wärmedämmplatten recycelt. Das sind gute Projekte – und doch nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
Es gibt von diesen Fast-Fashion Modemarken einige, und man muss nur durch die Haupteinkaufsstraßen der Städte gehen, und man sieht sie: Zara, H&M, C&A, Primark, Shein, Esprit, Tally Weijl, MS Mode, KIK, T€di, Forever 21, Pimkie, Dressforless, Mäc Geiz, Euroshop und Action.
Wir sollten und müssen Kleidung wieder lernen zu schätzen und lange zu tragen, sie zu reparieren und zu pflegen. Es gibt viele Second Hand Shops mit richtig guter Kleidung, auch im Netz und nicht nur bei Ebay. Zum Beispiel die Webseite „Vinted“ bietet sehr ähnlich, wie Ebay (wo mittlerweile ebenfalls massenhaft Fast-Fashion verkauft wird), einen Markt für gebrauchte Kleidung. Auf „Etsy“ findet man sogar viel Handgemachtes – und nicht nur Kleidung, sondern auch Schmuck und vieles, was zeigt, wie kreativ Menschen sind, die sich hier tummeln.
Wer das nicht möchte, kann aber auch in Online-Shops für nachhaltige Kleidung fündig werden.
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