In Zeiten von Zinsen nahe Null oder gar Negativzinsen und der Vorahnung eines „Kippens“ auf dem Aktienmarkt wird es immer schwieriger, sein Geld irgendwie gewinnbringend anzulegen. Das Sicherste sind zwar Gold und Silber, weil das nicht entwertet werden kann, das aber zur Zeit mehr oder weniger in Seitwärtsbewegungen auf und ab schwingt.
Daher investieren auch viele Privatleute in Fonds, und das weltweit. Doch nun droht auch da Ungemach. Man muss allerdings ein bisschen danach suchen, um davon zu erfahren, denn noch können die Anleger ihre Fondsanteile frei verkaufen, bald aber schon nicht mehr.
Ein Aufsichtsgremium der Europäischen Zentralbank (EZB),) dem Mario Draghi vorsteht, fordert möglichst hohe Ausstiegshindernisse im Fall von Kursturbulenzen. Es wird von von Mindesthaltedauer und von Höchst-Rückgabebeträgen pro Tag gesprochen. Es sollen plötzlich „Instrumente für Krisenzeiten“ geschaffen werden die eine Flucht der Fondsanleger verhindern soll. Das soll in etwa so gehandhabt werden, wie die Halte- und Kündigungsfristen bei offenen Immobilienfonds. Natürlich gibt es eine schön klingende Worthülse dafür: “Instrumente für die Liquiditätssteuerung”.
Ein Sprecher des Fonds-Branchenverbandes BVI sagte dazu „Wichtig dabei ist, dass der Vermögensverwalter über den Einsatz dieser Werkzeuge selbst entscheiden kann und die Anleger über die Verfahren und deren Auswirkungen informiert werden“.
Das heißt im Klartext: Fondsanleger können, wenn die Fondsverwaltung das entscheidet, sofort mit einem Verkaufsstopp belegt werden und die ihre Anteile nicht mehr verkaufen. Im Zweifelsfall und wenn es schlecht läuft, verlieren sie alles. Im Prinzip, um es in ein Bild zu fassen, schließt man auf einem leckgeschlagenen Schiff alle Ausgänge nach oben, um eine panische Massenflucht zu den Rettungsbooten zu vermeiden und nimmt in Kauf, dass alle diszipliniert mangels Fluchtweg ersaufen.
Man fragt sich, wer in Zukunft noch in Vermögensklassen investieren wird, wenn der Verkauf jederzeit untersagt werden kann?
Zum jetzigen Zeitpunkt ist soviel bekannt: Der besagte Europäische Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) unter Mario Draghi hat Anfang des Jahres einen Strauß konkreter Empfehlungen zur Regulierungen von Fonds ausgearbeitet. Dabei geht es um eine „Verbesserung der Liquiditätssteuerung der Portfolios im Falle einer allgemeinen Marktkrise“, vulgo: „Wie können wir mit Zwangsmaßnahmen, Manipulationen und Tricks verhindern, dass die Fondsanteile bei einem Crash alle auf den Markt geworfen werden und der ganze Dampfer untergeht?“.
Mit einer „zeitlich befristeten und eingeschränkten Rücknahme“, im Fachjargon „Redemption Gate“ genannt sollen massenhafte Rückgaben der Anteilseigner an die Fondsgesellschaften unterbunden werden. In der Tat haben solche Panikverkäufe bei Markteinbrüchen schon zum Untergang solcher Fonds geführt, weil die Fondsgesellschaften dadurch zu Notverkäufen gezwungen waren und den Preisverfall auf den Märkten noch verschärften.
Es soll nun ein „Werkzeugkasten“ zusammengestellt werden, der auf den Analysen von Managern beruht und diverse „Liquiditätsmanagement-Tools“ enthält, die je nach Situation und Ernst der Lage eingesetzt werden können. So ist die Rede von „Swing Pricing“ (schwingende Preise), „Gates“ (Pforten, aber auch Ausgangssperren) und „Side Pockets“ (Seitentaschen).
Das Swing Pricing gibt es z. B. schon in Luxemburg und bedeutet, dass der Fonds-Anbieter den Nettoinventarwert nicht eins zu eins durch die Wertpapiere des Fonds definieren muss, sondern er kann den Preis an einem Tag, an dem viele Anleger kaufen, leicht darüber fixieren und an einem anderen Tag, an dem große Abflüsse auftreten, leicht darunter. Damit tragen die Käufer bzw. die Verkäufer die Transaktionskosten anstelle des Fonds und damit anstelle der gesamten Gemeinschaft der Anleger. In Deutschland ist das noch nicht erlaubt, wird aber mit dem geplanten „Liquiditätsmanagement-Tool-Kasten“ kommen. Die Sperrung der Anteil-Rückgabe bei außergewöhnlichen Umständen soll als Mindestanforderung gelten, also noch von weiteren Maßnahmen aus besagten Werkzeugkasten flankiert werden. Der ESRB hat diese und weitere Empfehlungen an die EU-Wertpapieraufsicht ESMA und die EU-Kommission geschickt, die sich nun damit befassen werden.
Der deutsche Fondsverband ist über die sich abzeichnenden, neuen Möglichkeiten sehr erfreut: „Die Empfehlungen des ESRB zur Steuerung von Liquidität halten wir für sehr sinnvoll. Je mehr Werkzeuge, desto flexibler können Fonds mit Liquiditätsengpässen umgehen und Rückgaben an die Anleger in deren Interesse besser steuern. In Deutschland gibt es bereits Halte- und Kündigungsfristen für offene Immobilienfonds. Die Einführung weiterer geeigneter Instrumente für offene Publikumsfonds wie ‘Gates’ und ‘Swing pricing’ wäre wünschenswert. Wichtig ist aber, dass der Asset Manager über den Einsatz dieser Werkzeuge selbst entscheiden und die Anleger entsprechend informieren kann.“
Für Fonds mit illiquiden, also nicht auf dem Markt handelbaren Anlagegütern, wie Windparks, soll es zusätzliche, regulatorische Maßnahmen geben. Für offene Immobilienfonds, die zu den AIFs zählen, gelten in Deutschland schon seit ein paar Jahren Rückgabebeschränkungen. Mit einem wichtigen Unterschied: Für Anteilsinhaber offener Immobilienfonds gelten die Mindesthalte- und Kündigungsfristen nur für Rückgaben an die jeweilige Fondsgesellschaft. An der Börse können die Anteile dennoch jederzeit frei verkauft werden. Allerdings ist der Börsenkurs dadurch ebenfalls frei beweglich und unter Umständen wesentlich schlechter als der Rückgabekurs bei der emittierenden Fondsgesellschaft.
Der eigentliche Grund für diesen Vorstoß des ESRB ist aber ein anderer. Die Fondsindustrie ist ein wesentlicher Faktor an den Finanzmärkten. Weltweit ist ein Kapital von fast 70 Billionen $ in Fondsanteilen gebunden. Der Finanzstabilitätsrat (Financial Stability Board, FSB), der aus Vertretern der Finanzministerien, Notenbanken und Aufsichtsbehörden der G20-Länder besteht, hat die ganzen Bestrebungen auch mit angestoßen: Vor rund einem Jahr kamen schon Vorschläge vom FSB, wie die von „Fondsgesellschaften ausgehenden Systemrisiken“ für die Finanzmärkte beherrschbar gemacht werden könnten.
Die wahre Botschaft hinter all dem heißt also: Man rechnet in nicht allzu ferner Zukunft tatsächlich mit erheblichen Turbulenzen und echter Crashgefahr an den Märkten. Wer jetzt noch über „Verschwörungstheoretiker“ und „Crashpropheten“ spottet, hat einfach nur den Schuss nicht gehört. Derart massive Eingriffe in einen Fondsmarkt von 70 Billionen macht man nicht einfach so aus Lust und Laune. Es werden jetzt viele Anleger misstrauisch werden und sich lieber zu früh als zu spät aus ihren Anteilen zurückziehen. Das ist vom System möglicherweise auch so gewollt, weil es die Zig-Billionenbombe auch etwas entschärfen könnte. Wenn 70 Billionen Dollar (etwa 64 Billionen Euro) innerhalb von zwei Tagen zu Asche werden, geht das nicht geräusch- und wirkungslos vor sich.
Schon werben Fondsanbieter, die Offshore, also außerhalb der EU angesiedelt sind um die Anleger, die sich aufgrund der Entwicklung von ihren europäischen Fondspapieren trennen wollen.
Für den berühmten „kleinen Mann“ heißt das, seine Vermögenswerte noch einmal genau anzusehen, wie sehr sie den Gefahren eines Zusammenbruchs des Weltfinanzsystems ausgesetzt sind.
Vergessen Sie nicht, dass alles, was man nur als bedrucktes Papier in der Hand hält, nichts anderes als ein gedrucktes Versprechen ist und im Ernstfall nicht mehr wert, als der Papierfetzen, auf dem es steht. In Krisenzeiten kann man daraus meist nur noch ein Feuerchen machen, einschließlich der Geldscheine. Dann zählen „tangible assets“, also materielle Vermögen: Ackerland, Wald, Haus, Baugrundstücke, Edelmetalle oder ein Betrieb, der immer nachgefragte Güter produziert, am besten eine Landwirtschaft.
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