EU-Plas­tik­steuer: Ein durch­sich­tiges Manöver

Man kann der EU-Kom­mission nicht man­gelnde Krea­ti­vität unter­stellen. Zumindest was ihr Ziel betrifft, endlich eine eigene Steuer erheben zu dürfen, ist sie unendlich ideen­reich. Seit vielen Jahren ver­sucht sie es und macht es sehr geschickt. Denn es ist ja nicht populär, Steuern zu erheben. Ins­be­sondere dann nicht, wenn es sich um völlig neue Steuern handelt.
(Von Frank Schäffler)
Zu Beginn der Finanz­krise schlug die Kom­mission vor, eine Finanz­trans­ak­ti­on­steuer in der EU zu erheben. Alles schimpfte damals auf die ach so unbe­lehr­baren Banken. Da lag es sehr nahe, diese über eine Art Umsatz­steuer ver­meintlich zu belasten. Bis heute ist sie zum Glück nicht rea­li­siert, da deren Erhebung zu komplex ist, sie die Ursachen der Finanz­krise nicht besei­tigen und die Alters­vor­sorge der Men­schen belasten würde.
Jetzt startet die Kom­mission einen neuen Versuch, ihre Eigen­mittel zu erhöhen. Mit dem Aus­tritt der Briten aus der EU klafft eh eine Ein­nah­me­lücke in Mil­li­ar­denhöhe, und der Druck auf die Aus­gaben ist hoch. Da liegt es doch nahe, die eigenen Ein­nahmen zu erhöhen. Alleine über die Zölle kann die Kom­mission derzeit die Höhe ihrer Ein­nahmen bestimmen, der Rest wird ihr durch die Mit­glieds­staaten zuge­wiesen. Viel­leicht ist das auch der Grund wieso die EU beim Abbau der Zölle nicht gerade inter­na­tio­naler Vor­reiter ist. Der Kom­mission in Brüssel ist halt das Hemd näher als der Rock.
Über den künf­tigen mehr­jäh­rigen Finanzplan wird gerade intensiv ver­handelt. Den Druck aus dem Kessel könnte daher eine populäre Steuer nehmen, die direkt in den EU-Haushalt fließt. Und schon ist die Plastik-Steuer auf dem Prä­sen­tier­teller. Auf den Welt­meeren schwimmen Tonnen von Plas­tikmüll, die einfach so ins Meer geworfen werden. Fische und andere Mee­res­tiere nehmen den Müll auf, und er wandert schließlich auch noch über die Nah­rungs­kette in unsere Lebens­mittel. Das ist ohne Zweifel ein wirk­liches und drän­gendes Problem.
EU-Vize­kom­mis­si­ons­prä­sident Jyrki Katainen schlägt daher für die Kom­mission vor, zehn Ein­weg­pro­dukte zu ver­bieten, die seiner Aussage nach 70 Prozent alle Abfälle im Meer ver­ur­sachten. Ob das den Fischen im Pazifik oder Indi­schen Ozean hilft? EU-Kom­missar Oet­tinger will erreichen, dass die EU-Länder, die nicht eine Recy­cling­quote von min­destens 80 Prozent erreichen, für jedes Kilo eines nicht wie­der­ver­wer­teten Kunst­stoffs 80 Cent an die EU zahlen müssen. Ein Trinkhalm müsse ja nicht aus Plastik sein, so der Schwabe. Oet­tinger erhofft sich rund 4 bis 8 Mil­li­arden Euro zusätz­liche Ein­nahmen der EU. Damit hätte er als zustän­diger Haus­halts­kom­missar einen Großteil seiner Haus­halts­pro­bleme gelöst. Doch bei all dieser fis­ka­li­schen Akribie ist es schon not­wendig, den Vor­schlag ins­gesamt einmal zu bewerten.
Unter den 10 größten Ver­schmutzern der Ozeane mit Plas­tikmüll ist kein ein­ziges Land der EU. Auf Platz 1 steht China, gefolgt von Indo­nesien, den Phil­ip­pinen und Vietnam. Dass hei­mi­scher Plas­tikmüll über die Werra, Weser und die Nordsee in den Atlantik gespült wird, ist eher unwahr­scheinlich. Und dass Plas­tikmüll aus Öster­reich über die Donau, das Schwarze Meer und das Mit­telmeer in den Atlantik gelangt eben­falls. Noch unwahr­schein­licher ist es, wenn ein Luxem­burger seinen Plas­tikmüll einfach in die Land­schaft schmeißt, dass dieser im Ozean landet.
Ist die Müll­ent­sorgung über­haupt eine Aufgabe der EU? Es wäre viel­leicht der Fall, wenn Müll aus einem Land in ein anderes Land der EU gekippt würde. Das Problem scheint nicht zu exis­tieren. In Deutschland herrscht ein sehr aus­ge­klü­geltes System der Müll­trennung – vom Dosen­pfand bis zum Grünen Punkt ist alles geregelt. Über den Sinn und Unsinn der Trennung in Deutschland in zahl­reiche Müll­frak­tionen macht man sich auf der ganzen Welt lustig. Aber so sind wir halt. Die Wie­der­ver­wer­tungs­quoten sind hoch und die ther­mi­schen Ver­bren­nungs­an­lagen ent­sprechen dem Stand der Technik. Gibt es über­haupt einen Hand­lungs­bedarf? Auf natio­naler und ins­be­sondere auf euro­päi­scher Ebene sicherlich nicht.
In Ländern, wo die Meere mit Plas­tikmüll ver­schmutzt werden, fehlt es an einem aus­rei­chenden Schutz des Eigentums. Nur wer rechts­sicher Eigentum erwerben und behalten kann, hegt und pflegt dieses, auch über Gene­ra­tionen hinaus. Der Hotel­be­sitzer am Strand hat ein Interesse, seinen Strand von Müll sauber zu halten. Der Fischer an der Küste hat generell ein Interesse an sau­beren Fang­gründen und der Landwirt möchte nicht, dass seine Äcker und die angren­zenden Bäche voll­ge­müllt werden. Sie alle haben auch kein Interesse daran, dass andere Plas­tikmüll auf offener See ver­klappen. Rational unter­stützen sie deshalb Par­teien und Regie­rungen in ihrem Land, die ihre Lebens­grund­lagen erhalten und gegen Umwelt­sünder vor­gehen. Daher sind Demo­kratie, Rechts­staat und die Markt­wirt­schaft tra­gende Säulen dieses Eigentumsschutzes.
Wenn es nur darum geht, mög­lichst schnell sein Grund und Boden aus­zu­beuten, weil man nicht gewiss sein kann, dass es einem noch über­morgen gehört, landet man unwei­gerlich in der ver­ant­wor­tungs­losen Gesell­schaft. Dort muss man keine Rück­sicht darauf nehmen, was später pas­siert. Grund und Boden und mit­telbar dann auch die Meere können erst zum Opfer der „Tragik der All­mende“ werden, wenn Ver­ant­wor­tungs­lo­sigkeit herrscht. Wer die Welt­meere retten will, muss daher das Eigentum schützen.


Quelle: Pro­me­theus – Das Freiheitsinstitut