Von Charles Krüger
Unser Geldsystem macht es extrem leicht, sich zu verschulden. Die Nullzinspolitik der Zentralbank ist ein maßgeblicher Teil davon.
Was bedeutet das, ganz einfach erklärt?
Zinsen sind der Preis für Geld. D.h. wenn du z.B. einen 5.000 Euro Kredit aufnehmen willst, dann sagen die Zinsen, wie teuer das ist, z.B. 3%. D.h. man muss die 5000 Euro plus 3% extra zurückgeben. Je niedriger die Zinsen, desto billiger kommt man an Geld bzw. an Kredite. Und je billiger Kredite sind, desto mehr neigen die Menschen dazu, Kredite aufzunehmen und sich verschulden.
Meine Kamera z.B. habe ich mit einer 0‑Prozent-Finanzierung gekauft. Hätte ich es direkt kaufen müssen, dann hätte ich es vielleicht nicht gemacht. Oder ich hätte noch ein paar Monate gewartet. Aber da ich die Kamera per Finanzierung kaufen konnte, hatte ich die Kamera sofort und konnte sie bequem über 3 Jahre hinweg abbezahlen und muss nicht mal Zinsen bezahlen. D.h. ich bezahl den gleichen Preis, nur über mehrere Jahre hinweg.
Niedrige Zinsen verleiten die Menschen im Allgemeinen, Sachen zu kaufen, die sie nicht kaufen würden, wenn sie normale Zinsen wie 3%, 4%, 5% oder 6% bezahlen müssten oder wenn sie den Preis direkt bezahlen müssen. Bei einer Sache kann man sich absolut sicher sein: Immer, wenn z.B. Media-Markt oder Saturn eine 0‑Prozent-Finanzierung anbietet, führt das dazu, dass unzählige Menschen sich Dinge kaufen, die sie sich eigentlich gar nicht leisten können: Neuer Fernseher, neuer Computer, neues Handy etc.
Und genau den gleichen Effekt haben extrem niedrige Zinsen von der Zentralbank auf das Finanzsystem. Da man so billig an Geld kommt, hat man einen riesigen Anreiz, sich zu verschulden, genau wie man sich mit den 0‑Prozent-Finanzierungen auf ein Mal einen Fernseher kauft, den man sich eigentlich gar nichts leisten kann.
Das Problem ist aber, man kann nicht langfristig eine stabile Gesellschaft haben, wenn man nur Konsum, Konsum, Konsum hat und die Menschen sich immer stärker verschulden, um noch mehr konsumieren zu können. Und hier sind wir bei dem Grundproblem, nämlich, dass wir ein staatliches Geldsystem haben, bei dem die Zentralbank die Zinsen manipulieren kann und die Zentralbank die Zinsen immer so manipuliert, dass die Leute zu mehr Konsum und mehr Verschuldung getrieben werden.
Schauen wir uns die Alternative dazu an: In einem marktwirtschaftlichen Geldsystem mit marktwirtschaftlichen Zinsen würden die Zinsen durch Angebot und Nachfrage bestimmt werden. Das bedeutet, wenn die Menschen viel sparen und wenig konsumieren, dann würden die Zinsen fallen. Das wäre das perfekte Signal für die Unternehmer zu investieren, weil viel Geld in der Bevölkerung vorhanden ist, weil alle viel sparen und dieses Geld in der Zukunft sicherlich gerne ausgeben würden.
Das Gegenteil gilt auch: Wenn die Menschen viel Geld ausgeben und entsprechend kaum etwas sparen, dann würden die Zinssätze langfristig steigen. Das würde Investitionen verringern, was in dem Fall eine gute Sache ist, da die Menschen nicht unendlich lange viel Geld ausgeben und nichts sparen können. Irgendwann wird man wieder Ersparnisse aufbauen müssen, weshalb die Menschen weniger Geld ausgeben werden, weshalb es nicht sinnvoll ist, an dem Punkt in neue Produktion zu investieren, wenn die Leute gerade anfangen zu sparen.
Wir könnten noch viel weiter ins Detail gehen, aber der Punkt ist einfach: Ein marktwirtschaftlicher Zinssatz würde exakt die Konsumbereitschaft der Menschen wiederspiegeln und den Unternehmen damit die richtigen Anreize zur richtigen Zeit geben, zu investieren. Das System wäre zudem nachhaltig, weil es sowohl Konsum als auch das Aufbauen von Ersparnissen in einem ausgewogenen Verhältnis begünstigt.
Oder mit anderen Worten: Um nachhaltig zu sein, braucht man sowohl Konsum als auch den Aufbau von Ersparnissen. Man will nicht, dass die Leute nur sparen und man will nicht, dass die Leute ihr Geld nur ausgeben, sondern das nachhaltige Optimum ist dort, wo es eine Balance zwischen Ersparnissen und Ausgaben gibt. Dafür braucht es aber unmanipulierte Zinssätze.
Heutzutage werden Zinssätze künstlich dauerhaft geringgehalten, was nur die eine Seite des Gleichgewichts zum Ausdruck kommen lässt: hoher Konsum, geringe Bildung von Ersparnissen und sogar stetig steigende Verschuldung, um einfach immer mehr und mehr zu konsumieren. Alle sind im Konsumwahn und das Geldsystem ist die Ursache.
Es ist absolut unnachhaltig, weil Ersparnisse schlussendlich irgendwann aufgebraucht sein werden, während gleichzeitig die Verschuldung, sowohl von Privatpersonen, Unternehmen als auch beim Staat, ins Unermessliche steigen wird. Man muss irgendwann seinen Konsum zurückschrauben und wieder Ersparnisse aufbauen, damit man in Zukunft wieder konsumieren kann, aber unser Geldsystem sorgt mit den künstlich niedrigen Zinsen dafür, dass gerade dieser ausgleichende Faktor nicht eintritt!
Ganz im Gegenteil: Wenn man heutzutage viel spart, dann wird man sogar noch dafür bestraft, weil die Inflation den Wert des Geldes auffrisst. Wenn man z.B. 1000 Euro hat und eine Inflationsrate von 2% pro Jahr über 10 Jahre hinweg annimmt, dann haben die 1000 Euro nach den 10 Jahren nur noch eine Kaufkraft von ca. 820 Euro. D.h. das Geld hat weniger Wert und deshalb kann man weniger damit kaufen. Geld wird also permanent wertloser, weil in unserem Papiergeldsystem ständig neues Geld erzeugt wird.
Man wird also systematisch dazu gedrängt, viel zu konsumieren, sein Geld auszugeben (weil wenn man es nicht ausgibt, wird es immer wertloser) und es wird den Menschen immer leichter gemacht, sich zu verschulden, aber man wird bestraft, wenn man Ersparnisse aufbauen will, indem die Ersparnisse ständig wertloser werden. Man muss kein Ökonom sein, um zu verstehen, dass das nicht nachhaltig ist.
Gerade Deutschland leidet sehr unter der Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank, weil Deutsche ein Volk von Sparern sind. Wir waren typischerweise vernünftiger und sparsamer, was dazu geführt hat, dass wir mehr Wohlstand als praktische alle anderen Länder Europas produzierten (mit Ausnahme der Schweiz, die auch heute noch ein sehr wohlhabendes und sehr sparsames Land ist).
Tugenden, die weltweit mit den Deutschen assoziiert werden, wie Sparsamkeit, Pünktlichkeit und Genauigkeit, haben dafür gesorgt, dass wir über Jahrzehnte krisensicherer und wohlhabender waren als fast alle anderen Ländern Europas. Es war sogar so, dass die Deutsche Mark ein sicherer Hafen während Krisen war. Wenn eine Krise kam und die Südeuropäer jeweils ihre Währungen aufweichen, dann konnte man sein Geld in der Deutschen D‑Mark anlegen, die sehr stabil gehalten wurde, und man konnte sicher sein, dass die Währung ihren Wert größtenteils erhalten wird.
Ursprünglich sollte die Europäische Zentralbank den Euro deshalb genauso stabil halten wie die Bundesbank die D‑Mark, aber genau das Gegenteil ist passiert. Heute verwaltet die Europäische Zentralbank den Euro wie eine südeuropäische Zentralbank, die Unmengen an Geld in den Markt pumpt, die Zinsen niedrig hält und das Währungssystem damit zu einem Kartenhaus macht.
Zudem führen die künstlich niedrigen Zinsen dazu, dass immer mehr Zombie-Unternehmen entstehen. Was ist ein Zombie-Unternehmen? Ein Zombie-Unternehmen ist ein Unternehmen, das nur durch die Möglichkeit auf billiges Geld am Leben erhalten wird. Sobald dieser Geldstrom aufhören würde, würde das Unternehmen sofort pleitegehen, weil es unter normalen Bedingungen überhaupt nicht überleben könnte. Es ist also praktisch ein Pleiteunternehmen, was nur durch das billige Geld am Leben erhalten wird. Das hat nicht mehr das Geringste mit einem freien Markt zu tun.
Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich schätzte, dass ca. 10% der Unternehmen in den 14 wichtigsten Industrieländern sofort Probleme hätten, wenn die Zinsen ansteigen würden. Jedes 10. Unternehmen ist also Kartenhaus, das droht zusammenzufallen, wenn die kleinste Brise kommt. Und wenn jedes 10. Unternehmen droht pleitezugehen, dann hängen da nicht nur unzählige Arbeitsplätze daran, sondern dann sind große Teile der gesamten Wirtschaft schon jetzt halbtot und man wartet eigentlich nur, bis das Unvermeidliche eintritt und diese Unternehmen nacheinander implodieren.
Und wir reden hier nicht von irgendwelchen kleinen Unternehmen. Laut einer Studie der Bank of America sind 9% der 600 größten börsennotierten Unternehmen in Europa lebende Tote. Wenn das Geld aufhört zu fließen, droht ihr Zusammenbruch. Gerade bei den großen börsennotierten Unternehmen hängen super viele Arbeitsplätze und Wirtschaftsleistung daran. Diese Unternehmen haben typischerweise unzählige Zulieferbetriebe und Firmen, die von ihnen abhängen, sodass die Pleite eines dieser Unternehmen ganze Wirtschaftszweige mitrunterziehen könnten.
Bei kleineren Unternehmen schätzt man die Quote der Zombieunternehmen übrigens als noch viel höher ein.
Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich kommt aber zum selben Schluss, wer hier die ganzen Probleme verursacht: „Ein klarer Seitenhieb in Richtung der Notenbanken: Immerhin warnt die BIZ seit Jahren vor den Nebenwirkungen der ultralockeren Geldpolitik – und vor dem Crash, zu dem das alles irgendwann führen wird.“
Und das ist genau das Problem. Da das Geldsystem seit Jahrzehnten dazu führt, dass die Menschen nur konsumieren, konsumieren, konsumieren und sich sogar verschulden, um mehr zu konsumieren, während sie praktisch keine Ersparnisse haben und auch keine aufbauen können, ist unsere Wirtschaft völlig instabil. Alle sind verschuldet: Privatpersonen, Unternehmen, Staaten. Alle machen genau das, was das Geldsystem ihnen als Anreiz gibt: ganz viel Geld ausgeben, Schulden aufnehmen und wenig bis gar nichts zurücklegen.
Und was meinen Sie, wird passieren, wenn wie bei der letzten Krise erste Banken pleitegehen und Umsätze überall fallen. Als Unternehmen kann man es vielleicht verkraften, wenn man mal ein Jahr 20% Prozent weniger Geld verdient, wenn man Rücklagen hat. Aber was macht man, wenn man keine Rücklagen hat, sondern sogar verschuldet ist?!
Genau das gleiche gilt für Privatpersonen: Wenn man während einer Krise seinen Job verliert, ist das vielleicht nicht so schlimm, wenn man ganz viel gespart hat, sodass man ein paar Monate über die Runden kommt, bis man wieder einen Job hat. Aber was macht man, wenn man schon pleite war, als man seinen Job noch hatte und diesen jetzt verliert?!
Eine Gesellschaft ohne Ersparnisse und Rücklagen ist wie eine Zeitbombe, bei der man nicht genau weiß, wann sie explodieren wird, aber man ganz sicher weiß, dass der Zeitpunkt irgendwann kommen wird. Es ist einfach ein logischer Fakt: Man kann nicht unbegrenzt lange auf Pump leben!
Gesellschaften, in der viele Ersparnisse vorhanden sind, sind relativ krisensicher, weil man mit vielen Rücklagen relativ problemlos damit umgehen kann, wenn es mal ein paar Jahre nicht gut läuft. Das waren wir Deutsche typischerweise, bevor der Euro eingeführt wurde.
Wenn man allerdings schon vor der Krise extrem verschuldet ist, große Teile der Wirtschaft praktisch pleite sind, und niemand mehr Ersparnisse hat, weder Privatpersonen noch Unternehmen, dann ist es ein Leichtes, dass eine Krise gigantischen Schaden verursacht. Und dann bringt es auch nix, dass Deutschland ein paar Prozentpunkt von der Verschuldung abgebaut hat, wenn 1. Deutschland immer noch viel höher verschuldet ist, als allein vor der letzten Krise, und 2. von Deutschland erwartet wird, dass sie in der nächsten Krise ganz Europa retten, weil alle noch viel verschuldeter sind.
Und auch die Zentralbank hat ihr gesamtes Pulver schon verschossen. Normalerweise hat man die Zinsen während einer Krise gesenkt. Das ist praktisch nicht mehr möglich, weil die Zinsen bereits am Nullpunkt sind, obwohl wir angeblich schon seit mehreren Jahren aus der Krise raus sind. Was will die Zentralbank noch machen, wenn man schon in nicht-Krisenzeiten alle Tricks ausgespielt hat?
Das einzige, was man noch machen kann, ist die Gelddruckmaschine anzuwerfen und Unmengen an Geld in den Markt zu pumpen, was unser aller Geld weiter massiv entwerten wird, was das Bilden von Ersparnissen weiter bestrafen wird und weiter dazu führen wird, dass die Leute ihr letztes Geld ausgeben, wodurch die Probleme weiter zunehmen werden.
Und das ist nämlich der Punkt: Alles, was die Zentralbank noch machen kann, wird extreme negative Folgen verursachen. Wenn die Zentralbank die Zinsen niedrig belässt, dann werden alle Probleme verstärkt, die wir bis jetzt angesprochen haben: Ersparnisse werden weiter aufgebraucht, Schulden aufgenommen und die Wirtschaft wird ständig instabiler.
Wenn die Zentralbank allerdings die Zinsen erhöht, dann werden reihenweise die ganzen Zombieunternehmen pleitegehen und Millionen von Arbeitsplätzen mitnehmen. Zudem würde das allen schaden, die verschuldet sind, was praktisch alle sind: Privatpersonen, Unternehmen und Staaten.
Also egal, was die Zentralbank macht, sie erzeugt Probleme. Die Zinsen niedrig zu lassen, würden den Crash herauszögern, aber dafür schlussendlich schlimmer machen, aber die Zinsen zu erhöhen, würde den Crash sofort stattfinden lassen. Wie entscheidet man sich da?! Würden Sie der sein, der den Crash herbeiführt und dann verantwortlich gemacht wird, oder würden Sie der sein, der den Crash herauszögert, aber damit verschlimmert, und währenddessen so tut, als wäre alles in Ordnung? Keine leichte Entscheidung.
Aber man darf auch nicht vergessen, dass jeder Crash auch eine Chance ist. In jeder Krise kann man profitieren. Und ich denke, in der nächsten Krise werden wir ein nie dagewesen Anstieg von Kryptowährungen sehen, weil Kryptowährungen genau die Lösung bieten: Unmanipulierbarkeit, niemand kann die Zinsen künstlich runtertreiben, niemand kann bei Bitcoin Ersparnisse zerstören oder aufweichen.
Bargeld ist beispielsweise zwar schön und gut, aber Bargeld wird massiv entwertet werden.
Und wenn man Kryptowährungen nicht magt, dann sollte man zumindest Gold und Silber nehmen. Das schlimmste ist jedoch, während einer Krise einfach nur Papiergeld zu halten. Die Zentralbanken und Staaten freut das sicher, weil sie dann Ihre Kaufkraft aufweichen können, um Pleiteunternehmen, Pleitebanken und Pleitestaaten damit zu retten, aber Sie sind dann halt der, der alles bezahlen muss. Wenn man hingegen Gold oder Bitcoin hält, können Zentralbanken und Staaten den Wert davon nicht einfach künstlich aufweichen.
Der wichtigste Teil einer Währung ist immer, dass man es nicht unendlich entwerten kann, indem man es unendlich neuerzeugt. Bitcoins können nicht unendlich neuerzeugt werden. Gold kann nicht unendlich neuerzeugt werden. Papiergeld kann hingegen super einfach unendlich neuerzeugt werden. Man muss es nicht mal ausdrucken, sondern man schreibt einfach ein paar Zahlen in einen Computer in der Zentralbank und schon ist aus dem Nichts erzeugtes Geld da. Alles ist besser als das!
Ungedecktes Papiergeld, das von einer zentralen Institution, der Zentralbank, beliebig manipuliert und entwertet werden kann, ist buchstäblich die destruktivste Sache der Menschheitsgeschichte, die nur durch die blutrünstige Idee getoppt wird, zwei völlig sinnlose Weltkriege gegeneinander zu kämpfen, die im Übrigen auch nur gekämpft werden konnten, weil es Papiergeld gab, was man beliebig entwerten konnte, um die ganzen Kosten der Kriege zu bezahlen, während die Kriege unter einem stabilen Geldsystem ganz schnell unbezahlbar gewesen wären.
Ursprünglich veröffentlicht auf charleskrueger.de