Als First Lady war sie eher nichtssagend. Ihr Ehemann, Barrack Obama, war der Shooting Star, als er zum ersten Mal als Präsidentschaftskandidat antrat. Er schaffte es, mit seiner lockeren, intellektuell-jungenhaft-eleganten Art die Herzen der Amerikaner zu erobern.
Zur Illustration: Es gab damals, während Obamas Wahlkampf, in den Staaten den höchst sarkastischen Witz, wie in den traditionell superkonservativen Südstaaten, in denen auch heute der Rassismus noch nicht gänzlich verschwunden ist, eine Wahlumfrage von Haus zu Haus gemacht wird. Der Interviewer klingelt an der Tür eines Ku-Klux-Klan-Mitglieds. Die Frau öffnet und wird gefragt „Wem werden Sie denn bei den Wahlen ihre Stimme geben?“ Da ruft der Mann von hinten her: „Den N*** natürlich!“
Nun hat also Ex-Präsident Obamas Ehefrau, Michelle Obama, ein Buch geschrieben. Es heißt „Becoming“. Man könnte das mit „Werden“ übersetzen. Im Deutschen soll das Buch „Meine Geschichte” heißen.
Frau Obama macht gerade eine große Reise durch die USA und stellt ihr Buch vor. Die Plätze bei ihren Veranstaltungen sind ausverkauft, die Karten dafür werden auf dem Schwarzmarkt gehandelt. Die billigsten Plätze kosten 200 Dollar, die teuren 3.000 Dollar. Die erste Auflage des Buches ist fast verkauft. Auf einer Buchpräsentation kommt superlässig ihr Gatte hereingeschlendert, im legeren Outfit und ganz inoffiziell. Er setzt sich auf Ihre Sessellehne und lobpreist seine großartige Frau. Der Saal ist hauptsächlich voll mit afroamerikanischen Frauen. Sie toben vor Begeisterung, Michelle Obama ist ihr Vorbild.
Interessant ist die Wahrnehmung der deutschen Mainstreammedien. Wenden wir uns einem Artikel der Augsburger Allgemeinen zu. Der Titel „Die Hoffnung der USA heißt Michelle Obama“.
Oha. An diese Dame hat doch bis gerade eben längst niemand mehr gedacht, und bevor sie nicht mit ihrem Buch auf Verkaufstour gezogen ist, gab es nirgendwo irgendwelche hymnischen Beiträge über Michelle Obama als Hoffnung Amerikas. Wie kommt‘s, dass die bisher so wenig beachtete Frau Obama urplötzlich und unvermittelt quasi als strahlende Erlöserin vom Himmel fällt?
Der Beitrag der Augsburger Allgemeinen besingt Michelle Obama in den höchsten Tönen. Und doch: Trotz aller Hingerissenheit bemerkt auch die Augsburger Allgemeine, dass man hier offensihtlich einer professionellen Propaganda-Inszenierung beiwohnt:
„Bei genauem Hinsehen freilich ist auch die Hauptfigur der perfekt inszenierten Lesereise nicht frei von Widersprüchen. Ein wenig zu perfekt wirken ihre strahlend weiße Bluse, der wirbelnde Faltenrock und die schwarze Dior-Korsage auf dem Cover des Hochglanzmagazins Elle. Für ihre Memoiren streicht Obama einen zweistelligen Millionenbetrag ein. Und bei aller Offenheit wirken ihre Erzählungen doch sehr bewusst komponiert und letztlich stets kontrolliert.“
Wozu also die Multimedia-Superstar-Inszenierung? Nur um ein Buch gut zu verkaufen? Wohl kaum. Die ganze Sache macht den Eindruck, es geht darum, eine neue Identifikationsfigur zu erschaffen. In zwei Jahren ist Wahl. Frau Hillary Clinton würde nicht gewinnen. Ihr Image und das ihres Mannes ist zu sehr eingedunkelt, die Verwicklungen in Pizzagate und die Sexorgien auf Jeffrey Epsteins Insel zu bekannt. Ihre Stiftung mit all den Unregelmäßigkeiten und Korruptionsaffären ist mittlerweile nicht mehr nur im Zwielicht, sondern im vollen Scheinwerferlicht, ihr Geheimnisverrat bewiesen. Dass sie über einen machthungrigen, und bösartigen Charakter verfügt, haben ihre Ex-Mitarbeiter in aller Öffentlichkeit verbreitet. Die Vergewaltigungsvorwürfe gegen ihren Mann sind belegt. Der Name Clinton ist verbrannt.
Man braucht ein neues, unbelastetes Gesicht, das als Identifikationsobjekt dienen kann, gut aussieht, glaubwürdig ist und – wenn möglich, skandalfrei. Und das den Antityp zu Trump darstellt.
Genau das beschreibt auch der Beitrag – naiv oder mit klarer Absicht, sei dahingestellt:
„Das alles ist sehr beeindruckend. Aber vollkommen verstehen lässt sich die ganze Wucht des Michelle-Hypes, der die USA gerade erfasst, nur vor der Folie der Trump-Präsidentschaft. Gerade mal anderthalb Kilometer trennen die Capitol One Arena, in der Michelle Obama das Publikum mitreißt, vom Weißen Haus, in dem jetzt ein polternder weißer Rassist regiert. Der Kontrast zwischen dessen angst- und wutgetriebener Politik und dem idealistischen Fortschrittsglauben seines Vorgängers könnte nicht größer sein. ( … ) Auch der Gegensatz zwischen der früheren und der amtierenden First Lady ist augenscheinlich. Hier eine selbstbewusste Harvard-Absolventin, die humorvoll und lebensklug ihren Werdegang berichtet – dort ein Ex-Model, das einen narzisstischen Milliardär geheiratet hat und sich mit einer mysteriösen Aura des Schweigens umgibt, wenn sie nicht gerade unliebsame Mitarbeiter feuern lässt. (…) Je länger man Michelle Obama zuhört, desto erschreckender scheint, wie sich die USA in zwei Jahren verdunkelt haben. Umso leuchtender strahlt das Konterfei der ‘Präsidentin der Herzen’ von den riesigen Videotafeln. Längst ist die 54-Jährige zur Projektionsfläche für die Träume und Hoffnungen vieler Amerikaner geworden, die sich von den dumpfen Ressentiments und den aggressiven Attacken des amtierenden Präsidenten abgestoßen, beleidigt und angewidert fühlen.“
(Das ist übrigens Originalton Augsburger Allgemeine. So etwas nennt man Qualitätsjournalismus und unvoreingenommene Berichterstattung.)
Das ganze „Setup“, wie man so etwas in der Filmbranche nennt, lässt nur einen Schluss zu. Michelle Obama wird gerade zur Präsidentschaftskandidatin der Demokraten für die Wahl 2020 aufgebaut. Hat die Lichtgestalt Michelle Obama etwas dazu gesagt? Ja, hat sie:
„Und für alle, die es noch nicht begriffen haben, erklärt die vermeintliche Hoffnungsträgerin auf Seite 419 ausdrücklich: ‘Ich habe nicht die Absicht, mich jemals für ein politisches Amt zu bewerben.’“
Wetten, dass Frau Obama etwa ein Jahr vor der Wahl vor die Kameras treten wird und schweren Herzens die Mission annehmen wird, die ihre Fans von ihr fordern. Nämlich als Engel des Guten und des Lichtes das ultimative Opfer für die Menschheit auf sich zu nehmen, in den Wahlkampf für das Gute zu ziehen und dem reinen Bösen in Person Trumps die Stirn zu bieten.
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