Das rus­sische Außen­mi­nis­terium über US-Sank­tionen und die Folgen

Die Spre­cherin des rus­si­schen Außen­mi­nis­te­riums hat in ihrer wöchent­lichen Pres­se­kon­ferenz zu all den Sank­tionen Stellung genommen, mit denen der Westen auf Initiative der USA Russland und andere Länder in den letzten Jahren über­zogen hat. Es ging auch um die Frage, inwieweit diese Sank­tionen über­haupt ihr Ziel erreichen oder in der Ver­gan­genheit erreicht haben und inwieweit sie auch den west­lichen Ländern selbst schaden. Ich habe die offi­zielle Erklärung übersetzt. 
Beginn der Übersetzung
Seit min­destens 1974 und bis heute gab es keinen ein­zigen Tag, an dem keine ame­ri­ka­ni­schen Beschrän­kungen für unser Land galten. Es ist offen­sichtlich, dass unser Land vom US-Estab­lishment seit Jahr­zehnten als Staat betrachtet wird, gegen den das Ein­führen von Sank­tionen ein nor­males Mittel der Wahl ist.
Im Jahr 1974 beschlossen die Ver­ei­nigten Staaten das Jackson-Vanik-Amendment, das die Bereit­stellung staat­licher Kredite und Dar­le­hens­ga­rantien für die UdSSR untersagte.
1980 kam der Boykott der Olym­pi­schen Spiele durch mehr als sechzig Länder, ein­schließlich der Ver­ei­nigten Staaten, zusammen mit anderen west­lichen Staaten, ver­ur­sacht durch die Kritik des Westens an der Inter­vention sowje­ti­scher Truppen in Afgha­nistan. Niemand stellte Fragen: Was kam danach? Warum haben die Ver­ei­nigten Staaten später keine Sank­tionen gegen sich selbst ver­hängt? Das wäre eine inter­es­sante Frage.
1981 kam die Blo­ckade der Erd­gas­pipeline „Urengoy-Pomary-Uzhgorod“, wobei ein Embargo für die Lie­ferung von ame­ri­ka­ni­scher High-Tech-Aus­rüstung an die UdSSR ver­hängt wurde.
Dann gab es eine kurze Pause, aber das bedeutete absolut nicht die Abschaffung der frü­heren Sank­tionen. Es war Ende der 80er- und Anfang der 90er-Jahre. Heute ist his­to­risch klar, womit diese Art von Ruhe ver­bunden war.
1998 kam die wis­sen­schaft­liche „schwarze Liste“ von Orga­ni­sa­tionen, die angeblich die Anti-Iran-Sank­tionen ver­letzt haben. Also quasi Sank­tionen für Sanktionen.
Im Jahr 2012 kam der Magnitsky-Act.
2014 begann die Ära der Sank­tionen im Zusam­menhang mit der Krise in der Ukraine und ab 2018 wegen dem soge­nannten „Fall Skripal“, über den wir bereits oft hier mit Ihnen gesprochen haben.
Bis heute hat die Anzahl der US-Sank­tionen stolze 65 erreicht. Aber haben die ame­ri­ka­ni­schen Kol­legen ihre Ziele erreicht? Nein.
Das ist aber nicht das Inter­es­san­teste. Es stellt sich heraus, dass Sank­tionen auf die inter­na­tio­nalen Han­dels­po­si­tionen ihrer Initia­toren zurück­fallen. Hier sind die objek­tiven Zahlen: Von 2013–2017 sind die Exporte aus der EU nach Russland um fast 50 Mil­li­arden US-Dollar zurück­ge­gangen, was nach Schät­zungen des Euro­päi­schen Par­la­ments zum Verlust von rund 400.000 Arbeits­plätzen in Europa geführt hat. Das Witzige dabei ist, dass der Schaden asym­me­trisch ist, da die US-Exporte nach Russland im gleichen Zeitraum nur um 4 Mil­li­arden US-Dollar abnahmen. Die Europäer müssen einen hohen Preis dafür zahlen, dass sie das Recht, ihre außen­po­li­ti­schen Richt­linien fest­zu­legen, an ihre nord­ame­ri­ka­ni­schen Kol­legen abge­treten haben. Wahr­scheinlich können sie es sich leisten.
Die Sank­tionen sind jedoch auch für die USA selbst schädlich, haupt­sächlich auf­grund der Ver­schlech­terung der lang­fris­tigen Aus­sichten für US-ame­ri­ka­nische Unter­nehmen in Russland. Nach einer Analyse der ame­ri­ka­ni­schen Han­dels­kammer in Russland spüren 84% dieser Unter­nehmen die nega­tiven Aus­wir­kungen. Jedes vierte Unter­nehmen fror neue rus­sische Pro­jekte ein. Mehr als ein Drittel der Befragten gab an, dass die Sank­tionen ihnen Nach­teile im Ver­gleich mit Unter­nehmen aus anderen Ländern brachten. Ein paar Jahre nach Beginn der aktiven Sank­ti­ons­po­litik, die es ame­ri­ka­ni­schen Unter­nehmen fast untersagt, auf dem rus­si­schen Markt zu agieren, wundert man sich über Chinas fan­tas­ti­sches Wachstum, auch in rus­si­scher Richtung. Jetzt beginnen sie mit Sank­tionen gegen China, um dieses Wachstum zu stoppen.
Es ist klar, dass die Sank­tionen zusammen mit den von den Ver­ei­nigten Staaten ein­ge­lei­teten Han­dels­kriegen erheb­liche Aus­wir­kungen auf das Welt­wirt­schafts­system haben und die Grund­lagen der inter­na­tio­nalen Wirt­schafts­ordnung unter­graben. Im Wesent­lichen ging die Bildung der inter­na­tio­nalen Wirt­schafts­be­zie­hungen aus dem recht­lichen Rahmen hervor. Nun ergreifen die Ver­ei­nigten Staaten ent­schlossen Wege, um wirt­schaft­liche Pro­bleme durch aggres­siven Pro­tek­tio­nismus und die kom­pro­misslose Durch­setzung ihrer eigenen Inter­essen zu lösen. Wir sehen in den Medien die Kor­re­spondenz ame­ri­ka­ni­scher Bot­schafter mit der Öffent­lichkeit der Länder, in denen sie arbeiten (dies ist ein Hinweis auf Deutschland und den US-Bot­schafter Grenell, Anm. d. Über­setzers). Dies sind offene Dro­hungen, die sich gegen große, mittlere und kleine Unter­nehmen und im Prinzip an alle Men­schen richten. Erpressung wird jetzt aktiv zur Lösung von Pro­blemen ein­ge­setzt, die sich aus den von den Ver­ei­nigten Staaten ver­hängten Sank­tionen über­haupt erst ergeben haben.
Trotz allem poli­ti­schen Drucks in ihren Hei­mat­ländern ist die west­liche Wirt­schaft immer noch an Kon­takten zur rus­si­schen Wirt­schaft inter­es­siert. Unter­nehmen aus vielen euro­päi­schen Ländern, die die Aus­sichten für die Ent­wicklung ihrer Geschäfte mit ihren rus­si­schen Partnern rea­lis­tisch bewerten, nehmen wei­terhin aktiv an inter­na­tio­nalen Messen in Russland teil. So war die ame­ri­ka­nische Wirt­schafts­de­le­gation auf dem SPIEF-2018 (St. Peters­burger Inter­na­tio­nales Wirt­schafts­forum) erneut eine der größten Dele­ga­tionen und hatte mehr als 550 Vertreter.
Auch die gegen­sei­tigen Inves­ti­tionen zwi­schen Russland und dem Ausland werden stärker. Ende 2017 stieg das Volumen der Direkt­in­ves­ti­tionen auf fast 28 Mrd. USD, was fast eine Ver­dop­pelung gegenüber dem Vorjahr darstellte.
Ende der Übersetzung
 


Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru