Deut­liche Worte: Das rus­sische Fern­sehen zu US-Sank­ti­ons­dro­hungen gegen Käufer von ira­ni­schem Öl

In der rus­si­schen Sendung „Nach­richten der Woche“ hat sich der Mode­rator mit den Dro­hungen der USA gegen die Länder beschäftigt, die wei­terhin ira­ni­sches Öl kaufen wollen. Die USA haben mit ihrem Rückzug aus dem Atom­ab­kommen das Abkommen gebrochen, denn ein solcher ein­sei­tiger Rückzug war im Vertrag gar nicht vor­ge­sehen. Nun ist die Frage, lässt sich die Welt von den USA die Bedin­gungen dik­tieren? Und wie verhält sich die EU? Stellt sie sich auf die Seite des inter­na­tio­nalen Rechts oder folgt sie der Linie aus Washington?
Das rus­sische Fern­sehen fand hierzu sehr deut­liche Worte. Ich habe den Beitrag übersetzt.
Beginn der Übersetzung:
Die Ver­ei­nigten Staaten erklärten, dass sie ab dem 2. Mai ein voll­stän­diges welt­weites Verbot für den Kauf von ira­ni­schem Öl ver­hängen. Für alle. Um klar zu machen, dass wir uns nicht verhört haben: Die Spre­cherin des Weißen Hauses, Sarah Sanders, sagte pro­saisch, Donald Trump habe beschlossen, aus­nahmslos allen Länder auf unserem Pla­neten zu ver­bieten, Öl aus dem Iran zu impor­tieren. Alle, die es trotzdem tun, werden mit Sank­tionen bestraft.
Wenn man diese Situation aus dem All betrachten würde, von irgendwo aus einer anderen Galaxie, wie es Science-Fiction-Autoren tun, dann wird gerade aus dieser Per­spektive die Absur­dität und der Sur­rea­lismus des Geschehens offensichtlich.
Man stelle sich einen fernen, von Außer­ir­di­schen bewohnten Pla­neten vor, auf dem es Hun­derte von Staaten, große und kleine, gibt, mit unter­schied­lichen Lebens­weisen und Geschichten. Sie handeln mit­ein­ander mit allem, was sie haben und ver­suchen, friedlich mit­ein­ander zu leben. Aber es gibt einen Staat, nennen wir ihn auch Amerika, der der mäch­tigste unter ihnen, aber nicht all­mächtig ist. Und er ver­langt nun von aus­nahmslos allen, den Handel und die Ver­träge mit einem durch­schnittlich großen, aber stolzen Land zu brechen. Amerika befiehlt und droht. Auf dem fernen Pla­neten ist man damit nicht ein­ver­standen. Man ist dort für die Freiheit. Aber es gibt ein Land, das gegen die Freiheit für andere ist, das nur für die Freiheit nur für sich selbst ist und seine eigene Freiheit nur als das Recht ver­steht, anderen ihre Freiheit zu nehmen.
Aus dieser Geschichte kann man ein Com­pu­ter­spiel, einen Cartoon oder einen fan­tas­ti­schen Thriller über das erstaun­liche Leben in einer fernen Galaxie machen. Und sogar Spider-Man könnte auf­brechen, um alle im Namen der Freiheit zu retten. Und wer wäre in einem solchen Film der wahre Held? Wer stünde Ihrer Meinung nach für das Gute und wer wäre der Böse­wicht? Ich denke, das ist für uns alle offensichtlich.
Aber wenn wir in unsere Galaxie zurück­kehren und uns den dritten Pla­neten unseres Son­nen­sys­temes anschauen, wir nennen ihn Erde, sehen wir, dass genau ein solcher Thriller jetzt hier läuft, vor unseren Augen, bei dem ein Staat, die USA, alle anderen bedroht und ver­sucht, dem ganzen Pla­neten Befehle zu geben.
Dabei bezieht sich Amerika nur auf sich selbst und sagt, es sei unzu­frieden, weil der Iran angeblich das Atom­ab­kommen nicht einhält, in dem er sich ver­pflichtet hat, seine Atom­in­dustrie im Gegenzug für die Auf­hebung der Sank­tionen nur auf fried­liche Art zu nutzen. Aber alle anderen Ver­trags­partner, und das sind immerhin Groß­bri­tannien, Deutschland, China, Russland und Frank­reich, stimmen nicht mit Amerika überein und meinen, dass der Iran den Vertrag einhält und sich korrekt verhält. Die inter­na­tionale Über­wa­chungs­be­hörde, die IAEA, ist der­selben Meinung. Aber was gilt all das, wenn es um den ame­ri­ka­ni­schen Exzep­tio­na­lismus geht?
Allen zu ver­bieten, Öl aus dem Iran zu kaufen, ist nur ein Bei­spiel von vielen. Aber wer kauft Öl aus dem Iran? Der wich­tigste Käufer ist China. Wie reagiert China? China ordnet sich den USA nicht unter. Das ist die Erklärung des chi­ne­si­schen Außen­mi­nis­te­riums: „China lehnt ein­seitige Sank­tionen ab. Die Zusam­men­arbeit zwi­schen China und dem Iran ist offen, trans­parent und recht­mäßig. Das muss respek­tiert werden. Die chi­ne­sische Regierung wird die legi­timen Inter­essen ihrer Unter­nehmen mit allen Mitteln schützen.“
Süd­korea und Indien wollen auf das ira­nische Öl auch nicht ver­zichten, sie warten ab, in der Hoffnung, dass Trump für sie eine Aus­nahme machen könnte. Japan, bei dem der Anteil ira­ni­schen Öls nur 3 Prozent aus­macht, reagiert aus­wei­chend. Aber für die Türkei ist das Recht auf freien Handel mit dem Iran eine Grundsatzfrage.
„Die Türkei ist dagegen, solche Schritte zu ver­hängen. Uns vor­zu­schreiben, bei welchem Land wir anstelle des Irans Öl kaufen sollen, bedeutet, die Grenzen des zuläs­sigen zu über­schreiten“, sagte der tür­kische Außen­mi­nister Mevlut Cavusoglu.
Wie man sehen kann, ist es für die Ame­ri­kaner nicht möglich, ab dem 2. Mai den gesamten Ölexport des Iran zu beenden. Das ist schon klar. Und was ist das Ergebnis? Zumindest sind die Ölpreise schon gestiegen. Die sym­bo­lische Marke von 75 Dollar für ein Barrel der Marke Brent wurde über­schritten. Nun ist der Preis so hoch, wie seit Oktober ver­gan­genen Jahres nicht mehr. Vor dem Hin­ter­grund dessen, was die USA mit Vene­zuela machen, können die Preise noch viel höher steigen.
Nützt das wenigstens irgend­je­mandem? Viel­leicht Saudi-Arabien oder den Ver­ei­nigten Ara­bi­schen Emi­raten? Oder viel­leicht Russland? Jeder Dollar, um den der Ölpreis steigt, bringt Mil­li­arden Dollar in unseren Staats­haushalt. Aber Ver­zeihung, wir haben Prin­zipien. Wenn wir den Grundsatz akzep­tieren, dass die Ver­ei­nigten Staaten das Recht haben, der ganzen Welt den Kauf von Boden­schätzen aus einem Land zu ver­bieten, dann könnte das eines Tages auch Saudi-Arabien und die Emirate treffen.
Oder sagen wir, Amerika will plötzlich allen ver­bieten, Öl und Gas in Russland zu kaufen. Ist das normal? Und warum nur Öl, viel­leicht noch etwas anderes: Dia­manten, Holz oder Getreide? Und in einem anderen Land gibt es Bananen oder Kaffee. Und Deutschland hat Autos. Und China hat alles. Wenn man einmal einer solchen Ordnung zustimmt, wohin soll das noch führen? Und was wird aus unserer Welt, wenn sie nach dem Willen der Ver­ei­nigten Staaten geformt wird?
Zusam­men­fassend und in ein­fachen Worten aus­ge­drückt: Trump wendet sich jetzt gegen die Freiheit im All­ge­meinen und gegen die Freiheit des Handels im Beson­deren, gegen die Freiheit der Ent­schei­dungs­findung sou­ve­räner Länder und gegen die Freiheit, sich Geschäfts­partner selbst aus­zu­suchen. Amerika, das sich immer auf den Kult der Freiheit und des Wett­be­werbs beruft, wendet sich gegen den Wett­bewerb und nur für seinen eigenen Exzep­tio­na­lismus. Das funk­tio­niert nicht.
Für die Welt ist es ein ent­schei­dender Test. Zum Bei­spiel für die Euro­päische Union, die den Ver­trags­bruch der USA mit dem Iran von Anfang an als unbe­rechtigt empfand. Und was wird Europa jetzt tun, da Amerika weiter geht und ver­sucht, beginnend mit dem Iran, eine neue Welt­ordnung ein­zu­führen? Ist es bereit, sich mit Washington zu soli­da­ri­sieren? Wo sind sie, die euro­päi­schen Prin­zipien? Zählt Europa über­haupt noch irgendwas in der Weltpolitik?
Aber es gibt noch eine andere Seite der ame­ri­ka­ni­schen Ein­fachheit. Der Iran selbst ist gezwungen, sich zu ver­tei­digen, da er buch­stäblich in die Enge getrieben worden ist. Was wäre, wenn der Iran sein Atom­pro­gramm wieder akti­viert? Schließlich wurde es im Gegenzug für die Auf­hebung der Sank­tionen ein­ge­froren, nun hat sich die Lage geändert. Und was dann? Hat man das in den USA bedacht? Sie kommen nicht einmal mit Nord­korea zurecht. Und jetzt schaffen sie sich selbst ein ira­ni­sches Problem. Ist das schlau? Nein, es ist dumm.
Inter­es­san­ter­weise ver­suchen die Ame­ri­kaner im gleichen Stil mit Russland zu sprechen. So erin­nerte der US-Bot­schafter in Moskau, Huntsman, plötzlich den Kreml daran, dass es zwei ame­ri­ka­nische Flug­zeug­trä­ger­gruppen im Mit­telmeer gibt, die, wie er sagte, „jeweils hun­dert­tausend Tonnen inter­na­tionale Diplo­matie“ dar­stellen. Moskau spuckt, natürlich nicht auf Bot­schafter Huntsman, sondern auf eine solche ame­ri­ka­nische Politik gegen den ganzen Pla­neten. Es spuckt aus, weil so eine Politik weder Respekt und noch weniger Zustimmung her­vor­rufen kann.
Zum Kräf­te­ver­hältnis auf dem Wasser sei gesagt, dass das erste atomare U‑Boot, das die Unter­was­ser­drohne „Poseidon“ tragen kann, die unsichtbar ist für Unter­was­ser­or­tungs­geräte und unver­wundbar durch ame­ri­ka­nische Tor­pedos, vom Stapel gelaufen ist. Die Unter­was­ser­drohnen vom Typ „Poseidon“ sind tödlich für Flug­zeug­träger. Die USA haben kein Gegen­mittel gegen „Poseidon“.
Das sind meine Gedanken über das Vor­gehen der Ver­ei­nigten Staaten gegenüber dem Iran. Wie wir sehen, geht es nicht um den Iran. Es geht ums Prinzip.
Ende der Übersetzung
Wenn Sie sich dafür inter­es­sieren, wie Russland auf die Fragen der inter­na­tio­nalen Politik blickt, dann sollten Sie sich die Beschreibung meines Buches ansehen, in dem ich Putin direkt und unge­kürzt in langen Zitaten zu Wort kommen lasse. Der ame­ri­ka­nische Exzep­tio­na­lismus ist dort ein Thema, das immer wieder vor­kommt und von Putin in deut­lichen Worte kri­ti­siert wird. Das sind Aus­sagen, über die in den west­lichen Medien nie berichtet wird.


Thomas Röper – www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Ost­europa in ver­schie­denen Ver­si­che­rungs- und Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­nehmen in Ost­europa und Russland Vor­stands- und Auf­sichts­rats­po­si­tionen bekleidet, bevor er sich ent­schloss, sich als unab­hän­giger Unter­neh­mens­be­rater in seiner Wahl­heimat St. Petersburg nie­der­zu­lassen. Er lebt ins­gesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite  www.anti-spiegel.ru. Die Schwer­punkte seiner medi­en­kri­ti­schen Arbeit sind das (mediale) Russ­landbild in Deutschland, Kritik an der Bericht­erstattung west­licher Medien im All­ge­meinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vla­dimir Putin: Seht Ihr, was Ihr ange­richtet habt?“