Das rus­sische Außen­mi­nis­terium über den Kon­flikt mit dem Iran

Bei ihrer Pres­se­kon­ferenz am letzten Don­nerstag hat die Spre­cherin des rus­si­schen Außen­mi­nis­te­riums sich zur Situation rund um den Iran geäußert. Wieder einmal klingt die Beschreibung der Situation dabei völlig anders, als bei deut­schen Medien oder Politikern.
Ich habe die offi­zielle Erklärung Russ­lands zum Iran über­setzt. Da ich regel­mäßig über die Ent­wicklung des Kon­fliktes geschrieben habe, werde in dem Text Links mit Hin­ter­grund­in­for­ma­tionen setzen.
Beginn der Übersetzung:
Wir sind beun­ruhigt über die deut­liche Zunahme des Kon­flikt­po­ten­zials in der Region am Per­si­schen Golf. Die Ent­wick­lungen bewegen sich in der Tat in eine gefähr­liche Richtung und bergen die Risiken einer groß ange­legten mili­tä­ri­schen Kon­fron­tation in sich.
Die USA ver­schärfen die Situation absichtlich, auch durch den Akt der Pira­terie gegenüber einem ira­ni­schen Tanker bei Gibraltar, um damit die Erhöhung der US-Mili­tär­präsenz im Per­si­schen Golf unter dem Vorwand der „Sicherung der Freiheit der Schiff­fahrt“ zu recht­fer­tigen. Dabei werden andere Länder, auch solche, die weit von der Region ent­fernt liegen, in diese pro­vo­ka­tiven Aben­teuer hin­ein­ge­zogen. Sie for­mieren bereits eine „Mari­ne­ko­alition“. Dies ist ein beliebter Trick der letzten Jahre: sich nicht auf Basis des Völ­ker­rechts zusammen zu finden, um Frieden und Sta­bi­lität zu erhalten, sondern statt­dessen irgend­welche Koali­tionen zu bilden, deren Befug­nisse nicht durch das Völ­ker­recht defi­niert sind und die auf keinem legi­timen Boden stehen, sondern einfach auf der Grundlage der aktu­ellen Inter­essen einer bestimmten Gruppe von Ländern handeln. Die „Mari­ne­ko­alition“ soll nicht den Frieden auf­recht­erhalten, sondern Druck auf den Iran ausüben, leider wird die „erste Geige“ von den Ver­ei­nigten Staaten gespielt. 
Wir möchten Sie daran erinnern, dass der Schiffs­verkehr durch die Straße von Hormus vor dem ein­sei­tigen Rückzug der Ver­ei­nigten Staaten aus dem Atom­ab­kommen stabil und ruhig ver­laufen ist. Es gab kei­nerlei Not­wen­digkeit, irgend­welche Koali­tionen zu bilden, um die Sicherheit der Schiff­fahrt zu gewähr­leisten, bevor die Ame­ri­kaner begannen, die Situation künstlich zu eskalieren.
Man bekommt das Gefühl, dass Washington nach einem Vorwand sucht, um die Situation zu eska­lieren, die aggressive Rhe­torik gegen den Iran fort­zu­setzen und in eine aktivere und heißere Phase des Kon­flikts ein­zu­treten. Gleich­zeitig ori­en­tieren sie sich vor allem an ihrem innen­po­li­ti­schen Kalender, an der nächsten Wahl. Wir sprechen jedes Mal darüber und erklären, dass dies eine bös­artige Politik ist: um Unter­stützung beim Wähler zu bekommen, wird die öffent­liche Meinung mani­pu­liert, wobei skru­pellos das Leben von Zivi­listen in anderen Ländern sowie der eigenen Bürger ris­kiert wird, ein­schließlich ihrer eigenen Sol­daten. Die ame­ri­ka­ni­schen Ver­bün­deten in all diesen Koali­tionen sollten darüber nach­denken, dass sie in ein fremdes Spiel hin­ein­ge­zogen werden und sie dabei wieder nur die Bauern im Spiel der USA sein werden.
Die gegen­wärtige Krise macht es dringend erfor­derlich, eine kohä­rente stra­te­gische Vision für die lang­fristige Sta­bi­li­sierung der Region zu ent­wi­ckeln. Wir schlagen seit vielen Jahren vor, dieses Problem anzu­gehen. Ins­be­sondere ent­wi­ckelten wir das Konzept der kol­lek­tiven Sicherheit am Per­si­schen Golf, welches der stell­ver­tre­tende Außen­mi­nister Bog­danov am 23. Juni aus­führlich beschrieben hat.
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Diese Initiative beruht aus­nahmslos auf der strikten Achtung des Völ­ker­rechts, dem Mul­ti­la­te­ra­lismus und der gleich­be­rech­tigten Betei­ligung aller Staaten in der Region. Wir zählen auf ihre Unterstützung.
Ende der Übersetzung
Wenn Sie sich dafür inter­es­sieren, wie Russland auf die Fragen der inter­na­tio­nalen Politik blickt, dann sollten Sie sich die Beschreibung meines Buches ansehen, in dem ich Putin direkt und unge­kürzt in langen Zitaten zu Wort kommen lasse. Obwohl das Buch Ende 2018 ver­öf­fent­licht wurde, als der Kon­flikt mit dem Iran noch keine nen­nens­werte Rolle in den Medien gespielt hat, war er in Russland schon ein Thema und es gibt sogar ein eigenes Kapitel darüber in dem Buch.

Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Ost­europa in ver­schie­denen Ver­si­che­rungs- und Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­nehmen in Ost­europa und Russland Vor­stands- und Auf­sichts­rats­po­si­tionen bekleidet, bevor er sich ent­schloss, sich als unab­hän­giger Unter­neh­mens­be­rater in seiner Wahl­heimat St. Petersburg nie­der­zu­lassen. Er lebt ins­gesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite  www.anti-spiegel.ru. Die Schwer­punkte seiner medi­en­kri­ti­schen Arbeit sind das (mediale) Russ­landbild in Deutschland, Kritik an der Bericht­erstattung west­licher Medien im All­ge­meinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vla­dimir Putin: Seht Ihr, was Ihr ange­richtet habt?“