Deutsche Presse: Iran stellt USA und EU Bedin­gungen — Stimmt das?

Beim Thema Iran berichten die deut­schen Medien aus­ge­sprochen selektiv und lassen alles weg, was ihnen nicht ins Konzept passt. Daher finden Sie hier die Mel­dungen der letzten Woche, auch die, über die in Deutschland nicht berichtet wurde.
In Deutschland wurde berichtet, dass der von Groß­bri­tannien illegal fest­ge­setzte ira­nische Tanker aus Gibraltar aus­ge­laufen ist, wobei sein Ziel immer noch unbe­kannt ist. Zunächst hieß es, er sei auf dem Weg nach Grie­chenland, dann war die Rede von der Türkei. Die USA haben jedem Land, dass das Öl auf­nimmt, mit Sank­tionen gedroht. Bis heute weiß keiner, wohin der Tanker tat­sächlich fährt. Umso ver­wir­render ist da eine Nach­richt aus dem Iran, das Öl sei schon ver­kauft worden, nur an wen, das wurde nicht gemeldet.
Außerdem konnte man in Deutschland lesen, dass der ira­nische Außen­mi­nister über­ra­schend zum G7-Gipfel gereist ist. Aller­dings brachte das außer schönen Bildern für die Presse keine bekannt gewor­denen Ergeb­nisse. Es scheint fast, dass dies ein wei­terer Coup von Macron ist, der seine Beliebt­heits­werte wieder auf­po­lieren und von den inner-fran­zö­si­schen Pro­blemen ablenken möchte. Genauso inter­pre­tiere ich auch sein plötz­liches Interesse für den bra­si­lia­ni­schen Regenwald. Macron ver­sucht, sich den Fran­zosen als inter­na­tio­naler Macher zu präsentieren.
Was die deut­schen Medien ver­schwiegen, sind die vielen ira­ni­schen Erklä­rungen, die dem Treffen vor­an­ge­gangen sind. Die ganze Woche hat der Iran im Prinzip eine Bot­schaft wie­derholt: Der Iran wird sich sofort wieder an alle Bestim­mungen des Atom­ab­kommens halten, wenn die EU ihre Ver­pflich­tungen aus dem Abkommen umsetzt und den ira­ni­schen Ölhandel möglich macht. Das konnte man – wenn über­haupt – nur sehr ver­klau­su­liert in Deutschland lesen, wie wir noch sehen werden. Dabei ist das der ent­schei­dende Punkt.
Die EU erfüllt nämlich tat­sächlich ihre über­nom­menen Ver­ein­ba­rungen aus dem Abkommen nicht. Die EU hatte sich ver­pflichtet, den ira­ni­schen Handel wieder zu ermög­lichen, wenn der Iran das Atom­ab­kommen einhält. Das hat der Iran unbe­stritten getan, jedoch haben die Staaten der EU so viel Angst vor den USA, dass sie keine Anstren­gungen unter­nehmen, den Zah­lungs­verkehr mit dem Iran zu garan­tieren, damit dieser zumindest mit den Firmen Handel treiben kann, die dazu bereit sind. Statt aber einen Zah­lungs­verkehr mit dem Iran zu garan­tieren, hat die EU eine Art Tausch­börse namens Instex geschaffen, die zu allem Über­fluss noch nicht einmal wirklich funk­tio­niert. Die Hin­ter­gründe zum Atom­ab­kommen finden Sie hier.
Erst gestern hat der ira­nische Außen­mi­nister Zarif der Süd­deut­schen Zeitung ein Interview gegeben, in der er seine Posi­tionen wie­derholt hat. Damit ist das Thema mit einer Woche Ver­spätung auch mal in einer deut­schen Zeitung aufgetaucht.
Trump redet zwar gerne von einem Treffen mit dem Iran und einem Deal, aber der Weg ist noch weit. Der ira­nische Prä­sident macht nämlich ein Ende der US-Sank­tionen zur Vor­be­dingung für ein Treffen und das ist auch verständlich.
Der „Aus­stieg“ aus dem Atom­ab­kommen durch die USA war in Wirk­lichkeit ein Ver­trags­bruch und sogar ein Bruch des Völ­ker­rechts und der Iran fragt, worüber man mit jemandem reden soll, der geschlossene Ver­träge nicht einhält. Ein „Aus­stieg“ aus dem Atom­ab­kommen war nämlich in dem Abkommen gar nicht vor­ge­sehen, damit war es ein ein­deu­tiger Bruch des Ver­trages durch die USA.
Die Ent­scheidung des Iran, sich nun auch nicht mehr an Teile des Abkommens zu halten und wieder Uran stärker anzu­rei­chern, als erlaubt, ist übrigens kein Ver­trags­bruch. Artikel 26 des Atom­ab­kommens gibt Iran aus­drücklich das Recht, dies zu tun, wenn die Ver­trags­partner wieder Sank­tionen ein­führen. Nachdem die USA genau das getan haben, hat der Iran ein ganzes Jahr gewartet, ob die wenigstens die EU endlich ihre über­nom­menen Ver­pflich­tungen umsetzt. Nachdem das nicht geschehen ist, hat der Iran unter Berufung auf Artikel 26 ange­kündigt, nun sei­ner­seits Teile des Abkommens nicht mehr umzusetzen.
Daher ist die ira­nische For­derung, zuerst die Sank­tionen abzu­schaffen, bevor man über weitere Ver­hand­lungen oder gar „Deals“ sprechen kann, durchaus nach­voll­ziehbar. Der Iran lehnt das ja nicht ab, aber er will Ver­trags­brüche auch nicht belohnen.
Aber im Spiegel klingt das, wie immer, ganz anders. Schon die Ein­leitung stimmt den Leser mal wieder in die gewollte Richtung ein:
„Donald Trump sieht gute Chancen für ein Treffen mit Hassan Rohani, um den Kon­flikt mit Teheran zu ent­schärfen. Aber Irans Prä­sident will davon noch nichts wissen.“
Das sug­ge­riert, dass der Iran von einer Ent­schärfung des Kon­fliktes nichts wissen will. Das ist natürlich Unsinn, der Kon­flikt wurde von den USA durch ihren Ver­trags­bruch über­haupt erst geschaffen und dann von ihnen mit immer neuen Sank­tionen und Druck auf andere Staaten ver­schärft, während der Iran dem Treiben der USA ein Jahr lang zuge­sehen hat und sich dabei sogar weiter an das Abkommen gehalten hat, obwohl er dazu nicht einmal mehr ver­pflichtet war.
In dem Spiegel-Artikel kommen dann die üblichen For­mu­lie­rungen und Unwahrheiten:
„Trump hatte das inter­na­tionale Atom­ab­kommen mit Iran ein­seitig auf­ge­kündigt, weil es aus seiner Sicht nicht weit genug geht.“
„Ein­seitig auf­ge­kündigt“ klingt ganz gut und legal, dabei war es ein Ver­trags­bruch und weil der UN-Sicher­heitsrat das Abkommen in einer Reso­lution in den Stand des Völ­ker­rechts gehoben hat, war es auch noch ein Bruch des Völ­ker­rechts. Auch wenn der Spiegel Trump nor­ma­ler­weise non-stop kri­ti­siert, wird der Spiegel wohl nie schreiben, dass die USA das Völ­ker­recht gebrochen haben. Nicht einmal, wenn man es – in diesem Falle völlig zu Recht – ganz alleine Trump anhängen kann.
Und wenn man den Spiegel liest, dann wirkt sogar die völlig berech­tigte For­derung des Iran, wenigstens die EU möge endlich ihre ein­ge­gan­genen Ver­pflich­tungen erfüllen, wie eine aus­ge­machte Frechheit:
„Irans Außen­mi­nister Mohammad Javad Zarif stellte den Euro­päern, die sich um die Auf­recht­erhaltung des Atom­ab­kommens bemühen, eine Bedingung für Irans Koope­ration. „Wir wollen nur in der Lage sein, Öl zu ver­kaufen und unser Geld zu bekommen“, sagte er der „Süd­deut­schen Zeitung“. Zarif rief die am Atom­ab­kommen betei­ligten Europäer – Frank­reich, Deutschland und Groß­bri­tannien – auf, sich nicht von den USA ein­schüchtern zu lassen. „Die USA können Europa nicht ihren Willen auf­zwingen, Europa muss darauf reagieren. Rea­lismus heißt nicht, sich der Nötigung zu unterwerfen.““
Das ist geschickt gemacht vom Spiegel. Er zitiert zwar die von mir oben erwähnten For­de­rungen des Iran korrekt, stellt sie aber durch For­mu­lie­rungen wie „Irans Außen­mi­nister (…) stellte den Euro­päern (…) eine Bedingung“ in ein nega­tives Licht, zumal ja – laut Spiegel – die Europäer „sich um die Auf­recht­erhaltung des Atom­ab­kommens bemühen„.
Was für eine Frechheit vom Iran!
Dabei bemühen die Europäer sich gar nicht. „Bemühen“ könnte man schreiben, wenn sie den USA sagen würden: „Wir garan­tieren einen rei­bungs­losen Zah­lungs­verkehr mit dem Iran, not­falls auch über die EZB“.
Aber davon ist im Spiegel nicht die Rede, statt­dessen wieder nur ver­drehte Fakten, sug­gestive For­mu­lie­rungen und unvoll­ständige Infor­ma­tionen. „Qua­li­täts­jour­na­lismus“ eben.
Fazit: In der Über­schrift habe ich gefragt, ob der Iran der EU und den USA Bedin­gungen stellt. Ja, das tut er. Und zwar fordert er, dass sich die EU und die USA an Ver­sprechen halten, zu denen sie sich in einer Reso­lution des UN-Sicher­heits­rates ver­pflichtet haben.

Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Ost­europa in ver­schie­denen Ver­si­che­rungs- und Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­nehmen in Ost­europa und Russland Vor­stands- und Auf­sichts­rats­po­si­tionen bekleidet, bevor er sich ent­schloss, sich als unab­hän­giger Unter­neh­mens­be­rater in seiner Wahl­heimat St. Petersburg nie­der­zu­lassen. Er lebt ins­gesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite  www.anti-spiegel.ru. Die Schwer­punkte seiner medi­en­kri­ti­schen Arbeit sind das (mediale) Russ­landbild in Deutschland, Kritik an der Bericht­erstattung west­licher Medien im All­ge­meinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vla­dimir Putin: Seht Ihr, was Ihr ange­richtet habt?“