Das rus­sische Fern­sehen über die poli­tische Schlamm­schlacht in den USA

Derzeit schafft es wohl keine Nach­rich­ten­sendung auf der Welt ohne einen Bericht über den poli­ti­schen Zirkus in den USA. Auch das rus­sische Fern­sehen hat am Sonntag im Wochen­rück­blick „Nach­richten der Woche“ wieder einen Blick über den großen Teich geworfen. 
Da das Nar­rativ im Westen fest­steht, ist es immer erfri­schend zu sehen, dass es außerhalb der medialem Fil­ter­blase der west­lichen Medien auch noch ganz andere Ansichten gibt. Russland hat keinen Grund, Trump zu mögen. Selbst unter Obama wurden nicht so viele anti-rus­si­schen Sank­tionen ein­ge­führt, wie unter Trump. Trotzdem ist es inter­essant, dass bei aller Kritik, der Trump im rus­si­schen Fern­sehen aus­ge­setzt ist, er doch eine – in meinen Augen – aus­ge­wogene und faire Bericht­erstattung erhält. Daher habe ich auch diesen Beitrag des rus­si­schen Fern­sehens über das Thema übersetzt.
Beginn der Übersetzung:
Bis zur US-Prä­si­dent­schaftswahl bleibt weniger als ein Jahr. Am 3. November 2020 werden wir wissen, ob Trump sein Weißes Haus behalten wird. Und bis zu diesem Tag wird die gesamte poli­tische Klasse in Amerika nur vom Kampf um die Macht fas­zi­niert sein. Die Demo­kraten werden nach jedem Vorwand suchen, um Trump zu stürzen und er wird um sich schlagen und angreifen.
Jetzt läuft eine weitere Runde dieses Kampfes. Das Amts­ent­he­bungs­ver­fahren gegen den Prä­si­denten wurde im Kon­gress offi­ziell ein­ge­leitet, weil er sich der Ukraine gegenüber nicht wie gewünscht ver­halten hat. Aber Trump hat sich so erfolg­reich ver­teidigt, dass er die Chancen von Biden, der als demo­kra­ti­scher Spit­zen­kan­didat galt, ver­ringert zu haben scheint. Dies zeigt sich zumindest daran, dass ein anderes Schwer­ge­wicht der Demo­kraten, Bloomberg, ins Rennen gegangen ist.
Es sind noch drei Monate bis zu den Vor­wahlen und der „Granit“-Staat, wie New Hamp­shire genannt wird, ist für Biden noch eine Nummer zu groß. Der ehe­malige Vize­prä­sident wird hier Umfragen zufolge von den Sena­toren Bernie Sanders und Elizabeth Warren überholt. Auch ein Bür­ger­meister von Indiana, Pete But­idzic, ist ihm auf den Fersen.
2016 hat New Hamp­shire als erster Staat Donald Trump gewählt. Biden, der kam um Papiere ein­zu­reichen und eine mobile Kam­pagne für das Amts­ent­he­bungs­ver­fahren auf­führen wollte, wurde von Trump-Anhängern an diesem ver­schneiten Tag ein heißer Empfang bereitet. Sie stürmten die Kor­ridore der lokalen Regierung.
Das Kapitols ver­ließen die Trum­pisten als Sieger.
„Wir sind gegen ein Amts­ent­he­bungs­ver­fahren. Der Prä­sident macht alles richtig: die Mauer bauen, neue Arbeits­plätze schaffen. Schauen Sie sich die Zahl der Arbeits­plätze an, schauen Sie sich die Börse an – unsere Wirt­schaft wächst und wächst, und das liegt daran, dass es einen Mann im Weißen Haus gibt, der was davon ver­steht, wie man unsere Wirt­schaft aufbaut und schützt“, sagte Andrew Susi, ein Trump-Anhänger.
Bidens frie­rende Anhänger setzten ihre Mützen auf. Ihr Kan­didat kam nicht. Als poli­tische Alter­native bot sich plötzlich ein älterer Herr an. Der Mann mit einem Gum­mi­stiefel auf dem Kopf, klet­terte auf das Biden-Podium und lächelte freundlich. (Anm. d. Übers.: Im Beitrag wird die surr­reale Szene gezeigt.) Aber im Ernst, es sieht so aus, als ob Biden selbst unter die Stiefel gerät. Unter die Stiefel der Republikaner.
Im Rahmen der Ermitt­lungen zu „Ukraine-Gate“ will Trumps Partei den Sohn des ehe­ma­ligen Vize­prä­si­denten, Hunter Biden ver­hören, der in der Skan­dal­firma Burisma gear­beitet hat und auch Alex­andra Chalup, die den Demo­kraten 2016 half, Schmutz gegen Paul Manafort zu sammeln.
In Joe Bidens Kopf scheint es jedoch nur noch Russland zu geben. „Sie sind vom rus­si­schen Fern­sehen? Kommt zur Besinnung! Hört auf, Europa zu bedrohen! Hört auf, Spielchen zu spielen! Hört auf, Euch in unsere Wahlen ein­zu­mi­schen!“, sagte er in unser Mikrofon.
Eigentlich wollten wir Joe Biden etwas anderes fragen. Ich wollte zum Bei­spiel fragen, ob er Angst vor dem Mil­li­ardär Michael Bloomberg hat. Der ehe­malige Bür­ger­meister von New York könnte Obamas ehe­ma­ligem Ver­bün­deten die Stimmen gemä­ßigter Demo­kraten abnehmen und damit die Nomi­nierung kosten.
Dem Popu­listen Andrew Young, der ver­sprochen hat, nach seinem Wahlsieg jedem Wähler einfach so tausend Dollar aus­zu­zahlen, kann es egal sein, ob Bloomberg oder Biden vorne liegt. Seine Chancen liegen unter Null Prozent. Aber das Mikrofon mit der Auf­schrift „Russland“ machte Young und seinem Assis­tentin große Angst. (Anm. d. Übers.: Im Beitrag wird gezeigt, wie der rus­sische Reporter ener­gisch von einem Mit­ar­beiter abge­drängt wird.)
Young ist nicht mal der schwie­rigste Fall. Russland wurde erneut in einer gemein­samen Erklärung von Jus­tiz­mi­nis­terium Barr, des Pen­tagon-Chef Esper und vom amtie­renden Hei­mat­schutz­mi­nisters McElnan erwähnt. Eine weitere Hor­ror­ge­schichte über eine Wahleinmischung.
„Sie haben viel­leicht fest­ge­stellt, dass wir auf solche Aus­sagen ent­spannt reagieren. Wir glauben, dass sie nur für den Wahl­kampf gemacht werden. Jeder möchte leider wei­terhin die rus­sische Karte für seine eigenen Zwecke nutzen. Ich denke, dass diese Praxis nicht im Interesse unserer beiden Länder ist“, sagte Anatoly Antonov, Russ­lands Bot­schafter in den Ver­ei­nigten Staaten.
Wir sprechen mit Anatoly Antonov nicht in Washington, sondern in New York, an der Park Avenue, in der Nähe von Henry Kis­singers Büro. Bei einem Treffen mit dem rus­si­schen Bot­schafter sagte der alte Herr der ame­ri­ka­ni­schen Diplo­matie, er glaube immer noch an die Zukunft der rus­sisch-ame­ri­ka­ni­schen Bezie­hungen. Sie haben ein his­to­ri­sches Fun­dament. Dazu gehört natürlich der gemeinsame Kampf gegen den Natio­nal­so­zia­lismus und Donald Trump wurde zur Feier des 75. Jah­res­tages des Sieges nach Moskau eingeladen.
„Ich bin ein­ge­laden worden und ich denke darüber nach. Es wird genau mitten in unserem Wahl­kampf sein, aber ich denke immer noch darüber nach. Ich wurde von Prä­sident Putin ein­ge­laden, es ist ein sehr großes Ereignis, der Jah­restag des Kriegs­endes, ein Groß­ereignis. Deshalb schätze ich diese Ein­ladung und würde gerne kommen, wenn ich kann“, sagte Trump.
Für diesen Wunsch hat Trump natürlich einen Einlauf von den libe­ralen Medien bekommen. Das Redak­tionen von Zei­tungen und Fern­seh­sendern, die den Demo­kraten nahe stehen, behandeln Trump das vierte Jahr in Folge wie einen Seri­en­ver­brecher, dessen Schuld erwiesen ist. Die Miranda-Regel wird ad absurdum geführt. Was auch immer Trump sagt, alles wird gegen ihn ver­wendet. Dennoch findet er die Kraft, darüber Witze zu machen, wie bei einem Treffen mit schwarzen Wählern in Atlanta.
„Ich freue mich, hier mit Ihnen im Herzen Georgias zu sein, wo wir unseren unglaub­lichen neuen Wahl­kampf lan­desweit starten. Schwarze für Trump, Afro­ame­ri­kaner für Trump. Nennt es, zum Teufel nochmal, wie Ihr wollt“, sagte Trump. (Anm. d. Übers.: Im Beitrag sieht man, wie die Halle voller Schwarzer dar­aufhin im Chor „Schwarze für Trump“ skan­diert.)
Aber ein neun­jäh­riges Mädchen namens Mia möchte Jakob genannt werden. Die demo­kra­tische Kan­di­datin Elizabeth Warren ist sehr dafür. Zu Hause haben sie keine Pro­bleme. Die Eltern sind aktiv an einer selt­samen Trans­for­mation beteiligt. Einen Stimm­zettel wird es weder mit Mias Namen, noch mit Jakobs Namen geben, das Kind ist zu klein, um im nächsten Jahr zu wählen, aber einen Auftrag kann es for­mu­lieren. Warren wird auf­ge­fordert, die Rechte solcher „anderen“ Ame­ri­kaner zu schützen. Und sie ver­si­chert sofort, dass ihr Bil­dungs­mi­nister darauf besonders achten wird.
Um einen Bil­dungs­mi­nister zu ernennen, muss Elizabeth Warren zumindest erst mal die Nomi­nierung gewinnen. Die Abstimmung findet im Februar statt und die Demo­kraten beeilen sich mit dem Amts­ent­he­bungs­ver­fahren. Die öffent­lichen Anhö­rungen beginnen am 13. November. Der stell­ver­tre­tende Außen­mi­nister George Kent und Bot­schafter William Taylor werden im Kon­gress erwartet. Trump schäumte.
„Das ist eine Hexenjagd auf höchstem Niveau. Und es ist so kata­strophal für unser Land. Lesen Sie das Tran­skript und sehen Sie, worum es bei dem Tele­fon­ge­spräch ging. Ich werde eine zweite Abschrift zur Ver­fügung stellen, da ich bereits zwei Gespräche mit dem Prä­si­denten der Ukraine geführt habe. Lesen Sie es und sagen Sie mir, was daran falsch ist. Aber niemand sollte jemals so etwas durch­machen müssen. So eine Hexenjagd sollte keinem Prä­si­denten pas­sieren“, sagte Trump.
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Von der Andrews Air Force Base flog Trump nach Alabama zu einem Foot­ball­spiel zwi­schen den beiden Top-Teams des Landes. Nach den ent­täu­schenden Nie­der­lagen in Vir­ginia, wo die Demo­kraten beide Kammern der lokalen Legis­lative gewannen und in Ken­tucky, wo der repu­bli­ka­nische Gou­verneur seinen Posten verlor, musste der Gast­geber des Weißen Hauses etwas für seine Stimmung tun.
Ende der Übersetzung
Wenn Sie sich dafür inter­es­sieren, wie Russland auf die Fragen der inter­na­tio­nalen Politik blickt, dann sollten Sie sich die Beschreibung meines Buches ansehen, in dem ich Putin direkt und unge­kürzt in langen Zitaten zu Wort kommen lasse. Über die Vor­würfe der angeb­lichen rus­si­schen Wahl­ein­mi­schung kann man dort unter­haltsame Wort­ge­fechte zwi­schen Putin und US-Jour­na­listen lesen, die ich kom­plett über­setzt habe. 

Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Ost­europa in ver­schie­denen Ver­si­che­rungs- und Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­nehmen in Ost­europa und Russland Vor­stands- und Auf­sichts­rats­po­si­tionen bekleidet, bevor er sich ent­schloss, sich als unab­hän­giger Unter­neh­mens­be­rater in seiner Wahl­heimat St. Petersburg nie­der­zu­lassen. Er lebt ins­gesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite  www.anti-spiegel.ru. Die Schwer­punkte seiner medi­en­kri­ti­schen Arbeit sind das (mediale) Russ­landbild in Deutschland, Kritik an der Bericht­erstattung west­licher Medien im All­ge­meinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vla­dimir Putin: Seht Ihr, was Ihr ange­richtet habt?“