SPD fällt wieder hinter AfD zurück

Bis Ende 2020 möchten sie die Zustim­mungs­werte der SPD ver­doppeln auf „30 Prozent und viel­leicht mehr“, sagte Saskia Esken dem SPD-Blatt Vor­wärts Anfang Dezember. Zu dem Zeit­punkt stand die SPD bei 14 bis 15 Prozent. Doch wie sieht es aktuell aus, zwei Wochen nachdem die SPD-Mit­glieder sich über­ra­schend für Esken und Walter-Borjans als neue Par­tei­vor­sit­zende ent­schieden haben und nicht für Bun­des­fi­nanz­minster und Vize­kanzler Olaf Scholz und Klara Geywitz? Wahl-O-Matrix hat wie gewohnt alle Erhe­bungen der letzten Wochen aus­ge­wertet und zusam­men­ge­fasst. Geht es tat­sächlich schon in die gewünschte Richtung für die SPD oder aber gar noch weiter nach unten?
Esken und Walter-Borjans sollen es jetzt richten

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Am 30. November 2019 kurz nach 18 Uhr wurde das Ergebnis der zweiten SPD-Mit­glie­der­be­fragung bekannt­ge­geben und siehe da: Esken und Walter-Borjans kamen zur Über­ra­schung nicht weniger auf 53 Prozent der abge­ge­benen Stimmen, das hoch favo­ri­sierte Paar Bun­des­fi­nanz­mi­nister und Vize­kanzler Olaf Scholz und Klara Geywitz dagegen nur auf 45 Prozent. Damit war die Ent­scheidung gefallen. Die SPD-ler wollten nicht Scholz an der Par­tei­spitze, sondern die beiden Nobodies Saskia Esken, die Hin­ter­bänk­lerin, und Norbert Walter-Borjans den Polit­rentner und frü­heren NRW-Schuldenkönig.
Am 6. Dezember 2019 wurde das sieg­reiche Duo der Mit­glie­der­be­fragung Esken und Walter-Borjans dann auf dem Ber­liner SPD-Bun­des­par­teitag auch formell zu den beiden neuen Par­tei­vor­sit­zenden gewählt. Norbert Walter-Borjans erhielt hierbei 89,2 Prozent der Dele­gier­ten­stimmen, Saskia Esken 75,9  Prozent.
Ende November, als die beiden als Sieger bei der Mit­glie­der­be­fragung her­vor­gingen, stand die SPD im Wahl-O-Matrix-Mittel bei 14 bis 15 Prozent. Diesen Wert wollen die neuen Vor­sit­zenden also min­destens ver­doppeln bezie­hungs­weise auf über 30 Prozent in die Höhe schrauben, wie dies ja auch Martin Schulz Anfang 2017 gelang, der es tat­sächlich schaffte, die SPD innerhalb von zwei Monaten von 21 auf 32 nach oben zu kata­pul­tieren, dies aller­dings nur, um sie anschließend bis zur Bun­des­tagswahl im Sep­tember 2017 noch weiter nach unten zu befördern auf dann sogar nur noch 20,5 Prozent.
Nach Schulz schmeißt auch Nahles schnell wieder hin
Doch selbst bei diesen 20,5 Prozent sollte es nicht bleiben. Nachdem die SPD doch in die nächste schwarz-rote Koalition unter Merkel ein­ge­stiegen war, die dritte in vier Legis­la­tur­pe­rioden, ging es Anfang 2018 erstmals sogar unter die 20 Prozent-Marke. Auch Andrea Nahles, die Ende April 2018 den Par­tei­vorsitz über­nommen hatte, nachdem Martin Schulz schon im Februar 2018 hin­ge­schmissen hatte, ver­mochte es nicht, den Abwärts­trend ihrer Partei zu stoppen, geschweige denn zu drehen. Auch unter ihrer Ägide ging es weiter bergab.
Ende 2018 fiel die SPD sogar erstmals unter 15 Prozent und bis Anfang Juni 2019 auf ca. 14 Prozent. Nach dem his­to­risch schlechten Ergeb­nisses der SPD bei der EU-Wahl Ende Mai 2019 (15,8 Prozent) wurde der inner­par­tei­liche Druck auf Nahles so groß, dass auch sie Anfang Juni 2019 hin schmiss und nach kaum mehr als 13 Monaten den Par­tei­vorsitz abgab, sich voll­kommen aus der Politik zurückzog. Anschließend war die SPD sage und schreibe sechs Monate lang auf der Suche nach jetzt gleich zwei neuen Vor­sit­zenden, welche sie nicht wieder nur ein Jahr anführen sollten und welche sie Ende November, Anfang Dezember in Esken und Walter-Borjans meinten, gefunden zu haben.
Eskens Kün­di­gungs­affäre ist in den Wahl-O-Matrix-Werten noch nicht eingepreist
Damals stand die SPD, wie gesagt, im Wahl-O-Matrix-Mittel aller Institute bei ca. 14 bis 15 Prozent und die beiden Neuen sagten also gleich, wo die Reise hin­gehen soll: auf min­destens das Dop­pelte, 30 Prozent, besser noch mehr. Doch schauen wir, wie ihre Partei zwei Wochen nach ihrem Sieg bei der zweiten Mit­glie­der­be­fragung dasteht.
Dabei muss betont werden, dass die jüngste Kün­di­gungs­affäre von Saskia Esken, der von ehe­ma­ligen Kol­legen aus ihrer Zeit als stell­ver­tre­tende baden-würt­tem­ber­gische Eltern­bei­rats­vor­sit­zende (2012 – 2014), das einzige Mal in ihrem Leben, dass sie eine Füh­rungs­aufgabe inne hatte, schwere Vor­würfe gemacht werden. Auch Arbeits­rechts­experten sprechen laut Kon­traste (ARD) von einer rechts­wid­rigen Kün­digung, von rohem und herz­losem Umgang mit einer älteren Arbeit­neh­merin, die wohl regel­recht weg­ge­mobbt werden sollte.
Dabei sei es zu Grenz­über­schrei­tungen gekommen, in die ganz besonders Saskia Esken ver­strickt war, so dass es dem Arbeits­rechts­experten Prof. Peter Schüren schwer fällt, irgend­welche Füh­rungs­qua­li­täten bei Frau Esken zu erkennen. Arbeits­rechtlich, so seine Ein­schätzung, sei hier so ungefähr alles falsch gemacht worden, was man nur falsch machen könne. Schlimmer noch: Nicht nur rein rechtlich war das unmöglich, was Esken und ihre Vor­stands­kol­legen hier mit Frau Wegenroth durch­ge­zogen haben, sondern auch menschlich: „Die ganze Sache ist aber auch grob und herzlos durch­ge­führt worden“, so der Professor.
All das, die Esken-Kün­di­gungs­affäre mit allem drum und dran, worüber Kon­traste erst am Don­ners­tag­abend, den 12.12.2019, berichtete und was die Presse erst ab Freitag, Samstag auf­griff, ist in den fol­genden Umfra­ge­werten, die sich auf die letzten drei Wochen beziehen, noch so gut wie gar nicht abgebildet.
In die Wahl-O-Matrixe-Werte gingen fol­gende Institute mit ihrer jeweils aktu­ellsten Erhebung ein: 1. YouGov (mitt­lerer Erhe­bungstag: 24.11.2019), 2. GMS (29./30.11.2019), 3. INSA (7./8.12.2019), 4. Emnid (8.12.2019), 5. Infratest dimap (10./11.12.2019), 6. For­schungs­gruppe Wahlen (11.12.2019), 7. Forsa (11.12.2019). Ange­geben ist bei jeder Partei die Range bei diesen sieben Insti­tuten sowie fett­ge­druckt der arith­me­tische Mittelwert:
  1. CDU/CSU: 26 – 28 % ==> 27,3 %
  2. GRÜNE: 20 – 23 % ==> 21,3 %
  3. AfD: 13 – 15 % ==> 14,3 %
  4. SPD: 12 – 16 % ==> 13,7 %
  5. LINKE: 8 – 10 % ==> 8,8 %
  6. FDP: 7 – 9 % ==> 8,2 %
  7. Sonstige: 5 – 8 % ==> 6,4 %
2019-12-15

© JFB

Ergebnis
Eine Auf­wärts­be­wegung war bei der SPD die letzten Wochen nicht zu erkennen. Ganz im Gegenteil, schon bevor Bekannt­werden der Esken-Kün­di­gungs­affäre ging es für die SPD eher nach unten als nach oben und sie fiel die letzten Wochen sogar wieder hinter die AfD zurück.
Ob dieser weitere Abwärts­trend wird gedreht werden können, muss sich die nächsten Wochen und Monate zeigen. Zu befürchten ist aus SPD-Sicht aber wohl eher, dass sich dieser Trend nach der Esken-Affäre noch ver­stärken könnte, so dass es am Ende womöglich nicht Richtung 30, sondern sogar Richtung 10 Prozent oder gar in den ein­stel­ligen Bereich geht.

Dawum-Grafik: 01.01.2016 – 14.12.2019

2019-12-15


Jürgen Fritz — Erst­ver­öf­fent­li­chung auf dem Blog des Autors www.juergenfritz.com