Noch ist Douglas MacGergor nur von Präsident Trump nominiert. Doch der Senat müsste seine Zustimmung geben. Das erscheint relativ unsicher, weil dort schon einige Republikaner dem Präsidenten von der Fahne gehen. Sollte tatsächlich Joe Biden das Rennen machen, wird Mr. MacGregor sicher nicht in Berlin der Botschafter der USA.
Schon jetzt bemühen sich die Medien, Trumps Mann in den finstersten Farben zu zeichnen. Der Lieblingssender CNN der linken Demokraten in den USA stellte ihn gleich gebührend vor: Fremdenfeindlich sei er und rassistisch, er habe Deutschlands Flüchtlingspolitik mehrfach mit „harschen Worten“ kritisiert, Deutschlands Vergangenheitsbewältigung sei „kranke Mentalität“. In einem Interview 2018 soll er gesagt haben:
„Es gibt eine Art kranker Mentalität, die besagt, dass Generationen um Generationen für etwas büßen müssen, was in dreizehn Jahren deutscher Geschichte passiert ist, und die anderen 1.500 Jahre Deutschland ignorieren.“
MacGregor fand auch deutliche Worte für die hauptsächlich muslimische Einwanderung nach Deutschland, die sich hierzulande nicht einmal die AfD trauen würde, von sich zu geben. MacGregor nannte die deutsche Bundesregierung „eine extrem bizarre Regierung, die sich mehr darum kümmert, kostenlos ihre Dienste für Millionen ungewollter muslimischer Invasoren anzubieten, um es deutlich zu sagen, als um die Streitkräfte zur Verteidigung ihres Landes“. Und in einem anderen Interview 2016 sagte er, die Flüchtlinge kämen mit dem Ziel, „Europa in einen islamischen Staat zu verwandeln“. Und: MacGregor gilt als Unterstützer Präsident Trumps. Kein großes Wunder, dass unsere Medien den Mann nicht besonders ins Herz geschlossen haben.
Eines kann man dem Mann allerdings nicht absprechen. Er kennt sich ganz gut mit Deutschland und der Mentalität aus und spricht fließend Deutsch. Er ist als Jugendlicher in Deutschland zur Schule gegangen. Nach Beendigung der Schule und Rückkehr in die Staaten ging er an die legendäre Eliten-Militärakademie Westpoint. Zu verschiedenen Einsätzen kehrte er zurück nach Deutschland. Er war auch im Kosovo-Krieg als Planungschef des Oberbefehlshabers der NATO-Streitkräfte eingesetzt.
Er war in der fünften Klasse, als ihm beim Einkaufen mit seiner Mutter ein Buch in die Hände fiel: „Panzer Battles“ (Panzerschlachten) von Friedrich von Mellenthin, in dem der Wehrmachtsgeneral von seinen Kriegserlebnissen im Zweiten Weltkrieg berichtete. Der kleine Douglas MacGregor war sehr fasziniert von diesem Buch und spielte von da an besonders gern mit Panzern und schaute sich vorzugsweise Weltkriegsfilme an.
Wer die Amerikaner kennt weiß, dass das US-Militär eine ungeheuer wichtige Rolle in ihrem Selbstbewusstsein einnimmt. Es ist eine der Klammern, wenn nicht DIE Klammer, mit der die so unterschiedlich zusammengesetzte Gesellschaft verschiedener Ethnien, Religionen und sozialer Klassen zusammengehalten wird. Mangels einer gewachsenen, eigenständigen und einheitlichen Kultur und Ethnie findet die Überbetonung des Patriotismus als nationale Identität ihren Ausdruck auch im Militärischen. Militärangehörige genießen eine hohe Achtung.
Zum Kriegshelden wurde Douglas MacGregor 1991 im Irak beim Unternehmen „Desert Storm“. Die Süddeutsche schreibt: „Er kommandierte zwei Einheiten mit 19 Kampfpanzern, die als erste die Grenze passierten. Im ‚Battle of 73 Easting‘ zerstörten er und seine Soldaten in kaum einer halben Stunde ohne eigene Verluste 70 gepanzerte Fahrzeuge der Iraker. Für ihn als Panzerkommandeur seien die endlosen Wüsten ‚wie ein Paradies‘ gewesen, sagte er viele Jahre nach seiner Pensionierung.“
Douglas MacGregor galt als schwierig und streitbar unter den Generälen, als „überambitioniert“. Er soll seine Einheiten in Trainings von einem Sieg zum nächsten geführt haben, aber, wie im nachgesagt wird, mit unsauberen Methoden. Im Ruhestand schrieb er weiter Bücher über Militärtaktik und gründete eine Strategieberatungsfirma. Seine bekannte Fachkompetenz bescherte ihm auch Erfolg. Erst letztes Jahr veröffentlichte er ein weiteres Militärstrategisches Buch mit dem Titel „Transformation under Fire“ (Transformation unter Feuer), was so brillant ist, dass es, wie die NZZ (das Westfernsehen für Deutschland) schreibt, umgehend Pflichtlektüre für alle höheren Offiziere der israelischen Streitkräfte geworden ist.
Der Trump-freundliche Sender Fox ließ ihn immer wieder als Experte für Militärisches sowie zur Aussen- und Sicherheitspolitik zu Wort kommen. Auch hier überzeugte der notorisch Unbequeme immer wieder durch seine glasklaren Analysen und seinen außergewöhnlichen Sinn für Strategie und Taktik. Überdies ist er ein knochentrockener Realist. Denn eine ganz andere Facette seines analytischen Verstandes zeigt sich in seiner Haltung zu Konflikten mit Russland und China oder dem Iran. Hier liegt auch die Übereinstimmung mit Präsident Trump. Die NZZ schreibt:
„In MacGregors Fall stimmt das Lob für Trumps Politik des militärischen Rückzugs auch mit seinen Überzeugungen überein. Was er sagt und schreibt, entspricht der Schule des Realismus, die die Welt als Arena konkurrierender Großmächte begreift. Russland könne vermutlich nie ein Freund der Vereinigten Staaten sein, schrieb MacGregor einmal. Aber eine Partnerschaft mit «beschränkter Haftung» sei möglich und auch wünschenswert. Ähnlich denkt er über China und Iran. Wolle man Konflikte in den internationalen Beziehungen beilegen, müsse man immer nach Lösungen Ausschau halten, «mit der beide Seiten leben können». Solches Denken verlässt sich nicht auf supranationale Organisationen, und es ist auch nicht für das größenwahnsinnige «nation building» der Neokonservativen anfällig, die in Washington noch vor wenigen Jahren den Ton angegeben haben.“
Douglas MacGregor ist durch und durch Militär, amerikanischer Patriot, stockkonservativ, Kriegsheld und Präsident Trumps Mann. Er ist so ziemlich DAS Feindbild der deutschen Presse- und Medienlandschaft. Er ist kein Diplomat, bei Gott nicht. Aber als US-Botschafter in Berlin ist er vielleicht gar nicht so falsch positioniert und genau der richtige Mann für die Interessen der USA.
Denn Deutschland liegt im militärischen und wirtschaftlichen Spannungsfeld zwischen den Weltmächten USA, Russland und China. Das sehen wir gerade am Beispiel des Geheimdienst-Krimis um Nawalny, einem ungeklärten Giftanschlag, der Verbindung zur Nordstream-Pipeline und den amerikanischen Interessen.
Douglas MacGregor ist ein Experte, der sehr genau weiß, wovon er spricht, wenn es um die Interessen der Großmächte geht, um Handelskriege, um militärisches Kräftemessen, um die Gefahr, einen großen Krieg loszutreten. Und er ist keiner, der die Lage falsch einschätzt und aus Dummheit oder Ignoranz einen Konflikt heraufbeschwört. Hier wäre er ein kantiger, aber gut einschätzbarer, gradliniger und vielleicht auch ehrlicher Ansprechpartner, der klare Linien verfolgt. Eine gute, deutsche Regierung könnte Vertrauen aufbauen und wüsste, wo sie mit ihm dran ist.
Leider wird das weder die Qualitätsmedien noch die Politik beeindrucken. Douglas MacGregor wurde schon zur Unperson erklärt, sobald Trump ihn designiert hatte. Man zerstört aus purer Feindseligkeit von vorneherein eine Chance, am Frieden und Ausbalancieren der Mächte in der Welt mitzuwirken. Mit einem geradezu kleinkindhaft-bockigen „Nein, mit dem spielen wir nicht!“. Diplomatie und politische Verantwortung geht anders.
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