„Maurerische“ Hintergrund-Infos zu den FDP-Politikern Dehler und Maier: Thomas Dehler wurde 1927 in die Freimaurerloge »Zur Verbrüderung an der Regnitz« in Bamberg aufgenommen. Nach dem Verbot durch die Nazis und nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte er auch zu den Wiederbegründern der Loge, in der er bis zu seinem Tod im Jahr 1967 Mitglied war.
Dehler war von 1949 bis 1953 Bundesminister der Justiz und von 1954 bis 1957 Bundesvorsitzender der FDP, später sogar Vizepräsident des Deutschen Bundestages. Welchen Stellenwert der FDP-Freimaurer in seiner Partei hatte, beweist auch der Umstand, dass nach ihm nicht nur eine »Thomas-Dehler-Stiftung« der bayrischen FDP, sondern auch die Parteizentrale und das Geschäftshaus in Berlin (»Thomas-Dehler-Haus«) benannt wurde.
Reinhold Maier war von 1924 bis 1933 Mitglied der Loge »Zu den Drei Cedern« in Stuttgart. Nach dem Zweiten Weltkrieg fungierte er auch als eines der Gründungsmitglied der Loge »Furchtlos und treu«, ebenfalls in Stuttgart, der er bis zu seinem Tod angehörte. Der FDP-Freimaurer Maier war der erste Ministerpräsident von Baden-Württemberg, kurzzeitig auch Justizminister und Bundesvorsitzender der FDP (1957–1960), später Präsident des Bundesrates. Nach ihm ist die FDP-nahe »Reinhold-Maier-Stiftung« benannt.
Schon der preußische König Friedrich II., auch »Friedrich der Große« oder der »Alte Fritz« genannt, Großmeister der Freimaurer in Preußen, war ein »Förderer« der »Königlichen Kunst«. Viele der von ihm vertretenen Auffassungen flossen mit ein in die preußische Gesetzgebung.
Damit schuf Friedrich II. eine der umwälzendsten europäischen Rechtsreformen zu seiner Zeit, was dazu führte – allerdings erst nach seinem Tod –, dass die Bauern aus der Leibeigenschaft befreit wurden. Das erste Mal wurden vor dem Gesetz der »geringste Bauer« oder der »Bettler« mit dem »Prinzen« gleichgestellt. Eine zu jener Zeit gewiss unglaubliche politische Agitation! Aber noch etwas anderes hebt diesen freimaurerischen König über die Riege seiner Logenbrüder: Er machte seine Zugehörigkeit zum Bund öffentlich. Ein »unter deutschen Politikern auch heute noch ungeheurer Vorgang« (Goeller).[1]
Außerhalb der Freimaurerlogen waren die deutschen Brüder in der Vorkriegszeit überwiegend konservativ politisch, nationalliberal oder deutschnational, später christlich-national-deutsch eingestellt. »Links« ging das Interesse höchstens bis zum »Demokraten«. Das maurerische »Flaggschiff« unter den Politikern ist aber nach wie vor Gustav Stresemann (1878–1929).
Der deutsche Staatsmann hatte es zu vielen politischen Ämtern und Ehren gebracht: Führer der Deutschen Volkspartei, Reichskanzler, Reichsaußenminister und Friedensnobelpreisträger (1926). Seit 1923, also in der Zeit, in der er Kanzler war, war er Mitglied der Berliner Loge »Friedrich der Große « (Großloge »Drei Weltkugeln«) und Ehrenmitglied seiner Loge, weil er ein »Bedürfnis nach geistiger Gemeinsamkeit« und »innerer Befriedigung« suchte und hoffte, dies bei der Freimaurerei zu finden.
Deshalb schrieb er in seinem Aufnahmegesuch an die Loge: »Schon lange war mein Wunsch, in eine engere Beziehung zu einem Kreis gleichgesinnter Menschen zu gelangen, die in unserer an Materialismus, Hast und Unruhe sich zermürbenden Zeit sich das Reich allgemeinen Menschentums, innerer Besinnlichkeit und Geistigkeit zu erhalten suchen. Im deutschen Freimaurertum hoffe ich, eine solche Gemeinschaft zu finden.«
Doch von dieser Affinität zur Diskreten Gesellschaft wusste die Öffentlichkeit nichts. So hatte also auch Deutschland einen Kanzler, der Freimaurer war! Stresemann leitete nicht nur das Locarno-Abkommen, in dem Deutschland sich bereit erklärte, die Grenzen zu Frankreich und Belgien als »unabänderlich« anzuerkennen und auf eine »gewaltsame Veränderung« zu verzichten (dafür räumten die Briten ihre besetzte Zone im Rheinland), sondern auch die deutschfranzösische Aussöhnung mit seinem Logenbruder, dem französischen Außenminister und Freimaurer Aristide Briand.
Er reichte ihm also sozusagen die »Hand zum Bunde«. Stresemann hatte es auch geschafft, dass das Deutsche Reich am 8. September 1926 wieder in den Völkerbund aufgenommen wurde. Er galt als bedeutender Staatsmann, der sich für Verständigung, Volksversöhnung und Frieden eingesetzt hatte. Zusammen mit seinem französischen Logenbruder Briand erhielt er am 10. Dezember 1926 den Friedensnobelpreis.
Der Autor und Freimaurer Tom Goeller meint hierzu: »Betrachtet man Stresemanns politisches Wirken zu jener Zeit, liegt es geradezu auf der Hand, dass dieser deutsche Staatsmann seinem ganzen Wesen nach die Philosophie der Freimaurer verinnerlicht hatte … Und er trug seine freimaurerische Gesinnung sogar nach außen.«[2]
Beispielsweise erregte Stresemann Aufsehen, als er 1926 in Genf eine Rede anlässlich des Eintrittes Deutschlands in den Völkerbund hielt – in dem es viele Freimaurer gab –, die deutlich an freimaurerischen Sprachgebrauch angelehnt und vom maurerischen Weltgeist erfüllt war. Er sprach dabei vom »göttlichen Baumeister der Erde«, dem höchsten maurerischen Wesen also, und schickte damit eine »kodierte Botschaft an die Völkergemeinschaft: Ihr könnt mir vertrauen. Ich bin einer von euch.« (Goeller) Und in seiner letzten Rede vor seinem Tod, ebenfalls vor dem Völkerbund am 9. September 1929, legte er fast »weltverschwörerisch« nach: »Wir in unserem Kreise, wir haben die nüchterne Aufgabe, die Völker einander näher zu bringen.«[3]
Doch weniger bekannt ist, dass die deutschen Freimaurer und damit auch das unzufriedene Bürgertum als Mitglieder von dieser Versöhnungspolitik Stresemann eigentlich zunächst gar nicht viel wissen wollten und sich daher zur politischen Glanzleistung Stresemanns gänzlich ausschwiegen.
FORTSETZUNG FOLGT …
Guido Grandt — Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem Blog des Autors www.guidograndt.de
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