Die Ära Merkel, die seit 16 Jahren wie Mehltau über unsere Land liegt, neigt sich hoffentlich ihrem Ende zu. Es mehren sich die Einschätzungen, was von ihrer Kanzlerschaft bleibt. Während sie von links nach wie vor gefeiert wird und die Umfragen ihr dauerhafte Beliebtheit bescheinigen, wird sich nach ihrem Abgang ein anderes Bild durchsetzen. Konrad Adenauer war der Kanzler der Westbindung Deutschlands, Ludwig Ehrhard hat mit der Durchsetzung der Marktwirtschaft die Grundlage für den wirtschaftlichen Wiederaufstieg und den Wohlstand Deutschlands gelegt, Willy Brandt hat mit seiner neuen Ostpolitik Versöhnung mit den im 2. Weltkrieg im deutschen Namen schwerst geprüften Völkern Osteuropas ermöglicht, Helmut Schmidt mit der Unterstützung des Nato-Doppelbeschlusses zum Zerfall des kommunistischen Blocks beigetragen, Helmut Kohl ist der Kanzler der Einheit und Gerhard Schröder hat mit der Agenda 2010 aus dem kranken Mann Europas wieder die führende Wirtschaftsnation gemacht. Dagegen gibt es kein einziges positives Projekt, was man mit der Kanzlerschaft Merkels in Verbindung bringen kann. Sie wird als erste Frau im Kanzleramt im Gedächtnis bleiben, aber das ist schon alles und kein Verdienst. Die Kanzlerschaft Merkels ist gekennzeichnet von zahlreichen Rechts- Verfassungs- und Vertragsbrüchen.
Das fing mit der Eurokrise und der Aushebelung des Maastricht-Vertrages an, führte über den Blitzausstieg aus der Atomenergie nach Fukushima, die Öffnung der deutschen Grenze für hauptsächlich junge Männer ohne oder mit sichtbar gefälschten Papieren, das verfassungswidrige Netzwerkdurchsetzungsgesetz, die teilweise Abschaffung der Verwaltungsgerichtsbarkeit mit der so genannten „Bundesnotbremse“, die Umwandlung des Verfassungsschutzes in einen Regierungsschutz bis zur Verwandlung des Verfassungsgerichts in ein Instrument zur Entmachtung der Parlamente, wie die jüngste Entscheidung über die Erhöhung der Rundfunkgebühr gezeigt hat. Damit sind nicht alle politischen Fehlentscheidungen der Merkeljahre aufgezählt, sondern nur die wichtigsten.
Natürlich ist es nicht allein ihr Werk, sondern auch das ihrer willigen Helfer in Politik, Verwaltung und Haltungs-Medien. Aber Merkel hat die Richtlinienkompetenz und kann sich nicht vor ihrer Verantwortung für den Abstieg Deutschlands verstecken. Es ist leider kennzeichnend, dass sich Deutschland in der jüngsten Flutkatastrophe als verantwortungsscheu, inkompetent, ineffizient, ideologisch verblendet und technisch auf dem Stand eines Entwicklungslandes erwiesen hat. Nein, nicht ganz Deutschland, nur seine Politiker, seine Verwaltung, seine selbsternannten „Eliten“. Die Bürger haben wie 2015 in der Masseneinwanderung, auch diesmal das Schlimmste verhindert, indem sie auf jede erdenkliche Weise den Flutopfern solidarische Hilfe erwiesen und vor allem dort tätig wurden, wo staatliche Institutionen tagelang nicht auftauchten. Das hat viele Menschenleben gerettet. Gedankt wurde es den selbstlosen Helfern nicht. Sie wurden von den Haltungsmedien stigmatisiert, um vom Politik- und Behördenversagen abzulenken.
Deutschland braucht nicht nur ein Modernisierungsjahrzehnt, sondern auch ein Jahrzehnt der geistig-moralischen Erneuerung.
Kurz vor der Bundestagswahl hat Herausgeber Philipp Plickert einen überarbeiteten Sammelband über „Merkel – Die kritische Bilanz von 16 Jahren Kanzlerschaft“ vorgelegt. Die Liste der Autoren liest sich wie ein Who is Who der bekanntesten Freigeister unseres Landes. Entsprechend deutlich fällt die Kritik an Merkel aus. Schon im Vorwort bezeichnet Plickert Merkel als Scheinriesin. Das trifft es genau, denn das Bild, das von der Kanzlerin in den in- und ausländischen Medien gezeichnet wird, hat wenig bis nichts mit der Wirklichkeit zu tun.
Das beweisen die Beiträge der 24 Autoren, die ihre Blicke auf die verschiedenen Aspekte von Merkels Regierungsgebaren werfen. Lebte die amerikanische Historikerin Barbara Tuchmann noch, die ein Buch über die „Torheit der Regierenden“ verfasst hat, würde sie bei einer Neuauflage nicht umhinkommen, Merkel hinzuzufügen. Die hat von ihrem Vorgänger Gerhard Schröder ein wirtschaftlich starkes, im Inneren befriedetes, in der Welt um seine Effizienz beneidetes und für seine Zurückhaltung geliebtes Land übernommen und hinterlässt ein zerrüttetes, gespaltenes Land, dessen Politiker und Behörden keine Verantwortung mehr übernehmen, Fehlentscheidungen am laufenden Band produzieren, die nie korrigiert oder gar zurückgenommen werden. Diese Deutschland soll aber als Vorbild für die Welt gelten.
Der hässliche Deutsche mit Weltmachtambitionen ist wieder da. Zwar will man nicht mehr die militärische, aber dafür die moralische Herrschaft über den Globus. Merkel ist Deutschland und ihre Wählerschaft egal, sie ist hauptsächlich damit beschäftigt, mit von ihren Wählern erwirtschaftetem Geld sich in der Welt als reiche, freigiebige Tante aufzuspielen.
Wer sich fragt, warum eine Person wie Merkel sich so lange an der Spitze der Macht halten konnte, lese den Beitrag von Norbert Bolz. Wer wissen will, wie Merkel es schaffte, die CDU zu ruinieren und die Partei, die das Geheimnis des Erfolgs der alten Bundesrepublik war, ihrer Korrekturfunktion vollständig zu entkleiden und ihrer Inhalte zu berauben, kann bei Werner J. Patzelt nachschlagen. Bei Necla Kelek findet man alles, was man über die fehlgeschlagene Integration wissen muss. Birgit Kelle schreibt über die Sozialdemokratisierung der Familienpolitik. Roland Tichy untersucht die planwirtschaftliche Technologiepolitik und Justus Haucap beleuchtet die fehlgeleitete „Energiewende“ und ihre fatalen Folgen. Die scharfe Analytikerin Cora Stephan verdeutlicht das Versagen Flüchtlingspolitik. Alexander Kissler beschäftigt sich mit dem katastrophalen Management der Corona-Krise, in dem er den symptomatischen Schlussakkord von Merkels Kanzlerschaft sieht.
Philipp Plickert: Merkel- Die kritische Bilanz von 16 Jahren Kanzlerschaft
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