Rettenbach am Auerberg, Flodur63, Creative Commons, CC BY-SA 4.0

Ret­tenbach am Auerberg – Ein aut­arkes, WIRKLICH öko­lo­gisch lebendes Dorf­pa­radies mit eigener Währung (+ Videos)

Das Paradies auf Erden, das gibt es. Nicht oft aber hier und da. Eines davon ist Ret­tenbach im Allgäu. Es sieht so aus, wie man sich in den Hei­mat­filmen die Dörfer vor­stellt. Blu­men­kästen vor den Fenstern mit intensiv-bunter Blu­men­pracht vor den Holz­bal­konen und sau­beren, gepflegten Häusern. Kühe und Ziegen grasen ent­spannt auf den grünen Hügeln. Weiter weg der Auersberg und der 967 Meter hohe Hausberg Weichberg. Das ist Allgäu pur und es geht einem das Herz auf. 

Ein Dorf geht seinen eigen­stän­digen Weg: Energie-Aut­arkie ist machbar, Herr Nachbar!

Hier, in dieser Land­schaft fühlte sich auch der Mär­chen­könig Ludwig wohl. Sein Schloss Neu­schwan­stein ist nur etwa 30 Kilo­meter weit weg. Und das beste: Ret­tenbach ist (fast) kom­plett autark, hat eine eigene, interne Währung und ist eine wun­derbare Dorf­ge­mein­schaft. Das Einzige, was man von weitem doch sehr Modernes sieht, sind die Solar­an­lagen, die auf fast allen Dächern je nach Son­nen­stand in die Augen gleißen. Die Ret­ten­bacher sind nämlich keine „ewig Gest­rigen“, die eine Film­idylle leben, sondern tüchtige, nach vorn schauende Leute. Sie pro­du­zieren ihren eigenen Strom, haben ein kom­mu­nales Block­heiz­kraftwerk und damit sind sie Ener­gie­autark. Wärme gewinnen sie aus CO2-neu­tralen Scheit­holz­an­lagen und ihre Autos betanken sie zum großen Teil mit Rapsöl. Ret­tenbach pro­du­ziert mit Solar­an­lagen und pri­vaten Son­nen­pa­neelen mehr Strom, als es selbst ver­braucht, Die Bauern können ihre Höfe mit Energie und Wärme aus ihren Bio­gas­an­lagen ver­sorgen. Das Block­heiz­kraftwerk wärmt das Dorf­ge­mein­schaftshaus und den Kin­der­garten und ver­sorgt sie mit Strom. Das, was über­schüssig pro­du­ziert wird im Dorf, wird ins all­ge­meine Stromnetz eingespeist.

Bäu­er­liches Anwesen bei Ret­tenbach, Bir­kenberg, Bild: Wikipedia/Flodur63, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Im Super­markt des Dorfes gibt es Selbst-Angebautes

Die die meisten Nah­rungs­mittel in Ret­tenbach stammen aus eigener Pro­duktion. Die Lebens­mittel, die die 850 Dorf­be­wohner selbst pro­du­zieren, ver­brauchen sie auch selbst und was die Familien gerade nicht selbst ver­zehren, kommt in den ört­lichen Laden und was fehlt, wird direkt aus der Umgebung ange­liefert. Die Waren sind frisch, die Trans­portwege kurz. Nur sehr wenige Waren müssen von weiter her geholt werden. Die Selbst­ver­sorgung ist daher zwar nicht ein­hun­dert­pro­zentig, aber doch sehr weit­gehend. Ein bisschen sehen die Leute aus der Umgebung den Ort, wie das trotzige „Gal­lische Dorf“ aus Asterix und Obelix an, denn ganz unbe­helligt sind die kon­se­quenten Bewohner nicht geblieben: Aus Berlin und von der EU kam schon Gegenwind, die Büro­kratie sieht das nun mal nicht vor, was da abläuft. Da kamen immer wieder Ver­suche, das Dorf von oben zu regle­men­tieren. Ins­be­sondere wegen dieser uner­träg­lichen Unbotmäßigkeit:

Das Dorf hat sein eigenes GELD!

Die Aut­arkie- und Selbst­ver­sorger-Phi­lo­sophie will eben auch nicht, dass Geld­ent­wertung und Inflation das System desta­bi­li­sieren. Das mit der eigenen Währung war also kei­neswegs eine „Schnapsidee am Tresen“. Denn schon vor über 20 Jahren beschloss die Gemein­schaft, dass ihr Dorf nicht nur kon­se­quent autark sein wollte, sondern auch echten Umwelt­schutz prak­ti­ziert und sich selbst ver­sorgt, um unab­hängig von den Höhen und Tiefen der Börsen des „glo­balen Marktes“ für Getreide und anderen Grund­nah­rungs­mitteln zu sein – und daher machten sich die Dorf­be­wohner zwar langsam, aber Zug um Zug daran, dass Wohl ihres Dorfes wieder selbst in die Hand zu nehmen und dabei ist ein eigenes Geld als Tausch­mittel sehr wichtig. Und: Geld­ge­schenke werden nicht über Amazon oder Temu nach China oder sonst­wohin geschickt, sondern im Ort dann wieder ein­gelöst. Der Weich­berg­taler ist somit eine Ener­gie­spritze für den lokalen Handel und das Prosperieren.

Das war dann die Geburts­stunde des „Weich­berg­talers“, benannt nach dem Weichberg bei Ret­tenbach. Die Währung gilt aller­dings nur innerhalb des Dorfes. Eine Münze ent­spricht dem Wert von fünf Euro und wird überall im Dorf als Zah­lungs­mittel ange­nommen. Im ein­zigen Super­markt des Dorfes, dem „Weich­berg­markt“ wird auch mit dem Weich­berg­taler (hier ein Bild) bezahlt. Schon das Äußere des Super­marktes ist anspre­chend: Das Gebäude wurde aus dem Holz der umlie­genden Wälder gebaut und wirkt sehr ein­ladend und fast gemütlich. Innen ist man über­rascht, wie groß der Laden ist.

Der Super­markt in Ret­tenbach, aus ört­lichem Holz gebaut: Bild: Screenshot Youtube

Das Dorf expan­diert, Firmen siedeln sich an, das Handwerk flo­riert und junge Familien kommen

Anders, als in anderen Dörfern, wo gerade die jungen Leute in die Stadt abwandern, weil es oft an Ver­dienst­mög­lich­keiten fehlt, ist Ret­tenbach von etwa 500 Ein­wohnern auf heute fast 850 ange­wachsen. Der Grund: Es gibt viele kleine und mit­tel­stän­dische Unter­nehmen, die Gewer­be­steuer ist günstig und die Grund­stücks­preise sind niedrig. Das Dorf verfügt über Tank­stellen, den großen Super­markt, Gast­stätten und einen Kin­der­garten, wo man nicht ewig lang warten muss, bis man einen Platz bekommt. Genau das zieht junge Familien an.

Angst vor Über­al­terung und Abwan­derung müssen die 850 Ret­ten­bacher auch nicht haben. Das Interesse an Ret­tenbach ist inzwi­schen so groß, dass bereits viele Bewer­bungen für ein aus­ge­schrie­benes Bau­gebiet ein­trafen, bevor 2019 über­haupt gekauft werden konnte.

 

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Es gibt bereits einen Gewer­bepark außerhalb, der gut ange­nommen wird. Das Holz­bau­un­ter­nehmen „Oberland Holzhaus GmbH“ hat sich hier ange­siedelt, der füh­rende Forst­ge­rä­te­her­steller Pfanzelt Maschi­nenbau und einer wei­terer großen Arbeit­geber am Ort ist die Firma Kugelmann. Dessen Rase­pfle­ge­ma­schinen kommen sogar in UEFA-Fuß­ball­stadien zum Einsatz. Bei der Fußball-WM des „deut­schen Som­mer­mär­chens“ 2006 sorgte Kugelmann für den per­fekten Rasen in den Stadien. Die Maschi­nen­bauer sind begehr­te­Ar­beit­geber und die „junga Leit“ arbeiten gerne dort, es wird ja auch schließlich gemeinsam gefeiert. Zum Bei­spiel eine Grill Pool Challenge:

 

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Natürlich ziehen auch diese Unter­nehmen mit, was Öko­logie und Selbst­ver­sorgung betrifft. Auch hier ist Solar auf allen Dächern, der Holz­haus­her­steller benutzt nur örtlich nach­wach­sende Roh­stoffe und die Maschi­nen­bauer lackieren die Geräte nur mit schad­stoff-freien Farben.

„Da ist die Welt noch in Ordnung“

Hier ein paar Impres­sionen noch aus Rettenbach

 

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