Stefan Erdmann

 

Der Pyra­miden-Experte und Sachbuch-Autor Stefan Erdmann (geb. 1966 in Han­nover) begann Ende der 1980er Jahre mit seiner Pri­vat­for­schung in Form umfas­sender Recherchen und Expe­di­tionen auf der Suche nach den Ursprüngen und der Geschichte des Pyra­miden-Phä­nomens, den Spuren einer von ihm ver­mu­teten, welt­weiten Pyra­mi­den­bauer-Kultur der Vorzeit sowie nach Belegen für inter­kon­ti­nen­talen, ins­be­sondere pan­at­lan­ti­schen Kul­tur­aus­tausch in ferner Ver­gan­genheit. Die zen­trale Rolle bei dieser Spu­ren­suche in der Alten und Neuen Welt sowie im Rahmen seiner Tätigkeit als Autor stellten für ihn von Anfang an Ägypten und der dortige Pyra­mi­denbau dar.

Es dürfte weltweit wohl wenige freie For­scher der jün­geren Ver­gan­genheit und Gegenwart geben, die Ägypten derart intensiv bereist und so viele Stunden auf dem Plateau von Gizeh und an anderen wich­tigen Stätten des Landes ver­bracht haben wie Stefan Erdmann. Auch wenn der eher natur­wis­sen­schaft­liche Schwer­punkt seiner For­schungs­arbeit in Ägypten — und auch schon in seinem ersten Buch „Den Göttern auf der Spur“ — kaum zu über­sehen ist, ver­tritt er als Auto­didakt und Gene­ralist letztlich einen poly- und trans­dis­zi­pli­nären For­schungs­ansatz, der sehr unter­schied­liche Her­an­gehens- und Betrach­tungs­weisen sowie Methoden vieler Dis­zi­plinen aus Geistes- und Natur­wis­sen­schaften vereint.

Schon früh gelangte Erdmann zu der Auf­fassung, dass die her­kömm­lichen Theorien über den Bau, den Sinn und den Zweck der Pyra­miden (spe­ziell jener in Ägypten) kei­neswegs logisch und evident sind. Es erschien ihm, wie auch vielen anderen Wis­sen­schaftlern und For­schern abseits des fach­wis­sen­schaft­lichen Main­streams, alles andere als plau­sibel, dass die dor­tigen Pyra­miden als Begräb­nis­stätten errichtet worden sein sollen. Stefan Erdmann war einer der ersten For­scher, der recht früh zwi­schen zwei unter­schied­lichen Bauepochen und Sys­temen unterschied:

Im Verlauf seiner lang­jäh­rigen For­schung und Spu­ren­suche kam Stefan Erdmann immer mehr zu der Ansicht, dass es sich bei der Großen Pyramide von Gizeh und den anderen Groß-Pyra­miden vormals um tech­nische Anlagen gehandelt hat. Ab 2005 befasste er sich intensiv mit der Theorie des öster­rei­chi­schen Pri­vat­for­schers Hermann Wald­hauser, der in den 1970er Jahren plau­sibel dar­legen konnte, dass die Große Pyramide als Was­ser­he­be­anlage errichtet wurde. Erdmann war höchst angetan von dieser Theorie und widmete sich fortan auch der Aufgabe, sie genauer zu unter­suchen. Durch seine Feld­for­schung, die mit Labor­ana­lysen von Schlamm­proben beim Institut Fre­senius in Dresden ein­herging, konnte er schließlich im Jahr 2007 den natur­wis­sen­schaft­lichen Nachweis erbringen, dass über lange Zeit­räume Wasser durch die Große Pyramide — in jedem Fall durch den Schacht in der unteren Fel­sen­kammer — geflossen sein muss. Damit stand für ihn fest, dass es den von Herodot an meh­reren Stellen seiner ‘His­torien’ aus­führlich beschrie­benen Kanal, der laut dem antiken grie­chi­schen His­to­riker direkt vom Nil in die unter­ir­dische Kammer geleitet wurde, wirklich gibt.

Ein wei­terer wis­sen­schaft­licher Mei­len­stein in Erd­manns For­schungs­arbeit war der Nachweis von Nil­schlamm in den Ent­las­tungs­kammern im selben Jahr. Auch diese bahn­bre­chende Ent­de­ckung stützt massiv und nach­haltig seine Theorie einer tech­ni­schen Funktion der Großen Pyramide in Zusam­menhang mit Wasser. Bei den Unter­su­chungen, die der For­scher von 2005 bis 2007 durch­ge­führt hat, sind ihm zudem an den Decke in der Königs­kammer regel­mäßige dunkle, von den Fach­wis­sen­schaftlern igno­rierte Ver­fär­bungen auf­ge­fallen, die einen zusätz­lichen, besonders inter­es­santen Hinweis auf krypto-tech­no­lo­gische Akti­vi­täten in der Großen Pyramide dar­zu­stellen scheinen. Ihre Unter­su­chung und die Aus­wertung der dabei gewon­nenen Daten stellen einen wesent­lichen Aspekt des ‘Cheops Pro­jekts’ dar, das Stefan Erdmann gemeinsam mit dem Chem­nitzer Expe­ri­mental-Archäo­logen Dr. Domi­nique Görlitz ent­wi­ckelt hat und vorantreibt.

Im Laufe der vielen Jahre, in denen Stefan Erdmann immer wieder in Ägypten forschte, durfte er zahl­reiche nam­hafte For­scher und Wis­sen­schaftler per­sönlich kennen lernen. Dar­unter Zahi Hawass, John Anthony West, James J. Hurtak, Stephen Mehler, Abd’El Hakim Awyan (1926–2008) und viele andere. Ins­be­sondere die Begegnung mit Abd’El Hakim Awyan — von seinen Freunden und Schülern kurz ‘Hakim’ genannt — war für Stefan Erdmann weg­weisend. Die beiden verband bis zu Hakims Tod im Jahr 2008 eine enge Freundschaft.

Hakim gehörte zu einer kleinen Gruppe ein­ge­weihter Per­sön­lich­keiten der Ara­bi­schen Welt, welche das über­lie­ferte Wissen um die ansonsten ver­gessene khe­mi­ti­schen Kultur Alt­ägyptens bis in die Gegenwart hinein gepflegt und bewahrt haben. Abd’El Hakim Awyan hatte neben seiner tra­di­tio­nellen Schulung auch eine fun­dierte Uni­ver­si­täts­aus­bildung in Kairo in der Fach­richtung Archäo­logie Ägyptens absol­viert, und später an der Uni­ver­sität Leiden in den Nie­der­landen gelehrt. Er war, so Erdmann, eine her­aus­ra­gende Per­sön­lichkeit seiner Zeit und eine Aus­nah­me­erscheinung in der ägyp­ti­schen Wis­sen­schafts­ge­meinde, denn er ver­stand es wie kaum ein anderer in seinem Hei­matland, Religion und Mytho­logie mit moderner Natur­wis­sen­schaft zu ver­einen. Auch Hakim vertrat die Auf­fassung, dass die großen Pyra­miden Ägyptens einst als tech­nische Anlagen errichtet wurden und das Ver­mächtnis einer viel älteren Kultur darstellen.

Wie Erdmann betont, beein­druckte es ihn besonders, dass der große Denker Abd’El Hakim Awyan bei aller Spritua­lität völlig frei von reli­giösen Dogmen war, und auch wis­sen­schaft­lichen Para­digmen nicht all­zuviel Bedeutung beimaß. Dass dies und eine strikte Ori­en­tierung an Fakten und Evi­denzen in der ‘Welt der Wis­sen­schaft’ — gerade was Ägypten betrifft — kei­neswegs selbst­ver­ständlich ist, musste Stefan Erdmann im Laufe seiner For­schungs­tä­tigkeit und Autoren­schaft immer wieder erfahren. Ins­be­sondere wenn es um mythische Über­lie­fe­rungen und Mys­terien geht, reagiert die orthodoxe Wis­sen­schaft reflex­artig mit dem Einsatz welt­an­schau­licher ‘Scheu­klappen’ — und so etwas ist dem Erkennt­nis­prozess noch nie för­derlich gewesen.

Für Erdmann stellen Alt­ägypten und die vielen unbe­ant­wor­teten Fragen rund um den Pyra­mi­denbau dies­be­züglich ein Para­de­bei­spiel dar, und er weist in diesem Zusam­menhang auf den Wis­sen­schafts­theo­re­tiker Thomas S. Kuhn hin. Kuhn kon­sta­tierte einen Kon­ser­va­ti­vismus uni­ver­si­täter Wis­sen­schaft u.a. auf­grund der Tat­sache, dass ihre eta­blierten Ver­treter dazu neigen, sich nach­haltig auf Para­digmen — also Systeme kol­lektiv akzep­tierter Erkennt­nisse — fest­zu­legen, und folglich alles rigoros ablehnen, was sich einer ent­spre­chenden Ein­ordnung ent­zieht. In diesem Zusam­menhang sprechen Richard L. Thompson und Michael A. Cremo auch von einem so genannten „Erkennt­nis­filter“, mit dem Vor­stel­lungen, die nicht mit den herr­schenden Para­digmen konform gehen, umgehend ver­worfen werden. In der Kon­se­quenz werden alle Ideen, die nicht die gän­gigen Theorien stützen, ent­weder lächerlich gemacht oder tot­ge­schwiegen. Letztlich verhält es sich so auch in Hin­sicht auf Erd­manns außen­sei­te­rische Pyra­miden-Thesen, auf die Pum­pen­theorie von Hermann Wald­hauser, die Kraftwerk-Theorie von Chris­topher Dunn u.a., die derzeit noch einer — bei Licht betrachtet — völlig unwis­sen­schaft­lichen Erkennt­nis­fil­terung seitens der insti­tu­tio­na­li­sierten sci­en­tific com­munity aus­ge­setzt sind.

Wis­sen­schaft, hebt Erdmann ganz zu Recht hervor, “sollte eigentlich frei sein von ideo­lo­gi­schem, reli­giösem und poli­ti­schem Eifer. Leider ist genau dies ist in Ägypten bzw. unter den Ägyp­to­logen in Kairo sehr schwierig, denn schließlich ist in der ägyp­ti­schen Gesell­schaft der Koran nach wie vor das Maß aller Dinge — und das wirkt nicht zuletzt auch in den Bereich der Ur- und Früh­ge­schichts­be­trachtung hinein. Natürlich betrifft dies kei­neswegs nur den Islam und die isla­mische Welt, sondern gleich­falls auch die beiden anderen mosai­schen Reli­gionen, sprich Judentum und Christentum.”

In seinem zwei­bän­digen Werk „Banken, Brot und Bomben“ hat Erdmann bei­spiels­weise ein­drucksvoll auf­ge­zeigt, dass es einen Auszug der Hebräer aus Ägypten niemals in der Form gegeben hat, wie es die bibli­schen Autoren berichtet haben. Auch gab es nach Erd­manns Ansicht — und der vieler anderer Experten — die König­reiche Davids und Salomons, so wie die Bibel sie beschreibt, über­haupt nicht. Bei den beiden hebräi­schen Königen David und Salomon handelt es sich sehr wahr­scheinlich um die ägyp­ti­schen Pha­raonen Thut­mosis III. und Amenophis III., und bei dem bibli­schen Moses ver­mutlich um keinen Gerin­geren als den ägyp­ti­schen Pharao Ech­naton. Selbst wenn es um den ‘his­to­ri­schen Jesus von Nazareth’ geht, stellt Erdmann einen sehr inter­es­santen Zusam­menhang zum Alten Ägypten und dem Pharao Tuten­chamun her. Sicher scheint für den Autor aber zu sein, dass die spätere Per­so­ni­fi­zierung Jesu mit dem ägyp­ti­schen Horus-Mythos zu tun hat, und letztlich auch aus dem Alten Ägypten ent­lehnt wurde, wie so vieles aus dem Alten Testament.

Im Januar 2004 begann Stefan mit der Arbeit an der “Geheimakte Bun­deslade”. Mit der Ver­öf­fent­li­chung im August 2005 schloss sich ein kleiner Kreislauf, der 1990 in Kairo begann.

“Mit der “Bun­deslade” schließt sich in meinem Leben ein kleiner Kreislauf, der vor 15 Jahren begann. Das soll nicht etwa heißen, dass meine Arbeit in Ägypten endet – das wird sie wohl nie… Nichts hat mein Leben, mein Denken und mein Fühlen in den ver­gan­genen Jahren mehr geprägt, als die große Pyramide von Gizeh. Nichts hat mein Leben nach­hal­tiger ver­ändert als meine Expe­di­tionen im Himalaja und meine Zeit in Afrika. Es berührt mich wie eine wun­der­volle Liebe, die niemals ihre Kraft verliert…”

Die “Geheimakte Bun­deslade” hat Stefan Helga Hoffmann-Schmidt aus Rosegg (Öster­reich) gewidmet. “Die “Geheimakte Bun­deslade” wäre nie geschrieben worden, wäre ich nicht Helga Hoffmann-Schmidt begegnet – ihr gilt mein ganz beson­derer Dank. Es war ihr aus­drück­licher Wunsch, dass ich das Wissen um die alten Schriften, die Lothar Göring einst über­geben wurden und durch ihn jahr­zehn­telang erforscht wurden, in einem neuen Buch umfassend wei­tergebe und mit eigenen Erkennt­nissen ergänze…”

Das Buch “Geheimakte Bun­deslade” lie­ferte auch die Grundlage für den Film “Die Cheops-Lüge”, der von www.secret.tv pro­du­ziert und 2006 ver­öf­fent­licht wurde.

Es sei offen­sichtlich, so Erdmann, dass die mosai­schen Reli­gionen aus den alten ägyp­ti­schen Tra­di­tionen geboren bzw. aus­ge­filtert wurden. Das hat schon sein For­scher­kollege John Anthony West auf den Punkt gebracht, als er fest­stellte: „Die reli­giösen Gelehrten – egal, ob es sich dabei um Christen, Juden oder Moslems handelt – weigern sich mit aller Macht zuzu­geben, dass eine wesent­liche Quelle ihrer jewei­ligen Glau­bens­lehre in Ägypten zu finden ist.“

Stefan Erdmann ist bemüht, in all seinen Theorien mög­lichst offen für Alter­na­tiven zu bleiben, auch hin­sichtlich des Alters der Pyra­miden und was die Frage nach ihren Erbauern betrifft. Es geht ihm vor allem darum, auf poly­dis­zi­pli­närer Grundlage weiter ent­wi­ckelbare Lösungs­an­sätze zu erar­beiten, wobei er wohl nicht zu Unrecht auch einen Zusam­menhang zwi­schen Ägypten und einer anzu­neh­menden, frü­heren Zivi­li­sation ver­mutet, mithin eines ‘Gol­denen Zeit­alters’ mensch­licher Kultur, lange vor der dynas­ti­schen Epoche des eigent­lichen Pha­rao­nen­reichs. Ob man diese prim­his­to­rische Kultur der west­lichen Hemi­sphäre nun Atlantis nennen mag oder eine andere Bezeichnung vor­zieht, ist aus seiner Sicht eine zweit­rangige Frage.

Das fast spurlose Ver­schwinden solcher (nicht nur) von ihm ver­mu­teten, älteren Mensch­heits­kul­turen sieht Erdmann als Kata­stro­phist im Zusam­menhang mit Impakt­er­eig­nissen — welche es mit einiger Sicherheit in den ver­gan­genen 15.000 Jahren zwei- oder sogar dreimal gegeben hat -, die gewaltige Erd­beben und riesige Flut­wellen, mit teil­weise glo­balem Ausmaß aus­gelöst haben müssen. Der­artige katak­lys­mische Ereig­nisse stellen für Erdmann einen plau­siblen Erklä­rungs­ansatz dar, warum es heute so schwierig ist, weltweit, aber gerade auch in Bezug auf eine Jahr­tau­sende ältere Vor­gänger-Kultur Ägyptens, noch beweis­kräftige mate­rielle Relikte zu finden: “Sie sind schlichtweg von den tobenden Ele­menten — man denke nur an den Fol­ge­vul­ka­nismus, Flä­chen­brände und die Was­ser­berge der weit ins Lan­des­innere vor­drin­genden Riesen-Tsu­namis — zer­trümmert, ver­brannt und weg­ge­spült worden. Die spär­lichen Über­reste fielen dann zumeist der Erosion, also dem sprich­wört­lichen ‘Zahn der Zeit’ zum Opfer, oder befinden sich, für For­scher fast unzu­gänglich, im heu­tigen Mee­res­boden oder unter erstarrten Lavamassen.”

All diese Zusam­men­hänge und Über­le­gungen stellt Stefan Erdmann in den Mit­tel­punkt seines neuen Buches, das 2015 erschienen ist.