Die Bilanz des Jus­tiz­mi­nisters Maas: Recht und Gesetz? Unrecht, Zensur und Instinkt­lo­sigkeit! (Video)

Fast schon haben es viele ver­gessen: Das Netz­werk­durch­set­zungs­gesetz wird ab 01. Oktober in Kraft (NetzDG) treten, im Volk auch „Face­book­gesetz“ genannt. Die schon im Sommer laut­ge­wordene Kritik, dieses Gesetz werde mög­li­cher­weise dazu führen, dass „unliebsame“ Äuße­rungen in den Sozialen Medien, so genannte „Hate Speech“, massiv und vor­eilig gelöscht werden könnten und dadurch die Mei­nungs­freiheit stark gefährdet sei, erweist sich im Vorfeld des nahenden Inkraft­tretens des NetzDG als offenbar richtig. Da die Platt­form­be­treiber solche „offen­sichtlich straf­baren Inhalte“ innerhalb von 24 Stunden löschen müssen — andern­falls drohen Buß­gelder bis zu 50 Mil­lionen Euro — wird Hausputz gehalten und bereits jetzt kräftig gelöscht und gesperrt. Auch dieUnbestechlichen.com waren schon vor­über­gehend betroffen.

Es zeigt sich bereits, dass der Genie­streich des Herrn Jus­tiz­mi­nisters Heiko Maas, wie befürchtet, zu Unrecht, Schi­kanen, Maul­körben, Rechts­wid­rig­keiten und Wut führen wird. Die Betreiber von Sozialen Netz­werken sehen mit Grausen den ersten Oktober nahen und befürchten, dass sie inkri­mi­nierte Äuße­rungen über­sehen haben. Da sind im schlimmsten Fall bei vier über­se­henen oder falsch ein­ge­schätzten „Hate Speeches“ schon 200 Mil­lionen fällig. Erwar­tungs­gemäß wird bereits jetzt alles aus dem Weg geräumt, was viel­leicht-mög­li­cher­weise-könnte-sein ein Strafgeld aus­lösen könnte. Also genau das, was die war­nenden Stimmen von vor­ne­herein schon kommen sahen. Manche User wechseln jetzt schon zu der rus­si­schen Kon­kurrenz V‑Kontakte. Geht das Facebook-Account-Schlach­tefest ab 1. Oktober wirklich los, könnte sich das zu einem Mas­sen­exodus entwickeln.

Abge­sehen davon, dass dieses Gesetz hoch­um­stritten und nach Meinung vieler Juristen auch euro­pa­rechts­widrig ist, kann es nicht angehen, dass man mit der vor­ge­hal­tenen Mil­lionen- Euro-Strafgeld-Waffe private Unter­nehmen dazu zwingt, als Richter und Exe­kutive gleich­zeitig über grund­ge­setzlich geschützte Rechte und globale Men­schen­rechte ihrer Kunden zu bestimmen.

Man stelle sich vor, es gäbe morgen ein Gesetz, das jeden Kauf­haus­be­sitzer zu rui­nösen Geld­strafen ver­donnert, der nicht lückenlos sicher­stellt, dass kein Kunde einen anderen blöd anredet. Oder ein Super­markt müsste bei hoher Straf­an­drohung die Zettel mit den pri­vaten Klein­an­zeigen am schwarzen Brett ständig darauf über­prüfen, ob das, was da drauf steht, irgendwen ver­letzen könnte: „Suchen saubere und freund­liche Polin zur Betreuung unseres Opas“ Ras­sismus? Vorurteil?

Müssen bald Zei­tungen die Kon­takt­an­zeigen auf sexis­tische Äuße­rungen über­prüfen? Dis­kri­mi­niert eine Anzeige „Suche gut­aus­se­hende, gut­erhaltene Mitt­fünf­zi­gerin, gute Figur, sportlich, für gemeinsame Unter­neh­mungen und mehr …“, weil sie alle jün­geren und älteren Frauen aus­schließt und überdies die Über­ge­wich­tigen beleidigt? Und Männer schon gar nicht in Frage kommen?

Heiko Maas ist Jurist und Bun­des­jus­tiz­mi­nister. Das NetzDG ist nicht das einzige Glanz­stück des Herrn Ministers. Er ist mitt­ler­weile geradezu berühmt für seine Aktionen, über die der Rest der Welt nur noch den Kopf schütteln kann.

Er war zum Bei­spiel der trei­bende Motor hinter der Miet­preis­bremse, um die kleinen Leute vor Wucher­preisen in den von Woh­nungs­knappheit gebeu­telten Städten zu schützen. Ein Teil davon ist auch, dass der Ver­mieter die Mak­ler­kosten bezahlen muss, wenn er der Auf­trag­geber ist (bis dahin war das Mie­ter­sache). Aus­ge­rechnet Heiko Maas, der mit auf­rüt­telnden Worten diesen Umstand kri­ti­sierte, hat seine Wohnung in Saar­louis ver­mietet, als er nach Berlin zog und die Mak­ler­gebühr von zwei Kalt­mieten plus die Mehr­wert­steuer dem Mieter auf­ge­brummt. Das war zwar rechtlich korrekt, weil das Gesetz noch nicht in Kraft war. Es gehört aller­dings schon eine ordent­liche Portion Instinkt­lo­sigkeit dazu, so etwas zu machen. Die BILD stürzte sich auf die Geschichte und brachte einen Bericht, der für den Herrn Jus­tiz­mi­nister höchst peinlich war und weitere Pres­se­be­richte nach sich zog. Maas zahlte dem Mieter die Summe zurück, was er nicht hätte tun müssen. Aber diese „Wasser pre­digen und Wein saufen“-Haltung eines SPD-Mannes kam gar nicht gut an, auch nicht beim Wähler.

Diese pein­liche Sache war das eine, das Scheitern der Miet­preis­bremse ist der nächste Schmutz­fleck, der die Aureole um des Ministers Haupt ein­trübt. Dammit die Mieten nicht zu steil ansteigen, darf ein Ver­mieter bei einer Neu­ver­mietung nur 10% über der orts­üb­lichen Miete liegen darf. Sehr schnell zeigte sich, dass die Ver­mieter den Miet­preis der Vor­mieter bei der Neu­ver­mietung nicht angeben oder höher angeben, als er war. So eine Über­ra­schung aber auch. Man muss auch kein Rake­ten­wis­sen­schaftler sein um sich aus­rechnen zu können, dass inter­es­sierte Mieter ange­sichts des Woh­nungs­mangels tun­lichst keine unan­ge­nehmen Fragen stellen. Der Ver­mieter riecht nämlich sofort Lunte und weiß, dass er sich da schwierige Leute ins Haus holt. Heiko Maas ficht das schlecht zusam­men­ge­na­gelte Gesetz aber nicht an und er hat schon wieder eine neue Idee, die garan­tiert auch nicht funk­tio­nieren wird: Ver­mieter müssen gesetzlich gezwungen werden, die vor­herige Miete offen­zu­legen. Doch da gibt es längst einen Trick: Die Wohnung wird nur noch möbliert ver­mietet, und schon zählt der alte Miet­preis nicht mehr. Weitere Tricks werden folgen.
Die nächste schal­lende Ohr­feige für einen Jus­tiz­mi­nister kam jetzt am 19. Sep­tember vom Ber­liner Land­ge­richt, das befand, die Miet­preis­bremse sei grund­ge­setz­widrig. Sie führe zu einer Ungleich­be­handlung von Ver­mietern, was dem Artikel 3 GG wider­spreche. Ver­mieter, die vor der Miet­preis­bremse die Mieten erhöht hatten, seien bevorzugt und überdies treffe das Gesetz die Ver­mieter in unter­schied­lichen Städten wesentlich ungleich. Außerdem greife das Gesetz zu sehr in die Ver­trags­freiheit der Ver­trags­par­teien ein. Das Gesetz selbst kann aller­dings nur vom Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt gekippt werden.

Peinlich auch der Auf­tritt von Heiko Maas bei Anne Will. Man hört immer wieder Beifall aus dem Publikum, aber der Begeis­te­rungs­sturm scheint nur einen oder zwei Zuschauer zu ergreifen und so richtig nach­voll­ziehen kann man die ein­samen Klat­sch­an­fälle auch nicht, bis Anne Will anscheinend der Kragen platzt und sie – sehr cool – das Ganze auf­fliegen lässt: „Begrüßen wir auch noch mal den Sprecher von Herrn Maas, der hier immer am lau­testen klatscht.“

Steffen Rülke, Heiko Maas’ Pres­se­sprecher gab den Jubel­perser im Publikum, und klatschte einsam, aber pflicht­be­wusst. Ein an Pein­lichkeit kaum zu über­bie­tender Moment.

https://www.youtube.com/watch?time_continue=1&v=XHk4fp__KgY

Auch in der Insze­nierung seines Pri­vat­lebens vor der Presse scheint dem Bun­des­jus­tiz­mi­nister so etwas wie Takt­gefühl und Dis­kretion fremd zu sein. Mit seiner “guten Freundin” Natalie Wörner liefert vor der Kamera bei BILD am Sonntag sein erstes „Turtel-Interview“ und unter­bietet dabei sogar das BILD-Niveau. Man beweih­räu­chert sich unge­niert gegen­seitig, lacht unun­ter­brochen, Frau Wörner schwenkt auf­reizend ihre langen Haare, kichert unmo­ti­viert und das Tur­tel­pärchen ergeht sich in lang­wei­ligen Plat­ti­tüden, bei denen der Zuschauer sich irri­tiert fragt, wer zum Teufel das denn wissen will. Ein hilflos-albernes Anbagger-Schauspiel.

Ein Jahr später waren der Jus­tiz­mi­nister und die Schau­spie­lerin ein Paar und es winkte der nächste Fettnapf – ach was, Fett­wanne: Maas und Wörner waren zusam­men­ge­zogen. Die Zeitung „Bunte“ brachte eine Home­story über das „Glamour-Paar“. Das ganze fand statt auf Betreiben eines Online-Möbel­ge­schäftes namens „Westwing“, das eine ganze Serie von Home-Stories bei Pro­mi­nenten pro­du­zierte und in der Yellow Press ver­öf­fent­lichte. Die Promis, über die dabei berichtet wird, loben natürlich immer die schicke Ein­richtung, die sie am Ende als Belohnung für die Pro­motion auch behalten dürfen. Im Fall Maas und Wörner waren das Möbel im Wert von 9000 Euro. Die Reportage über das “Lie­besnest” wurde mit Fotos und einem Bild der beiden geschmückt, und Bilder davon machten in den Sozialen Medien die Runde. “Der Mann vom Leftwing wohnt in Westwing” twit­terte ein User unter Anspielung auf des Jus­tiz­mi­nisters Par­tei­zu­ge­hö­rigkeit. Von Möbel-Gate war schnell die Rede, und so geschmackvoll die schicke Wohnung auch sein mochte, die Netz­ge­meinde fand das Ganze geschmacklos. Und – puff! — ver­schwand die Home­story von der Westwing-Webseite.

Die Spre­cherin von Frau Wörner nannte die Home­story samt geschenkter Möbel eine „ganz normale, bran­chen­üb­liche Koope­ration“ und legte Wert auf die Fest­stellung, dass der Jus­tiz­mi­nister „in keinster Weise invol­viert gewesen sei“. Ein Sprecher des Jus­tiz­mi­nis­te­riums erklärte, man wolle sich, wie immer, „zu pri­vaten Ange­le­gen­heiten des Ministers nicht äußern“. Die Presse aber hakte nach und stellte die Frage, wie privat Pri­vates denn bei einem Staats­diener sei. Schließlich handle es sich hier um eine gemeinsame Wohnung, in der auch der Herr Jus­tiz­mi­nister (der in dieser Eigen­schaft auch für Ver­brau­cher­schutz und Werbung zuständig ist), lebt und wohnt und im Besitz von Möbeln ist, die für eine Wer­be­aktion mit seinem Namen geschenkt und benutzt wurden.

Seine größte Blamage lie­ferte der Jus­tiz­mi­nister aber in der Lan­des­verrat-Affäre um „netzpolitik.org“ ab. Im Sommer 2015 stellte die stets her­vor­ragend infor­mierte Recherche-Netz­seite netzpolitik.org ein Dossier über die geheimen Pla­nungen des Bun­des­amtes für Ver­fas­sungs­schutz offen ins Internet. Es ging einmal um die geplante Beob­achtung sozialer Netz­werke, die netz­po­litik unter dem Titel „Geheime Refe­rats­gruppe: Wir prä­sen­tieren die neue Ver­fas­sungs­schutz-Einheit zum Ausbau der Internet-Über­wa­chung“ ver­öf­fent­lichte und zum Zweiten um Wirt­schaft und Finanzen: „Geheimer Geld­regen: Ver­fas­sungs­schutz arbeitet an Mas­sen­aus­wertung von Inter­net­in­halten“. Der Prä­sident des Ver­fas­sungs­schutzes, Hans Georg Maaßen, sah darin einen Lan­des­verrat und stellte Anzeige.

Es hagelte öffent­liche Kritik, netz­po­litik wehrte sich und machte Pres­se­freiheit geltend. Hier mischte sich Bun­des­jus­tiz­mi­nister Maas ein und ließ im eigenen Hause ein Gut­achten erstellen, das zu dem Schluss kam, netzpolitik.org habe keine Staats­ge­heim­nisse preis­ge­geben und daher keinen Lan­des­verrat begangen. Gleich­zeitig stoppte Maas ein Gut­achten, das der damalige Gene­ral­bun­des­anwalt Harald Range in Auftrag gegeben hatte. Range war empört und bezeichnete dies als uner­träg­lichen Ein­griff in die Unab­hän­gigkeit der Justiz. Er musste seinen Hut nehmen. Jus­tiz­mi­nister Maas hatte immer bestritten, dem Gene­ral­bun­des­anwalt Range eine Weisung erteilt zu haben, das Gut­achten zu stoppen. Ein Jahr später, im Sep­tember 2016, tauchte eine Akten­notiz eines Ober­staats­an­waltes auf. In dieser kam zum Aus­druck, dass Range in einem Tele­fonat mit dem Jus­tiz­mi­nis­terium am 03. August 2015 sehr wohl eine Weisung erhalten hatte: “Nach Angaben von Herrn Gene­ral­bun­des­anwalt wies Frau Staats­se­kre­tärin Dr. Hubig ihn an, er habe die Erstellung des Gut­achtens sofort zu stoppen und den Gut­ach­ten­auftrag zurück­zu­nehmen. Falls er dieser Weisung nicht nachkäme, werde er unver­züglich ent­lassen.” Range habe dar­aufhin seine Mit­ar­bei­terin ange­wiesen, den “Sach­ver­stän­digen zu kon­tak­tieren und die Gut­ach­ten­ser­stellung zu stoppen.”
Jus­tiz­mi­nister Heiko Maas hatte die Unwahrheit gesagt.

Bei­tragsbild: Screenshot aus dem BILD-Video