Merkel zum Mond schießen? Nicht unmöglich!

Vier weitere Jahre Merkel? Nicht unbedingt!

Merkel zum Mond schießen? Nicht unmöglich!

Merkel könnte noch 2017 stürzen, wenn die Jamaika-Gespräche scheitern und es zu Neu­wahlen käme. Oder kommt es statt­dessen zu einem Bündnis von CDU (ohne CSU), Grünen & SPD?

(Von Dr. Rainer Zitelmann)

Solange Merkel regiert, wird Deutschland tief gespalten bleiben. Sta­bi­lität für Deutschland kann es erst geben, wenn Merkel nicht mehr Bun­des­kanz­lerin ist. Schlimms­ten­falls müssen wir darauf vier Jahre warten. Doch es gibt eine – wenn auch nur schwache – Hoffnung, dass wir sie eher los­werden können. Stellen wir uns fol­gendes vor:

1. Die SPD bleibt bei ihrer sturen Haltung, wofür vieles spricht.

2. CSU und/oder FDP lassen sich nicht auf einen Kuh­handel mit den Grünen bei den Themen Einwanderung/Wirtschaft/Europa ein. Dafür spricht, dass die CSU bei einem solchen Kuh­handel die Land­tags­wahlen 2018 ver­lieren und die FDP in vier Jahren end­gültig aus dem Bun­destag fliegen würde.

3. In diesem Fall gäbe es Neu­wahlen. Merkels Position wäre so geschwächt, dass die CDU bei Neu­wahlen nicht noch einmal mit ihr antreten könnte.
Ich gebe zu: Sehr wahr­scheinlich ist dieses Sze­nario nicht. Dagegen spricht, dass Union und SPD sicherlich Neu­wahlen ver­hindern wollen, weil sie befürchten müssen, dass sie dann noch mehr geschwächt würden und die AfD noch stärker werden könnte.

Die Macht von FDP, CSU und Grünen

Es liegt in der Hand von Grünen, FDP und CSU. Die Grünen werden die Jamaika-Gespräche nicht scheitern lassen. Zwi­schen Grünen und der Merkel-CDU sehe ich keine unüber­brück­baren Gegen­sätze. Zudem die Macht­be­ses­senheit bei den Grünen sogar noch größer ist als ihre ideo­lo­gische Ver­bohrtheit und es Merkel ohnehin nur um die Macht geht. Sie träumt ja schon lange von einem Bündnis mit den Grünen, die ihr näher stehen als die meisten CDU-Mit­glieder. Schließlich fürchten die Grünen Neu­wahlen, weil sie jetzt noch einmal ganz gut davon­ge­kommen sind und ihr Ergebnis wahr­scheinlich schlechter werden würde. Daher wären die Grünen bei Jamaika-Gesprächen zu fast jedem Kom­promiss bereit.

Aber wie steht es mit der CSU? Wenn die CSU sich beim Thema Ein­wan­derung nicht durch­setzt (was gegen die Grünen und Merkel schwer vor­stellbar ist), muss sie befürchten, bei den Land­tags­wahlen 2018 brutal abge­straft zu werden. Ein Ergebnis von 30 Prozent wäre dann nicht unwahr­scheinlich. Und die FDP? Wenn sie sich wieder – wie vor acht Jahren – bei Koali­ti­ons­ver­hand­lungen über den Tisch ziehen ließe und bei Themen wie Europa/Wirtschaft/Einwanderung auf die Linie von Merkel & Grünen ein­schwenkte, dann wäre das defi­nitiv das end­gültige Ende der Partei. Ich glaube nicht, dass Christian Lindner zum Toten­gräber der FDP werden möchte, nachdem er sie vor dem Untergang gerettet hat. Und ich denke nicht, dass die FDP große Lust hat, mit dem Grünen Anton Hof­reiter als Ver­kehr­mi­nister am Koali­ti­ons­tisch zu sitzen und zuzu­schauen, wie der die deutsche Auto­mo­bil­in­dustrie gängelt, drang­sa­liert und schwächt.

Wer bekommt den Schwarzen Peter?

Also: Grüne, CSU und FDP werden ver­handeln, viel­leicht viele Monate. Denn keiner will dafür ver­ant­wortlich sein, dass es nicht klappt, weil das die Aus­gangs­po­si­tionen bei Neu­wahlen ver­schlechtern würde. Aber bei den Ver­hand­lungen wird es nur darum gehen, den anderen Betei­ligten den Schwarzen Peter für das Scheitern zuzu­schieben. Eine Einigung ist aus­ge­schlossen, sofern die CSU und FDP nicht auf einem Selbst­mordtrip sind, was ich nicht glaube. Das gilt vor allem, wenn See­hofer Platz für Markus Söder machen muss. Denn bei Söder ist nicht anzu­nehmen, dass er ein ähnlich unwür­diges Spiel wie See­hofer (erst Merkel kri­ti­sieren und dann mit ihr kuscheln) spielen wird. Es spricht also Vieles dafür, dass die Jamaika-Gespräche scheitern. Das könnte der Aus­löser dafür sein, dass Merkel endlich stürzt. Denn sie hätte keine Mehrheit zusammenbekommen.

Kommt ein Bündnis CDU (ohne CSU), SPD, Grüne?

Ob es zu Neu­wahlen kommt, weiß trotzdem niemand. Dagegen spricht die scheinbar fast unend­liche Lei­dens­fä­higkeit der CDU, die Merkel schon so lange duldet. Da Merkel viele gute Männer (wie Friedrich Merz) aus der CDU ver­grault hat, fehlen Köpfe, die eine Revolte gegen Merkel anführen könnten. Wolfgang Schäuble, der Merkel am ehesten als Königs­mörder hätte gefährlich werden können, hat sie jetzt vor­sichts­halber schon einmal auf das Amt des Bun­des­tags­prä­si­denten weg­gelobt. Manchmal wird der Name von Jens Spahn als poten­zi­eller Merkel-Nach­folger genannt. Aber hätte er die Kraft und den Mut, Merkel nach einem Scheitern der Jamaika-Gespräche zu stürzen? Ich halte das für eher unwahr­scheinlich. Im schlimmsten Fall würde Ursula von der Leyen an die Stelle von Merkel treten – aber in diesem Fall könnte man ebenso gut mit Merkel wei­ter­machen. Denn die poli­tisch über­kor­rekte Kaser­nen­auf­räu­merin von der Leyen ist auch nicht besser als Merkel.

Gegen das Neuwahl-Sze­nario spricht auch, dass die SPD nach einem Scheitern von Jamaika-Gesprächen doch noch eine Koalition mit der Union bilden könnte, um Neu­wahlen abzu­wenden. Denn die SPD müsste befürchten, bei Neu­wahlen unter 20-Prozent zu fallen und nur noch dritt­stärkste Partei zu werden (auf Platz zwei könnten dann FDP oder AfD kommen). Um so etwas zu ver­hindern, könnte sich die SPD ent­schließen, ent­gegen ihrer Ankün­digung doch noch in eine Regierung zu gehen. Sie würde diesen Kurs­schwenk ihren Wählern als Rettung in der Not ver­kaufen, nachdem Jamaika-Gespräche gescheitert sind. Die SPD mal wieder als die einzige staats­po­li­tisch zuver­lässige Partei, wie schon seit 150 Jahren – das wäre die Sprach­re­gelung für die Genossen.

Vor­stellbar wäre dann eine große sozi­al­de­mo­kra­tische Koalition aus CDU (ohne CSU), Grünen und SPD. Nur für CDU und SPD (ohne CSU) würde es nicht reichen, da beide zusammen nur 353 von 709 Sitzen haben. Aber zusammen mit den Grünen, die 67 Sitze haben, würde es bequem aus­reichen für das große Bündnis von CDU, SPD und Grünen. So könnte Merkel wei­ter­re­gieren. Da alle drei Par­teien (CDU, SPD und Grüne) befürchten müssten, bei Neu­wahlen weniger Sitze als jetzt zu bekommen, könnte es sein, dass sie sich zusam­mentun, nachdem die Jamaika-Gespräche gescheitert sind.

 

Titelbild: Collage — Merkel auf dem Mond — Bild vom Mond: NASA