Präsident Macron hatte es ja schon anklingen lassen: Seine Bestrebungen eines neuen Anlaufs für die Vereinigten Staaten von Europa beinhalten auch im Rahmen der Schuldenvergemeinschaftung die Haftungsunion für Banken.
Bisher konnte der Deutsche Michel sich noch relativ entspannt in seinem Sessel zurücklehnen und die Tagesschau gucken – und das Gezerre um insolvente Banken und deren Rettung aus sicherer Entfernung betrachten. Allerdings klang schon seit langem an, dass Brüssel und die diversen Banken das deutsche Dreisäulen-System der Banken ins Visier genommen haben.
Die deutsche Bankenlandschaft setzt sich aus den halb öffentlichen Sparkassen und den Genossenschaftsbanken (Volks- und Raiffeisenbanken) zusammen, als drittes Element die Privatbanken. Das Geschäft der ersten zwei Säulen ruht weitestgehend auf auf den kleinen Privatkunden, die 70% des Geschäftsvolumens ausmachen. Hier sind zwar nicht die gigantischen Gewinne zu holen, wie mit Investments und Spekulationen, aber auch andererseits nicht die verheerenden Verluste.
Gerade die Sparkassen und Genossenschaftsbanken haben sich eigene Sicherungssysteme und Rücklagen eingerichtet und aus den großen, internationalen Spekulationsabenteuern herausgehalten. Bis jetzt hat das Deutsche Bankensystem mit seiner soliden Einlagensicherung den Bankkunden verläßlich Schutz geboten und sich erfolgreich gegen die gemeinsame EU-Einlagensicherung wehren können. Es liegt auf der Hand, dass die gebeutelten Banken anderer EU-Länder begierige Blicke auf den gut gefüllten Rücklagentopf der deutschen Banken schauen – und alle versuchen werden, möglichst wenig in einen gemeinsamen Topf hineinzugeben.
Es gibt ja bereits ein europaweites Einlagensicherungssystem, das in der Finanzkrise 2008 eilig errichtet wurde, um Bankruns zu verhindern. Bis zu 100.000 Euro Je Sparer sind seitdem gesetzlich garantiert – auf dem Papier. Es haftet bisher zwar jedes nationale Sicherheitssystem für seine eigenen Banken, es gibt noch keine Banken-Haftungsunion, aber der Plan der EU-Kommission, die „Töpfe“ zu vergemeinschaften steht und erhält durch Macrons Pläne neuen Aufwind.
Aufschlussreich ist jedoch, wieviel Geld in den einzelnen, nationalen Sicherungssystemen eigentlich liegt. Die Süddeutsche Zeitung entdeckte im August in einem Papier der europäischen Bankenbehörde EBA so genannte „Rohdaten“ zu dieser Frage. Die Beratungsfirma „Barkow Consulting“ analysierte die Zahlen und fand heraus, dass die Banken der europäischen Länder 42 Milliarden Euro in ihren Sicherheitssystemen angespart haben.
Die nationalen Fonds sollen, der Regel zufolge, 0,8% der geschützten Spareinlagen vorhalten. Der Fonds sollte daher ca 72 Milliarden Euro beinhalten, es fehlt also die Kleinigkeit von ca. 30 Milliarden. Diese sollen bis 2014 im Sicherungsfonds eingezahlt sein. Und ausgerechnet Frankreich, dessen Präsident so vehement auf die gemeinsame Verantwortung klopft, hat für sich einen Deckungsanteil von 0,5% statt, wie alle anderen, 0,8% der Einlagen herausgehandelt.
Die immer drängender werdenden Vorstöße der Banken anderer EU-Länder, insbesondere Italiens und Frankreichs zur Banken-Haftungsunion zeigen Wirkung. Die EU-weite Banken Haftungsunion und die generelle Haftung Deutschlands für die europäische Schuldeninflation soll jetzt mit Druck durchgesetzt werden. Das bedeutet, dass sich zum Beispiel Griechenland problemlos weiter und höher verschulden kann, denn die Gläubiger gehen dann zu Recht davon aus, dass am Ende Europa, namentlich Deutschland, für Griechenlands Schulden trotz aller Verträge und Schwüre geradestehen wird.
Damit in einem solchen Fall des „Zahltages“ und Schuldenkollapses, bei dem auch die Geldhäuser in arge Bedrängnis geraten werden, die Bürger nicht zur Bank laufen können und ihr Geld abheben oder ins Außereuropäische Ausland verlagern können, plant Brüssel „erweiterte Zugriffsrechte“ der Banken auf die Guthaben ihrer Kunden. Und das nicht nur im Falle einer Bankeninsolvenz, sondern schon bei zu erwartenden Liquiditätsengpässen. Die Banken sind dann berechtigt, die „Verfügungsgewalt der Kunden über ihr Kontoguthaben weitgehend einzuschränken“.
Für den kleinen deutschen Bankkunden heißt das, dass er möglicherweise vom „Liquiditätsengpass“ seiner Bank nichts ahnend, Geld abheben will oder Überweisungen tätigen, und der Geldautomat oder der Kassierer ihm nur eine kleine Summe ausbezahlt. Der Kunde bekommt keine Möglichkeit mehr, sein Guthaben abzuheben. Einzahlungen bleiben selbstverständlich erlaubt, Auszahlungen werden auf kleine Summen begrenzt. Das unerreichbare Guthaben auf dem Konto haftet dann im Falle einer Insolvenz der Bank und ist weg. Ob ganz oder teilweise hängt davon ab, wie groß die Geldprobleme seiner Bank sind, und wieviel jeder Bankkunde davon anteilig von seinem Guthaben abgeben muss.